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Trainerstunde

Lesen lernen

Von Christoph Günther, Fotos: Henriette Schilling, Location: Springfield Royal Country Club

Deine Putt-Technik kann noch so ausgefeilt sein, als Analphabet auf den Grüns werden die Bälle ihr Ziel garantiert verfehlen. Christoph Günther, der Golf Professional unseres Vertrauens, erklärt deshalb, wie du ganz schnell so fachkundig zu lesen lernst wie einst Marcel Reich-Ranicki.

Trainerstunde: Lesen lernenTrainerstunde: Lesen lernen

Aufklärungsflug


Deine Möglichkeiten, das Grün zu lesen, beginnen nicht erst, nachdem du deinen Ball markiert hast. Bereits dein Annäherungsschlag ins Grün bietet Chancen, es zu lesen. Wie verhält sich der Ball, wenn er auf dem Grün aufkommt? In welche Richtung rollt er? Bereits von Weitem kannst du so Rückschlüsse über die Geschwindigkeit und die Breaks des Grüns ziehen. Das gilt übrigens nicht nur für deinen Ball, der auf dem Grün ausrollt, auch die Bälle deiner Mitspieler gilt es zu beobachten, um wertvolle Informationen zu sammeln.

Überblick behalten


Bevor du darangehst, deine Putt-Linie zu lesen, solltest du das Gesamtgelände betrachten, um zu sehen, wo der höchste und wo der tiefste Punkt liegen. Befinden sich beispielsweise links des Grüns ein Hügel und rechts ein See, so wird das gesamte Grün mit großer Wahrscheinlichkeit nach rechts hängen, denn platzarchitektonisch wäre es sehr aufwendig, ein entgegengesetztes Break zu bauen. Solltest du einen Gully in der Umgebung finden, dürfte klar sein, wohin die Reise geht: Wohin das Wasser fließt, wird auch dein Ball rollen.

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Let's Go Bowling


Zugegeben, es ist etwas speziell, aber mir hilft es, wenn ich hinter dem Ball stehe und mir nicht sicher bin, mit der Hand eine Bewegung zu simulieren, als würde ich eine Bowlingkugel das Grün hinunterrollen lassen. Es gibt tatsächlich eine Menge Golfer, denen es hilft, einen Ballwurf auf das Grün zu simulieren, da es ihnen dann leichter fällt, den Weg des imaginären Balls auf dem Grün zu verfolgen. Probiere es einfach mal aus, und wenn es nichts für dich ist, kann ich nur den großen Philosophen Walter Sobchak zitieren: "Fuck it, Dude! Let's go bowling!"

Fokus setzen


Natürlich ist es wichtig, den Break eines Putts korrekt zu lesen, doch noch viel entscheidender ist, das Grün in Sachen Geschwindigkeit richtig einzuschätzen. Dabei kann es helfen, mit den Augen nichts anderes als das Loch zu fokussieren, während du am Ball stehst und einige Probeschwünge machst. Solltest du Schwierigkeiten mit der Distanzkontrolle deiner Putts haben, empfehle ich dir, diese Technik auf dem Übungsgrün einmal auszuprobieren, und du wirst sehen, wie gut du intuitiv deine Geschwindigkeit einschätzen kannst.

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Aus Fehlern lernen


Sich enttäuscht abzuwenden, wenn ein Putt am Loch vorbeirollt, ist eine Todsünde auf dem Grün. Verfehlt dein Putt sein Ziel, solltest du dich sofort in die Verlängerung der Ball-Loch-Linie begeben und genau beobachten, wie der Ball ausrollt. Das ist schließlich die Blaupause für den Rück-Putt, der dir nun bevorsteht. Dir ist sicher schon aufgefallen, dass Jordan Spieth immer sofort auf den Zehenspitzen steht, wenn ein Putt nicht fällt, und genau beobachtet, wie sich sein Ball hinter dem Loch verhält. Nicht umsonst ist Jordan einer der besten Putter der vergangenen 15 Jahre.

Wachstumsprognose


Besonders in tropischen Ländern, in denen Grassorten wie Bermuda und Co. auf den Grüns zum Einsatz kommen, ist der sogenannte Grain, also die Wuchsrichtung des Grases, ein wichtiger Faktor beim Putten. Spätestens ab der Mittagszeit kannst du am Loch sehr gut erkennen, wie der Grain verläuft, da beim Stechen des Lochs die Graswurzeln gekappt wurden. Oft ist zu erkennen, dass eine Seite der Lochkante grün ist, während die andere sich bereits braun verfärbt hat. Auf der grünen Seite sind die Wurzeln noch intakt, das Gras wächst also in Richtung der braunen Seite. Die Ausrichtung der Grashalme macht sich vor allem bei der Geschwindigkeit bemerkbar: Putts gegen den Grain werden deutlich langsamer rollen als mit der Wuchsrichtung - aber auch bei leichten Breaks spielt Grain eine Rolle.

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Den Scheitel ziehen


Besonders bei langen Putts mit großem Break ist es hilfreich, den Weg des Balls in zwei Etappen einzuteilen: In der ersten rollt der Ball durch die Dynamik des Schlags und während der zweiten übernimmt dann die Schwerkraft und der Ball wird mehr vom Gefälle des Geländes als vom Schlag selbst gelenkt. Die Grenze zwischen beiden Phasen ist der Scheitelpunkt des Putts und ich stelle mich gerne in die Mitte der Strecke zwischen Ball und Loch und versuche zu bestimmen, wo der Scheitelpunkt liegen wird und von wo die Schwerkraft übernimmt. Über diesen Punkt muss der Ball rollen. Nun muss ich bestimmen, wie ich meinen Ball zu diesem Zwischenziel bekomme (Geschwindigkeit) und was von diesem Moment an geschehen wird (Break).

Kurvenlage


Um sich vor Augen zu führen, wie viel Break selbst bei kurzen Putts möglich ist, empfehle ich dir, es auf dem Putting-Grün auszuprobieren. Nutze dafür ein Trainingstool wie unseren Nooke oder einen Alignment Stick und lege es wie in den Bildern zu sehen in die Richtung, in die dein Putt starten muss um das Loch zu erwischen. Auf diese Art und Weise kannst du gut illustrieren, dass selbst bei Putts aus lediglich zwei Metern oft 25 Zentimeter Break notwendig sind.

 
Christoph Günther (GER)

Christoph Günther (GER)

NAME
Christoph Günther (GER)

ALTER
46 Jahre

WOHNORT
Oberammergau

PROFI SEIT
1995

ERFOLGE
2003 German PGA Championship
2009 Kärnten Open (Challenge Tour)
2016 PGA Teachers Championship
9 Siege auf der EPD Tour
www.projectgolfsports.com

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