»WER SICH JETZT AN LINKS-GOLF ERINNERT FÜHLT, HAT RECHT. WER BEI DEN VON BÄUMEN UMSÄUMTEN FAIRWAYS AN PARKLAND-GOLF DENKT, HAT AUCH RECHT.«
Wie sehr sich der Golfsport in die DNA von Melbourne integriert hat, wird mir spätestens bewusst, als ich die Cheltenham Road entlangfahre. Rechts und links der zweispurigen Straße ziehen sich fein manikürte Bäume und Bungalows entlang, bis sie sich auf einmal verjüngt und ich mich an eine Backroad im US-Südwesten erinnert fühle. Doch hinter den Hecken und Zäunen verbirgt sich ein unsichtbares Golfer-Paradies. Die einzige Frage, die sich mir stellt: Biege ich rechts ab oder links?
Entscheide ich mich für rechts, bin ich 500 Euro ärmer, habe dafür aber Zugang zu zweien der besten Plätze der Welt: Royal Melbourne East und West. Entscheide ich mich für links, kann ich für gerade mal 40 Euro Greenfee den öffentlichen Sandy Golf Links spielen. Ein kurzer Blick auf mein Spesenkonto hilft mir bei der Entscheidung und schon bald stehe ich auf dem ersten Abschlag mit einer Gruppe Jungs, die man in Deutschland nie auf den Platz gelassen hätte. Ihr fehlendes Talent gleichen sie aber durch echte Begeisterung und Freude für den Golfsport aus. Und noch etwas unterscheidet den Sandy Golf Links von Pay-and-play-Plätzen hierzulande. Die Greenkeeper des Platzes sind beim reichen Nachbarn angestellt und sorgen dafür, dass insbesondere die Grüns des Par-65-Platzes auf einem Niveau sind, von dem 90 Prozent der deutschen Plätze nur träumen können.
Dass der Sandbelt zum Epizentrum des australischen Golfs geworden ist, ist einer Laune der Natur zu verdanken. Vor 20 Millionen Jahren, als Joe Biden noch ein junger Senator war, erschufen Überschwemmungen ein geologisches Phänomen, das dafür sorgte, dass sich im heutigen Süden der Stadt riesige Sandschichten ablagerten. Als Melbournes Clubs aus dem Zentrum vertrieben wurden, erkannten sie, dass der Untergrund aufgrund seiner Drainagefähigkeit eine viel bessere Grundlage für den Golfsport bietet.
Die besonderen Eigenschaften des Landes haben auch zu einem ganz unverkennbaren Look der Golfplätze geführt. Weil der Sandboden an einigen Stellen bis zu 80 Meter in die Tiefe reicht, können Golfarchitekten beim Bau der Plätze buchstäblich vorgehen wie ein Kleinkind im Sandkasten: her mit der Schaufel und buddeln, was das Zeug hält. Bunker gefällig? Einfach einen Spaten nehmen und fertig. Keine Drainage, keine künstlichen Hilfsmittel. Und weil der Sand außergewöhnlich kompakt ist und so fest, dass feste Bunkerwände entstehen, lassen sich die Grünbunker sogar direkt in die Grüns schneiden. So entstehen ganz ohne Wasserhindernisse anspruchsvolle und visuell reizvolle Plätze, auf denen man von Januar bis Dezember auf schnellem und trockenem Untergrund spielen kann.
Wohnen
VICTORIA GOLF CLUBSo wie Amateure im Crow's Nest von Augusta National übernachten dürfen, können es auch Greenfee-Spieler im Clubhaus des Victoria Golf Club. Von Februar bis November (je Mittwoch bis samstags) kosten eine Übernachtung plus kontinentales Frühstück in den schick eingerichteten Zimmern 88 Euro pro Person im Doppelzimmer bzw. 100 Euro im Doppelzimmer. Und das Beste daran: Das erste Greenfee reduziert sich auf 150 Euro, alle weiteren Greenfees gar auf 120 Euro. Mit anderen Worten: Übernachtung und Golf sind dadurch für internationale Gäste günstiger, als nur eine Tee-Time zu buchen. www.victoriagolf.com
Golfplätze in der Region
Victoria Golf Club
18 Löcher, Par 72, 6.304 MeterAdresse
Park Road, Cheltenham VIC 3192
Tel. +61 (0)3.9584.1733
www.victoriagolf.com.au
Greenfee
330 Euro (internationale Gäste)
Die ersten 23 Jahre wurde noch in der City Golf gespielt, doch 1926 zog der Club in den legendären Sandbelt von Melbourne um, wo der spätere Augusta-National-Architekt Alister MacKenzie dem Platz seinen Stempel aufdrückte. Die stilgebenden Grün- und Fairway-Bunker gingen zwischenzeitlich verloren, erstrahlen aber seit einer 1996 begonnenen Renovierung wieder in altem Glanz und brachten dadurch den strategischen Aspekt zurück ins Spiel. Die wie mit einer scharfen Schere aus den Grüns geschnittenen Bunker sind visuell eine Augenweide, aber für den Score ebenso tödlich wie die laut Locals schnellsten Grüns des Sandbelt.
Killerloch
Wer hier spielt, kann verstehen, dass die 13 für viele eine Unglückszahl ist. Das von den Backtees 392 Meter lange Par 4 ist nicht nur wegen seiner Länge ein richtiger Brecher. Wer auf Bogey spielt, kann den Drive entspannt ablegen, weil das Fairway mit der entgegenkommenden 12 verschmilzt. Wer allerdings mit dem zweiten Schlag angreifen will, muss den Drive in einem Flaschenhals positionieren und darf von dort den Approach nicht verziehen, da das Grün links und rechts von tückischen Bunkern geschützt ist.
www.victoriagolf.com.au
Sandy Golf Links
18 Löcher, Par 65, 4.875 MeterAdresse
Cheltenham Road
Cheltenham VIC 3192
Tel. +61 (0)3.477.774.663
www.sandringham.golf
Greenfee
40 Euro
Den eher familiäreren Namen trägt der Platz erst seit 2019, als er umgemodelt und zum Herzstück von Australiens Golfsport wurde. Die PGA of Australia, der australische Golfverband und Golf Victoria haben hier ihren Sitz. Zuvor firmierte der Anfang der 1940er auf das heutige Grundstück umgezogene Platz als Sandringham Golf Club. Die Neuausrichtung ging mit einem Verlust von Land einher, was dazu führte, dass die 18 Löcher von Geoff Ogilvys Designfirma zu einem Par 65 mit nur zwei Tees verkürzt wurden, das durch die Grünbunker jedoch alles andere als simpel ist.
Killerloch
"Vern's Elbow" gehört mit 365 Metern bereits zu den längeren Par 4 des Kurses. Wer den Driver zückt, muss ein gewisses Risiko gehen und über das Dogleg spielen, denn geradeaus geht nach 180 Metern das Fairway aus. Nach geglücktem Drive wartet einer der schönsten Annäherungsschläge des Platzes, der auf ein von vier Bunkern geteiltes Doppelgrün in Form einer Acht führt. Findet man das falsche davon, zittert jeder Greenkeeper, denn ein Flop-Shot ist die einzige Möglichkeit, die korrekte Fahne zu erreichen.
www.sandringham.golf
Yarra Yarra Golf Club
18 Löcher, Par 72, 6.100 MeterAdresse
567 Warrigal Rad,
Bentleigh East VIC 3165
Tel. +61 (0)3.9575.0575
www.yarrayarra.com.au
Greenfee
240 Euro (internationale Gäste)
Alle acht Eliteplätze aus dem Melbourne Sandbelt hatten ihre Ursprünge an einem anderen Ort. Der 1898 als Eaglemont gegründete Yarra Yarra sicherte sich 1928 als Letzter ein Stückchen des perfekten Golfterrains und beauftragte Alister Mac Kenzies australischen Vertrauten Alex Russell mit dem Design. Resultat waren zwei Neunlochschleifen mit den gleichen Qualitäten, aber etwas unterschiedlichem Charakter. Aufgrund des schuhförmigen Geländes sind die ersten neun Bahnen etwas gedrungen und enden mit zwei Par 5, die den Übergang auf das großzügigere Gelände markieren.
Killerloch
Dass ein 146 Meter kurzes Par 3 auf der Scorekarte mit Stroke Index 7 geführt wird, macht stutzig. Wenn man jedoch am Abschlag der 15 steht, versteht man warum, denn es ist besser verteidigt als Burg Eltz. Das erhöhte Grün sieht aus, als hätte das Krümelmonster eine Hungerattacke bekommen und einmal rundherum einen Bissen genommen. Und wenn man in einem der daraus resultierten tiefen Grünbunker landet, ist ein Par aufgrund der schnellen Grüns fast schon illusorisch.
www.yarrayarra.com.au
The Dunes Golf Links
18 Löcher, Par 72, 6.459 Meter,9 Löcher, Par 33, 2.297 Meter
Adresse
335 Browns Road
Rye VIC 3941
Tel. +61 (0)3.5985.1334
thedunes.com.au
Greenfee
55 Euro (Mo.-Do.), 70 Euro (Fr.-So.)
Man hat es nicht oft, dass das schwerste Loch des Platzes gleich das erste ist, aber Architekt Tony Cashmore hat sich beim Dunes Course nicht an gängige Konventionen gehalten. Wie viele Plätze auf der Mornington Peninsula ist der Platz ein echter Links-Kurs, das heißt, der Wind und die Bunker sind die besten Verteidigungen. Während der Dunes-Kurs auch für niedrige Handicapper eine echte Herausforderung bietet, sind die neun Löcher des Cups-Kurses perfekt für Anfänger geeignet.
Killerloch
Dank einer Düne ist der Abschlag der 7 semiblind. Dass man dennoch das Risiko gehen und über die Düne spielen sollte, liegt an Tom Watson. Der spielte hier einst eine Proberunde und stellte fest, dass all seine Bälle dank des nach rechts kippenden Fairways an der gleichen Stelle landeten. "Hier muss ein Bunker hin", empfahl der achtfache Major-Champion, den der Autor dieser Zeilen Jahrzehnte später deshalb verfluchte.
www.thedunes.com.au
St. Andrews Beach
18 Löcher, Par 70, 6.074 MeterAdresse
209 Sandy Road
Fingal VIC 3941
Tel. +61 (0)3.5988.6000
standrewsbeachgolf.com.au
Greenfee
65 Euro
Tom Doak, der König des minimalistischen Designs, musste auf diesem Platz kaum Erde bewegen. Die ondulierten Fairways wurden ihm mehr oder weniger von der Natur vorgegeben. Die Dünen haben zudem auch einen strategischen Zweck. Immer wieder gibt es Grüns, die teilweise von Sandhügeln verdeckt sind, wodurch einige Fahnenpositionen viel Vertrauen in das Birdiebook und die eigenen Fähigkeiten voraussetzen. Zudem lohnt es sich, mehr als eine Runde zu spielen, weil man merkt, dass die Grüns oft dabei helfen können, den Ball in die entlegenen Ecken zu befördern.
Killerloch
Es ist offenbar kein Zufall, dass die Bilder zu Loch 6 auf der Webseite Kängurus zeigen. Das von den Backtees 169 Meter lange Par 3 sieht erst mal nicht zu bedrohlich aus, aber wer kurz und rechts bleibt, muss aus einem mannshohen Bunker spielen. Und selbst wenn man das Grün trifft: Zu putten, während neben dem Grün ein mehr als zwei Meter großes Riesenkänguru wartet, gibt dem Ausdruck "Pressure Putt" eine ganz neue Bedeutung.
www.standrewsbeachgolf.com.au