Im Nachhinein ist so etwas natürlich leicht zu behaupten, doch Wochen vor den Matches in Wisconsin machten sich im europäischen Fanlager ungewöhnliche Bedenken, wie stark dieses amerikanische Team doch wäre, breit und es fiel selbst den größten Optimisten schwer, auf europäischer Seite ernsthafte Gegner für die amerikanischen Überflieger auszumachen.
Aber war es nicht immer so? Ist Team Europa nicht mit zweijährlicher Regelmäßigkeit zum Ryder Cup aufgebrochen und hat es doch immer wieder geschafft, den schlechten Quoten zu trotzen? Vergleichbar mit der deutschen Nationalmannschaft war Team Europa seit seiner Gründung immer eine "Turniermannschaft" gewesen, die, wenn es darauf ankam, weitaus mehr war als nur die Summe ihrer schlagbar erscheinenden Einzelteile. Ein Blick in die Golfgeschichte bestätigt dies eindrucksvoll. Wir konnten sieben der letzten zehn Ryder Cups gewinnen und uns dabei immer wieder daran erfreuen, wie sich eine auf dem Papier haushoch überlegene Mannschaft aus Amerika in einem Shitstorm aus Missmanagement, Eitelkeiten und schlechter Vorbereitung selbst zerlegte.
»Das US-amerikanische Ryder-Cup-Team von 1981 fügte seinen Gegnern eine nahezu identisch vernichtende 19-zu-9-Niederlage zu und ließ die Europäer wie auch ihre Nachfolger von 2021 erschüttert, zutiefst emotional und an den eigenen Fähigkeiten zweifelnd zurück.«
Tja, dieses Mal fanden wir keinen Weg. Dieses Mal verloren wir mit 19,5 zu 8,5. Der Ryder Cup 2021 war von der ersten Session an, in der die Amerikaner einen langen Putt nach dem anderen versenkten, eine absolute Einbahnstraße. Bryson DeChambeau setzte dieser totalen Dominanz dann am Freitagnachmittag die Krone auf, als er seinen Drive 417 Yards weit über die Dünen des Platzes auf das fünfte Fairway hämmerte, um als zweiten Schlag auf diesem 605 Yards langen Par 5 lediglich noch ein Wedge aus der Tasche zu ziehen. Eagle und Lochgewinn waren die unweigerliche Folge dieser Machtdemonstration.
Team Europa dagegen kam erst gar nicht aus den Startblöcken. Wie Mehltau lag eine apathische Energielosigkeit über der gesamten Mannschaft, der sich nur kurzfristig aufzulösen schien, als Shane Lowry am Samstag damit anfing, Putts zu stopfen. Sollte Lowry etwa dieselbe Rolle spielen wie Ian Poulter einst in Medinah? Die Antwort kam schnell und deutlich: nein!
Man könnte nun argumentieren, dass Captain Padraig Harrington sehr damit geholfen gewesen wäre, wenn er wie sein Gegenüber Steve Stricker ebenfalls sechs Spieler per Captain's Pick hätte wählen dürfen. Der plötzlich wieder in altbekannter Form spielende Justin Rose wäre sicher eine Verstärkung gewesen, doch bei allem Patriotismus: Die zwölf Spieler, die nach Amerika reisten, hatten sich den Platz im Team verdient und erspielt und sie waren das Beste, was Europa im Moment zu bieten hat. Sie wurden schlicht von einer viel besseren Mannschaft vernichtend geschlagen.
Team USA 2021 war ohne Zweifel das beste Team, das je in der "neuen" Ära des Ryder Cup antrat, und mit "neu" ist seit 1983 gemeint, als die Europäer endlich damit anfingen, ihre Gegner von der anderen Seite des großen Teichs ernsthaft herauszufordern, und eine 25 Jahre andauernde Negativserie bestehend aus deftigen Niederlagen mit einem denkbar knappen 14,5 zu 13,5 im PGA National in Florida ihrem Ende entgegenschritt. Zwar hatten die Amerikaner den Cup erneut verteidigt, aber Team Europa war es dank dieses engagierten Auftritts gelungen, auf dem gesamten Kontinent Interesse am Ryder Cup zu entfachen, das sich von diesem Moment an alle zwei Jahre kontinuierlich steigerte, um schließlich in der Megashow, wie wir sie seit Jahren kennen, einen vorläufigen Höhepunkt zu finden.
Diese zwölf Amerikaner brachten sagenhafte 36 Major-Siege mit nach England. Zum Vergleich: Das US Team von 2021 kommt gerade mal auf läppische zwölf Major-Trophäen. Wie unglaublich 36 Major-Siege sind, zeigt die Tatsache, dass es die Ryder-Cup-Sieger vom September selbst mit Tiger Woods in ihren Reihen lediglich auf 27 Majors gebracht hätten. Team USA 2021 hätte mit einem Durchschnittsalter von 28,9 Jahren zwar die Jugend auf seiner Seite, denn 1981 flackerten 33,7 Kerzen auf der durchschnittlichen Geburtstagstorte, doch was zählt beim Ryder Cup mehr: jugendliche Unbekümmertheit oder echte Turnier-Erfahrung?
Die große Frage ist also: Waren die Amerikaner von 1981 wirklich besser als ihre Enkel von 2021? Lasst es uns herausfinden mit zwölf virtuellen Singles Matches - im Ryder-Cup-Style und in der Reihenfolge, wie sie am Sonntag in ihre Singles gingen, versteht sich -, in denen die zwei besten Teams, die in der Geschichte des Kontinentalvergleichs jemals Fuß auf ein Fairway gesetzt haben, gegeneinander antreten. Vorhang auf für das bestbesetzte Match Play Event aller Zeiten!