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Neuseeland

Abenteuerspielplatz

Von Rüdiger Meyer, Fotos: Tino Dertz/ZWEI:D, PR (2)

Das neuseeländische Städtchen Queenstown ist Hipster-Hochburg, Basislager für Adrenalin-Junkies und Heimat von spektakulären Golfplätzen.

Mein Adrenalin jagt im neuseeländischen Queenstown bereits im Flieger hoch. Der Landeanflug auf den Queenstown International Airport gehört zu den anspruchsvollsten der Welt - und zu den schönsten. Weil die Stadt und ihre Landebahn zwischen Berggipfeln liegen, sind die Ausblicke spektakulär, zumal die Landung besonders lange dauert. Die Piloten müssen einem haarklein ausgearbeiteten Positionierungssystem folgen, um die wetterbedingten Herausforderungen zu meistern. Schließlich gibt es kaum etwas Furchteinflößenderes, als ein großes Passagierflugzeug durch eine Wolkendecke stoßen zu lassen, wenn das Letzte, was man über den Wolken noch sehen konnte, Berggipfel waren. Ein passendes Entrée für den Ferienort, der zur Pilgerstätte der Abenteurer geworden ist.

Seit die ersten europäischen Siedler in den 1860ern auf Edelmetall stießen und den Goldrausch in Otago auslösten, ist Queenstown zum Schmelztiegel der Kulturen geworden. Doch statt chinesischer Immigranten, die auf der Suche nach einem Lebensunterhalt unter unwürdigen Arbeitsbedingungen ausgenutzt wurden, kommen heute Touristen aus aller Welt nach Queenstown und jagen dem ultimativen Kick hinterher. 1947 wurde mit dem Coronet Peak das erste Skigebiet auf Neuseelands Südinsel eröffnet. Nur wenige Jahre später wurden die Flüsse und Seen von Speedboat-Fahrern erobert, und als A. J. Hackett im November 1988 auf der Kawarau Bridge die erste kommerzielle Bungee-Stätte der Welt errichtete, wurde Queenstown endgültig zur Destination für Abenteurer. Egal ob man den Adrenalinkick am liebsten zu Lande, zu Wasser oder in der Luft sucht, hier ist jeder in seinem Element. Doch ich bin nicht gekommen, um Bungee zu springen, auf die Jagd zu gehen, Fliteboarding auszuprobieren oder von Klippen zu springen. Seit ich das erste Mal ein Foto von Jack's Point gesehen habe, wollte ich nach Queenstown, um zu sehen, welchem spektakulären Golfplatz Jack Nicklaus am anderen Ende der Welt seinen Namen geliehen hat. Erst Jahre später realisierte ich, dass der "Golden Bear" nichts mit dem Club zu tun hat. Vielmehr wurde Jack's Point nach einem Maori namens Jack Tewa benannt, der am 09. August 1862 in einem heldenhaften Akt sich selbst und seinen mitreisenden Nichtschwimmer Mitchell so lange über Wasser hielt, bis er ihr gekentertes kleines Boot wieder aufrichten konnte - und anschließend an Land noch einmal 50 Kilometer weit lief, um Hilfe für den schwer verletzten Mitchell zu holen. Zu seinen Ehren erhielten Jack's Point und Lake Tewa, der die komplette linke Seite des 18. Fairways einnimmt, ihre Namen.

Neuseeland:

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DER VON QUEREINSTEIGER JOHN DARBY GEBAUTE PLATZ IST WIE DER LEGENDÄRE HAKA DER ALL BLACKS: IMPOSANT, PERFEKT CHOREOGRAFIERT UND EHRFURCHT EINFLÖSSEND.
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Der von Quereinsteiger John Darby gebaute Platz ist wie der legendäre Haka der All Blacks: imposant, perfekt choreografiert und Ehrfurcht einflößend. Aus diesem Grund entscheiden sich die meisten Golfer auch für ein Cart. Zahlreiche Höhenwechsel und nicht gerade kurze Wege vom Grün zum nächsten Tee machen Laufen nicht unmöglich, aber zumindest anspruchsvoll. Da der Himmel an diesem Tag seine Schleusen öffnet wie ein kalifornischer Stausee nach einer Anweisung von Donald Trump, entscheide ich mich ausnahmsweise ebenfalls für die motorisierte Variante, um nicht bereits am zweiten Loch völlig durchnässt zu sein. Doch selbst das mieseste Wetter kann eine Runde in Jack's Point nicht verderben. Dies ist vor allen Dingen der unglaublichen Lage zu verdanken. Die 18 Löcher umrahmen der Lake Wakatipu auf der einen und 2.300 Meter hohe Berge auf der anderen Seite. Der von den europäischen Siedlern plump Remarkables ("die Bemerkenswerten") und von den Maori viel blumiger Kawarau ("viele Spitzen") getaufte Gebirgszug ist eine der Hauptattraktionen von Queenstown, in dessen Schatten jeder Golfer nachempfinden kann, wie klein sich der Nationalvogel Kiwi fühlen muss.

Architekt Darby hat es verstanden, die Umgebung perfekt in Szene zu setzen. Die ersten vier Bahnen arbeiten sich nach und nach den Berg hoch, bevor die 467 Meter lange 5 in einer großen Rechtskurve in Richtung Lake Wakatipu führt, der im Anschluss die Kulisse für drei unglaubliche Signature Holes bildet. Loch 6 ist ein gerade einmal 318 Meter langes Par 4, das steil bergab führt und aufgrund seiner Kürze eine reelle Birdie-Chance bietet, so man den Ball von den drei Fairway- und sechs Grünbunkern fernhält. Loch 7 ist ein 136 Meter kurzes Par 3, das bergab auf Lake Wakatipu zuspielt und die Batterie der Kamera heiß laufen lässt. Und die 492 Meter lange 8 schlängelt sich nach gut 300 Metern um eine kleine Schlucht herum.

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Dass der Platz auch auf den Löchern überzeugt, die nicht mit landschaftlichen Reizen verwöhnt wurden, liegt vor allen Dingen an den exzellenten Bunker-Landschaften, die John Darby angelegt hat. Mit rauen Kanten und wilden Formen wirken sie wie das Ergebnis eines Scherenschnitts und verpassen jedem Loch einen eigenen Charakter. Die Highlights hat sich Darby aber auch auf den Back Nine für das Ende aufgespart, sei es die über eine diagonal weglaufende Steinmauer führende 15 oder die 16, an denen die Remarkables zum Toptracer von Mutter Natur werden. Der bergab führende Drive wird genau in Richtung der Berge abgefeuert, deren dunkles Gestein einen perfekten Kontrast für den weißen Golfball liefert. Auch wenn die beiden Schlussbahnen relativ konventionell sind, bleibt Jack's Point ein Erlebnis, wie es nicht viele auf dieser Welt gibt.

Das Gleiche lässt sich auch über die touristische Hauptattraktion der Südinsel sagen. Wer durch Queenstown geht, findet an jedem zweiten Geschäft Aushänge für einen Tagestrip zum Milford Sound. Obwohl dieser fast vier Autostunden entfernt liegt, ist Queenstown in dem dünn besiedelten Gebiet das beste Basislager für einen Ausflug zu einem der spektakulärsten Fjorde der Welt. Um den Massen zu entgehen, die täglich mit Bussen aus Queenstown angekarrt werden, setzte ich mich morgens um halb sechs ins Auto und frage mich, ob ich am Ende nicht 286 Kilometer für eine große Enttäuschung unterwegs bin. Noch immer hat der Regen nicht aufgehört, und je näher ich dem Milford Sound komme, desto stärker zieht eine Nebelwand auf. Was auf der Autofahrt für spektakuläre Momente sorgt wie am Monkey Creek, wo nur die Spitze des Mount Talbot aus dem Nebel ragt, ist auf dem Milford Sound kontraproduktiv. Was bringt eine Bootsfahrt vorbei an Wasserfällen und Bergen, wenn alles von einem grauen Schleier verhüllt wird?

Neuseeland:
Doch kaum hat der State Highway 94 die Berge durchdrungen, gibt es im wahrsten Sinne des Wortes Licht am Ende des Tunnels. Die Berggipfel haben die Nebelwolken im Landesinneren gehalten und über meinem Kopf leuchtet plötzlich ein strahlend blauer Himmel. Ein seltenes Ereignis, denn mit Jahresniederschlägen von 6.400 Litern pro Quadratmeter (mehr als dem Elffachen von Berlin) ist der Milford Sound einer der feuchtesten Flecken der Erde. Ein schöner Nebeneffekt dieser häufigen Niederschläge sind die Wasserfälle, die sich von den bis zu 1.500 Meter hohen Gipfeln in den Fjord ergießen, wobei der höchste permanente Wasserfall "nur" 162 Meter in die Tiefe stürzt. Doch auch dieser Anblick ist majestätisch genug, dass Jahr für Jahr fast eine Million Menschen mit Ausflugsbooten den Milford Sound befahren und über die steil aus dem Wasser aufsteigenden Felsklippen staunen.

Wie es aussieht, wenn man statt Wasser ein Fairway zwischen Felsen legt, sehe ich am nächsten Tag, als ich im Arrowtown Golf Club ankomme. Der älteste Golfclub von Queenstown wurde 1911 aus der Taufe gehoben, jedoch war der 18-Loch-Platz erst 60 Jahre später komplett. Der unter der Leitung des neuseeländischen Amateur-Golfers B.V. Wright entstandene Parcours ist ein Wunderwerk des Minimalismus. Mit rudimentären Mitteln wurden um und über Felsen schmale Fairways angelegt, die dem Club den Spitznamen "Narrowtown" einbrachten. Ganz klar, eine Runde hier ist nichts für Golf-Traditionalisten, da man sich immer wieder in Lagen wiederfindet, die einem normalerweise nicht begegnen. Überall finden sich Senken, Hügel, Schräglagen und Felswände, die wie beim Billard als Banden eingesetzt werden können. Dadurch ist der Fun-Faktor unglaublich hoch, denn in Arrowtown sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Und weil meine Mitspieler am ersten Tee nicht auftauchen, habe ich jede Menge Zeit zu experimentieren.

Golfplätze in der Region

JACK'S POINT

JACK'S POINT

18 Löcher, Par 73, 6.388 Meter

Adresse
McAdam Drive, Jack's Point, Queenstown 9371, Neuseeland
Tel. +64 (0)3.450.2050
jackspoint.com

Greenfee
180 Euro (01. November bis 30. April), 140 Euro (01. Mai bis 31. Oktober)

Bereits 1992 erkannte John Darby, dass das Land zwischen der Remarkables-Bergkette und dem Lake Wakatipu ideal für einen Golfplatz ist. Doch es dauerte noch 16 Jahre, bis Jack's Point Eröffnung feierte. Obwohl es Teil eines Resorts ist, gelang es Darby, sich die besten Landstücke für den Golfplatz zu sichern, der über mehrere Höhenlevel angelegt wurde und dadurch ein spektakuläres Loch nach dem nächsten bietet.

Killerloch
Von der bergab auf ein Grün vor dem See zulaufenden 7 über die 16, die in Richtung Remarkables spielt, gibt es zahlreiche Signature Holes, aber die 15 ist das faszinierendste. Das 423 Meter lange Par 4 wird über eine Schafherde gespielt, die zwischen Teebox und einer 200 Meter langen Mauer grast. Die diagonal verlaufende, etwas mehr als hüfthohe Mauer sorgt für eine spannende Risk-Reward-Entscheidung. Wer eine zu optimistische Linie wählt, muss seinen Ball zwischen Schafsköteln suchen.
www.jackspoint.com

ARROWTOWN GOLF CLUB

ARROWTOWN GOLF CLUB

18 Löcher, Par 70, 5.404 Meter

Adresse
166 Centennial Avenue Arrowtown 9371, Neuseeland
Tel. +64 (0)3.442.1719
arrowtowngolf.co.nz

Greenfee
95 Euro (01. November bis 30. April), 65 Euro (01. Mai bis 31. Oktober)

Nachdem ein erster Golfclub gescheitert war, wurden vor 90 Jahren an neuer Steller neun Bahnen erbaut - ohne Architekt und ohne große technische Hilfsmittel. Aufgrund des steinigen Untergrunds kamen Bunker nicht infrage, die Hindernisse liefert stattdessen die Natur. Die Fairways schlängeln sich zwischen Felsen und über Hügel auf meist erhöhte Grüns, die selten eben sind. Wer mit dem Ansatz an die Runde geht, diesen kurzen Platz auseinanderzunehmen, wird sein blaues Wunder erleben.

Killerloch
Die 331 Meter kurze Bahn 9 befindet sich auf einem Gelände, das für ein Golfloch denkbar ungeeignet ist. Die ersten 170 Meter hat das Fairway gerade mal 20 Meter Breite. Wer den Drive 190 Meter geradeaus spielt, landet aber im Wasser. Longhitter können die Hügel auf der rechten Seite mit 220 Metern carry aus dem Spiel nehmen und die Kürze des Lochs ausnutzen; alle anderen hingegen müssen ihre präzisesten Schläger nehmen, um die s-förmige Bahn mit ihren Hügeln, Wasser und einer tiefen Senke 35 Meter vor dem Grün zu meistern.
www.arrowtowngolf.co.nz

MILLBROOK GOLF RESORT

MILLBROOK GOLF RESORT

18 Löcher, Par 72, 6.342 Meter (Coronet)
18 Löcher, Par 71, 6.259 Meter (Remarkables)

Adresse
1124 Malaghans Road, Arrowtown 9371, Neuseeland
Tel. +64 (0)3.441.7000
millbrook.co.nz

Greenfee
20. Oktober bis 30. April: 190 Euro (Coronet), 125 Euro (Remarkables); 01. Mai bis 21. September: 65 Euro (Composite Course); 22. September bis 19. Oktober: 110 Euro (Coronet), 80 Euro (Remarkables)

John Darby kam 1979 nach Queenstown, um das Remarkables-Skigebiet zu bauen. Ende der 80er schloss er sich mit Neuseelands Golflegende Bob Charles zusammen und entwickelte das Millbrook Golf Resort. Was mit 18 Löchern begann, hat seit 2021 zwei ausgewachsene Championship-Plätze und einen Neunloch-Kurzplatz. Der von Greg Turner und Scott Macpherson gestaltete Coronet zieht sich dabei durch felsigeres, wildes Terrain, was ihn herausfordernder und zum idealen Austragungsort der New Zealand Open machte.

Killerloch
Die ersten fünf Bahnen des Coronet sind noch relativ zahm, aber mit Loch 6 beginnt der spektakuläre Teil. Das von Schwarz 169 Meter lange Par 3 führt bergauf über ein Tal mit Ballverlust-Garantie auf ein schmales Grün, das von Felsen umrahmt ist. Dies kann zwar eine Rettung sein, wenn der verzogene Ball zurück aufs Green abprallt, es kann ihn jedoch auch ins Nirgendwo katapultieren und zum Ballverlust führen.
www.millbrook.co.nz

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