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Schwinger Club Vol. 36

Tim Bendzko

Von Jan Langenbein, Fotos: KIKE

Auf der Bühne ist Tim Bendzko längst ein routinierter Vollprofi. Wie sieht es allerdings am ersten Abschlag aus? Es wird Zeit, den 'Weltretter' zum Match zu bitten.

Wann immer wir uns mit Anwärtern auf eine Mitgliedschaft im GolfPunk Schwinger Club auf irgendeiner Golfanlage der Republik treffen, läuft ein solcher Tag in etwa gleich ab: Zuerst werden Fotos auf der Driving Range oder rund ums Clubhaus geschossen. Kaum sind die Bilder im Kasten, sorgt das Interview dann dafür, dass die gesamte Mannschaft an der Clubhausbar versackt. Es werden große Reden über die unermessliche Liebe zum Golfspiel geschwungen und vollbrachte Heldentaten zum Besten gegeben, doch meist fällt uns dann auf dem Heimweg ein, dass wir trotz eines großartigen Termins und jeder Menge besten Materials im Gepäck keinen einzigen Ball geschlagen haben.

Tim Bendzko hat andere Pläne, denn er trägt bereits eine komplette Golfmontur samt Cap mit Clublogo, als er sein Auto neben der Elektroladesäule des Golf- und Land-Club Berlin-Wannsee parkt. Unser Plan, erst einige Fotos zu schießen und danach ein wenig zu plaudern, stößt auf wenig Gegenliebe. "Nee Jungs, lasst uns Golf spielen! Ich komme momentan leider viel zu selten hierher und freue mich schon den ganzen Tag darauf, dass dieser Termin auf dem Golfplatz stattfindet." Dagegen haben wir selbstverständlich nichts und so geht es direkt zum ersten Abschlag.

Tim hat vor wenigen Wochen die Arbeiten an seinem vierten Studioalbum "Filter", auf dem es auch Kollaborationen mit Kool Savas und dem belgischen Singer/Songwriter Milow zu hören gibt, abgeschlossen und stürzt sich nun in den Promozirkus. Mit Erfolg, die erste Single "Hoch" läuft bei Fußballübertragungen des ZDF auf Heavy Rotation, und wie es sich für Bendzko gehört, ist er auch im Radio allgegenwärtig.

Schwinger Club Vol. 36: Irgendwie komisch: das Ein-Mann-Festival
Irgendwie komisch: das Ein-Mann-Festival

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ICH LAG IM BETT UND HABE BESCHLOSSEN: 'ICH MUSS GOLFEN!' ICH HABE ES EINFACH GEFÜHLT, DASS ICH RAUS AUF DEN PLATZ MUSS.
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Die Arbeiten an "Filter" erstreckten sich über insgesamt zwölf Monate und Tim hat sich dafür auch an inspirierende Orte wie New York, Mykonos, Kapstadt und Australien zurückgezogen, um dort in aller Ruhe und allein mit sich selbst an seinen Songs zu feilen. Die Golftasche wurde bei diesen Ausflügen aber zu Hause gelassen, Arbeit geht schließlich vor. Im September 2018 gönnte sich Tim jedoch eine Woche Auszeit, um zum Ryder Cup nach Paris zu fahren und als Fan an allen drei Tagen live auf dem Platz mitzufiebern. Daraufhin kam er schwer beeindruckt zurück ins Studio: "Bestes Sportereignis ever! Unfassbar, wie mitreißend die Stimmung am ersten Abschlag war! Auch politisch war es eine sehr interessante Erfahrung, denn Europa ist für uns oft ein sehr abstrakter Begriff. Beim Ryder Cup steht das Gefühl, dass wir alle gemeinsam jetzt ein Team sind, über allem."

Spätestens seit er 2011 den Bundesvision Song Contest gewonnen hat, weiß Tim ganz genau, wie es sich anfühlt, vor einem riesigen Publikum zu performen. Wie sich die Knie eines Rory McIlroy beim Ryder Cup anfühlen, wenn er 1down auf den Abschlag der 18 marschiert, kann sich selbst ein routinierter Bühnenprofi wie Tim nicht ausmalen: "Ich kann nicht begreifen, wie Spieler unter diesem unmenschlichen mentalen Druck in der Lage sind zu funktionieren."

Apropos Druck: Mittlerweile auf der zweiten Teebox in Wannsee angekommen, müssen wir wieder einmal feststellen, dass dieser Abschlag zu den kniffligsten weit und breit gehört. Haushohe Bäume, deren Äste bis ins Fairway hineinhängen, eine Ausgrenze auf der rechten und knöcheltiefes Rough plus dichtes Unterholz auf der linken Seite erhöhen den Stress-Level spürbar. Genau der richtige Zeitpunkt also für eine Feel-Good-Frage: "Als du ,Nur noch kurz die Welt retten' geschrieben hast, warteten da wirklich 148 Mails in deinem Postfach auf dich?" - "Nein, die Zahl gefiel mir einfach und das wurde im Studio tatsächlich viel diskutiert. Aber ich war mir sicher: Es muss 148 heißen, denn das ist die perfekte Zahl für diese Stelle."

Wenige Augenblicke später liegen sämtliche Bälle unseres Flights im linken Rough. "Das fühlte sich gerade ein bisschen so an wie mein erster Abschlag auf dem Old Course in St. Andrews letztes Jahr", erzählt er, als wir die Spielbahn hinunterschlendern. "Das war ein einmaliges Erlebnis. Ich habe zusammen mit Fanny Sunesson gespielt, die den Platz zwar sicher schon Hunderte Male als Caddie gesehen hat und dort sogar mit Nick Faldo die Open gewonnen hat, an jenem Tag aber tatsächlich zum ersten Mal selbst dort gespielt hat."

Schwinger Club Vol. 36: Keine Schwarzmalerei: Der Ball ist im SpielSchwinger Club Vol. 36: Keine Schwarzmalerei: Der Ball ist im Spiel
Keine Schwarzmalerei: Der Ball ist im Spiel
Sport hat im Leben des Tim Bendzko seit jeher eine große Rolle gespielt, immerhin kickte er sich bis in die B-Jugend von Union Berlin und besuchte gleichzeitig ein Sportgymnasium. An seiner eigentlichen Berufung gab es aber schon sehr früh keine Zweifel: "Pläne, Profifußballer zu werden, hatte ich nie, denn mir war bereits mit zwölf klar, dass ich Sänger werde." Seine ersten eigenen Songs schrieb er im Alter von 16 Jahren.

Zur etwa gleichen Zeit war es dann - für eine Sportschule ungewöhnlich - der Mathelehrer, der dafür sorgte, dass Tim zum ersten Mal einen Golfschläger in der Hand hielt: "Er war selbst sehr aktiver Golfer und gründete deshalb eine Golf-AG. Wirklich viele Schüler konnten sich nicht dafür begeistern, aber ich war dabei." Einmal im Monat organisierte der engagierte Pädagoge also einen Kleinbus und fuhr mit seinen Schülern auf die Golfanlage Schloss Wilkendorf östlich der Hauptstadt. "Wir haben Bälle über die Driving Range geschlagen, aber am Ende dieser AG hatte ich immerhin die Platzreife bestanden."

Das war dann jedoch das vorläufige Ende der Golfkarriere des Tim Bendzko, denn mit 17 Jahren gab es verständlicherweise interessantere Dinge zu tun, als einen kleinen weißen Ball über eine Wiese zu schlagen. Auch die regelmäßigen Aufforderungen seines Stiefvaters, ihn doch auf den Golfplatz zu begleiten, wurden mit unmissverständlichem "Ich hab keine Zeit für so was. Nerv mich nicht!" abgeschmettert.

Bis während einer vollkommen zufälligen Nacht im Jahr 2013 sprichwörtlich der Blitz einschlug: "Ich lag im Bett und habe beschlossen: 'Ich muss golfen!' Ich habe es einfach gefühlt, dass ich raus auf den Platz muss." Diese Eingebung kam zu einem logischen Zeitpunkt, denn parallel entwickelte sich Bendzkos zweites Album "Am seidenen Faden" zum vollen Erfolg inklusive seiner ersten Nummer eins in den LP-Charts und Doppelplatin. Nach dem Sensationserfolg seines Debütalbums zwei Jahre zuvor hatte Tim bewiesen, dass er alles andere als ein One-Hit-Wonder war, und es wurde Zeit für ein bisschen Ausgleichssport. "Golf war die richtige Wahl: Ich bin draußen, in Bewegung und kämpfe gegen mich selber. Ich liebe Sport, und wenn ich Sport mache, dann ist es sehr schwer, mich davon abzulenken, weil ich völlig darin versinke und immer besser werden möchte."

Schwinger Club Vol. 36: Aus der Garage geholt: der Schwung vom letzten Jahr
Aus der Garage geholt: der Schwung vom letzten Jahr
Tim suchte sich einen Golfclub, trainierte fleißig und fühlte sich bereits im zweiten Sommer nach der nächtlichen Spontanentscheidung gerüstet, den eigenen Schwung beim Pro-Am der BMW International Open einer ersten Feuerprobe zu unterziehen. Seine Flight-Partner damals waren Martin Kaymer, Thomas Müller und Stefan Kretzschmar. Klare Sache, welche Gruppe an diesem Tag die größte Schar an Zuschauern hinter sich herzog. "Auf der 18 lag mein Ball im Grünbunker und ich musste ihn vor Hunderten Zuschauern irgendwie aufs Grün bekommen. Natürlich kam es, wie es kommen musste, und ich habe den Ball so sauber erwischt, dass er in einer hohen Bogenlampe über die Köpfe aller Zuschauer geflogen ist, gegen das VIP-Zelt prallte und von dort ins Wasserhindernis sprang. Irgendjemand fischte den Ball dann aus dem Wasser und ich hatte einen noch viel schwierigeren Schlag vor mir. Damals bin ich vor Scham beinahe gestorben. Aber das ist auch das Schöne am Golf: Es zeigt einem unmissverständlich auf, dass man nicht alles von heute auf morgen erreichen kann."

Unser Flight gönnt sich derweil eine gehörige Abkürzung, schließlich warten auf Tim heute noch weitere Termine, und nach einem Beinahe-Ass auf Loch 17 verabschiedet sich auf Loch 18 dann der erste Ball des Tages im dichten Wald rechts der Spielbahn. "Irgendwann werde ich den sicher wiedersehen", grinst Tim, denn seine Bälle mit dem Aufdruck "Weltretter" werden gerne von anderen Mitgliedern gefunden und dann voller Schadenfreude zurück ins Clubhaus gebracht.

"Das hat wirklich Spaß gemacht", lautet sein Kommentar zur heutigen Runde auf dem Weg zurück zum Auto. "Ich hoffe, dass ich es in den kommenden Wochen noch das ein oder andere Mal hierher schaffe." Wenn nächstes Jahr die große Deutschlandtour startet, wird der Terminkalender dafür zu voll sein und Tims Golfschläger bleiben wie auch beim Songsschreiben während der Tour zu Hause. Sollte er es sich vor seinem Konzert in Hamburg spontan anders überlegen, steht in der GolfPunk-Redaktion mit Sicherheit eine Golftasche für ihn bereit. Herzlich willkommen im Schwinger Club, Tim!

 
'JETZT BIN ICH JA HIER'-TOUR 2020

'JETZT BIN ICH JA HIER'-TOUR 2020

17.05.2020 Hannover, Swiss Life Hall
18.05.2020 Köln, Palladium
19.05.2020 Hamburg, Barclaycard Arena
21.05.2020 Frankfurt, Jahrhunderthalle
22.05.2020 Leipzig, Haus Auensee
24.05.2020 Wien, Gasometer
25.05.2020 München, Zenith
26.05.2020 Zürich, Halle 622
28.05.2020 Stuttgart, PorscheArena
29.05.2020 Münster, Halle Münsterland
30.05.2020 Berlin, Max-Schmeling-Halle

www.timbendzko.de

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