Der mittlerweile 32-Jährige muss es wohl wissen und wir sollten es eigentlich ebenfalls, schließlich ist Sheckler nach Eric Koston bereits der zweite Skater, den wir in unserem kleinen Club der als Style- und Attitude-Vorbilder tauglichen Celebrity-Golfer willkommen heißen.
Betrachtet man die mittlerweile vier Jahrzehnte umschließende Karriere der Actionsport-Ikone aus San Clemente in Kalifornien, werden erstaunliche Parallelen zu Karriereverläufen, die Golf-Fans äußerst vertraut sein dürften, augenscheinlich. Nachdem er bereits im Kindergartenalter deutlich älteren Skatern gezeigt hatte, dass er ihnen in Sachen Skills meilenweit voraus war, wurde das offensichtliche Wunderkind Ryan Sheckler im Alter von acht Jahren zum ersten Mal auf dem Cover eines der großen Skate-Magazine abgelichtet und das internationale Medieninteresse riss seither nicht mehr ab. Als er mit gerade einmal 13 Jahren Profi wurde und mit seinen im Schnitt zehn Jahre älteren Kollegen um den Globus tingelte, um an Contests teilzunehmen und Videoparts zu drehen, machte Sheckler seine Hausaufgaben, wenn der Rest des Teams morgens den Kater einer weiteren Partynacht auskurierte. Kein Wunder, dass Sheckler bereits in seinem ersten Profijahr eine Goldmedaille bei den X Games abräumte, der in den kommenden zwölf Jahren noch sechs weitere Medaillen folgen sollten.

»Es ist also kein bisschen übertrieben zu behaupten, Ryan Sheckler wäre der Tiger Woods, der John Daly und der Bubba Watson der Skateboard-Welt - in Personalunion, versteht sich.«
Im Gegensatz zu vielen Golfprofis, die in ihrer Freizeit alles andere tun würden, als einen Golfschläger anzurühren, war für Ryan Sheckler Skateboarden bereits, seit er denken kann, Mittelpunkt seiner gesamten Existenz. "Skateboarding ist mein Leben; alles, was ich heute bin, verdanke ich diesem Sport und ich liebe es einfach. Es gibt kein besseres Gefühl auf der Welt, als einen extrem schwierigen oder gefährlichen Trick zu landen und davonzurollen." Mit mehr als 30 Lenzen auf dem Buckel hat dieser Lebensmittelpunkt allerdings ernsthafte Konkurrenz bekommen: "Im Ernst: Ich empfinde für Golf beinahe genauso wie für Skateboarding. Ich bin borderline besessen von Golf."
Kein Wunder, denn was die Jagd nach diesem unbeschreiblichen Gefühl eines perfekt getroffenen Eisen 5, das tot an der Fahne landet, angeht, ähneln sich Golf und Skateboarden tatsächlich sehr. Dort gilt es schließlich auch, den Trick an einem bestimmen Spot, der seit Ewigkeiten im Kopf herumgeistert, zum ersten Mal zu meistern und mit dem besten Gefühl der Welt im ganzen Körper unbeschadet davonzurollen. An dieser Stelle ist dann aber auch schon wieder Schluss mit den Parallelen der Golf- und der Skate-Welt. Misslingt ein Golfschlag, ist im schlimmsten Fall ein Score kaputt oder ein nagelneuer Pro V1 auf Nimmerwiedersehen im Teich verloren. Geht ein Trick wie Ryan Shecklers legendärer Kickflip 2008 in einen gut fünf Meter tiefen Abgrund am Rande eines Supermarkt-Parkplatzes im kalifornischen Laguna Niguel schief, kann dies das sofortige Karriereende oder zumindest einige Monate auf Krücken bedeuten.


Zum ersten Mal einen Golfschläger in der Hand hielt der kleine Ryan bereits im Alter von fünf Jahren, denn im Garten ihres Hauses hatte sein Vater nicht nur verschiedene Skate-Rampen für seinen Sohn, sondern auch eine Teebox für sich selbst gebaut, um ab und zu Bälle in die hinter dem Zaum beginnende Wildnis zu schießen. "Vor etwa zwölf Jahren habe ich angefangen, just for fun ab und zu richtig Golf zu spielen. Ein Handicap und der wirkliche Wille, besser zu werden, kamen erst 2017. Doch das Profi Skateboarder-Leben besteht zum größten Teil aus Reisen. Ich war oft monatelang unterwegs und konnte kaum golfen, was dazu führte, dass mein Handicap bei etwa 15 stagnierte." Dazu kommt, dass Ryan ganz im Gegensatz zum Skaten beim Golf nicht unbedingt trainingsversessen ist. "Ich bin kein Driving-Range-Typ. Ich wärme mich auf und nehme ab und zu auch mal eine Trainerstunde, aber wirklich trainieren und an speziellen technischen Aspekten im Schwung auf der Range arbeiten ist nicht mein Ding. Ich spiele lieber 36 Löcher Golf am Tag und lerne dabei etwas über meinen Schwung und das Spiel."
Doch dann kamen besagter Kreuzbandriss und jede Menge Zeit, am Golfspiel zu arbeiten. Ryan verlor - aus nachvollziehbaren Gründen - zwar temporär eine Menge Länge, doch begann zum ersten Mal, an seinem kurzen Spiel und am Schwung zu arbeiten. "Ich nannte das Old-Guy-Golf. Ich war körperlich nicht in der Lage, meinen Driver über die Bahn zu prügeln, wie ich es gerne getan hätte. Aber ich habe mir von den Rentnern abgeschaut, was Konstanz bedeutet und dass man nicht auf jedem Par 5 alles auf die Eagle-Karte setzen muss. Mehr Köpfchen und weniger Ego haben mein Handicap in dieser Zeit auf 10 gesenkt und ich bin sicher, ein einstelliges Handicap ist nur noch eine Frage der Zeit."

Nach einem langen Tag im Skatepark oder auf dem Golfplatz hat aber auch ein globaler Actionsport-Star mit mehr Geld auf dem Konto als unsereins Doppel-Bogeys auf der Scorekarte mit den ganz banalen Problemen eines jeden Golfers zu kämpfen: "Meine Freundin beschwert sich regelmäßig: 'Du interessierst dich nur noch für Skaten und Golfen!' Ich kann dann nur mit den Schultern zucken und antworten: 'Ja, stimmt. Ich liebe dich, aber ohne Skaten und Golfen geht es einfach nicht. Lass uns heute Abend zu Topgolf gehen." Kann es sein, dass Ryan Sheckler ganz nebenbei die perfekte Antwort auf den Vorwurf, der uns allen bereits gemacht wurde, gefunden hat? Wie dem auch sei - herzlich willkommen im Schwinger Club, Ryan!