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Stick

Übung macht den Meister

Von Rüdiger Meyer, Fotos: Apple TV+, Tour Development Academy

In 'Stick' trainiert Owen Wilson ein Golf-Talent für den Kampf mit Collin Morikawa. Wilson selbst nutzte die Apple- Comedy für ein ganz anderes Duell: mit seinem Bruder.

Owen Wilson wurden von seinem 2017 verstorbenen Vater zwei Dinge in die Wiege gelegt: seine Liebe zur Comedy und seine Begeisterung für Golf. Als Chef eines TV-Senders in Dallas brachte Robert Andrew Wilson "Monty Python's Flying Circus" in die USA, in seiner Freizeit war er ein fanatischer Golfspieler, der die Leidenschaft zum Sport auch auf seine drei Kinder übertrug. Insbesondere auf Owens Bruder Luke, bekannt aus Filmen wie "Natürlich blond" und "Old School", übertrug sich das Golfvirus: Er nahm 2009 unter anderem am Pebble Beach Pro-Am teil. Owen dagegen war unfreiwillig zum Zusehen verdammt. "Ich bin Linkshänder und als Kind hatten wir nur Rechtshand-Schläger, sodass ich nie zum Golfen gekommen bin."

Und so ließ sich Wilson nicht lange bitten, als Showrunner Jason Keller ihm die Hauptrolle in seiner Golf-Comedy "Stick" antrug. "Ich kann immer noch hören, wie mein Vater mir sagte, dass ich Golf lernen muss. Ich habe mich früher immer in kleinen Putting-Matches mit ihm gemessen, deshalb hat es sich richtig gut für mich angefühlt, für diese Serie Golf zu lernen und mich meinem Vater verbunden zu fühlen." Dabei sticht aufmerksamen Zuschauern der am 04. Juni bei Apple TV+ gestarteten Serie sofort eine gewisse Ironie ins Auge: Owen Wilson hat für die Serie Golf als Rechtshänder gelernt.

Seine Schwungfähigkeiten sind in der zehnteiligen Comedy allerdings nur am Rande gefragt. Wilson spielt Pryce Cahill, einen ehemaligen Profi-Golfer, der am Masters teilgenommen und es bis auf Platz 18 der Weltrangliste geschafft hat, bis er bei der Players Championship einen Nervenzusammenbruch erlitt, seine Schläger in den See warf und der PGA Tour den Rücken zukehrte. Jahre später hat der zum Teaching Pro degradierte Pryce neben seiner Profikarriere auch seine Ehe an die Wand gefahren, als er auf der Driving Range einen Sound wie Donnerhall hört. Er stammt von Teenager Santi Wheeler (Peter Dager), dessen lange, präzise Schläge in Pryce eine verrückte Idee wecken: Er will den Jugendlichen unter seine Fittiche nehmen und zur US Amateur Championship bringen. Dafür muss er aber erst einmal Santis Mutter Elena (Mariana Treviņo) sowie seinen ehemaligen Caddie Mits (Marc Maron) überzeugen, mit ihm im Wohnwagen kreuz und quer durch die USA zu fahren.

Stick: Ob Highway oder Fairway: Road Rage ist überall (l.)Stick: Ob Highway oder Fairway: Road Rage ist überall (l.)
Ob Highway oder Fairway: Road Rage ist überall (l.)

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ICH BIN LINKSHÄNDER UND ALS KIND HATTEN WIR NUR RECHTSHAND- SCHLÄGER, SODASS ICH NIE ZUM GOLFEN GEKOMMEN BIN.
OWEN WILSON
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So wie sich Owen Wilson durch "Stick" mit seinem Vater verbunden fühlt, tut es auch der Serienschöpfer. Jason Kellers Vater Ron spielte jahrelang professionell Baseball, schaffte es aber nur zu neun Einsätzen für die Minnesota Twins. "Ich war schon immer fasziniert von Menschen wie meinem Vater, die in etwas extrem talentiert waren, aber nicht in der höchsten Klasse bestehen konnten. Was macht es mit deinem Leben, wenn du glaubst, du kannst im Sport ein bestimmtes Level erreichen, das aber nicht eintritt?", formuliert der Autor seine Idee für die Serie. Dass er "Stick" lieber im Golf- als im Baseballzirkus spielen lässt, liegt an seiner eigenen Begeisterung für den Sport. "Ich habe eine Hassliebe zum Golf. Es ist fast wie eine toxische Beziehung. Ich liebe es, doch selbst jetzt, während wir sprechen, denke ich noch darüber nach, was ich gestern Grauenhaftes am siebten Loch gemacht habe."

Angesprochen darauf, ob er für Pryce Cahill einen realen Golfer im Hinterkopf hatte, druckst Keller ein wenig herum. "Es gibt viele Golfer, die Aufs und Abs in ihrer Karriere hatten." Doch als wir hartnäckig weiterbohren, knickt er ein. "Wenn Sie mich zwingen, jemanden zu nennen, würde ich sagen, David Duval war ein Vorbild für Pryce. Er war ein brillanter Sportler, der große Karrierehochs, aber auch echte Tiefs hatte."

David Duval konnte Keller nicht zu einem Cameo bewegen, doch einige andere aktuelle Golfstars geben sich in der Serie die Ehre. Die ersten Verbindungen knüpfte Owen Wilson, als er in Kapalua beim Tournament of Champions unter anderem Max Homa die Hand schüttelte. Die Sache klar machte einer der Produzenten der Serie. Ben Silverman kannte viele der Golfer persönlich und sicherte sich im Rahmen der Wells Fargo Championship die Zusagen von Keegan Bradley und vielen anderen. Ein Risiko war jedoch dabei, denn die Schnittmenge des Venn-Diagramms zwischen golferischem und schauspielerischem Talent nicht unbedingt groß. Unsere Favoriten haben wir rechts gekürt, aber wen würden die Beteiligten eine dramatische Szene spielen lassen, wenn ihr Leben davon abhinge? "Wyndham Clark hatte die schwierigste Aufgabe", findet Owen Wilson.

Stick:
"Er musste Überraschung spielen, als er mich sah, was selbst ich schwierig finde, weil man ja weiß, dass der andere kommt. Aber er hat es geschafft." Auch Jason Keller war von Clark begeistert, hat aber einen anderen Favoriten. "Wenn ich nur einen Namen nennen darf, so ist es Max Homa. Er wirkte vor der Kamera sehr natürlich. Er ist im Umfeld des Filmgeschäfts aufgewachsen und fühlt sich am Set wohl."

Die Golfer überhaupt nur an den Set zu bekommen stellte bereits ein ganz eigenes Problem dar. Schließlich wurde die Serie aus Kostengründen nicht in Kalifornien oder in Florida, sondern in Kanada gedreht. "Die Golfer haben ein irres Reisepensum und es war schwierig herauszufinden, wie wir sie nach Vancouver bekommen. Sobald feststand, wann wir sie bekommen, mussten wir unseren Drehplan ganz auf ihre Verfügbarkeit ausrichten", erklärt Keller.

Der Dreh in British Columbia sorgte auch dafür, dass ein anderer Profi-Golfer einen überraschenden Sommerjob bekam. Nathan Leonhardt spielte von 2011 bis 2014 auf der PGA Tour Canada und der PGA Tour China, bis eine Rückenverletzung seine Karriere beendete und er in Vancouver eine Golfschule gründete: die Tour Development Academy. "Eines Morgens klingelte mein Telefon", erinnert er sich an seine Rekrutierung. "Die Produzenten suchten in der Gegend um Vancouver nach einem Golfberater, jemandem, der schon mal auf hohem Level gespielt hat, aber auch unterrichtet." Quasi über Nacht musste "Ich erhielt den Anruf Anfang März und musste am 01. Mai in Vollzeit starten. Das Problem ist, dass der Sommer bei uns die absolute Hochphase für Golf-Unterricht ist. Aber eine Gelegenheit wie diese ergibt sich für einen Golflehrer nicht oft."

Stick: Einfallsreich: So macht selbst Teppichklopfen Spaß! (r.)Stick: Einfallsreich: So macht selbst Teppichklopfen Spaß! (r.)
Einfallsreich: So macht selbst Teppichklopfen Spaß! (r.)
Leonhardts Mitwirken erwies sich als essenziell für die Produktion, da sie sich für die Golfszenen Authentizität auf die Fahne geschrieben hatte. "Das Erste, was ich gemacht habe, war, mir die Drehbücher durchzulesen", erklärt der 40-Jährige seine Aufgaben. "Ganz oft in Filmen ergeben die Golfgespräche keinen Sinn, aber Apple wollte sicherstellen, dass alle Ausdrücke korrekt sind. Und anschließend habe ich mit sämtlichen Abteilungen der Produktion gesprochen, um zu gewährleisten, dass alles authentisch ist." Dies bedeutete für Leonhardt, dass er während der Dreharbeiten auch mal heftiger reingrätschen musste als Jürgen Kohler. "Ich war noch nie an einem Hollywood-Set und plötzlich musste ich den Regisseur unterbrechen und ihm sagen: ,Hey, das fühlt sich nicht richtig an.' Ich habe einige Zeit gebraucht, um mich daran zu gewöhnen." Auch das Überprüfen der Leaderboards gehörte zu seinen Aufgaben. "Ehrlich gesagt habe ich da fast das meiste zu tun gehabt. Ich musste zusammen mit den Ausstattern und den Leuten für die visuellen Effekte darauf achten, dass die Ergebnisse realistisch verlaufen und dass die Namen korrekt sind." Die Peinlichkeit, "Keegan Badley" oder "Max Honma" in den Ergebnislisten zu haben, wollte sich schließlich keiner geben. Dass Leonhardt darauf verzichtete, unter den fiktiven Namen auf dem Leaderboard seinen eigenen unterzubringen, zeugt auf jeden Fall von Selbstbeherrschung.

Um den visuell oft recht statischen Golfsport filmreif umzusetzen, griff Apple tief in die Trickkiste: Sogenannte "Drohnenbälle" waren in der Lage, einen Golfball während des Flugs zu filmen, und für den satten Sound der Schläge ließ man unter anderem Leonhardt Bälle schlagen und verstärkte den Klang am Computer. Über einen der Tricks möchte dagegen keiner reden, doch Justin Bjornson ließ im letzten August im Interview mit der Webseite britishcolumbiagolf.org die Katze aus dem Sack. Der Student aus dem Golfteam der Simon Fraser University war einer von mehreren Doubles, die Nathan Leonhardt castete. Bjornson diente dabei als Doppelgänger von Hauptdarsteller Peter Dager und verriet, wie einige Szenen getrickst wurden: Wenn Santi in der Serie einen Golfschlag macht, "gibt es eine Aufnahme von Peter und eine von mir. Sie haben mir überall aufs Gesicht kleine schwarze Punkte gesetzt und können so mein Gesicht mit Peters ersetzen." Doch das galt wohl nur für die Anfangsphase, als Peter Dagers Golfschwung noch in der Anfangsphase war, wie Showrunner Jason Keller einschränkt. "Peter begann vor weniger als einem Jahr mit dem Golf, hat sich aber voll reingehängt. Der Junge wurde so gut, dass wir sein Double für einige Szenen nicht einmal benutzen mussten."

Wer also davon träumt, sein Handicap in kürzester Zeit zu senken, sollte sich einfach in einer Golfserie besetzen lassen. Das bestätigt auch die Entwicklung von Owen Wilson. In jeder Drehpause forderte der "Wedding Crasher" Golfberater Leonhardt zu kleinen Matches heraus, sodass Wilson am Ende der Dreharbeiten vom Anfänger zu einem respektablen 14-Handicapper wurde. Für den Hollywood-Star die Gelegenheit zu einem ultimativen Prank. Wilson rief aus heiterem Himmel seinen Bruder Luke an, der von Owens neuer Serie noch keine Ahnung hatte, und fragte ihn, ob er Bock auf eine Runde Golf hätte. "Ich habe gemerkt, dass er eigentlich gar keine Lust darauf hatte, mit mir zu spielen. Er dachte wohl, ich würde herumstümpern. Aber an diesem Tag hat einfach alles geklappt, ich habe besser als je zuvor gespielt. Luke konnte es gar nicht glauben - das war sehr befriedigend."

 
CAMEO SCORE

CAMEO SCORE

3

COLLIN
MORIKAWA

Ist am meisten im Bild, darf aber fast nichts sagen und nur Bälle schlagen. Das kann er!

4-

KEEGAN
BRADLEY

Nervös, weiß nicht, was die Arme tun, und sagt Sätze nur auf. So wird's nix mit dem Ryder Cup.

1-

WYNDHAM
CLARK

Positive Überraschung! Hat den meisten Dialog und wirkt vor der Kamera sehr natürlich.

3

TREVOR
IMMELMAN

Der Masters-Sieger ist ein guter Analytiker. Vorgeschriebene Sätze aufsagen kann er nicht.

2+

MAX
HOMA

Sein Papa ist Schauspiellehrer. Offenbar hat der Sohnemann gut aufgepasst.

2-

JIM
NANTZ

Der TV-Veteran ist fast schon zu routiniert. Mit dem Herzen ist er zumindest nicht dabei.

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