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Turkish Airlines Open 2019

Türkisch für Fortgeschrittene

Von Patrice Schumacher, Fotos: Getty Images

Eines der spannendsten Play-offs aller Zeiten aus der ersten Reihe miterleben und Zimmernachbar der besten Spieler der Welt sein - das ist wohl nur bei der Turkish Airlines Open möglich.

Ein Ausflug zur Turkish Airlines Open in Belek fühlt sich ein wenig so an, als würde man mit der Crème de la Crème der European Tour auf Kreuzfahrt gehen. Denn im Maxx Royal teilen sich All-inclusive-Urlauber, Golffans und eben auch Tourspieler ein gigantisches Resort und niemand macht während seines Aufenthalts irgendwelche Anstalten, die Anlage zu verlassen. Warum auch? Ein grandioser Golfplatz, endlose Buffets und Small Talk mit den besten Golfspielern der Welt sind genügend Gründe, nicht von Bord zu gehen. Es gibt wohl kaum ein zweites Turnier auf diesem Planeten, bei dem man als Zuschauer auf dem Weg zum Zimmer Lee Westwood, Patrick Reed und Haotong Li begegnet. Doch der Reihe nach.

"Viel Erfolg später!", rief ich am Morgen des ersten Turniertags dem an der Kaffeebar neben mir stehenden Robert MacIntyre zu. Insgeheim hoffte ich wohl, dass er sich an unsere gemeinsame Runde vor einigen Jahren erinnern würde, doch er musterte nur mein Outfit, das stark nach Profi-Golf aussah, und erwiderte ein "Dir auch!". Von wegen: Denn während er bei der Turkish Airlines Open um saftige Preisgelder spielte, war ich zum Arbeiten da. Als sich unsere Blicke später auf dem Platz trafen und zwei Bogeys folgten, hielt ich mich fortan mit meinen Kontaktbemühungen zurück.

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Nach einer 63er-Runde und dem Sprung in die obersten Gefilde des Leaderboards (am Ende des Turniers fehlten nur zwei Schläge zum Sieg) wagte ich doch noch einen Annäherungsversuch: "Ich habe einfach meine Stärke ausgespielt und viele Bahnen getroffen", freute sich MacIntyre. "Dann kann man hier auch aggressiv spielen - und das gefällt mir sehr!"

Und noch jemand sorgte am Freitag der Turkish Airlines Open für Aufsehen: Kurt Kitayama. Zwar verpasste er den Sprung in den Leader-Flight, doch nicht oft kommt es vor, dass jemand auf vier Löchern fünf unter Par spielt - und das sogar noch mit einem Par auf der dritten Bahn.

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Dann war da noch Ryder-Cup-Captain Padraig Harrington, der sich nach einer glatten 10 auf seinem vierten Loch am Donnerstag am Freitag mit einer bogey-freien 66 vor den einzigen deutschen Teilnehmer Martin Kaymer schob. Und das, obwohl der Mettmanner keine Runde über Par spielte. Matthias Schwab, dem ich zuvor noch auf dem Laufband neben mir nachzueifern versuchte, war da schon außer Reichweite und wurde nur noch von Ross Fisher und Danny Willett gejagt, der direkt nach der Runde im Kinderpool des Resorts anzutreffen war und bestens gelaunt seine Runde zusammenfasste: "Hier zahlt es sich aus, aggressiv zu spielen. Leider habe ich auf den zweiten neun Löchern Schläge liegen lassen, aber alles in allem bin ich mit meiner 66 natürlich zufrieden."

Bereits nach zwei Turniertagen hatte das Rolex-Series-Event unzählige Highlights zu bieten: mehr Eagles als beim Minigolf, zahlreiche Strafschläge und buntere Scorekarten als in der zweiten Handicap-Klasse beim Monatsbecher. Trotzdem warteten auch am dritten Tag einige Überraschungen: Patrick Reed und Tyrrell Hatton spielten eine 65 und Benjamin Hébert aus Frankreich sogar einen Schlag besser, was das Teilnehmerfeld noch einmal enger zusammenrücken ließ. Ganz oben thronte dennoch weiterhin der Österreicher Matthias Schwab, der mit einem Vorsprung von drei Schlägen in den Finalsonntag ging: "Obwohl ich am Freitag nur einen Schlag schlechter spielte, waren die Schläge heute deutlich besser", sagte er im Anschluss an seine Runde. "Ich führe zwar mit drei Schlägen, aber ich werde morgen genauso aggressiv spielen, weil Pars nicht reichen werden." Ob er da wohl bereits ahnte, was passieren würde?

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Der Finaltag gestaltete sich spannender als jede Netflix-Krimi-Serie. Schon nach wenigen Löchern war der Vorsprung des Österreichers auf ein Minimum geschrumpft und selbst der Ami Kurt Kitayama witterte trotz sieben Schlägen Rückstand noch seine Außenseiterchance. Als der sechstletzte Flight Richtung 18. Bahn marschierte, entschied ich mich für einen Platz am Fairwayrand nahe dem Clubhaus, um die letzten Augenblicke des Showdowns hautnah zu erleben. Dass ich an dieser Stelle die nächsten drei Stunden stehen sollte und die Betreiber sogar das Flutlicht anschmeißen würden, hätte ich zu dem Zeitpunkt niemandem geglaubt. Doch Kurt Kitayama, Benjamin Hébert, Victor Perez, Erik van Rooyen und Tyrrell Hatton zogen allesamt auf dem 72. Loch des Turniers mit dem Langzeitführenden Matthias Schwab bei 20 Schlägen unter Par gleich. Die Folge: ein Sechserstechen und pure Dramatik. Hatton lochte beim ersten Play-off einen Chip, um am Leben zu bleiben, Kurt Kitayama vergab einen kurzen Putt zum Sieg beim zweiten Durchgang und im dritten Versuch lochte Schwab aus größerer Entfernung, um das direkte Duell mit Hatton herauszufordern. Im flimmernden Licht der Scheinwerfer war es im vierten Anlauf letztendlich der Engländer, der sich den Zwei-Millionen-Dollar-Titel sicherte. "Dass der Sieg genau im richtigen Moment kommt und ich mir die Teilnahme am Masters-Tournament gesichert habe, ist Grund genug, meinen vierten Titel umso mehr zu genießen!", freute sich Hatton. "Meine Gefühle sind nach dem heutigen Tag nicht in Worte zu fassen." Dem konnte ich mir nur anschließen: Ich komme wieder!

 

Leaderboard

POS.NAMELANDR1R2R3R4TOTALPAR
1HATTON, TyrrellENG68686567268-20
T2KITAYAMA, KurtUSA69686764268-20
T2VAN ROOYEN, ErikRSA70676665268-20
T2PEREZ, VictorFRA68696665268-20
T2HEBERT, BenjaminFRA67706467268-20
T2SCHWAB, MatthiasAUT65676670268-20
T7SHARMA, ShubhankarIND71647164270-18
T7MACINTYRE, RobertRSA71636769270-18
9LANGASQUE, RomainFRA70667065271-17
T10MIGLIOZZI, GuidoITA72676865272-16

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