Am ersten Abschlag - Wetten dass..? Analoges
Analoges "Tetris" für Milliardäre: Weltmeister gekürt

Am ersten Abschlag

Wetten dass..?

28.08.2023 | Von Jan Langenbein, Foto(s): Getty Images

Vor 50.000 johlenden Fans und Millionen Fernsehzuschauern für sein Land beim Ryder Cup zu spielen reichte Phil Mickelson in Sachen Nervenkitzel offenbar bei weitem nicht.

Als Billy Walters und Phil Mickelson 2006 beim Pro-Am in Pebble Beach zusammen spielten, gab es für sie nur ein Gesprächsthema: Sportwetten. Schließlich gilt Walters als der größte Zocker aller Zeiten, der mit neun Jahren sein durch Zeitungenaustragen erarbeitetes Geld auf die World Series 1955 setzte und in folgenden Jahrzehnten buchstäblich Haus und Hof verspielte. In den 1980ern begann Walters dann, mit System zu zocken, und fuhr immense Gewinne ein. "In einem guten Jahr machte ich zwischen 50 und 60 Millionen Dollar Profit", beschrieb er sein Business 2011. Damals waren Phil Mickelson und Billy Walters nicht nur Freunde, sondern längst auch Geschäftspartner. Der Profi-Zocker wickelte seine Wetten, für die er von Buchmachern wegen übermäßigen Erfolgs gesperrt war, mit Mickelson als Strohmann über dessen Auslandskonten ab. Nun präsentierte Walters, der von 2018 bis 2021 wegen Insider Trading im Gefängnis saß, mit "Gambler: Secrets from a Life at Risk" seine Memoiren, in denen Mickelsons Affinität zur Zockerei in ein neues Licht gerückt wird. "Phil setzte zwischen 2010 und '14 insgesamt 1.115-mal 110.000 Dollar, um 100.000 Dollar zu gewinnen", schreibt Walters und führt aus: "Bei 858 Gelegenheiten setzte er 220.000 Dollar mit der Chance auf 200.000 Dollar Gewinn. Die Summe dieser 1.973 Bruttoeinsätze belief sich auf mehr als 311 Millionen US-Dollar. Allein im Jahr 2011 schloss er 3.154 Wetten ab, durchschnittlich fast neun pro Tag. Am 22. Juni 2011 schloss Phil 43 Wetten auf Spiele der Major League Baseball ab, was zu einem Verlust von 143.500 US-Dollar führte. Er hat insgesamt unglaubliche 7.065 Wetten auf Fußball, Basketball und Baseball abgeschlossen. Basierend auf unserer Beziehung und dem, was ich seitdem von anderen erfahren habe, beliefen sich Phils Glücksspielverluste auf rund 100 Millionen US-Dollar. Insgesamt setzte er in den letzten drei Jahrzehnten über eine Milliarde Dollar ein." 2012 habe Phil seinen Wettpartner sogar aus Medinah angerufen, um 400.000 Dollar auf einen Sieg seines Teams beim Ryder Cup zu setzen. Diese Bitte habe Walters mit dem Verweis auf Pete Rose abgelehnt: Der ehemalige Baseballspieler und Coach wurde wegen Wetten auf sich selbst von der Liga und der amerikanischen Gesellschaft praktisch exkommuniziert. Freunde sind Walters und Mickelson längst nicht mehr, denn Walters ist sich sicher, Phil hätte seinen Gang in den Knast verhindern können. "Phil hätte nichts weiter tun müssen, als vor Gericht die Wahrheit zu sagen. Doch das lehnte er ab." Während seiner Zeit im Gefängnis beging Walters Tochter Selbstmord und er ist sich sicher: "Hätte ich nicht eingesessen, hätte ich diese Tragödie wohl verhindern können." Mickelson dementierte die explosiven Enthüllungen, jemals auf den Ryder Cup gewettet zu haben, und führte aus: "Ich bin auch sehr offen mit meiner Spielsucht umgegangen. Ich habe zuvor meine Reue zum Ausdruck gebracht, Verantwortung übernommen, Hilfe bekommen, mich voll und ganz einer Therapie verschrieben." Billy Walters kann darüber nur müde lächeln und auch Mickelson Rechtfertigungen dafür, das Ökosystem des Profigolfs in seinen Grundfesten erschüttert zu haben, erscheinen angesichts von Wettverlusten im dreistelligen Millionenbereich in neuem Licht.