Seit Rory McIlroy 2010 sein Ryder-Cup-Debüt gab, gingen sechs der acht Events an Europa. Die vier Euro-Fighter holten bis heute 61,5 Punkte und werden gefühlt mit jedem Cup stärker - und das, obwohl Justin Rose mit 45 Jahren langsam selbst ins Kapitänsalter kommt. Ein Grund ist die vollkommene Selbstaufgabe für das Ziel. Wie bedeutend der Ryder Cup für Team Europa ist, illustriert keiner besser als Rory McIlroy. 2009 gestand er über den Ryder Cup: "Es ist kein wichtiges Event für mich. Letztlich ist es nur ein Schaukampf. Ich gebe natürlich mein Bestes, aber ich werde nicht mit geballten Fäusten herumlaufen." 16 Jahre später ist er der Spiritual Leader, ballt die Fäuste wie Boris Becker zu seinen besten Tagen und ist mit seiner Inbrunst, Leidenschaft und vor allen Dingen mit seinen golferischen Fähigkeiten zur Hassfigur der US-Fans geworden. In Bethpage musste er sich Demütigungen der übelsten Art anhören. Fans machten Kommentare zu seiner Ehe und riefen in Anwesenheit von Rorys Ehefrau Erica den Namen einer US-Reporterin rein, mit der ihm auf Social Media eine Affäre unterstellt wurde. Rory antwortete, wie es nur die Allerbesten können. Nachdem er wiederholt von Pöblern gestört wurde, drehte sich Rory am Samstagmorgen um, rief das englische Äquivalent zu "Haltet eure verdammte Fresse!" ins Publikum und nagelte den Ball aus 136 Metern tot zum Birdie an die Fahne. Als er in der Sieger-Pressekonferenz gefragt wurde, was für ein Gefühl das gewesen sei, machte er aus seinem Herzen keine Mördergrube: "Very fucking satisfying!"


»DEM IREN, DER FÜR DEN RYDER CUP BRENNT WIE KEIN ANDERER, FIEL ES ZU, DEN ENTSCHEIDENDEN PUTT ZU EUROPAS TITELVERTEIDIGUNG ZU LOCHEN.«
Die Brillanz des Führungsquartetts ermöglichte den acht anderen, im Hintergrund ihre eigenen Akzente zu setzen. Ludvig Ĺberg hatte am Freitag und Samstag gebrauchte Tage erwischt, steuerte aber in den Einzeln den einzigen und unbezahlbaren vollen Punkt für die Europäer bei. Matt Fitzpatrick revidierte seine bisher desaströse Ryder-Cup-Bilanz und wurde in Bethpage zum absoluten Leistungsträger. Sepp Straka lochte in den Fourballs mit Jon Rahm immer wieder entscheidende Putts. Viktor Hovland hielt am Samstagmorgen mit seinem Putt an der 17 Scottie Scheffler in Schach. Robert MacIntyre und Tyrrell Hatton sorgten mit ihren halben Punkten in den Einzeln dafür, dass Europas Sieg nach dem verletzungsbedingten Rückzug von Viktor Hovland keinen Beigeschmack bekam. Und Shane Lowry? Dem Iren, der für den Ryder Cup brennt wie kein anderer, fiel es zu, den entscheidenden Putt zu Europas Titelverteidigung zu lochen. Genugtuung für zwei Tage an McIlroys Seite, in denen auch er unsäglichen Beleidigungen ausgesetzt war.
