Ausgangssituation
Matt Fitzpatrick und sein Caddie Billy Foster waren sich die gesamte Woche über uneinig, welcher Schläger wohl der richtige für den Tee Shot an Loch 18 wäre. Als die beiden am Sonntag mit einem Schlag Vorsprung vor Will Zalatoris und Scottie Scheffler an den letzten Abschlag des Majors traten, einigte man sich auf die defensivere Variante mit dem Fairwayholz, obwohl Matt im Laufe der Woche den Driver auf diesem Loch bevorzugt hatte. Als der Ball dann nach rechts Richtung Bunker abbog, vergrub Foster sein Gesicht bereits in den Händen, bevor das Spielgerät überhaupt im Sand eingeschlagen war.
Balllage
Eigentlich stellen 147 Meter aus dem Fairway-Bunker, wie sie Matt Fitzpatricks Ball nun von den Fahne trennten, für einen Weltklasse-Profi kein nennenswertes Problem dar, noch dazu lag der Pro V1x des Engländers perfekt obenauf, einem sauberen Ballkontakt stand also theoretisch nichts im Wege. Doch auf der 72. Spielbahn eines Majors, wenn die ganze Golfwelt zuschaut, der Puls im roten Bereich liegt und das Adrenalin fließt, gibt es keine Standardschläge. Noch dazu versperrte eine Grasinsel im Bunker den direkten Weg zur Fahne, die Jon Rahm an gleicher Stelle am Tag zuvor bereits ein Doppel-Bogey eingebrockt hatte.
Schlagoption
Spieler und Caddie dachten keine Sekunde darüber nach, den Ball zurück aufs Fairway zu spielen und von dort mit einem guten Pitch auf ein Par zu hoffen. "Die Lage des Balls machte es unmöglich, auf die Fahne zu spielen, also zielte ich weiter links. Da ich ein sehr schneller Spieler bin, ging alles sehr flott. Ich habe unserer Schlagvorbereitung vertraut und heraus kam tatsächlich ein leichter Fade, der Richtung Fahne abbog. Unglaublich!", gab Fitzpatrick Minuten später zu Protokoll. Als der Ball auf dem Grün landete, drehten die Fans durch und Billy Foster fielen Zentnerlasten von der Schultern.
Nachspiel
Fitzpatricks Birdie-Putt, der bergab verlief und kaum mehr als sechs Meter lang war, hätte den Sack vorzeitig zugemacht, doch der 27-Jährige verfehlte um mehr als zehn Zentimeter, was die Tür für Will Zalatoris und ein Play-off offenließ. Als sich der Amerikaner, der bei seinen letzten sechs Major-Starts vier Top-Ten-Platzierungen, darunter zwei zweite Plätze, einspielen konnte, zum alles entscheidenden Putt bereit machte, hielten mehr als 15.000 Zuschauer rund ums Grün den Atem an und tatsächlich war der Putt auf einer guten Linie, nur um es sich wenige Handbreit vor dem Loch anders zu überlegen.
Augenzeuge
"Matts Schlag auf der 18 wird wahrscheinlich für den Rest der US-Open-Geschichte in Zusammenfassungen gezeigt werden. Auf dem Weg zu meinem Ball im Fairway habe ich einen Blick auf seine Lage riskiert und dachte, dass es ganz schön Eier braucht, sich dieser Aufgabe zu stellen", konstatierte ein sichtlich geknickter Will Zalatoris in der anschließenden Pressekonferenz. ESPN-Korrespondent Kevin van Valkenburg stand nur wenige Meter vom Bunker entfernt, als Fitzpatrick aufs Ganze ging, und jubilierte später: "Das war der vielleicht beste Ballkontakt, den ich jemals bei einem Schlag aus dem Bunker gehört habe."
