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Porsche European Open

Sonntags Schuss

Von Jan Langenbein, Fotos: Mike Meyer

Steht ein Sportwagen als Sonderpreis neben der Teebox, bekommen Tour-Veteranen sicher keine zittrigen Hände. Doch wie sieht es mit einem GolfPunk-Volontär aus? Es wird Zeit, dieser Frage auf den Grund zu gehen.

Der hat eine gute Linie!", murmelt Patrice halb zu sich selbst, halb in Richtung seiner beiden Gegner, als der Ball in Richtung 17. Grün auf dem Porsche Nord Course in Green Eagle startet. "Wind! Komm schon!", brüllt er hinterher, denn die Fahne steht heute ganz rechts im Grün. Wie bestellt beginnt sein Ball, leicht nach rechts abzudriften. Doch was zunächst wie ein leichter Fade aussieht, entwickelt sich zur ausgewachsenen Bananenflanke und der Ball, der eben noch so vielversprechend in der Luft stand, schlägt im rechten Rough ein. "Irre, man muss wohl hooken, um eine halbwegs gerade Flugbahn zu spielen..."

Das apokalyptische Wetter am Tag unserer Hole-in-One Challenge kurz vor der Porsche European Open in Hamburg macht die heutige Aufgabe nicht einfacher, denn es fegt ein eisiger Wind mit Böen von bis zu 55 km/h über die Anlage. Normalerweise liegen die Chancen eines Amateur-Golfers bei etwa 12.000 zu 1, ein Ass zu spielen. Ein Scratch-Golfer steigert seine statistischen Chancen auf übersichtliche 5.000 zu 1 und ein Tour-Pro tritt mit einer Quote von 3.000 zu 1 auf den Abschlag eines Par 3. Wie die Quoten heute stehen, weiß aber nicht einmal Petrus.

An exakt dieser Stelle versenkte Marcel Siem 2017 aus 153 Metern sein Eisen 7 direkt im Loch und freute sich wie Bolle darüber, dass sein mittlerweile drittes Ass endlich standesgemäß honoriert wurde, denn nach der Runde wechselte ein Porsche Panamera Turbo Sport Turismo mit 550 PS im Wert von 160.000 Euro den Besitzer. "In China bekam ich ein Handshake, in Wentworth eine Flasche Champagner. Jetzt endlich mal ein gescheiter Preis!", grinste Marcel damals.

Porsche European Open: Falschparker: Statt Strafzettel am Wischer gibt's Sockets in die Tür
Falschparker: Statt Strafzettel am Wischer gibt's Sockets in die Tür
Auch in diesem Juni, wenn die Porsche European Open zum vierten Mal vor den südlichen Toren Hamburgs stattfinden, wird an dieser Spielbahn wieder ein Sportwagen aus Zuffenhausen stehen und auf einen Sonntagsschuss warten. Wie wahrscheinlich jeder Golfer haben auch wir uns schon oft gefragt, wie es sich wohl anfühlt, unter dem Druck eines Turniers mit der Chance auf ein Kraftfahrzeug weit außerhalb der eigenen finanziellen Möglichkeiten ans Tee zu treten. In Sachen Kfz griff uns Porsche unter die Arme und stellte uns das Hole-in-One-Auto dieses Jahres zur Verfügung. Um den Druck eines Turnier-Flights bestmöglich zu simulieren, haben wir uns mit dem PGA Teaching Pro sowie Mitbegründer der Green Eagle Golf Courses Michael Blesch und Tour-Pro Benedict Staben zwei Gegner ausgesucht, die es in sich haben. Schließlich weiß Michael nicht nur, wie man einen Golfschläger schwingt, er kennt hier auf seiner Anlage selbstverständlich jeden Grashalm. Und Benedict? Der ließ es sich 2018 nicht nehmen, bei der Porsche European Open Runde 1 mit fünf unter Par zu beenden und nur einen Schlag hinter dem Führenden Bryson DeChambeau in den Freitag zu starten. Um uns bei so viel Firepower nicht vollständig zu blamieren, schickt die GolfPunk-Crew ihren - zugegebenermaßen mit weitem Abstand - besten Golfer ins Rennen. Mit einem Handicap von +4 und einem Deutschen Meistertitel in der Vita stehen Patrice' Chancen, ins Weiße zu treffen, deutlich höher als besagte 12.000 zu 1, über die jeder andere GolfPunk-Mitarbeiter froh wäre.

Hundert Bälle liegen auf der Teebox von Bahn 17 bereit, 33 für jeden unserer Wettkämpfer inklusive eines Extraschusses für denjenigen, der es während der regulären Spielzeit am dichtesten an die Fahne schafft. Sollte tatsächlich einer der drei einlochen, gehört ihm ein nagelneuer Taycan Turbo S Cross Turismo - für eine Woche. Feuer frei!

Michaels zweiter Abschlag landet als erster Ball auf der linken Grünhälfte, irgendwo dort, wo am Sonntag die Fahne stehen wird.

"Ein Hole-in-One ist mir tatsächlich noch nie gelungen", erzählt er, während sich Benedict für seinen ersten Schlag bereit macht, "aber so etwas Ähnliches. Die Story erzähle ich euch später im Clubhaus."

Wie es sich für einen gestandenen Tour-Pro gehört, hat Benedict Staben aus den ersten beiden Schlägen der Konkurrenten gelernt und lässt mit seinem ersten Versuch ein gepunchtes Eisen 8 fünf Meter links der Fahne starten. Da der Ball maximal halb so hoch fliegt wie die Schläge von Patrice und Michael zuvor, hat der Wind kaum eine Chance und drückt die Kugel nur wenige Meter aus der Richtung. Es wird kurz still auf der Teebox. Er wird doch nicht etwa mit dem ersten Versuch..? Doch Benedicts Ball fliegt einige Meter zu weit und springt über das Grün. "Okay, okay, guter Versuch!", lobt er sich selbst, "bisschen weniger Druck beim nächsten Mal."

Patrice wechselt derweil den Schläger: "Mein Ballflug mit dem Eisen 9 ist bei diesem Wind viel zu hoch. Eine drei viertel geschwungene 8 sollte passen." Tatsächlich landet sein nächster Versuch mitten auf dem Grün, doch schafft es nicht, die riesige Welle nach rechts in Richtung Loch zu erwischen.

Porsche European Open: Japanischer Zen-Garten: beruhigend selbst nach WasserballPorsche European Open: Japanischer Zen-Garten: beruhigend selbst nach Wasserball
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Alle drei sind sich einig: Die heutige Fahnenposition ist die Hole-in-One-freundlichste auf dieser Spielbahn. Weit genug vom Wasser entfernt und mit steilen Breaks links und dahinter befindet sich das Loch in einem Kessel, der Bälle die im hinteren rechten Viertel des Grüns landen, automatisch einsammelt. Nachdem Michael als Erster des Tages mit einem amtlichen Hook baden gegangen ist, erfahren wir, dass dies seine ersten Golfschläge in dieser Saison sind. Golfplatzbetreiber mit einem European-Tour-Event vor der Tür haben schließlich andere Sorgen als das eigene Spiel.

Nachdem ein Drittel der Bälle verschossen ist, hat sich das Trio eingegroovt und scheint auch mit dem tückischen Wind klarzukommen. Nahezu jeder Versuch landet mittlerweile auf der rechten Hälfte des Grüns und Benedict gelingt es mit beeindruckender Regelmäßigkeit, den Ball in der Welle landen und so in Richtung Fahne ausrollen zu lassen. "In einer Turniersituation denkt man bei einem Schlag aus 80 Metern oder weniger durchaus daran, den Ball einzulochen. Wenn es wie heute mehr als 120 Meter sind, dann möchte ich den Ball so nah wie möglich ans Loch spielen", erklärt Benedict seine Schlagvorbereitung auf einem Par 3. "Heute muss ich darauf achten, dass meine Schläge flach genug sind, um nicht vom Wind gecatcht zu werden. Was es an dieser Bahn absolut zu vermeiden gilt, ist der Bunker rechts. Das ist eine No-go-Area."

Schlag Nummer 24 sorgt dann wieder für gespannte Stille auf dem Tee, als der Ball vielversprechend in Richtung Loch abbiegt, und Benedict reißt vorsorglich die Arme gen grauen Himmel, doch die Kugel bleibt 40 Zentimeter rechts des Lochs liegen. Niemandem soll es in den nächsten Minuten gelingen, diese Bestmarke zu unterbieten, also wird Benedict Staben die Ehre zuteil, den 100. und letzten Schuss des Tages setzen zu dürfen. "Ein Hole-in-One ist viel Glück", philosophiert er auf der Suche nach einem passenden Stückchen Gras zum Aufteen. "No shit, Sherlock", versucht der zur Untätigkeit verdammte Patrice mit Trash Talk wenigstens ein Unentschieden sicherzustellen, doch diese Spitze wird vom Wind davongetragen.

Porsche European Open:
Ball 100 startet vielversprechend in Richtung der massiven Welle im Grün und Benedict beobachtet hoffnungsvoll, wie die kleine weiße Kugel zum x-ten Mal dieselbe Stelle im Grün trifft, nach rechts in Richtung Loch abbiegt und zwei Meter zu kurz zum Liegen kommt. Der Porsche Taycan wird heute Abend also wieder nach Stuttgart überführt werden.

Benedict, was ihm letzten Dezember hier auf dem Platz gelungen ist: "Es war meine letzte Runde des Jahres und die weißen und gelben Abschläge waren gesperrt, da sie am Tag zuvor aerifiziert wurden. Wenn es kalt ist und der Ball nicht so weit fliegt, kann es auch mal Spaß machen, von blau zu spielen, oder? Nach Loch 6 lag ich 2 unter und habe auf dem 292 Meter langen siebten Loch (Par 4) den Driver gezückt. Es war ein perfekter Abschlag, der es gerade so über den Grünbunker bei 280 Metern schaffte, auf dem Grün landete und Richtung Fahne sprang. Das Loch konnten wir vom Abschlag aus nicht sehen, aber ich bilde mir wirklich ein, gehört zu haben, wie der Ball die Fahne trifft. Als wir zum Grün kamen, lag er im Loch. Albatros!" Spitzengeschichte, aber den Taycan können wir dir trotzdem nicht überlassen, Benedict. Das verstehst du, oder?

 
Infobox

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Benedict STABEN

HCP: Tour-Pro
ASSE: 3
"Nummer eins mit einem Holz 7 im Golfclub Hamburg-Hittfeld im Alter von zehn Jahren von den Damen-Tees. Nummer zwei am Tag, an dem ich Profi geworden bin, mit einem Eisen 7 auf Gut Kaden. Das dritte war ebenfalls ein Eisen 7 im Aloha Golf Club in Marbella."

Patrice SCHUMACHER

HCP: +4
ASSE: 1
"Mit zwölf hatte ich ein Ass bei den Deutschen Meisterschaften an Loch 6 im Golfclub Isernhagen mit einem Eisen 7."

Michael BLESCH

HCP: Teaching-Pro
ASSE: 0
"Ich habe es lediglich einmal geschafft, den Locheinsatz mit einem Carry-Treffer vollständig zu zertrümmern. Der Ball ist damals im Golf-Club St. Dionys aber leider wieder aus dem Loch gesprungen."

Porsche TAYCAN TURBO S CROSS TURISMO

LEISTUNG: bis zu 560 kW/761 PS
REICHWEITE: 388-419 km
0-100 KM/H: 2,9 s
0-200 KM/H: 9,7 s
GESCHW. MAX.: 250 km/h
MAX. DREHMOMENT: 1.050 Nm
STROMVERBRAUCH: 29,4 kWh/100 km (NEFZ kombiniert)
LADEZEIT: bis zu 100 km in 5:30 min

Green Eagle PORSCHE NORD COURSE

LOCH 17, PAR 3, TEEBOX 124 METER
100 VERSUCHE
GRÜNTREFFER: 78, davon acht näher als 2 m an der Fahne
ROUGH: 16
IM WASSER: 6

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