Nach fünf Jahren in Diensten von Borussia Dortmund wurde sein Vertrag bei den Westfalen nicht mehr verlängert. Verständlich, wie er selbst findet, nachdem er in den letzten drei Jahren mehr Zeit in Reha-Zentren als auf dem Fußballplatz verbracht hat. Dennoch will der Rechtsverteidiger die Fußballschuhe noch nicht an den Nagel hängen. "Ich fühle, dass ich noch ein, zwei gute Jahre im Tank habe." Also schaut er sich nach einem neuen Arbeitgeber um, wobei auch das Ausland oder die Zweite Liga in Frage käme. "Unser Sohn Davi ist erst zwei Jahre alt. Wir haben noch etwas Zeit, ehe wir uns festlegen sollten." Man darf gespannt sein, wohin es Patrick nächste Saison verschlägt.
Gespannt waren wir auch auf unser Treffen im Royal Saint Barbara's Golf Club, ein schlappes 7er-Eisen entfernt vom Trainingsgelände des BVB. Auch wenn sein Intro eher unglücklich war ("Ich hätte mir einen Golf-Punk-Redakteur jünger vorgestellt"), treffen wir einen entspannten Typen in einem wunderbar unprätentiösen Club, in dem neben Owomoyela noch weitere BVB-Kicker Mitglied sind.
»ICH BIN AUTODIDAKT. ICH SCHAUE MIR ETWAS AN UND MACHE ES NACH. SO WAR ES MIT DEM SKIFAHREN. UND MIT DEM DRAW.«
In Sachen Golf jedoch war Patrick ein echter Spätzünder. Mit Mitte 20 - er hatte mit Golf noch überhaupt nichts am Hut - kam er zu seiner ersten Ausrüstung. Als Mitglied der Nationalelf durfte er sich in Herzogenaurach nach Belieben eindecken. "Ich habe mir immer gesagt: ,Eines Tages probierst du das mal', aber das Bag stand dann fünf Jahre unangefasst im Keller."
Die vielen Verletzungen der letzten Jahre machten zwar oftmals ein Mitwirken in der Bundesliga unmöglich, den Einstieg in den Golfsport verhinderten sie aber nicht. "Im Trainingslager haben Sebastian Kehl und andere Kollegen in ihrer Freizeit immer gegolft. Also habe ich das Bag aus dem Keller geholt." Allerdings musste er es erst mal mit dem Hochdruckreiniger bearbeiten, denn nach einem Wasserrohrbruch, der den Kalk aus der Decke rausgewaschen hatte, sahen die Schläger aus wie aus einer Puderzuckerfabrik. Danach ging es mit Freundin Josipa in den Golfclub zur Anmeldung mit der Ansage an den Golflehrer: "Ich fahre nächste Woche ins Trainingslager und brauche die Platzreife." Die Antwort "Das wird eng!" schreckte ihn nicht ab. Nach drei Tagen war die Spielberechtigung im Sack und Owomoyela völlig angefixt.
Es folgte die erste EDS-Runde, um die Turnierreife zu erlangen. Dann das erste Turnier und ein unerklärliches Phänomen: Jemand, der vor 70.000 Zuschauern in überkochenden Hexenkesseln Fußballschlachten geschlagen hat, bekommt vor seinem ersten Golfturnier tatsächlich Fracksausen. "Ich kannte Golf nur aus dem TV und dachte: ,Turnier... Sind da Zuschauer? Schauen die dir auf den Pinsel? Bei einer Sache, die ich nicht gut kann?' Natürlich war ich nervös."
Heute spielt "Owo" ein Handicap von 33. Der Anfang ist gemacht, das Regelbuch als App aufs Handy geladen. Seine Freundin Josipa wurde vom Golf nicht gepackt und so kam es zu Hause zu so mancher Quellbewölkung. Denn der neue Golf-Freak begann, Golf-Nippes nach Hause zu schleppen, an Wochenenden flimmerte für den Geschmack der Dame des Hauses entschieden zu viel Golf über die Mattscheibe und selbstverständlich kommt GolfPunk im Abo. Das erste Profiturnier, das er von Anfang bis Ende verfolgt hat, waren die British Open 2012. Er mag Ian Poulter, Rory McIlroy und Rickie Fowler. Tiger Woods nicht so. "Aber es ist schon krass und beeindruckend, wie er spielt." Vor dem Fernseher hat er auch gelernt, einen Draw zu spielen. "Ich bin Autodidakt. Ich schaue mir etwas an und mache es nach. So war es mit dem Skifahren. Und mit dem Draw. Da kamen immer die Superzeitlupen und das habe ich dann genau so probiert: erst auf der PlayStation, dann auf dem Platz. Und es klappt!"
Das nächste Ziel: das erste Birdie. "Ich war schon einige Male ganz nah dran, aber es hat noch nicht geklappt. Das regt mich richtig auf!" Dabei ist er ansonsten völlig cool und relaxt. Fehlschläge nimmt er gelassen hin, Schlägerwerfen kennt er nicht. "Owo" ist eloquent und einfach nett.
Das liegt auch an seinem Werdegang, verlief seine Karriere doch eher untypisch. Keine Spur vom Leben unter einer sozialen Käseglocke. Mit 17 hat er eine dreieinhalbjährige Ausbildung zum Gas- und Wasserinstallateur absolviert. In dieser Zeit hat er sich auch für Fußball und gegen Basketball entschieden. "Ich habe immerhin Regionalliga gespielt und fand Basketball cooler. Aber beim Fußball konnte man schon ein paar Mark verdienen, während ich beim Basketball nur meinen Mitgliedsbeitrag abdrücken musste." Zu dieser Zeit musste er seinen reicheren Teamkameraden noch deren teure Basketballstiefel abkaufen, wenn die sie nicht mehr tragen wollten. "Es war immer mein Antrieb, Geld zu verdienen." In Lüneberg bekam er fürs Kicken immerhin 500 Mark im Monat. Sein erstes Profigehalt in Osnabrück: 4.000 Mark. "Davon habe ich ir meine gebrauchte Suzuki gekauft." Mit 23 Jahren kickte er noch in der Regionalliga. 18 Monate später war er Nationalspieler und ist heute Rekordnationalspieler von Arminia Bielefeld. Als Werder Bremen um ihn warb, dichteten die Bielefelder Fans einen Fettes-Brot-Song um und sangen wochenlang "Lass die Finger von Owomoyela". Erst bei Werder hat er mit Fußball richtig Geld verdient. "Ich finde es gut, wie es bei mir gelaufen ist: die Grundeinstellung, der Horizont, die tiefe Verbindung zum Normalen. Heute werden schon Jugendliche wie Stars behandelt, können sich mit 18 Autos kaufen und sehen nur, dass ihr Konto wächst."
Sein Vater ist Nigerianer, daher die Hautfarbe und die Rastalocken. Für sein Engagement gegen rechts wurde Patrick Owomoyela mit dem Udo-Lindenberg-Preis ausgezeichnet. Irgendwann will er wieder zurück nach Hamburg, wo er sich ein Haus gekauft hat und wohl fühlt. Konkrete Pläne für die Zukunft gibt es noch nicht. Er hat in eine Internet-Firma investiert und mit Freunden ein Geschäftsmodell erarbeitet, das bislang noch brachliegt. "Auch das Fußballgeschäft ist interessant. Ich habe mich eigentlich nie als Trainer gesehen, aber ich denke, ich werden den Schein machen. Auch Spielerberater könnte ich mir vorstellen."
Auf seinen Armen prangen die Tattoos "Believe" und "Family", zwei Dinge, die ihm extrem wichtig sind. Wie auch die Musik. Er spielt Schlagzeug, Gitarre und Klavier. Auch seine Liebe zum Basketball ist geblieben. In Amerika war er schon als TV-Co-Kommentator tätig. Der amerikanische Lifestyle gefällt ihm. Neu hinzugekommen ist nun die Liebe zum Golf. Deshalb will er künftig seine Urlaube danach ausrichten. "Euer Leben besteht doch nur aus Golfreisen, oder? Da wäre ich gerne mal dabei." Jederzeit, Patrick.