Featured StoriesFeatured Stories
Ohne Maus ist es auch mal schön

Orlando

Micky Maus Golf

Von Rüdiger Meyer, Fotos: Rüdiger Meyer, PR

Der von vielen Golfern verächtlich benutzte Begriff ist im Walt Disney World Resort Kern der Markenbotschaft. Auf drei Plätzen kann man trefflich vom Trubel in
den Themenparks abschalten.

Golfen und ein Besuch im Walt Disney World Resort in Florida haben eine Gemeinsamkeit: Die meiste Zeit verbringt man mit Warten. Während man auf dem Platz genervt zusieht, wie der vorausspielende Vierer-Flight aus 70 Zentimetern Aimpoint anwendet, nur um den Putt vorbeizuschieben und das Ganze zu wiederholen, müssen wir uns in den "Hollywood Studios" hinter Hunderten von Menschen einreihen, um am "Rise of the Resistance" teilzunehmen. Die 2019 eröffnete Attraktion ist das Prestige-Projekt des Parks, kostete mehrere Hundert Millionen US-Dollar, basiert laut Disney-Angaben auf mehr als fünf Millionen Computer-Programmzeilen und umfasst zahlreiche animatronische Figuren, darunter gigantische AT-AT-Walker. Als wir endlich am Anfang der Schlange angekommen sind, erwartet uns ein Spektakel mit einer mitreißenden Geschichte, unfassbaren Spezialeffekten und einer perfekten Dosis Nervenkitzel. Und dennoch: Nach über 60 Minuten Wartezeit und etwa 15 Minuten Vergnügen fühlt man sich weniger wie ein Jedi und mehr wie Jim in "American Pie", als sein Vergnügen mit Nadia vorzeitig endet.

Allerdings gibt es wie im Golf Tricks, um Zeit zu sparen: früh aufstehen und als Erster den Park stürmen, einen Aufpreis für Lightning Lane Passes zahlen oder allein auf die Runde gehen. Bei fast allen Attraktionen gibt es neben der Standard-Warteschlange eine sogenannte Single Rider Lane, die Gruppen mit ungeraden Teilnehmerzahlen auffüllt. Als wir den Lifehack beim "Smugglers Run" ausprobieren, wo man in verschiedenen Rollen (als Pilot, Ingenieur, Schütze) Han Solos legendären Millennium Falcon steuern kann, warten wir statt der ursprünglich angezeigten 55 Minuten nur fünf und nutzen die eingesparte Zeit, um anschließend die Indiana-Jones-Stuntshow zu besuchen, in der berühmte Szenen aus "Jäger des verlorenen Schatzes" nachgespielt werden.

Doch anders als die im Schnitt 159.000 Disney-World-Besucher pro Tag sind wir nicht hier, um die vier Parks "Magic Kingdom" (das mit dem Schloss), "Animal Kingdom" (die US-Version von Hagenbeck oder Wilhelmina), "Epcot" (internationale Pavillons für alle, die gerne die Welt sehen wollen, ohne die USA zu verlassen) oder eben "Hollywood Studios" zu besuchen. Wir wollen in Orlando in erster Linie Golf spielen und nutzen dafür den unangenehmsten Lifehack, um Zeit zu sparen: frühes Aufstehen.

Orlando: Orlando:

»
NUR 24 STUNDEN NACH SEINER AMTSEINFÜHRUNG HAT DONALD TRUMP ES OFFENBAR BEREITS GESCHAFFT, DIE KLIMAERWÄRMUNG ZU VERBIETEN.
«

Allerdings war uns nicht ganz klar, was es bedeutet, eine Tee Time um 7:20 Uhr zu haben. Beim Warm-up auf der unbeleuchteten Driving Range ist es dunkler als in der "Haunted Mansion", sodass wir überhaupt kein Gefühl haben, wie die Bälle heute fliegen. Und nur 24 Stunden nach seiner Amtseinführung hat Donald Trump es offenbar bereits geschafft, die Klimaerwärmung zu verbieten: Statt der für Orlando typischen 15 bis 20 Grad Celsius im Januar erwarten uns gerade einmal 3 Grad garniert mit Regen.

Dass die Runde auf dem Lake-Buena-Vista-Platz trotzdem nicht trist wird, liegt an der farbenfrohen Bebauung. Rund um den Platz gibt es Holzhäuser im Kolonialstil, die pastellfarben getüncht sind. So störend Häuser um die Fairways und Grüns normalerweise sind, haben sie hier doch einen gewissen Charme, der den Disney-Charakter des Platzes unterstreicht - schließlich sind die Teemarker ein Satz Mäuse-Ohren. Der Platz selber hat glücklicherweise keine der überzogenen Gimmicks, die man normalerweise mit Micky-Maus-Golf verbindet. Stattdessen ist das jüngste der drei verbliebenen Designs (Eagle Pines fiel der Expansion des Parks zum Opfer und Osprey Ridge gehört jetzt unter dem Namen Tranquilo Golf Club zum Four Seasons) ein schnörkelloser Platz, der uns trotzdem ein konzentriertes Spiel abnötigt.

Lake Buena Vista ist zwar die kürzeste der drei Anlagen, verlangt aber strategisches Spiel und eine gute Ausführung der Schläge, da die Fairways relativ schmal und die erhöhten Grüns gut geschützt sind. Das gilt insbesondere für die Löcher 6 und 7. Fairway und Grün der 6 werden von einem Teich geteilt, der für Longhitter beim Drive, für defensivere Spieler beim zweiten Schlag eine echte Gefahr ist, und die kurze 7 bietet ein lupenreines Inselgrün, dessen Drop-Zone - wie könnte es anders sein? - ebenfalls in der Form von Mickys Kopf aufgesprüht ist.

Orlando:
Die Verbindung von Golf und Disney reicht bis ins Jahr 1938 zurück, als der Cartoon "Donald spielt Golf" herauskam, in dem Tick, Trick und Track ihrem Onkel die Golfrunde verderben. Auch andere Trickfiguren bewiesen eine Leidenschaft für unseren Lieblingssport; so war 1941 "Pluto, der Caddie" für Micky Maus und 1944 lehrte uns Goofy "Wie man Golf spielt". Doch auch er konnte bei seinem Chef keine Begeisterung auslösen: Walt Disney blieb sein Leben lang ein Golf-Abstinenzler. Allerdings verstand der 22-fache Oscar-Gewinner den Reiz des Sports, und als er sich an die Konzeption von Disney World machte, reservierte er eine Fläche für Golf, um das Resort für Familien noch attraktiver zu machen - und fand den perfekten Partner: Arnold Palmer.

Der vielleicht coolste Golfer aller Zeiten verbrachte den Winter in Orlando, wo er 1961 den Bay Hill Club gründete. Als es darum ging, die PGA Tour 1971 nach Disney World zu holen und so das neue Resort im ganzen Land bekannt zu machen, wurde Palmer als Berater für das Walt Disney World Open Invitational engagiert. Aus dem Freundschaftsdienst wurde eine langjährige Geschäftsbeziehung, die nach dem Tod von Arnold Palmer weiter anhält. Bis heute werden die drei Disney-Plätze von Arnold Palmer Golf Management verwaltet, das auch hinter der Neugestaltung und -ausrichtung des wohl bekanntesten Platzes steckt, dem Magnolia Course.

Seit diesem Jahr trägt jedes der 18 Löcher einen Namen, der sich auf einen Disney-Film bezieht - vom "Aladdin"-Lied "Diamond in the Rough" bis zum "Fluch der Karibik"-Untertitel "At World's End". Außerdem findet sich auf großen Tafeln immer ein Zitat von Arnold Palmer, das zu Höchstleistungen inspirieren soll - in unserem Fall jedoch mit begrenztem Erfolg. Das hat nicht nur mit unserem Spiel und den äußeren Bedingungen zu tun, sondern auch damit, dass der Platz verdammt anspruchsvoll ist. Von den Championship-Tees misst er 6.913 Meter, was ihn in einer Liste der längsten Austragungsorte auf der PGA Tour im Jahr 2025 auf Platz fünf katapultieren würde. Darüber hinaus kommen an elf Bahnen die zahlreichen Seen und Flüsse ins Spiel, ganz zu schweigen von den Bunkern. Zwar ist der in der Silhouette von Micky Maus' Kopf und Ohren geformte Bunker an der 6 eher ein Gimmick für Fotoandenken, an anderer Stelle sind die Sandhindernisse jedoch richtig tückisch.

Orlando: Belegt: Männer lieben Mäuse (l.)Orlando: Belegt: Männer lieben Mäuse (l.)
Belegt: Männer lieben Mäuse (l.)
Das trifft vor allen Dingen auf die großen Waste Areas an den Bahnen 15 und 16 zu, in denen wir uns gleich mehrfach wiederfinden. Sie sind Teil des neu konzipierten Schlussabschnitts des Platzes, der noch einmal alle Register zieht und auf der Scorekarte bereits als "Grumpy's Gauntlet" geführt wird. Die Idee dahinter ist klar: So wie PGA National mit "The Bear Trap" und der Copperhead Course in Innisbrook mit "The Snake Pit" eine Lochfolge hat, die selbst Profis an den Rand ihres Könnens führt, soll der Fehdehandschuh von Schneewittchens grummeligem Zwerg die Golfer ebenfalls zur Verzweiflung bringen. Nach unserem Selbstversuch können wir konstatieren: mit Erfolg. An der 14 ziehen wir uns mit Bogey bzw. Doppel-Bogey noch ordentlich aus der Affäre, aber als wir auf den nächsten drei Bahnen zusammengerechnet sieben Bunkerschläge und drei im Wasser verlorene Bälle notieren müssen, hat uns "Grumpy's Gauntlet" so oft ins Gesicht geprügelt, dass wir wie angeschlagener Preisboxer zum 18. Tee taumeln.

Da ist es eine schöne Aufmunterung, dass wir von einem echten Disney-Star besucht werden. Im "Magic Kingdom" kann man sich vielleicht mit Arielle fotografieren lassen und in "Epcot" ein Autogramm von Schneewittchen bekommen, aber wir treffen einen der beliebtesten Zeichentrick-Charaktere überhaupt: Bambi. Und zwar nicht in der Form eines Studenten in Kostümierung, sondern in Reinkultur, denn sowohl der Magnolia Course als auch Lake Buena Vista sind als Schutzgebiet für Wildtiere zertifiziert.

Diesen Status kann der dritte Platz im Bunde, der Palm Course, zwar nicht aufweisen, aber 1996 wurde hier ein Tiger gesichtet: Der 20-jährige Woods feierte damals den zweiten PGA-Tour-Sieg seiner jungen Karriere. Der Palm-Platz hat die Ehre, als einziger der Disney-Plätze in einer Liste der 100 besten Golfplätze der USA aufgetaucht zu sein. Auch wenn er sich seit Anfang der 1980er sehr verändert hat, kann man immer noch sehen warum. Die 18 Bahnen ermöglichen etliche Birdie-Chancen, erweisen sich gleichzeitig als solider Test unseres Golfspiels, sind aber nie unfair. Bestes Beispiel dafür ist die 18, die selbst von den weißen Tees noch mehr als 400 Meter zählt. Doch statt eines unfairen Inselgrüns sind hier die gesamten letzten 130 Meter eine Insel, sodass man auch die Option hat vorzulegen, ohne dabei nass zu werden - es sei denn, man erwischt wie wir die eine Woche, in der es zwischen Orlando und Hamburg wettertechnisch keinen Unterschied gibt.

Golfplätze in der Region

MAGNOLIA COURSE

MAGNOLIA COURSE

18 Löcher, Par 72, 6.913 Meter

Adresse
1950 W. Magnolia Palm Dr.,
Lake Buena Vista, FL 32830
Tel. +1 407.939.4653
www.golfwdw.com

Greenfee
ca. 100 bis 210 Euro (dynamisches Preissystem)

Jack Nicklaus,Vijay Singh, Luke Donald, Payne Stewart, Raymond Floyd, David Duval oder Tiger Woods: Die Liste von PGA-Tour-Spielern, die sich auf dem Magnolia-Platz in die Siegerlisten eintrugen und die Micky-Maus-Trophäe mit nach Hause nahmen, ist beachtlich. Der 1970 von "Gentleman Joe" Lee gebaute Kurs war einst ein veritabler Test für Profis, wurde über die Jahre aber trotz der vielen Magnolienbäume und Wasserhindernisse für Profis zu leicht. Das soll sich 2025 ändern. Mit "Grumpy's Gauntlet" wurde eine Lochfolge konzipiert, die wie "The Snake Pit" oder "The Bear Trap" ein echter Test für alle floridianischen Golfer wird.

Killerloch
"Grumpy's Fehdehandschuh" macht seinem Namen alle Ehre. Von Bahn 14 bis 17 wartet ein extrem anspruchsvoller Test, bei dem jeder noch so kleine Fehler brutal bestraft wird. Die 17 ist vielleicht noch das einfachste Loch, schließlich gibt es auf dem Par 3 nur einen Schlag, den man verbocken kann, aber wenn man schon vorher drei Löcher lang gequält wurde, ist ein 130 bis 210 Meter langer Carry über Wasser nicht gerade etwas, was Selbstbewusstsein fördert.
www.golfwdw.com

LAKE BUENA VISTA

LAKE BUENA VISTA

18 Löcher, Par 72, 6.142 Meter

Adresse
Lake Buena Vista, FL 32830
Tel. +1 407.939.4653

Greenfee
ca. 90 bis 185 Euro (dynamisches Preissystem)

Kurz nachdem die beiden Schwesterplätze geöffnet hatten, kehrte Joe Lee 1972 zurück und designte mit Lake Buena Vista einen etwas kürzeren Kurs, der den Fokus stärker auf Präzision im langen Spiel legt. Zum einen sind die Fairways schmaler, zum anderen spielt man auf erhöhte Grüns, die sehr gut von Bunkern verteidigt werden. Und für das Par 3 auf der 7 gibt es sogar ein waschechtes Inselgrün, das nur über eine Brücke erreichbar ist.

Killerloch
Die 11 verteidigt sich in erster Linie über ihre Länge. Mit 403 Metern von den blauen Tees und immer noch satten 363 Metern von Rot dürfte ein Green in Regulation für die meisten nur ein Traum bleiben. Allerdings bietet die Bahn sonst kaum Herausforderungen - Fairway-Bunker existieren nicht und der Teich links sollte nicht in das Geschehen
eingreifen - sodass mit einem guten kurzen Spiel, das den einzigen Grünbunker aus dem Spiel nimmt, ein Par immer noch machbar ist.

PALM GOLF COURSE

PALM GOLF COURSE

18 Löcher, Par 72, 6.255 Meter

Adresse
1950 W. Magnolia Palm Dr.,
Lake Buena Vista, FL 32830

Greenfee
ca. 90 bis 190 Euro (dynamisches Preissystem)

Der Palm entstand 1970 parallel zum Magnolia-Platz und trug gemeinsam mit ihm die Walt Disney World Golf Classic auf der PGA Tour aus - ein Turnier, das Jack Nicklaus so dominierte, dass man es nach seinen drei Siegen in Folge für acht Jahre lieber zum Team-Event umwandelte. Nachdem das Turnier 2012 das Zeitliche gesegnet hatte, übernahm Arnold Palmers Firma den Course und unterzog ihn einer Frischzellenkur. Der mit schönen Bäumen gesäumte Parkland-Platz ist zwar bei Weitem nicht so lang wie der Magnolia, aber dank vieler Wasserhindernisse nicht minder anspruchsvoll. Insbesondere auf den sechs Schlussbahnen ist die Gefahr groß, baden zu gehen.

Killerloch
Es hat einen guten Grund, dass an Loch 6 ein Defibrillator hängt, denn das 369 Meter lange Par 4 ist nichts für schwache Herzen oder Nerven. Die linke Seite des Fairways wird von einem Teich verteidigt - was umso bedrohlicher wirkt, als dass der erste Teil des Fairways besonders schmal ist und am Tee der Eindruck entsteht, man habe gar keinen Platz. Ist dieses Hindernis gelöst, muss man auf dem Weg zum Grün noch einmal das Wasser kreuzen, sodass es für die meisten Spieler sinnvoll ist, vorzulegen und
bewusst auf Bogey zu spielen.

Featured Stories