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Ryder Cup 2025 - Team USA

Die Schande der Patrioten

Von Rüdiger Meyer, Fotos: Imago (1), Getty Images (3)

Glanzlos, planlos, stillos: Das Comeback am Sonntag sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Auftreten der Amerikaner in Bethpage Black in jeder Hinsicht erbärmlich war.

Wenn es darum geht zu motivieren, können die Amerikaner nur eine Note spielen: Patriotismus. Selten wurde dies deutlicher als beim Ryder Cup. Im Vorfeld des Events veröffentlichten beide Teams ihre Hype-Videos. Die Europäer trommelten jeden einzelnen ihrer noch lebenden Spieler zusammen, die in den USA einen Ryder Cup gewonnen haben, um die Bedeutung dieser Leistung zu betonen und ihre Nachfolger zur Höchstleistung anzuspornen. Bei den Amerikanern spielte Golf so gut wie keine Rolle. Stattdessen ließ Keegan Bradley sein Team vor dem ersten Tee in Bethpage antreten, während Feuerwehrmann Chris Mascali von seinem Vater erzählte, der an 9/11 in den Trümmern des World Trade Center starb, und ein Sänger die US-Hymne anstimmte.

Der Patriotismus-Hype ging so weit, dass Keegan Bradley den Anblick der Air Force One nutzte, um nach den blamablen Freitags-Foursomes zu verkünden: "Gerade hatten wir einen Fly-over des Präsidenten. Ich habe das Gefühl, die Dinge werden sich bald drehen." Sie taten es nicht. Das US-Team war so damit beschäftigt, Donald Trump zu hofieren, dass sie das Wichtigste vergaßen: Golf zu spielen. Bryson DeChambeau gab seinem YouTube-Partner aus dem Weißen Haus einen Fistbump, nur um anschließend gegen Tommy Fleetwood und Justin Rose zu verlieren. Und Keegan Bradley entblößte sich so weit, dass er am ersten Tee Trumps Tanzstil kopierte. Passend, denn an den ersten Tagen wirkte er ähnlich planlos wie der Commander in Chief.

Ryder Cup 2025 - Team USA: Große Erleichterung: endlich wieder Zeit zum Drehen neuer YouTube-Videos! (r.)Ryder Cup 2025 - Team USA: Große Erleichterung: endlich wieder Zeit zum Drehen neuer YouTube-Videos! (r.)
Große Erleichterung: endlich wieder Zeit zum Drehen neuer YouTube-Videos! (r.)

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BRADLEY ENTBLÖSSTE SICH SO WEIT, DASS ER AM ERSTEN TEE TRUMPS TANZSTIL KOPIERTE. PASSEND, DENN AN DEN ERSTEN TAGEN WIRKTE ER ÄHNLICH PLANLOS WIE DER COMMANDER IN CHIEF.
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Bradleys größter Fauxpas war, wie er den Platz in Bethpage Black hergerichtet hatte. Wie fast alle US-Kapitäne vor ihm setzte er darauf, dem Platz vollkommen die Zähne zu ziehen. Was ihm offenbar entging: Mit dieser Strategie eliminierte er komplett die Vorteile seines Teams. Scottie Scheffler ist vom Tee zum Grün überlegen: Er ist lang und gerade mit dem Driver und kann die schwierigsten Fahnenpositionen anspielen. Doch mit kahl geschorenem Rough und weichen Grüns war es völlig egal, wo die Drives landen. Am Ende kam es darauf an, den zweiten Schlag aufs Grün zu bekommen und möglichst viele Putts zu lochen. Eine Strategie, die Europa komplett in die Karten spielte.

Zudem hatte sich Bradley offenbar keine Gedanken über die Vierer gemacht. Als er Harris English und Collin Morikawa gemeinsam rausschickte, machten sich die Datenliebhaber darüber lustig, dass dies die statistisch schlechtestmögliche Paarung sei. Als das Duo erwartungsgemäß verprügelt wurde, wich Bradley nicht von seinem Plan ab und schickte die beiden am nächsten Tag erneut auf die Schlachtbank. Schlimmer noch war, dass er in den Foursomes konsequent die kürzeren Hitter die ungeraden Löcher spielen ließ, obwohl jeder Experte das Gegenteil als optimale Strategie empfohlen hatte. Als Russell Henley und Scottie Scheffler am nächsten Tag die Reihenfolge änderten, schien es, als habe Bradley wenigstens hier seine Lektion gelernt. Weit gefehlt: Wie Scheffler im Anschluss durchblicken ließ, hatten die Caddies der beiden den Fehler in der Strategie entdeckt und Scheffler musste erst zwei Vizekapitäne antelefonieren, bevor die Änderung in die Tat umgesetzt wurde.

Ryder Cup 2025 - Team USA: Großer Frust: wie beim Roulette gerade und ungerade verwechselt
Großer Frust: wie beim Roulette gerade und ungerade verwechselt
Bradley war allerdings nicht der Einzige, der mit seinem Amt überfordert war. Die PGA of Amercia hatte den Ryder Cup extra nach New York geholt, um sich mit den notorisch aggressiven Fans einen Heimvorteil zu verschaffen - aber keine Vorkehrungen getroffen, um Grenzüberschreitungen zu sanktionieren. Im Gegenteil: Nachdem die angeheuerte Anheizerin Heather McMahan versucht hatte, "We Will Rock You" zu "Scottie, Scottie Scheffler" umzudichten, und dafür ausgebuht wurde, startete sie einen "Fuck you, Rory!"- Chorus. Das nahmen die bierseligen US-Fans als Aufforderung. Sie vergaßen kurzerhand ihre in monatelanger Arbeit einstudierten komplexen "USA! USA!"-Anfeuerungsrufe und gingen zu profanen Beleidigungen über, die auch vor den Partnern und Familien der Spieler nicht haltmachten. Rorys Ehefrau Erica Stoll wurde dabei sogar mit einem vollen Bierbecher beworfen. Die Veranstaltung geriet so außer Kontrolle, dass selbst die parteiischsten US-Beobachter zugeben mussten, dass Bethpage Bleck nicht nur sportlich als Schandfleck in die US-Ryder-Cup-Geschichte eingehen wird. Schließlich gibt es nur eines, was erbärmlicher ist als ein Verlierer: ein schlechter Verlierer.

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