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Die angenehmsten Orte der Welt

Camiral

Von Rüdiger Meyer, Fotos: Rüdiger Meyer, PR

Viele Träume einer Profikarriere sind auf den zwei Golfplätzen des katalonischen Resorts bereits geplatzt. Doch wenn die berufliche Existenz nicht auf dem Spiel steht, machen sie einfach nur richtig viel Spaß.

Girona war seit jeher eine wichtige Wegscheide. Die auf Caesars Gegenspieler Pompeius zurückgehende Stadt war zur Zeit des Römischen Reichs eine wichtige Verbindungsstation zwischen Rom und Frankreich am heutigen Camí Ral d'Arago. Dass der "königliche Weg" zum Namensgeber des Resorts wurde, hat seinen guten Grund. Die einstige Verkehrsader führt als Wanderweg neben der Driving Range entlang und wird heute zwar nicht mehr von Heeren benutzt, dafür aber von Gläubigen. Ein Schild mit einer stilisierten Jakobsmuschel signalisiert, dass der alte Camí Ral heute Teil des verzweigten Wegenetzes ist, auf dem Christen nach Santiago de Compostela pilgern, um Seelenheil zu finden.

Einen ähnlichen Test des Willens mit der Hoffnung auf einen erlösenden Ausgang gab es zwischen 2008 und 2016 auch in Camiral zu bewundern, das damals noch PGA Catalunya hieß. Im Finale der Qualifying School zur European Tour quälten sich die Spieler über sechs Runden, um eine der begehrten Karten für die höchste europäische GolfLiga zu bekommen. Es war dieser Ort, an dem der spätere Masters-Sieger Danny Willett 2008 den Grundstein für seine Karriere legte und Landsmann Matt Fitzpatrick sechs Jahre später den ersten Schritt auf dem Weg zum Weltklasse-Golfer machte.

Dabei hätten eigentlich ganz andere Sportler 80 Kilometer nordöstlich von Barcelona ihre Runden drehen sollen. Ende der 1980er hatte der spanische Automobilclub RACC das Gelände als idealen Ort für eine Formel-1-Strecke auserkoren, um den Großen Preis von Spanien zurück nach Katalonien zu holen. Doch als die Entscheidung für eine Strecke näher an Barcelona fiel, musste ein anderer Verwendungszweck für die 500 Hektar gefunden werden. Die Entscheidung fiel für einen Golfplatz - auch mit der Hoffnung, 1997 zur Heimat des Ryder Cup zu werden. Weil sich die Bauarbeiten verzögerten, wurde der erste Kontinentalwettstreit auf dem europäischen Festland stattdessen in Valderrama ausgetragen. Doch 1999 war der Stadium Course fertig und wurde schnell zu einem Fixpunkt im Kalender der European Tour. Als 2005 mit dem Tour Course schließlich noch ein zweiter 18-Loch-Platz hinzukam, etablierte sich Camiral endgültig als eines der Top-Golf-Resorts in Europa.

Die angenehmsten Orte der Welt: Minderwertigkeitskomplex: wenn es statt zum Baum doch nur zur Fahne reicht
Minderwertigkeitskomplex: wenn es statt zum Baum doch nur zur Fahne reicht

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AUF LOCH 3 VERJÜNGT SICH DAS FAIRWAY ZWISCHEN TEICH UND BUNKER, ALS HÄTTE MAN IHM EIN MAGENBAND EINGESETZT.
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Dies liegt auch an den erstklassigen Übungsmöglichkeiten. Seit diesem Jahr ist die Driving Range mit Track-Man-Technologie ausgestattet, sodass man an Ort und Stelle eine virtuelle Runde auf den besten Plätzen der Welt spielen kann. Dazu passt eines der bekanntesten Features der Übungsanlagen: Wer das Bunkerspiel perfektionieren will, kann dies in fünf verschiedenen Hindernissen tun, deren Sand dem einiger weltberühmter Plätze gleicht, darunter Augusta National, Pebble Beach und der Old Course von St. Andrews. Ein Albtraum für Freizeithacker, schließlich ist unsere Lieblings-Ausrede doch, die eigene Unfähigkeit, sich aus dem Bunker zu befreien, auf den Sand zu schieben. Dennoch sollte man dieses coole Zirkeltraining auf keinen Fall auslassen, da man sich auf beiden Plätzen von Camiral öfter aus Bunkern befreien muss als Harry Houdini aus seinen Fesseln.

Verantwortlich dafür sind die beiden Golf-Magier Ángel Gallardo und Neil Coles, die beide Plätze ganz gezielt auf ihren Verwendungszweck ausgelegt haben. Auffälligstes Gestaltungselement des Stadium Course sind die zahlreichen Hügel neben den Fairways und Grüns. Sie haben weniger einen spielgestalterischen als vielmehr einen spielbeobachtenden Zweck, denn Zuschauer können sich hier bei großen Turnieren so platzieren, dass man auch in der zehnten Reihe noch einen perfekten Überblick hat. Gerade bei den Finesse-Schlägen haben die Hügel jedoch auch einen interessanten Einfluss auf das Spiel. Wer das Grün an der falschen Stelle verfehlt, hat oft als einzige Option einen Flop Shot über die Naturtribüne - ein Unterfangen, das aufgrund der spiegelglatten Grüns nicht gerade leichter wird. Hinzu kommt, dass das hohe Gras um die Grüns extrem viel Biss hat, sodass man sich trauen muss, mit geöffnetem Schlägerblatt so stark auf den Ball zu hauen, als wäre man Phil Mickelson während einer hoch dotierten Wette.

Die Bissigkeit des Rough liegt auch daran, dass das Resort gerade dabei ist, im Zuge einer millionenschweren Nachhaltigkeits-Offensive das gesamte Gras auszutauschen. Der neue Saaten-Mix aus Tall Fescue für die Grüns sowie Celebration Bermuda, Platinum Paspalum und Bentgrass für den Rest führte dazu, dass der jährliche Wasserverbrauch um 25 Prozent reduziert werden konnte, ohne Einbußen beim Pflegezustand hinnehmen zu müssen. Nicht die einzige geplante Neuerung: In den kommenden Monaten soll ein drei Hektar großer See mit Wassersportangeboten eröffnet werden, um die Erholungsmöglichkeiten abseits des Golfplatzes zu erweitern. Die Frage ist nur, ob man nach der Runde wirklich Lust hat, noch mehr Wasser zu sehen, schließlich ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass auf der Runde sehr viele Bälle im kühlen Nass versinken.

Die angenehmsten Orte der Welt: Die angenehmsten Orte der Welt:
Wenn man den Abschlag nicht toppt, ist auf beiden Kursen zusammengezählt zwar eigentlich nur auf neun Löchern Wasser im Spiel, dort dann aber richtig. Insbesondere auf dem Stadium Course sind sie nicht ohne Grund die Signature Holes des Platzes. Auf Loch 3 verjüngt sich das Fairway zwischen Teich und Bunker, als hätte man ihm ein Magenband eingesetzt; ein Loch später muss man sich beim Schlag ins Grün entscheiden, heldenhaft über das Wasser zu spielen oder ins Rough vorzulegen, und gleich an zweien der Par 3 bilden Teiche einen essenziellen Teil der Verteidigungsstrategie. Doch kein Wasserhindernis flößt so viel Angst ein wie der Teich an der 13. Das schmale Grün ist nicht nur vorne, hinten und rechts von Wasser umgeben, die Landzunge fällt zusätzlich noch zu allen Seiten ab, sodass das Schicksal jedes leicht verzogenen Balls lediglich davon abhängt, wie niedrig die Greenkeeper ihren Mäher eingestellt hatten.

Die angenehmsten Orte der Welt: Die Erde im Miniaturformat: 70 Prozent der Oberfläche sind Wasser
Die Erde im Miniaturformat: 70 Prozent der Oberfläche sind Wasser
Keine Frage: Die Schwierigkeit des Platzes kann zu frustrierend hohen Scores führen, sie macht den Stadium Course andererseits aber auch zum perfekten Schauplatz für Match-Play-Duelle - sei es auf einer Runde zwischen Freunden oder im Duell zwischen Erzfeinden. Auch deshalb haben die Betreiber bereits jetzt ihren Hut für die Vergabe des Ryder Cup 2031 in den Ring geworfen, damit der Stadium Course 32 Jahre nach seiner verspäteten Eröffnung doch noch seiner ursprünglichen Bestimmung zugeführt werden kann: den Amerikanern so richtig den Hintern zu versohlen.

 
WOHNEN

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CAMIRAL HOTEL

Seit der Renovierung im Jahr 2016 ist das mit 138 Zimmern und Suiten ausgestattete "Camiral Hotel" eine lichtdurchflutete Oase. Die offene Lobby mit mehreren Ebenen ist ein idealer Verweilort, um einen Regenschauer auszusitzen oder der Hitze zu entkommen, wenn man keine Lust auf den großen Außenpool hat. Wer Zeit für sich allein haben will, kann sich entweder in die elegant eingerichteten Zimmer zurückziehen, die reichhaltigen Wellness-Angebote nutzen oder im "Camiral Bistro" und im Restaurant "Origin" Gourmet-Essen und - im wahrsten Sinne des Wortes - den Hauswein testen, dessen Trauben auf dem Gelände angebaut werden.
www.camiral.com

Golfplätze in der Region

STADIUM COURSE

STADIUM COURSE

18 Löcher, Par 72, 6.530 Meter

Adresse
Carretera NII
km 701,
17455, Girona, Spanien
camiral.com

Greenfee
233 Euro, 202 Euro (Nebensaison)

Der 1999 von Ángel Gallardo und Neil Coles designte Platz ist ein echter Brecher. Umso bemerkenswerter, dass Miguel Ángel Jiménez hier im Alter von 50 Jahren und 133 Tagen die jungen Longhitter in Schach halten konnte und 2014 als ältester Spieler einen European-Tour-Sieg holte. Vielleicht auch, weil es trotzdem kein Platz ist, auf dem man sinnlos draufballern sollte wie ein Betrunkener an der Kirmesbude, sondern den Weg zum Ziel strategisch durchplanen muss, um den besten Winkel ins Grün zu haben und auf den tückischen Grüns die richtige Ebene zu erreichen.

Killerloch
Loch 13 ist nicht ohne Grund das Signature Hole des Stadium Course. Die 385 Meter lange Bahn wird von einer erhöhten Teebox bestritten, die einen wunderbaren Blick über das schnurgerade Par 4 ermöglicht. Zwar sollte man den Drive nicht nach links verziehen, aber die wahre Herausforderung kommt erst mit dem in jeder Hinsicht aufregenden Schlag in das nur wenige Meter tiefe Grün, das an drei Seiten von Wasser verteidigt wird.
www.camiral.com

TOUR COURSE

TOUR COURSE

18 Löcher, Par 72, 5.863 Meter

Greenfee
120 Euro (Twilight Rate: 84 Euro)

Obwohl der 2005 erbaute Platz von den Back Tees über 600 Meter kürzer als der Stadium Course ist, sollte man ihn nicht unterschätzen, denn auch hier sind die Grüns so schnell wie ein Gepard auf der Jagd nach einer Antilope. Neben der verträglicheren Länge lassen die breiter angelegten Fairways auch mehr Spielraum in der Breite. Im Vergleich zum Stadium Course wird man hier also deutlich weniger Golfbälle verlieren - es sei denn, man wirft sie aus Frustration über einen erneuten Drei- oder Vier-Putt in einen der vier Teiche.

Killerloch
Die 7 ist eigentlich ein simples Par 5, wenn man es konventionell spielt: Driver das Fairway runter, den zweiten Schlag geradeaus weiter und am Ende ein Wedge oder kleines Eisen auf das erhöhte, ondulierte und von zahlreichen Bunkern verteidigte Grün. Dummerweise ist die 509 Meter lange Bahn ein Dogleg nach rechts, das dazu verlockt, über die Bäume abzukürzen, wodurch ein leichter Mishit zu einem geräuschvollen Resultat führt, das jeden Specht vor Neid erblassen lässt.
www.camiral.com

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