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Mecklenburg-Vorpommern – Teil 2

Im Osten kommt die Hitze auf

Von Rudi Schaarschmidt, Fotos: PR, Helma Scheffler

Den Wecker so früh zu stellen lohnt sich aber auch aus einem anderen Grund, denn der Natur auf dem 2007 vom kanadischen Golfplatzarchitekten David Krause designten Meisterschaftsplatz Mecklenburg-Vorpommern beim Erwachen zuzuschauen ist ein idyllisches Schauspiel. Für Großstadtbewohner wie uns ist es keine Selbstverständlichkeit, dass ein Golfplatz nahezu unbehelligt von beengenden Grundstücksgrenzen, lärmenden Bundesstraßen oder nervenden Hochspannungsleitungen auskommt. Genau das ist die Stärke dieses mitten in der Pommerschen Provinz gelegenen GolfResorts. Hektik auf der Driving Range oder eine überbuchte Startzeitenliste sind hier undenkbar. Sowohl auf dem Golf platz als auch abseits davon wird hier die pure Entschleunigung zelebriert, und wem es nach einem ausgiebigen Golftag doch nach so et was wie Nachtleben ist, der muss sich auf den Weg nach Greifswald machen, wo dank der Universität mit mehr als 10.000 Studierenden eine gesunde Kneipen-und Bars-Szene zu finden ist.

Um die nächste frühmorgendliche Startzeit auf dem Inselcourse des Resorts nicht zu verpassen, ziehen wir aber einen Abend im Landgasthof "Frettwurst" vor und outen uns mit der irrigen Annahme, dass es sich dabei wohl um eine Spezialität der Region handeln muss, als vollkommen Ahnungslose. Es war jedoch keine lokale Grillspezialität, sondern der deftige Familienname des Gründers, der diesem Restaurant seinen Namen verlieh.

Mecklenburg-Vorpommern: Dämlich ineffizient: als Sechser-Flight an derselben Stelle im Rough suchen
Dämlich ineffizient: als Sechser-Flight an derselben Stelle im Rough suchen

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Schläge auf die brettharten Grüns reagieren beim ersten Bodenkontakt wie Kugeln in einem Kneipenflipper und Bergab-Putts zum Halten zu kriegen ist ein Ding der Unmöglichkeit.
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Am nächsten Morgen leeren sich die Ballfächer unserer Golfbags doch deutlich schneller als noch am Tag zuvor auf dem Meck-Pomm-Platz. Trotz der absolut überschaubaren Länge bieten die ersten Spielbahnen des Inselcourse genügend Möglichkeiten, auch mit kurzen Eisen in der Hand Bälle auf Nimmerwiedersehen in Wasserhindernissen oder unzugänglichen Hard-Rough-Flächen zu versenken. Irgendeine Version des Satzes "Eigentlich war das gerade eine Birdie-Loch, trotzdem muss ich mir ein Doppel-Bogey notieren" fällt auf den ersten neun Löchern an praktisch jeder Teebox, was für lausige Scores, aber ein denkbar spannendes Matchplay im Vierer-Bestball-Format sorgt, das glücklicherweise nicht in die Verlängerung geht, schließlich haben wir noch 90 Kilometer Landstraße vor uns, um das letzte Etappenziel dieser Reise zu erreichen.

INSELBEGABUNG



Ohne einen Abstecher nach Rügen wäre eine Golfreise in die nordöstlichste Ecke der Republik irgendwie unvollständig. Die Klimaanlage unseres Audi arbeitet am An schlag, während wir durch blühende Land schaften rollen und dabei feststellen, dass der Golfclub Schloss Ranzow nicht einfach nur auf Rügen, sondern tatsächlich am Ende von Deutschland liegt. Außer jeder Menge Wasser und irgendwann dann Schweden kommt hier oben gar nichts mehr. Aber eben auch ein 2007 auf 18 Löcher erweiterter Golfplatz sorgt dafür, dass die größte Insel des Landes kein Dasein als traurige Golfdiaspora mehr fristen muss. Das weit offene Gelände erlaubt sogar uns, auf jedem Abschlag ohne Gewissens bis se zum Driver zu greifen und wild draufloszufeuern. Bei Par 71 bringt dieser Golfplatz gerade einmal knapp 5.500 Meter Länge auf die Scorekarte und ist daher auch mit dem ein oder anderen Streuverlust absolut spielbar. Das Team um Head-Greenkeeper René Krosse leistet auf Schloss Ranzow her vorragende Arbeit, denn die Fairways liegen selbst im Hochsommer wie Teppiche unterhalb des pittoresken Schlosses und die Grüns waren ohne Zweifel die besten, auf denen wir während dieser Reise putten durften.

Mecklenburg-Vorpommern: Seltenes Schauspiel: Fanproteste im Amateur-Golf
Seltenes Schauspiel: Fanproteste im Amateur-Golf
Dass wir Mecklenburg-Vorpommern bisher abgesehen von den gelegentlichen Ausflügen auf den Links-Platz von Winston nicht als Golfdestination auf dem Zettel hatten, ist ein echtes Versäumnis, das mit der Hitzeschlacht von 2019 nun glücklicherweise aus der Welt geschafft ist. Die nördlichste Ecke Mecklenburg-Vorpommerns mag im Moment zwar nicht auf dem Radar vieler Golfreisenden erschienen sein, mit grundverschiedenen Golfplätzen, tropischen Temperaturen und einem sagenhaften Preis-Leistungs-Verhältnis ist dies aber lediglich noch eine Frage der Zeit.

Die Sonne steht bereits recht tief und hat ihre Kraft für diesen Tag verloren, als wir vom erhöht gelegenen 16. Abschlag unsere Blicke über den gesamten Platz und die dahinter liegende Ostsee schweifen lassen. "Irgendwo dort hinten muss Bornholm liegen", kläre ich meine Mitreisenden auf, die offenbar noch nie auf Rügen waren, und führe aus, dass von Sassnitz auf Rügen eine Fähre ihre Passagiere in etwas mehr als drei Stunden auf die dänische Insel bringt, ohne eine Reaktion zu ernten. "Ich war schon einmal auf Bornholm. Den Golfplatz, den ich damals gespielt habe, würde ich zu den besten in ganz Dänemark zählen." Plötzlich drehen sich die drei Kollegen mit großen Augen zu mir um und kurz darauf wird Google befragt, ob am nächsten Morgen noch Plätze auf dieser Fähre zu haben sind. Doch das ist eine andere Geschichte.

 

Golfplätze in der Region

Golfclub Schloss Ranzow

Golfclub Schloss Ranzow

18 Löcher, Par 71, 5.397 Meter
Adresse: Schlossallee 18551 Lohme
Tel. +49 38302.88910
www.golf-schloss-ranzow.de
Greenfee: 45 bis 75 Euro (saisonabhängig)

Wer das Glück hat, hier an einem nahezu windstillen Tag spielen zu können, kann einiges für das Golf-Selbstvertrauen tun, denn der offene, teilweise linksähnlich anmutende 18-Loch-Platz verzeiht vom Tee beinahe so viele Fehltritte wie Melania Trump. Obwohl eine dichte Baumreihe den Blick auf die Ostsee blockiert, bieten einige erhöhte Abschläge dennoch tolle Ausblicke auf das Meer. Bei jedem unserer Besuche im GC Schloss Ranzow präsentierte sich der Platz in hervorragendem Zustand und ist deshalb die lange Anreise ganz in den Nordosten Deutschlands größter Insel die ganze Saison über wert.

Killerloch: Dank des wohl am schwierigsten zu treffenden Fairways der gesamten Anlage ist die 375 Meter lange 18 eine echte Doppel-Bogey-Gefahr, bevor im Clubhaus ein Pils geordert werden kann.

Ostsee Golf Resort Wittenbeck

Ostsee Golf Resort Wittenbeck

18 Löcher, Par 72, 6.303 Meter
Adresse: Zum Belvedere 1 18209 Wittenbeck
Tel. +49 38293.41.00.90
www.golfresortwittenbeck.de
Greenfee: 65 Euro (18 Löcher)

Auf diesem Härtetest kommt auf 13 der 18 Spielbahnen Wasser ins Spiel, die Grüns gleichen Achterbahnfahrten und die durch Mulden und Furchen geprägten Fairways im Links-Stil erinnern an so manches Teenagergesicht. Zu allem Überfluss weht von der keine zwei Kilometer entfernten Ostsee meist eine steife Brise über den Platz. Ein Ausflug hierher wird daher selten mit einem persönlichen Best Score belohnt, dafür aber mit einer Runde, die garantiert noch lange in Erinnerung bleiben wird. Auf dieser Anlage gleicht keine Spielbahn der anderen und selbst auf der Scorekarte zahm wirkende Par-3-Löcher wie die 142 Meter lange Bahn 4 erweisen sich in der Realität als echte Härtetests.

Killerloch: Das härteste Loch in Wittenbeck ist die knapp 400 Meter lange 18, das spektakulärste allerdings die Bälle fressende 15. Dieses Paradebeispiel eines Riskand-Reward-Par-5 bietet einen der härtesten Schläge ins Grün der gesamten Republik.

Golfpark Strelasund / Mecklenburg-Vorpommern Course

Golfpark Strelasund / Mecklenburg-Vorpommern Course

18 Löcher, Par 72, 6.308 Meter
Adresse: Zur Alten Hofstelle 14, 18516 Süderholz, OT Kaschow
Tel. +49 38326.46.92.50
www.golfparkstrelasund.de
Greenfee: 75 Euro (18 Löcher)

Die 18 Spielbahnen dieses Championship-Platzes alter Schule schlängeln sich durch eine für diese Region typische Landschaft geprägt von leichten Hügeln und jeder Menge Wasser. Die klaustrophobische Enge der ersten beiden Fairways ist aber glücklicherweise nur eine Momentaufnahme und im weiteren Verlauf der Runde entpuppt sich dieser Platz als durchaus tolerant, auch wenn der Driver sein gutes Benehmen zu Hause gelassen hat. Große und absolut faire Grüns stellen sicher, dass niemand am kurzen Spiel verzweifeln muss, und die spektakulären Schläge in Richtung der Fahnen auf den Bahnen 17 und 18 garantieren ein echtes Bilderbuch-Finish.

Killerloch: Auf Abschlag 7 muss eine wegweisende Entscheidung getroffen werden: Wer das Grün dieses Par 4 mit zwei Schlägen erreichen möchte, muss die riskante Linie über Wasser und Schilf nehmen. Vorlegen ist hier keine Schande, aber ein nahezu garantiertes Bogey.

Golfpark Strelasund / Mecklenburg-Vorpommern Course

Golfpark Strelasund / Strelasund-Inselcourse

18 Löcher, Par 71, 5.954 Meter
Greenfee: 75 Euro (18 Löcher)
Dieser einstige Neunlochplatz wurde 2012 auf 18 Löcher erweitert und ist seither dem Meisterschaftsplatz auf der anderen Straßenseite absolut ebenbürtig. Die Anforderungen des Inselcourse an die Golfer fallen jedoch komplett unterschiedlich aus, denn die inselartigen Fairways und Grüns er fordern absolute Präzision und machen die Länge zur Nebensache. Dieses waschechte Target-Golf endet erst nach Spielbahn 11. Von nun an bestraft die offene Landschaft moderat verfehlte Fairways nicht mehr mit der sofortigen Höchststrafe Ballverlust. Sowohl optisch als auch spielerisch sind besonders die Par-3-Löcher auf dem Inselcourse echte Highlights.

Killerloch: Loch Nummer 8 des Inselcourse bietet dank Wasser rechts und Wald links nicht nur den schwierigsten Abschlag der Runde, sondern auch den mit Abstand kniffligsten Approach auf das Halbinselgrün. Das Prädikat "Killerloch" ist also absolut verdient.

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