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Kolumne: Golfplatz-Designer

Viel Kohle ≠ feine Wiese

Von Tony Ristola

Um vorzügliche 18 Löcher in die Landschaft zu bauen, braucht es mehr als nur ein dickes Budget. Unser Kolumnist Tony Ristola weiß genau, worauf es ankommt und warum hierzulande dafür die besten Voraussetzungen herrschen.

Deutschland ist bestens dafür geeignet, um Weltklasse-Golfanlagen zu bauen und kosteneffektiv zu betreiben. Nein, dieser Satz ist kein Druckfehler. Die Vegetation, Topografie, Bodenbeschaffenheit und das Klima sind in weiten Teilen dieses Landes vorzüglich, wenn nicht gar ideal. Dank dieser hervorragenden Voraussetzungen können herausragende Golfplätze geschaffen und gleichzeitig deren Betriebskosten dramatisch gesenkt werden.

ROUTING
Der erste Schritt eines Designprozesses ist das sogenannte Routing, also das Festlegen des Verlaufs der einzelnen Spielbahnen innerhalb der gegebenen Landschaft. Bereits hier werden die Weichen für die spätere Güteklasse der Anlage und auch deren Unterhaltskosten gestellt. Ein optimales Routing leitet den Spieler durch das Gelände vorbei an dessen schönsten Stellen, es erzeugt eine ausgewogene Abfolge bestehend aus möglichst eigenständigen Spielbahnen und es minimiert die Baukosten. Das richtige Routing zu finden ist nicht gerade ein sexy Teil der Arbeit eines Architekten, jedoch die wichtigste, denn sie gleicht dem Fundament beim Hausbau. Fehler in dieser Phase können die Qualität des Platzes auf Jahrzehnte hinweg negativ beeinflussen.

Nächstes Bild: Die roten Flächen markieren, wo im Golfclub Emstal sandiger Untergrund in Richtung der Fairways geschoben und wo Boden gewonnen wurde, um Abschläge und Grüns zu modellieren


Kolumne: Golfplatz-Designer:

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ÖKONOMIE IM GOLFPLATZBAU BESTEHT DARIN, DAS BESTMÖGLICHE RESULTAT MIT EINEM MINIMUM AN KOSTENAUFWAND ZU ERREICHEN.
"Golf Architecture", Dr. Alister Mackenzie, 1920
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EINEN PLAN HABEN
Nachdem das Routing festgelegt wurde, gilt es, durch verschiedene Design-Elemente den Charakter jedes einzelnen Lochs weiter herauszuarbeiten. Der größte Nutzen der hierfür angelegten Pläne liegt jedoch darin, landschaftliche Einschränkungen sichtbar zu machen, Baukosten zu kalkulieren und die notwendigen Dokumente für die Bürokratie zu liefern, sowie im Marketing. Was den tatsächlichen Bauprozess angeht, sind diese Pläne kaum mehr als glorifiziertes Malen nach Zahlen; eine grobe Richtlinie. "Aber, aber!", wird mancher jetzt sagen. "Sind detaillierte Pläne nicht unabdingbar für ein erfolgreiches Design?" Die Antwort ist ganz klar: jein.

Pläne sind wichtig und notwendig, verfügen jedoch auch über eine Menge Unzulänglichkeiten. Sie können keineswegs all die Details wiedergeben, die sich im Kopf des Architekten längst zu einem großen Ganzen zusammengefügt haben, und sind natürlich auch immer der individuellen Interpretation derjenigen ausgesetzt, die auf den Baustellen die Bagger und Bulldozer fahren. Für einen optimalen Bauprozess sind Pläne nichts weiter als ein Ausgangspunkt.

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Bild oben: Die Schemazeichnung nach Fertigstellung der Spielbahnen 6 und 10 ist voller topografischer Abwechslung. Die Höhenunterschiede wurden nicht nach Plan gebaut, sondern in Echtzeit unter Anleitung des Architekten angelegt. Maximale Kreativität und schnelle Bauzeit wurden so garantiert

BAUPHASE
Verbesserungen können während des gesamten Bauprozesses an jedem Teil jeder einzelnen Spielbahn vorgenommen werden und oft sind es diese Abweichungen von den ursprünglichen Plänen, die später die besten Ecken des Platzes ausmachen und die Anlage auf ein vollkommen neues Level heben. Der Haken ist, dass solche Änderungen meistens subjektiver Natur sind und normalerweise vom Architekten vorgenommen werden. Ist er, wie es zumeist der Fall ist, während der Bauphase tage- oder sogar wochenlang nicht vor Ort, werden viele offensichtliche Verbesserungen, die keinerlei Mehrkosten verursacht hätten, gar nicht erst vorgenommen.

Da die Zeit- und Kostenrahmen eines Golfplatzbaus in der Regel gewissen Limitierungen unterliegen, ist Teamwork zwischen dem Architekten und den Bautrupps gefragt, wenn es darum geht, das Maximum aus dem vorhandenen Land, Geld und der Zeit herauszuholen. Der Golfhistoriker Herbert Warren Wind betont diesen Punkt in "The World Atlas of Golf" (1979), indem er schreibt: "Es gibt keine Alternative, als dass der Architekt persönlich vor Ort ist und jederzeit sicherstellt, dass die effektivste und nicht die schnellste Maßnahme ergriffen wird, um die kleinen Details sicherzustellen, die großartige Spielbahnen am Ende tatsächlich großartig machen."

Was Herbert Warren Wind dabei auslässt, ist die Tatsache, dass die meisten Männer auf den schweren Maschinen und ihre Vorarbeiter meist keine Golfer sind und auch keine Studenten des Kanons großartiger Golfarchitektur. Wenn sie nicht geleitet und kontrolliert werden, wie sollen sie dann ein exzellentes Ergebnis auf ökonomisch vertretbare Weise erreichen? Die Geschichte hat schon oft bewiesen, dass dies nicht klappen kann, und so löst sich die Chance, einen optimalen Golfplatz kosteneffektiv zu bauen, in Luft auf.

PRAXISTEST
Im Golfclub Emstal, wo ich vor nun mittlerweile 21 Jahren die Erweiterung um zehn Löcher nicht nur designt, sondern auch bis zur Fertigstellung begleitet habe, war das vorgefundene Land größtenteils flach und ohne nennenswerte Eigenschaften mit Ausnahme einiger Baumgruppen. Unser größter Trumpf war der in dieser Gegend typisch sandige Boden, der dann auch die Richtung für ein einfaches, aber gleichzeitig spannendes und kostengünstiges Designkonzept vorgab: auf den Löchern, die nicht entlang des Flusses verlaufen, so viel wie möglich des natürlichen Sands freizulegen und das Erdreich nur über so kurze Distanzen zu transportieren wie nötig, um die einzelnen Spielbahnen interessant zu gestalten.

Die sonst im Untergrund verborgene Sandschicht an die Oberfläche zu bringen schuf Farb- und Höhenkontraste und half dabei, die Spielkorridore deutlicher zu definieren. Gleichzeitig war es nicht mehr nötig, Erdreich dreimal zu transportieren, um die Konturen der Fairways zu modellieren. Den sandigen Boden von außerhalb der Fairways auf die Spielbahnen zu schieben und dort sofort zur endgültigen Form weiterzuverarbeiten bedeutete, dass wir das Material nur ein einziges Mal bewegen mussten. Durch dieses Verfahren wurde eine gehörige Summe an Baukosten gespart.

 
DER AUTOR

DER AUTOR

Tony Ristola, ein Amerikaner mit finnischen Wurzeln, kann nicht nur Golf spielen - er war als Teaching- sowie als Playing-Pro aktiv -, sondern fand in der Golfplatzarchitektur seine wahre Bestimmung. Zusammen mit Arbeitern, von denen die meisten noch nie einen Golfplatz gesehen hatten, schuf er mit Sand Valley in Polen sein erstes, international gefeiertes 18-Loch-Layout. Als einziger Golfplatzarchitekt garantiert er, jeden einzelnen Tag der Planungs- und Bauphase einer neuen Anlage vor Ort zu sein. www.tonyristola.com

Die weitreichenden Sandflächen sorgen nicht nur für dramatische Blickwinkel, sie steigern auch den Spaßfaktor für die Spieler, denn Ballsuchen im kniehohen Rough ist ein Schrecken der Vergangenheit, was sich positiv auf die Spielgeschwindigkeit auswirkt.

Das Projekt wurde in nur dreieinhalb Monaten für die Hälfte der damals üblichen Kosten einer solchen Maßnahme umgesetzt und wir nutzten für die Bauphase ein Bauunternehmen, das zuvor noch nie einen Golfplatz gebaut hatte. Die Kombination aus einem kurzen Bauzeitplan, unerfahrenen Golfplatzbauarbeitern, flachem und unspektakulärem Gelände wirkten nicht wie die Formel, aus der man einen exzellenten Golfplatz mit geringen Geldmitteln schaffen kann. Es gelang uns trotzdem.

Der Golfclub Emstal wurde bereits dreimal in die Top 50 der Golfanlagen hierzulande gewählt, 17 war dabei seine höchste Platzierung. Es war auch der erste Golfplatz, der mit der Golfmedaille für "Golf & Natur" des DGV ausgezeichnet wurde. Das erfreulichste Lob kam jedoch vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Nachdem man dort darauf aufmerksam wurde, wie behutsam wir das vorgefundene Gelände entlang der Ems in ein leicht bewegtes Dünenprofil verwandelten, wurde im BUND-Jahresbericht festgestellt: "Entstanden ist letztendlich ein Golfplatz, der hervorragend und harmonisch in die Landschaft des Emstals eingebunden ist. Dort, wo bis vor einem Jahr auf einer Fläche von 50 Hektar trostlose, intensivst bewirtschaftete Maisäcker dominierten, ist innerhalb weniger Monate ein Gelände entstanden, das Vorbildcharakter für die Integration einer Freizeitanlage in eine schutzwürdige Landschaft hat."

Hohe Kosten garantieren also längst keine Qualität beim Bau von Golfanlagen. Hingabe dagegen schon - aus Golfer- und aus Buchhaltersicht.

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