Als wir Michael Hirmer beim Finale der Pro Golf Tour im Castanea Resort Adendorf treffen, ist er ein wenig angeschlagen. Er hat sich eine Blase gelaufen und musste schnell noch in der Apotheke ein Pflaster kaufen, damit sie nicht platzt. Doch viel wichtiger war ihm, dass eine andere Blase nicht geplatzt ist: die des Aufstiegs auf die Hotelplanner/Challenge Tour. Rein technisch war der 28-Jährige zwar bereits in diesem Jahr dort Mitglied, hatte aber eine schlechtere Kategorie durch die ihm der Zugang zu zahlreichen Turnieren verwehrt blieb. Indem er am Ende des Pro Golf Tour Finales in den Top 5 der Order of Merit landet, verbessert er sich 2026 von Kategorie 14 in Kategorie 12b. Ein kleiner Schritt, der beim möglichen Sprung auf die DP World Tour allerdings einen großen Unterschied machen könnte. Im Interview verrät der Spieler des GC Reichwalds warum er gute Chancen sieht, dass 2026 besser laufen könnte als sein erster Aufstieg auf die Hotelplanner Tour, warum der nächste Schritt auf die DP World Tour nicht mehr so groß ist und was er rückblickend in seiner Karriere bereut.
Du hast die Saison mit einer eingeschränkten Karte auf der Hotelplanner Tour begonnen. Wie hattest du dir die Aufteilung zwischen Hotelplanner Tour und Pro Golf Tour zu Beginn der Saison vorgestellt?
Michael Hirmer: Am Anfang des Jahres habe ich alles gespielt, was ich spielen konnte, aber mich eher auf die Challenge Tour konzentriert, wenn beides möglich war. Ich wollte im August schauen, wo ich besser stehe und mich dann für eine Tour entscheiden. Und das war dann die Pro Golf Tour, weil ich in der Schweiz gewonnen habe und Erster im Ranking war.
Du konntest auf der Challenge Tour erst im Mai loslegen, weil du in die ersten Turniere mit deiner Kategorie gar nicht reingekommen wärst. Ist das so ein bisschen, als wenn du einen 100 Meter Lauf hast und die anderen haben 20 Meter Vorsprung?
Michael Hirmer: Auf jeden Fall. Man weiß nie, wo man reinkommt, manchmal entscheidet es sich erst Last Minute. Dazu ist es auch noch teuer. Ich hatte zum Beispiel eine Einladung in Indien, da bin ich dann für ein Turnier hingeflogen. Suboptimal natürlich, aber im Endeffekt besser als nichts. Wenn du einen Lauf hast in den Turnieren, wo du spielen kannst, kann es auch gut laufen. Aber es ist kein Optimalzustand.
Im Februar hast du auf der Pro Golf Tour gleich dein erstes Turnier gewonnen. Hast du gedacht, das wird jetzt meine Saison?
Michael Hirmer: Für mich war das ehrlich gesagt nur ein Warmup-Turnier. Ich mag den Platz in Belek. Es kommt sehr auf das Ballstriking an und das liegt mir eigentlich. Gerade wenn ich aus dem Winter komme, treffe ich den Ball meistens sehr, sehr gut und das hat mir dort geholfen. Beim zweiten Turnier bin ich trotz Bogey-Bogey-Finish Dritter geworden, da war ich auch in Führung.
Letztes Jahr warst du 1. und 11. auf dem Lykia Links, dieses Jahr 1 und 3. Was liegt dir an dem Platz so? Und gibt es andere Plätze, wo du auch so deine Vorteile ausspielen kannst?
Michael Hirmer: Auf der Pro Golf Tour gibt es die weniger. Ich mag es, wenn die Scores höher sind und wenn es mehr auf Ballstriking ankommt. Deswegen hat mir das dort einfach dagelegen.
2026 kommst du auf der Hotelplanner Tour in eine bessere Kategorie als du dieses Jahr hattest. Das hätte dir in diesem Jahr neun Starts mehr gebracht. Macht das einen großen Unterschied?
Michael Hirmer: Einen Riesenunterschied. Und nächstes Jahr ist es noch mal besser. Ich glaube, es sind 32 Turniere und soweit ich weiß, komme ich mit meiner Kategorie in 28 davon rein.
Musst du eine Kosten-Nutzen-Rechnung in deiner Jahresplanung machen? Wo lohnt es sich hin zu fliegen und wo nicht?
Michael Hirmer: Gott sei Dank nicht. Ich habe Sponsoren, die mir da helfen. Ich muss zwar schon gucken, dass das Ganze möglichst billig ist. Aber ich bin momentan nicht in der Situation, Turniere ausfallen lassen zu müssen. Toi Toi Toi, dass das auch so bleibt.
Michael Hirmer: Ich habe einen Mentaltrainer aus England. Dann habe ich mit Ken Williams einen neuen Trainer, der auch mit Stephan Jäger und Thomas Rosenmüller zusammenarbeitet. Und ich habe einen Physio in München, Oliver Konietzka.
Einen Caddie hast du nicht?
Michael Hirmer: Ich habe einen, der mir ab und zu aushilft. Er macht aber eigentlich nur größere Turniere und ist auch Caddie auf der LPGA Tour. Der würde jetzt nicht Caddie machen für ein normales Challenge Tour Turnier oder Pro Golf Turniere.
Hier auf der Pro Golf Tour sind es vorwiegend junge Spieler, die auf den Durchbruch hoffen. Auf der Challenge Tour ist es ein Schmelztiegel aus jungen und Spielern, die schon jahrelang auf der DP World Tour waren und jetzt wieder zurückwollen. Wo siehst du dich da?
Michael Hirmer:Ich fühle mich dort weder noch zugehörig. Ich bin eher auf dem Weg zur DP World Tour, aber so jung bin ich auch nicht mehr. Es ist auf jeden Fall eine ganz andere Luft: deutlich mehr Qualität, deutlich mehr Dichte. Eine sehr schwere Tour in meinen Augen. Ich bin der Meinung, wenn du auf der Challenge Tour 90 Prozent der Cuts schaffst und auch ab und an in der Spitze mitspielst, bist du in der Lage, um auch auf der DP World Tour bestehen zu können.
Würdest du sagen, der Sprung von der Pro Golf zur Challenge Tour ist größer als der von der Challenge zur DP World Tour?
Michael Hirmer: Definitiv. Mit Abstand. Von der Challenge Tour zur DP World Tour ist es ein kleiner Unterschied, aber von der Pro Golf Tour zur Challenge Tour ist ein Quantensprung.
Brauchst es vielleicht auch ab und zu einfach mal Glück?
Michael Hirmer: Man muss in den Wochen, wo man gut spielt, auch die Ergebnisse liefern. Wenn du gut drauf bist, musst du die Top 5 machen. Du hast einfach nicht viele Wochen, wo alles gut läuft und da musst du da sein. Darauf kommt es eigentlich an!
Du hast 2022 bereits den Sprung auf die Challenge Tour geschafft. Wenn du jetzt zurückkommst, glaubst du, dass dieses eine Jahr dir einen Lerneffekt gebracht hat, der dir Vorteile verschafft?
Michael Hirmer: Das wrde ich schon sagen. Ich war in dem Jahr etwas aufgeschmissen. Es war viel mehr Reisen und viel mehr alleine sein. Dazu anspruchsvollere Plätze und ein deutlich besseres Niveau. Jetzt weiß ich, was auf mich zukommt. Und ich habe auch schon letztes Jahr auf der Challenge Tour drei Top 10 Ergebnisse gehabt. Das heißt, ich kann von mir behaupten, dass ich auch dort vorne mitspielen kann. Es ist auf jeden Fall hilfreich gewesen.
Wo siehst du die Stärken in deinem Spiel?
Michael Hirmer: In meinem Driving und im kurzen Spiel. Ich treffe viele Fairways und bin auch eher einer der längeren. Mein Eisenspiel könnte sich allerdings noch verbessern.
Bist du sehr Statistik-affin?
Michael Hirmer: Gar nicht. Ich habe auch nicht viel Struktur im Training. Ich rede natürlich mit meinem Trainer und weiß auch, was abgeht. Aber ich trage jetzt nicht immer alle Statistiken ein.
Wirst du dieses Jahr auch auf die Qualifying School zur DP World Tour gehen?
Michael Hirmer: Ja, ich bin für die zweite Finalstufe qualifiziert und werden in Isla Canela spielen.
Wie siehst du die Hoffnungen über die Q School dich tatsächlich noch mal zu verbessern?
Michael Hirmer: Eine Top 40 in der Final School würde eine Verbesserung bringen, mit der man dann in alle Turniere der Hotelplanner Tour ganz sicher reinkommt. Und ansonsten ist das Ziel natürlich die DP World Tour Karte. Aber auch da muss man sagen: Top 20 ist schön, aber besser wäre es, wenn du in den Top 5 der Q School bist.
Gibt dir die Tatsache, dass du die Karte für die Challenge Tour bereits hast für die Q School mehr Ruhe, weil du weißt, du hast schon was sicheres in der Hinterhand? Oder ist das für dich ganz ganz egal?
Michael Hirmer: Es gibt schon mehr Ruhe. Ich würde lügen, wenn es nicht so wäre. Wobei man da gleichzeitig aufpassen muss, dass man den Biss nicht verliert. Es ist ein wichtiges Turnier und eine große Chance .
Du bist nicht aufs College in den USA gegangen. Hattest du das kurzzeitig mal überlegt?
Michael Hirmer: Ich hatte Angebote, auch von guten Unis. Aber ich war damals ein bisschen zu naiv und habe mir gedacht, ich kann direkt durchstarten. Ich war ein ganz guter Amateur, aber im Nachhinein war es nicht die beste Entscheidung. Wenn ich es noch mal machen könnte, wäre ich aufs College gegangen.
Du warst dafür, bevor du Profi geworden bist, auf der Loretto School im schottischen Musselburgh. Ist das so ähnlich wie die Uni in den USA?
Michael Hirmer: Das kann man vergleichen. Golf stand schon im Vordergrund. Man hat tolle Plätze gespielt in Schottland, ganz bekannte Linksplätze. Ich habe gelernt, wie man im Wind spielt und ich habe gutes Englisch gelernt. Es war auf jeden Fall sehr gut und hat mich auch zu einem besseren Spieler gemacht.
Bist du danach direkt Profi geworden?
Michael Hirmer: Nein, Ich bin erst 2021 Profi geworden. Da waren noch ein paar Jahre als Amateur dazwischen in denen ich für Deutschland oder generell Amateur-Turniere gespielt habe.
Hast du dir als du ins Profilager gewechselt bist einen Plan aufgestellt, wann du in deiner Karriere wo sein möchtest?
Michael Hirmer: Direkt am Anfang als Profi gab es einen Punkt, an dem ich überlegt hatte, aufzuhören. Ich war in einer größeren Schwungkrise aus der ich aber rausgekommen bin. Für mich geht es letztendlich einfach nur darum, jedes Jahr besser zu werden.
Und hast du das Gefühl, das funktioniert?
Michael Hirmer: Schon. Es gehören viele Sachen dazu: Körperlich besser werden, stärker werden. Die Sachen, die man sich vornimmt im Schwung umzusetzen, den Ball konstanter geradeaus zu hauen. Irgendwann kommt das Ergebnis von alleine. Aber wenn man schlechter wird oder wenn man nicht wegkommt von der Pro Golf Tour, ist es fragwürdig, ob es Sinn macht weiterzumachen.
Wie hast du dich damals aus der Schwungkrise rausmanövriert?
Michael Hirmer: Ich habe das Glück, dass ich mit den Herrmann-Zwillingen aus den USA zwei Freunde habe, die sich sehr gut mit dem Golfschwung auskennen. Das ist unfassbar, wie viel Ahnung die haben. Sie haben mir damals sehr weitergeholfen und mir die Augen geöffnet, dass es so nicht weitergehen kann. Dann habe ich auch den Coach gewechselt und angefangen, wieder mehr Selbstbewusstsein in allen Bereichen zu kriegen.
Kann man laienhaft erklären, was du am Schwung geändert hast?
Michael Hirmer: Ich habe den Griff geändert. Ich hatte einen relativ starken Griff mit der linken Hand. Etwas was viele haben, die slicen. Und ich hatte Probleme mit dem Rückschwung. Ich habe zu viel meine Arme gehoben. Und der erste Move nach unten ist dann ein klassischer Amateurfehler - wenn auch auf einem anderen Niveau. Ich habe immer noch teilweise ordentliches Golf gespielt, aber es hätte niemals gereicht für ein höheres Level. Ich war damals super frustriert, weil ich mich immer in die Hände von anderen Coaches gegeben habe und nie Verantwortung für mich selbst übernommen habe. Das war schon eine große Lehrstunde.