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Der Blick des Architekten

Die wirklich wichtigen Fragen

Von Tony Ristola, Fotos: Tony Ristola

Worauf kommt es beim Bau eines guten Golfplatzes wirklich an? 'Auf Zeit und auf Geld', könnte die kurze Antwort lauten, doch unser Kolumnist weiss, dass die Sache ein klein wenig komplizierter ist.

Bild oben: ALISTER MACKENZIES MEISTWERK
Der Kingston Heath Golf Club in Australien, der auf Platz 22 der 100 besten Golfplätze der Welt rangiert, ist ein großartiges Beispiel dafür, was man mit einem sehr bescheidenen Budget auf einem flachen, sandigen Gelände erreichen kann. Es gibt keine Wasserhindernisse, nur außergewöhnliche Grüns und Bunker auf einem kompakten, 50 Hektar großen Gelände.


Es ist immer das Gleiche: Man stellt sich neuen Bekanntschaften vor, sagt, man entwerfe und baue Golfplätze, und sofort kommen - egal ob man es mit Golfern oder Nicht-Golfern zu tun hat - zwei Fragen: "Was kostet es, einen Golfplatz zu bauen?" und "Wie viel Zeit nimmt es in Anspruch?" Meine Antwort ist immer dieselbe: "Kommt darauf an." Ein Platz kann in sechs Monaten hochgezogen werden oder mehr als anderthalb Jahre benötigen. Preislich reden wir von einer Spanne zwischen einer Million und über zehn Millionen Euro. Aber Achtung: Teurer heißt nicht automatisch besser.

Die besten Plätze entstehen oftmals da, wo das Land ohnehin beinahe perfekt ist. Beispiel: Sand Hills in Nebraska - Rang elf in den Top 100 der besten Golfplätze der Welt. Der Platz wurde quasi gefunden, nicht gebaut. Lediglich 4.000 Kubikmeter Erde wurden bewegt. Kosten: praktisch nur die Beregnungsanlage. Das andere Extrem wäre Shadow Creek in Vegas. Dort wurden mehr als eine Million Kubikmeter geschaufelt, um der Wüste ein Augusta-Lookalike abzutrotzen. Die Baukosten beliefen sich auf schlappe 40 Millionen Dollar und das Ergebnis ist trotzdem künstlicher als eine Botox-Party.

In Deutschland kamen Bauherren in der Boomzeit der Golfanlagen vergleichsweise günstig zu einem Platz: Zweieinhalb bis dreieinhalb Millionen Euro waren bis zum ersten Abschlag nötig. Obwohl diese Zahlen im internationalen Vergleich bescheiden sind, wirken sie oft noch hoch gegriffen. Das liegt daran, dass Deutschlands Klima mehr als günstig ist und es im ganzen Land eine Fülle geeigneter Grundstücke gibt. Golfplätze können hier genauso kostengünstig gebaut werden wie anderswo auf der Welt.

WIE VIEL GEHT AN DIE STADTWERKE?


Das Klima ist ein enormer Kostentreiber, da es die Komplexität des Bewässerungssystems bestimmt, das einen der größten Posten in jedem Budget darstellt.

In gemäßigten Klimaregionen wie Deutschland oder Großbritannien ist es oft möglich, ein einfaches Bewässerungssystem zu installieren, das nur Abschläge und Grüns abdeckt, sodass die Fairways während der wenigen Wochen sommerlicher Hitzewellen auch mal braun werden. Manche mögen das optisch unattraktiv finden, die Einsparungen sowohl bei den Baukosten als auch bei der langfristigen Instandhaltung sind allerdings erheblich. Der Architekt muss diese zukünftigen Links-ähnlichen Bedingungen bei der Gestaltung des Golfplatzes berücksichtigen, wie ich es beim Artland GC getan habe. Einfache Bewässerungssysteme für Abschläge und Grüns kosten 300.000 bis 600.000 Euro. Rechnet man die Fairway-Bewässerung hinzu, betragen die Kosten eine Million Euro und mehr.

In sehr trockenen Regionen der Welt wie Südkalifornien oder Spanien ändert sich die Situation dagegen dramatisch. Die Bewässerungssysteme müssen hocheffizient und präzise konstruiert sein, um jeden Tropfen Wasser optimal zu nutzen. Deshalb liegen die Kosten dort allein für die Beregnung zwischen anderthalb und vier Millionen Euro. Das entspricht in etwa den Kosten für den Bau eines ganzen Golfplatzes in Deutschland!

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AUF DAS WESENTLICHE REDUZIERT SIND GROSSARTIGE GOLFPLÄTZE DAS PRODUKT WENIGER ELEMENTE: HERVORRAGENDES ROUTING, INTERESSANTE GRÜNS, VARIABLE STRATEGIEN UND PERFEKT PLATZIERTE HINDERNISSE.
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LAGE, LAGE, LAGE!


Ein Platz ist immer nur so gut wie das Land, auf dem er liegt. Je größer das Grundstück, desto besser. Mehr Land bietet dem Architekten mehr Freiheit bei der Gestaltung des Platzes und reduziert Erdbewegungen, insbesondere auf Grundstücken mit ausgeprägter Topografie, wo die Lücken in der Landschaft nur gefunden werden müssen. Auf flachen Grundstücken unterliegt der Architekt im Grunde genommen keinen Einschränkungen, außer vielleicht durch die Nachbargrundstücke, und kann jeden Quadratmeter des Geländes für die Gestaltung nach eigenem Ermessen nutzen.

Steht auf dem ausgesuchten Gelände ein Wald, hat dies Vor- und Nachteile. Bäume wirken im Hochformat unscheinbar, ihre enorme Größe wird erst nach dem Fällen deutlich. Und dann ist da noch der massive Wurzelballen, der entfernt werden muss. Kurz gesagt: Die Rodung von Wäldern für den Bau eines Golfplatzes kostet jede Menge Zeit und noch mehr Geld, aber die Kosten lassen sich oft durch den Verkauf des gerodeten Holzes decken. Entscheidender für die Kosten-Nutzen-Rechnung ist die Beschaffenheit des vorhandenen Bodens. Sandige Untergründe mit einem niedrigen Grundwasserspiegel sind ideal. Schließlich ist das Golfspiel auf genau diesen Links-Böden entstanden. Sand reduziert den Bedarf an Drainage, ist leichter formbar und somit der kostengünstigste Boden für den Bau eines Golfplatzes. Lehm- und Torfböden hingegen können kostspielig sein. Sie wurden möglicherweise zuvor für die Landwirtschaft entwässert. In diesem Fall sollte man sie am besten so belassen, wie sie sind, da sich das Wasser im Laufe der Zeit seinen Weg durch den Boden gebahnt hat. Beim Bauen in solchen Gebieten ist es ideal, möglichst viel des Geländes unberührt zu lassen.

DER ZEITFAKTOR


Wie gesagt: Es braucht zwischen sechs und 18 Monate, einen guten Golfplatz zu bauen. Aber wie beim Autofahren gilt: Zu schnell ist gefährlich. Doch auch bei hohem Bautempo lässt sich Qualität erreichen. Die schnellste Bauzeit eines Weltklasse-Golfplatzes, die mir bekannt ist, wurde für den Bau des Winged Foot Golf Club benötigt. Erstaunlicherweise ging seine Fertigstellung sogar schneller als die von Augusta! Wie vom Club dokumentiert, wurde das gesamte Projekt - 36 Löcher - im Jahr 1922 in gerade einmal vier Monaten fertiggestellt! Und das trotz widriger Wetterbedingungen. Das Team fällte fast 8.000 Bäume, sprengte 7.200 Tonnen Gestein, verlegte 6.400 Meter Drainagerohre und installierte 7.600 Meter Bewässerungsrohre. Die Plätze sind beeindruckend: Der West Course belegt Platz 29 der Top 100 der Welt und war sechsmal Austragungsort der US Open, während der weniger bekannte East Course auf Platz 80 der Rangliste auftaucht.

Die Geschwindigkeit und Qualität von Winged Foot verdankt der Golfplatz der Anwesenheit seines Architekten A.W. Tillinghast beim Bau. Der Name dürfte bekannt klingen, denn er ist der Architekt von Bethpage Black, dem Austragungsort des kürzlich ausgetragenen Ryder Cup.

DER EINFLUSS DES ARCHITEKTEN


Auf das Wesentliche reduziert sind großartige Golfplätze das Produkt weniger Elemente: Hervorragendes Routing, interessante Grüns, variable Strategien und perfekt platzierte Hindernisse verleihen ihnen einen unverwechselbaren Charakter. Die Herangehensweise des Architekten an Design und Bau beeinflusst die Kosten maßgeblich. Manche bevorzugen es, große Mengen Erde zu bewegen, fast unabhängig vom Standort, während andere einen minimalistischen Ansatz verfolgen und das Gelände für sich sprechen lassen. Natürlich sind manche mit beiden Ansätzen zufrieden.

Letztendlich ist die Gleichung einfach: Je mehr man tut, desto teurer wird es und desto länger dauert es in der Regel. Die Frage für den Bauträger lautet: Sind die zusätzlichen Kosten gerechtfertigt?

 
DER AUTOR

DER AUTOR

Tony Ristola, ein Amerikaner mit finnischen Wurzeln, kann nicht nur Golf spielen - er war als Teaching- sowie Playing-Pro aktiv -, sondern fand in der Golfplatzarchitektur seine wahre Bestimmung. Zusammen mit Arbeitern, von denen die meisten noch nie einen Golfplatz gesehen hatten, schuf er mit Sand Valley in Polen sein erstes, international gefeiertes 18-Loch-Layout. Als einziger Golfplatzarchitekt garantiert er, jeden einzelnen Tag der Planungs- und Bauphase einer neuen Anlage vor Ort zu sein. www.tonyristola.com

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