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Interview

Rick Shiels

Von Tim Southwell, Fotos: Rick Shiels

Er wurde weder für das europäische Ryder-Cup-Team nominiert noch hatte er jemals eine Chance auf die Tourkarte. Und trotzdem betrachten Tag für Tag mehr Fans seinen Schwung als den von Tommy Fleetwood oder Tyrrell Hatton, denn Rick Shiels' YouTube-Kanal ist für Golfer rund um den Globus zum ersten Anlaufpunkt für die tägliche Dosis Golf geworden. Wie hat er das geschafft?

GolfPunk: Wie bist du zum Golf gekommen?
Rick Shiels: Meine Mutter hat mich zum Golfspielen gebracht. Ihr damaliger Partner hat ihr Trainerstunden geschenkt und sie hat mich mit zehn Jahren mit auf die Driving Range genommen. Ich habe dort selbstständig trainiert und nach einer Stunde war ich bereits süchtig. Sie trat daraufhin einem Club bei und wurde dort Spielführerin, weil nicht viele Frauen im Club waren. Zum elften Geburtstag bekam ich dann eine Mitgliedschaft geschenkt. Das war 1996/'97 und Tiger Woods ging gerade durch die Decke. Das hatte natürlich auch einen großen Einfluss auf mich.

Wie nah warst du dran, auf der Tour dein Geld zu verdienen?
Zwei Jahre auf dem College in Preston haben mir gezeigt, dass ich nicht mal ansatzweise der beste Spieler unter den Studenten war, obwohl ich in der Jugend doch einige Erfolge eingefahren hatte. Wenn man einer der besten Spieler im eigenen Club ist, denkt man schnell, man wäre der nächste Rory McIlroy oder Tiger Woods, aber irgendwann trifft einen die Realität und man kapiert, wie weit man von diesen Jungs entfernt ist. Mit 18 Jahren und einem Handicap von 3 wurde ich dennoch Profi und bekam schnell einen Job als Trainer. Das hat mir auch auf Anhieb gefallen und trotzdem habe ich überlegt, nicht doch von einigen Leuten ein Sponsoring anzunehmen. Nachdem ich allerdings ein Turnier mitspielte, dort die bestmögliche Leistung abrief, aber nicht einmal unter den Top 20 lag, habe ich intensiv damit begonnen, Kinder, Anfänger und Leistungsgolfer zu trainieren.

Wie kam es zu deiner YouTube-Karriere?
Ich wurde als neuer Trainer auf einer riesigen Driving Range in Manchester angestellt. Unterricht zu geben war also meine einzige Einnahmequelle, da ich keinen Pro-Shop betreiben konnte. Als Neuling wurde ich weniger gebucht als die Kollegen und das gefiel mir nicht. Logischerweise wollte ich mehr Unterricht geben, woraufhin ich mir Gedanken darüber machte, wie ich Golfer aus einer größeren Entfernung anlocken konnte. Ich schrieb Golfmagazine an, um dort Aufrufe zu starten, bekam aber so gut wie keine Antworten. Dann habe ich nach Wegen gesucht, mich selbst zu vermarkten. YouTube fing damals gerade an, populär zu werden. Ich war großer YouTube-Fan und dachte mir: 'Moment mal, das könnte ich doch ebenfalls versuchen.' Meine Hauptfächer in der Schule waren Sport und Schauspiel und daraus habe ich mir nun meinen eigenen Job geschaffen. [lacht] Ich hatte keine Ahnung von Videoschnitt oder Content, aber ich hatte ein iPhone. Also fing ich an, zu filmen und Videos auf meinem Kanal zu veröffentlichen, in denen ich nicht allzu komplizierte Tipps gegeben habe. Am Anfang war es schwierig, Aufmerksamkeit zu bekommen, aber als mich nach einigen Wochen jemand anrief, der vom digitalen Unterricht begeistert war und eine Trainerstunde buchte, war ich Feuer und Flamme. Schon bald riefen immer mehr Leute an und es waren sogar Kunden von anderen Kontinenten dabei, was mich völlig überwältigte.

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ICH WOLLTE DIE WIRKLICH SELBSTBEWUSSTEN BEHAUPTUNGEN DER GROSSEN MARKEN À LA ,DIESER DRIVER BRINGT 15 METER MEHR LÄNGE!' EINEM PRAXISTEST UNTERZIEHEN.
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Hatten die YouTube-Videos irgendeinen Einfluss auf das persönliche Training mit den Schülern auf der Range?
Ich habe schon nach den ersten persönlichen Einheiten zügige Fortschritte gesehen, was normalerweise unüblich ist. Die Videos haben den Unterschied gemacht, da mir meine Kunden direkt vertraut haben und ich mich nicht erst beweisen musste, wodurch beide Seiten mehr Spaß an den Trainerstunden bekamen. Hätte ich gesagt, dass sie auf einem Bein stehend den Ball ansprechen sollen, hätten sie es sofort gemacht.

Warum hast du dir kurze Zeit später ein weiteres Feld gesucht und mit den Schlägertests begonnen?
Ich wollte nicht nur bekannt für meine Schwungtipps sein und hatte sehr gute Voraussetzungen, um eine weitere Online-Karriere zu starten: keine Anstellung in einem Golf-Einzelhandelsgeschäft oder irgendwelche Bezüge zu bestimmten Golfmarken, eine bestmögliche Ausstattung, um Schläger zu testen, und eine Plattform zum Teilen. Dass ich dann deutlich mehr Aufrufe für die Schlägertests generierte, lag daran, dass nahezu jeder Spieler auch sicher gehen möchte, ob ein Abschlag mit dem neuesten Driver wirklich zehn Meter weiter fliegt.

Wie haben die Schlägerhersteller reagiert, als du mit den völlig neutralen Bewertungen begonnen hast?
Ich wollte die wirklich selbstbewussten Behauptungen der großen Marken à la "Dieser Driver bringt 15 Meter mehr Länge!" einem Praxistest unterziehen. Das war auf YouTube damals etwas Neues und dieser Philosophie möchte ich auch treu bleiben. Ich werde von niemandem bezahlt, aber die Beziehungen zu allen Marken sind gut, weil sie einen Wert darin sehen, dass ich ihr Produkt überprüfe, ganz egal ob positiv oder negativ. Sie stellen mir die Produkte bereit und lassen mich daraufhin in Ruhe. Wenn ich von einem Schläger schwärme, dann profitiert die Marke natürlich, weil jeder Zuschauer weiß, dass die Einschätzung unabhängig von der Marke auch mal negativ ausfallen kann. Mir wurden auch schon nach den ersten Bewertungen Sponsorendeals angeboten, aber ich werde mich nicht darauf einlassen.

Wie tief tauchst du in die technische und analytische Seite deines YouTube-Kanals ein?
Zusammen mit meinem Team, das aus einem Cutter und einem Brand Manager besteht, tauche ich tief in diese Thematik ein. Das kann zur Obsession werden, aber es ist wichtig. Deutschland macht mit zwei Prozent beispielsweise den sechstgrößten Teil meines Gesamtpublikums aus. Von meinen 680.000 Abonnenten stammen also 13.500 aus Deutschland. Das ist fantastisch, schließlich war ich bisher nur ein einziges Mal in Deutschland und das für einen Junggesellenabschied. Der größte Teil meines Publikums stammt mit 45,5 Prozent aus den USA.

Wirst du oft erkannt, wenn du in der Öffentlichkeit unterwegs bist?
Wenn ich Turniere wie die British Open oder das Masters besuche, dann erkennen mich immer mehr Zuschauer. Auch auf Messen oder in Golfclubs sprechen mich viele Leute an. Selbst wenn ich mit der Familie abseits des Golfplatzes unterwegs bin, gibt es Personen, die mich kennen.

Dann kommt es sicherlich auch mal vor, dass du negative Kommentare deiner Follower liest. Wie gehst du damit um?
Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es mich nicht beschäftigt, aber ich habe gelernt, es zu verstehen. Das Sprichwort, das ich mir immer wieder vor Augen rufe, lautet: "Manche Menschen sind nur dann glücklich, wenn sie unglücklich sind." Ich veröffentliche ein Video und am ersten Tag werden 1.000 Kommentare verfasst, von denen 99 Prozent positiv sind. Die zwei bis drei negativen Äußerungen nerven natürlich immer, aber man muss freundlich reagieren und gar keine Diskussion zulassen. Wenn sie einen nachvollziehbaren Punkt ansprechen und dieser gut formuliert ist, nehme ich mir die Kritik zu Herzen.

Und wie hat sich dein Spiel durch den vielseitigen Job in den vergangenen Jahren entwickelt?
Durch das viele Filmen und Testen der Schläger komme ich natürlich nicht oft dazu, selbst mal eine Runde zu drehen. Das gute Gefühl kommt und geht - aber bei wem wäre das nicht der Fall? Der Drive ist der stärkste Part meines Spiels und die Eisen sind sehr solide. Putten ist in Ordnung und das Chippen müsste ich wohl öfter trainieren. Aber Schlägertests finden eben nun mal zum Großteil auf der Range statt.

 
Steckbrief

Steckbrief

Alter: 33 Jahre
Wohnort: Lytham St. Annes, England
Profi seit: 2007
Lieblingsverein: Manchester United
Gefolgschaft:
• YouTube: 680.000 Abonnenten
• Instagram: 206.000 Follower
• Twitter: 71.600 Follower
• Facebook: 112.500 Abonnenten

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