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The Open 2019

Neuland in Nordirland

Von Jan Langenbein & Tim Southwell, Fotos: David Cannon, Getty Images

Der Champion Golfer of the Year wird 2019 in Nordirland ermittelt und viele Pros sind noch ratlos, wie die optimale Taktik für die 18 Löcher des Royal Portrush Golf Club wohl aussehen wird. Wir waren vor Ort, damit du bestens vorbereitet in die Open-Woche starten kannst.

Als Max Faulkner die einzige Auflage der Open Championship im Royal Portrush Golf Club gewann, tobte am anderen Ende der Welt der Koreakrieg, Konrad Adenauer steckte mitten in seiner ersten Legislaturperiode als Bundeskanzler und in Düsseldorf wurde die erste Langspielplatte, die mit 33 1/3 Umdrehungen abgespielt werden musste, vorgestellt. Mit anderen Worten: 1951 ist verdammt lange her. Doch nun kehrt das älteste Golfturnier der Welt nach 68 Jahren Abstinenz nach Royal Portrush an der Küste Nordirlands zurück.

"Für einen ganz normalen Golffan ist es schwer vorstellbar, wie viel Arbeit und Vorbereitung in die Austragung einer Open Championship fließen", stellt Wilma Erskine fest, als wir der Anlage spät in der Saison 2018 einen Besuch abstatten. Zu behaupten, die langjährige Managerin des Sekretariats in Royal Portrush würde auf ihrem Platz jeden einzelnen Grashalm kennen, ist sicherlich keine Übertreibung. Wilma ist so etwas wie die gute Seele des Clubs. "Um nur ein Beispiel zu nennen: Damit die Zuschauer auf ihrem Weg über den Golfplatz nicht ständig von Absperrungen aufgehalten werden, haben wir einen 55 Meter langen Tunnel unter die Dünen gebaut, der den Spielern den Weg vom zehnten Grün zum elften Abschlag ermöglicht, ohne dabei die Zuschauerströme abzuschneiden. Dieser Tunnel allein hat ein Vermögen gekostet."

Nach einer Pause von weit mehr als einem halben Jahrhundert wieder in den erlauchten Kreis der Rotation aus bisher neun Austragungsorten für die Open Championship aufgenommen zu werden, kommt tatsächlich einem herkulischen Kraftakt gleich, denn mit einem Tunnel für die Spieler war es in Portrush bei Weitem nicht getan. Weltweit herrscht seit Ewigkeiten Einigkeit darüber, dass der Links-Platz unweit des Giant's Causeway zur absoluten Weltspitze gehört, wären da nur nicht die reichlich un inspirierten Schlusslöcher 17 und 18, die äußerst unspektakulär auf flachem Land am Parkplatz entlang zurück in Richtung Clubhaus führen. Diese Achillesferse des Platzes galt es auszumerzen. Tom Mackenzie und Martin Ebert wurden mit dieser delikaten Aufgabe betraut, griffen sich dafür ein Stück des benachbarten Valley Course, um zwei komplett neue Spielbahnen inmitten von spektakulären Dünen zu bauen und die ehemaligen Schlusslöcher einfach zu streichen. Das Ergebnis ist schlicht atemberaubend und Royal Portrush verfügt nun über ein Schlusstrio an Löchern, das unter sämtlichen Major-Austragungsorten seinesgleichen sucht.

Mackenzie und Ebert haben mit dem Design der neuen Spielbahnen 7 (Par 5) und 8 (Par 4) den heute dominierenden Longhittern auf der Tour den Fehdehandschuh vor die Füße geworfen. "Unsere Mitglieder und die Gäste aus aller Welt lieben die neuen Spielbahnen 7 und 8", verrät Wilma mit hörbarem Stolz in der Stimme. Zwar die augenscheinlichsten, sind diese beiden neuen Löcher jedoch längst nicht alle Weiterentwicklungen, die dem Golfplatz zugutekamen. Neue Abschläge und ein nach hinten verlegtes Grün auf Loch 2 haben die Gesamtlänge des Platzes von einst 6.572 Metern auf nun stattliche 6.709 Meter anwachsen lassen, was Portrush zu einem der längsten Plätze in der Open Rota macht.

Fünf neue Topfbunker steigern die Gesamtzahl der Sandlöcher auf 64, was immer noch die mit Abstand geringste Zahl aller Open-Championship-Plätze ist. Die Herausforderungen von Royal Portrush liegen seit jeher im gnadenlosen Wind, im knietiefen Rough und in den meisterlich von Harry Colt ondulierten Grüns. Und dann wäre da noch die Tatsache, dass Portrush weder an der idyllischen Kanalküste noch im friedlichen Schottland liegt, sondern in Nordirland, einer Region, die während der vergangenen Jahrzehnte hauptsächlich aufgrund ihrer explosiven politischen Lage und der erhöhten Gewaltbereitschaft der Konfliktparteien geprägt war. "The Troubles" nennen die Einheimischen die bürgerkriegsähnlichen Zustände, die hier ab den späten 60ern bis zum Good Friday Agreement 1998 herrschten. "Als der Nordirland-Konflikt noch tobte, hätte ich nicht gedacht, dass ich in Portrush noch einmal eine Open Championship erleben dürfte", merkt unser Caddie Ian an, nachdem er uns die Linie für den optimalen Drive auf Loch 5, dem Signature Hole des Platzes, dessen Grün auf hohen Klippen über dem Atlantik hängt, erklärt hat. "Nun werden sie alle hierherkommen: Tiger, Phil, Jordan und natürlich Rory. Zwei Dinge kann ich euch für die Open in Portrush garantieren: Das Wetter wird eine große Rolle spielen und die mehr als 100.000 Zuschauer werden geschlossen hinter Rory McIlroy stehen. Das wird großartig werden!"

Seine Feuertaufe überstand der grunderneuerte Platz von Royal Portrush 2012, als in einer Art Generalprobe für das große Highlight 2019 die Irish Open hier stattfanden und trotz übelster Wetterbedingungen ein überwältigender Erfolg wurden. Kein Einziger der amerikanischen Superstars trat damals die Reise nach Nordirland an. Rory McIlroy dagegen ließ es sich nicht nehmen, in seiner Heimat an den Start zu gehen, und wurde geteilter Zehnter. Mit wenigen Ausnahmen betreten die Pros bei der Open Championship 2019 also absolutes Neuland.

The Open 2019: The Open 2019:
LOCH 5, PAR 4, 350 METER

WHITE ROCKS


"Es ist äußerst ungewöhnlich, heutzutage ein Golfloch für ein Major-Turnier zu verkürzen, aber genau das ist hier möglich. Der R& A möchte, dass Loch 5 ein potenziell drivebares Par 4 sein kann mit einem ausgeprägten Risk-and-Reward-Element. Die Teebox kann also nach vorne verlegt werden und die Spielbahn bis auf 329 Meter verkürzen. Diese Spielbahn führt die Golfer direkt ans Meer, denn das Grün hängt förmlich über dem Strand und verläuft schräg zum Fairway. Zwei neue Bunker - einer davon in einer Linie zwischen Abschlag und Fahne etwa 25 Meter vor dem Grün und ein zweiter 40 Meter links vor dem Grün - sind nun für alle, die attackieren möchten, im Spiel. Für diese aggressive Taktik eignet sich ein Fade am besten. Allerdings ist Vorsicht geboten, denn wenige Meter hinter dem Grün lauern die Klippen und somit out of bounds. Ein kleiner Graben kurz vor der Ausgrenze zieht die Bälle an wie ein Magnet. Ich konnte sogar schon beobachten, wie Golfer auf diesem Loch nach einem Grüntreffer ins Aus geputtet haben. Die schwierigsten Fahnenpositionen befinden sich auf dem erhöhten Teil des Grüns, der nach etwa einem Drittel der Puttoberfläche beginnt. Tückischerweise hängt das Grün im hinteren Teil in Richtung des Ozeans, was eine Lochposition im hinteren Teil umso schwieriger macht."

DER EXPERTE: GARY McNEILL
Gary war ein ausgezeichneter Amateurgolfer und gewann unter anderem die Irish Boys Championship 1987 und die Irish Amateur Championship 1991. 1993 wechselte er ins Profilager und ist seit 1999 Headpro im Royal Portrush Golf Club. Kaum jemand kennt diesen Golfplatz so gut wie er.

LOCH 7, PAR 5, 540 METER

CURRAN POINT


"Die 7 ist das erste der neuen Löcher, denn die ursprünglichen Spielbahnen 17 und 18 wurden aufgegeben, um an dieser Stelle die Zeltstadt mit all den Shops, Pubs und der Hospitality aufbauen zu können. Das war eine weitreichende Entscheidung und wurde unter den Mitgliedern lange diskutiert. Aus dem Grün der alten 18 wurde mittlerweile das Putting-Grün. Die neue 7 ist ein spektakuläres Loch, auf dem die Golfer von einem erhöhten Tee in ein breites Tal abschlagen, von wo aus das Fairway bergauf in Richtung Grün verläuft. Bei 265 Metern liegt ein riesiger Bunker auf der rechten Seite der Bahn und ist somit voll im Spiel. Ein zweiter Fairway- Bunker auf der linken Seite bei 285 Metern erfordert daher einen präzisen Abschlag. Es gibt einige Spielbahnen dieser Art in Portrush, auf denen man in ein Tal spielt und dort in eine ganz eigene Welt umringt von hohen Dünen eintaucht. Hat man das Grün auf dieser Spielbahn erreicht, ist die Arbeit noch längst nicht getan, denn es zählt zu den welligsten auf der gesamten Anlage und fällt in alle Richtungen ab."

The Open 2019: The Open 2019:
LOCH 8, PAR 4, 393 METER

DUNLUCE


"Das zweite brandneue Loch in Portrush ist ein Dogleg nach links, auf dem der Driver über massive Dünen gespielt werden muss. Von den Backtees ist eine Carry-Länge von 220 Metern nötig, um ein tiefes Tal zu überqueren und das Fairway zu erreichen. Rechts der Drive-Landezone warten zwei tiefe Bunker auf ungenau gespielte Abschläge. Die optimale Linie vom Abschlag führt direkt auf den zweiten Bunker zu, der 280 Meter entfernt lauert. Die meisten Spieler werden also zu einem Schläger greifen, der es unmöglich macht, den Bunker tatsächlich zu treffen, und den Ball kurz davor ablegen. Der Wind kommt an dieser Spielbahn meistens von hinten und muss beim Tee-Shot ebenfalls beachtet werden."

WAS TRAUST DU DEN LOKALMATADOREN ZU?
"Shane Lowry ist zurzeit in starker Form, er könnte also tatsächlich um den Sieg mitspielen. Schließlich kennt er sich bestens mit den oft schwierigen Wetterbedingungen hier aus. Er hat auf unserem Golfplatz auch bereits gewonnen - die Northern Ireland Amateur Championship, die jedes Jahr in Portrush stattfindet. Shane verfügt über ein exzellentes kurzes Spiel und sein Händchen rund um die Grüns ist wirklich sagenhaft. Graeme McDowell, Rory und natürlich auch Darren Clarke können hier ebenfalls eine starke Woche haben. Darren wohnte viele Jahre lang direkt hinter der vierten Spielbahn. Er kennt den Platz wie kaum ein anderer."

LOCH 13, PAR 3, 175 METER

FEATHER BED


"Diese Spielbahn war früher einmal die 11 und ist immer noch eines der beliebtesten Fotomotive des Platzes. Hier wurde eine neue Teebox weiter hinten und ein wenig links des alten Abschlags angelegt. Die fünf tiefen Bunker rund um das Grün wurden nicht verändert. Es wurde diskutiert, dieses Loch von der ursprünglichen Teebox auf eine Fahnenposition vorne links im Grün zu spielen, was die Bunker vor dem Grün gehörig ins Spiel bringen würde. Es könnte also gut sein, dass diese Spielbahn während einer der vier Runden lediglich 137 Meter lang sein wird. Das Grün fällt von vorne nach hinten steil ab und auch zu weit nach links oder rechts gespielte Bälle rollen unweigerlich vom Grün. Hier ist absolute Präzision gefragt."

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