Vorgeschichte
Die US Open in Pebble Beach war ein historisches Ereignis. Zum ersten Mal in der 77-jährigen Geschichte des Turniers fand die Veranstaltung auf einem öffentlichen Platz statt. Für die Spieler war es jedoch ein sehr vertrauter Platz. Seit 1937 war Pebble Beach bereits Schauplatz des berühmten Pro-Am-Turniers gewesen. Entsprechend machte sich Jack Nicklaus, der das Event im Januar zum zweiten Mal gewonnen hatte, große Hoffnungen, seinen elften Major-Titel einzufahren und damit nicht nur Walter Hagen als erfolgreichsten Profi-Golfer der Geschichte einzuholen, sondern - wenn man Nicklaus' zwei US-Amateur-Titel hinzuzählt - auch mit den Erfolgen des ewigen Amateurs Bobby Jones gleichzuziehen.
Ausgangslage
Von Anfang an zeigte Jack Nicklaus, dass mit ihm zu rechnen ist. Doch obwohl er die ersten drei Tage von der Spitze des Feldes grüßte, konnte er sich nicht absetzen. Von Donnerstag bis Samstag ließ Pebble Beach lediglich 23 Runden unter Par zu, sodass Nicklaus nach 54 Löchern mit Runden von 71, 73 und 72 als einziger Spieler im Feld nicht über Par lag. Allerdings waren ihm einige Schwergewichte dicht auf den Fersen. Der Masters-Zweite Bruce Crampton war ebenso nur einen Schlag zurück wie Lee Trevino, der Jack in Majors schon regelmäßig hinter sich gelassen hatte. Und auch Altmeister Arnold Palmer sowie der kommende Superstar Johnny Miller lagen nur zwei Schläge zurück.
Schlussrunde
Am Sonntag hätte man keinen Hund vor die Tür gejagt. Waren die Bedingungen bis dahin schon schwer, wurden sie für die Finalrunde brutal. Windgeschwindigkeiten von 50 km/h machten die Runde zu einem golferischen Test, an dem selbst einige der Größten scheiterten. Titelverteidiger Lee Trevino und Gary Player notierten eine 78. Tony Jacklin, der 1970 die US Open gewonnen hatte, schoss ebenso eine 83 wie Hale Irwin. Und George Archer, Masters-Sieger von 1969, musste gar eine 87 hinnehmen. Nicklaus erlebte nach Even Par auf den Front Nine mit einem Doppel-Bogey an der 10 einen ersten Rückschlag, ging aber trotzdem noch mit drei Schlägen Vorsprung auf den Abschlag der 17.
Traumschlag
Die USGA hatte sich für die 17 eine besondere Herausforderung ausgedacht. Die Fahne des Par 3 steckte in 200 Metern Entfernung zentral auf dem Grün - ein Schlag, der bereits bei normalen Bedingungen heftig ist. "Wenn man den Ball auf dem falschen Teil des Grüns platziert, ist es ein garantiertes Bogey", reflektierte Nicklaus die Situation Jahre später. Er sah daher als risikoärmste Option die Linie über den Front-Bunker an. "Ich war mir nicht sicher, ob ich den Ball mit dem Eisen 1 aufs Grün bekomme, aber ich traf ihn perfekt." Er flog über den Bunker aufs Grün, sprang einmal auf, traf in 40 Zentimetern Höhe mittig den Fahnenstock und blieb zehn Zentimeter vom Loch liegen. Der Sieg war nur noch Formsache.
Nachspiel
Mit dem Masters und der US Open hatte Nicklaus die ersten beiden Majors des Jahres gewonnen. Weil er im Februar 1971 auch bei der PGA Championship gesiegt hatte, diese 1972 aber erst im August stattfand, war Jack plötzlich amtierender Champion von drei der vier Majors. Bei der Open Championship in Muirfield hatte Nicklaus daher die historische Chance, als erster Spieler seit Bobby Jones alle vier Major-Titel seiner Ära gleichzeitig zu halten. Mit einer fantastischen 66er-Schlussrunde setzte Jack den Führenden Lee Trevino unter Druck, aber als dieser an der 17 zum Par einchippte, war Nicklaus um einen Schlag geschlagen. Ansonsten würden wir heute statt vom Tiger Slam vom Jack Slam reden.