Der Plan ist mit vielen Informationen für den Bauherrn versehen, da der Architekt in der Regel beim Bau nicht anwesend ist. Das Problem solcher Pläne ist, dass es sich um starre technische Dokumente handelt, die im Allgemeinen wenig Spielraum für Änderungen lassen.
Die NASA setzte in den 1960ern einen einfachen, aber genialen Test ein, um innovative Ingenieure zu identifizieren, die dann herausfinden sollten, wie man einen Menschen zum Mond und sicher zurück zur Erde bringt: Finde so viele Verwendungsmöglichkeiten für eine Büroklammer wie möglich. Ingenieure, die 200 oder mehr Verwendungen nennen konnten, galten als Genies.
Eine ebenso großartige Idee war es, diesen Büroklammer-Test gleichzeitig auch fünfjährigen Kindern zu geben. 98 Prozent der 1.600 Testkinder fanden 200 oder mehr Verwendungsmöglichkeiten! Fünf Jahre später erreichten nur noch 30 Prozent derselben Kids dieses Ergebnis. Im Alter von 15 Jahren sank die Quote dann schon auf zwölf Prozent. Und von über einer Million getesteter Erwachsener erzielten nur noch magere zwei Prozent dieses Ergebnis. Die logische Schlussfolgerung dieser Testabfolgen ist: Kreativität wird uns in unserem Leben abtrainiert. Wir lernen, "richtige" Antworten zu geben, und fürchten uns davor, Fehler zu machen.
Mit elf Kleidungsstücken im Schrank stehen uns mehr als 39 Millionen Möglichkeiten zur Verfügung, uns anzuziehen. Wenn unser Geist wirklich kreativ wäre, kann man sich vorstellen, wie verrückt das Leben sein könnte. Wir Menschen brauchen Struktur, Routinen und mentale Abkürzungen als Überlebensmechanismen. Wenn dann noch eine Schulbildung dazukommt und die Kreativität unterdrückt, stellt sich die Frage: Welche Methoden oder Wege können wir anwenden, damit Kreativität trotzdem gedeihen kann?
Es gibt nicht allzu viele Studien zu diesem Thema, doch ein paar grundlegende Elemente wurden bereits identifiziert. Historiker haben viele Geschichten über Entdeckungen und plötzliche Geistesblitze aufgedeckt - diese "Aha!"- oder "Eureka!"-Momente sind jedoch meist Mythen. Sie stellen eine vereinfachte Sichtweise dar, die den langen, mühsamen und fehlerbehafteten Weg zur Entdeckung verschleiert.
Psychologen haben einige Schlüsselelemente identifiziert, die notwendig sind, damit Kreativität gedeihen kann. Erstens: eine verspielte Denkweise, Herumprobieren. Der Geist muss offen für Möglichkeiten sein, ständig erkundend und anpassend. Kreative Menschen spielen mit Ideen und fürchten sich nicht vor Fehlern. Nichts tötet Kreativität schneller als starre Dogmen und vorschnelle Entscheidungen, die voller Selbstsicherheit getroffen werden - meistens von jemandem, der unbedingt entschlossen wirken will.

»NICHTS TÖTET KREATIVITÄT SCHNELLER ALS STARRE DOGMEN UND VORSCHNELLE ENTSCHEIDUNGEN, DIE VOLLER SELBSTSICHERHEIT GETROFFEN WERDEN.«
Dies ist nur eines von vielen Gedankenexperimenten, die für das fünfte Grün im polnischen Sand Valley entworfen wurden. Diese Skizzen wurden allerdings beim Bau nicht mit ins Gelände genommen, um der Kreativität freien Lauf zu lassen und die optimale Grünfläche in das Gelände einzupassen.
Zweitens: harte Arbeit. Durchhaltevermögen ist beim Verfolgen neuer Ideen unabdingbar. Drittens: Zeit - ausreichend Zeit zum Nachdenken und zum Spielen mit Ideen. Einstein bemerkte einmal: "Ich bin nicht besonders klug, ich bleibe nur länger bei den Problemen." Genau das stellten Forscher bei hochkreativen Menschen fest. Diese nahmen sich so viel Zeit, wie sie brauchten, um Möglichkeiten zu erkunden - bis zu dem Moment, in dem sie handeln mussten. Was mit Kreativität dabei nicht zwangsläufig korreliert, ist der IQ. Eine gewisse Intelligenz ist zwar nötig, mehr aber auch nicht.
Was sagt das über das Design und den Bau von Golfplätzen aus? Über die traditionelle Methode, einen Plan zu erstellen, diesen dem Bauleiter zu übergeben und sich dann tagelang, wochenlang oder monatelang vom Projekt zu entfernen? Laut dem wohl innovativsten Architekten der Moderne Pete Dye gilt: "Zeig mir einen Golfplatz, der genau nach Plan gebaut wurde - und ich zeige dir einen schlechten Golfplatz." Tom Simpson sagte Ähnliches bereits vor rund hundert Jahren: "So etwas wäre ein Spiel mit dem Feuer." Das Problem liegt im Mangel an Innovation. Es gibt keine kleinen oder großen künstlerischen oder strategischen Anpassungen.
Wenn der Architekt am Schreibtisch oder Computer sitzt, arbeitet er auf dem Zwei-Prozent-Niveau. Wenn er diese Pläne an einen Bauleiter übergibt und die Baustelle nur gelegentlich besucht in der Hoffnung, dass alles gut läuft, geht es ihm nur darum, Risiken zu minimieren. Der Planer kann es sich nicht leisten, an der Gestaltungsgrenze zu experimentieren - es könnten allerlei Probleme auftreten, schlimmstenfalls ein miserables Ergebnis. In einer Branche, in der ein misslungenes Design eine ganze Karriere beschädigen kann, ist es sicherer, kein Risiko einzugehen und sich strikt an die Vorgaben zu halten.
Doch es gibt Wege, die kreative Grenze zu verschieben - um das Maximum aus Gelände, Budget und Zeitplan herauszuholen. Dies verlangt jedoch Präsenz vor Ort, ständiges Tüfteln am Design und das Ergreifen ungeplanter Gelegenheiten. Es sind die täglichen kleinen Verbesserungen über viele Monate hinweg, die die Qualität eines Golfplatzes dramatisch steigern. Kurz gesagt: Die Bauphase ist der entscheidende, teuerste und dauerhafteste Teil des Designs.
Die Grünkomplexe sind die "Ersten unter Gleichen", was Designelemente angeht. Wenn sie außergewöhnlich gestaltet sind, treiben sie die Strategie des Lochs an und machen einen Golfplatz einzigartig. Ein großartiger Platz mit langweiligen Grüns? Kaum vorstellbar. Doch wie entstehen die besten Grüns? Sicher nicht durch "detaillierte Pläne". Schwer vorstellbar ist, dass eine großartige Grünanlage in einem Büro entsteht. Exzellenz wird erreicht, wenn sie vor Ort geformt wird - wie ein Künstler es tun würde. Tom Doak sagte dazu: "Einer der Vorteile, ein Grün direkt vor Ort zu entwerfen, ist, dass der Bau länger dauert als das Zeichnen - daher denkt man zwangsläufig länger über das nach, was man tut."
Ein Grün beginnt mit einer Idee, entwickelt sich jedoch beim Bau weiter. Ich habe meine eigene Methode. Diese unterscheidet sich von den meisten. Wenn kein natürliches Grünszenario vorhanden ist, skizziere ich Ideen - nehme diese Skizzen aber nie mit auf die Baustelle. Sie dienen lediglich als Denkanstoß.
Manchmal stecke ich grob die Fläche des Grüns ab, bevor ich mit der Modellierung beginne, doch diese Markierungen werden im Verlauf des Baus meist wieder entfernt - sie stehen nur im Weg. Während geshapt wird, denke ich nicht nur an die Konturen des Grüns, sondern auch an den Weg der Spieler dorthin, die Umgebung, den Abfluss von Oberflächenwasser, an die Schläge verschiedener Spielertypen sowie an die Verkehrsführung von Spielern und Maschinen. Ich berücksichtige auch, was bereits auf anderen Löchern gebaut wurde, um Wiederholungen zu vermeiden.
Während des Prozesses betrachte ich das Werk von allen Seiten, besonders von den Landepositionen aus. Ich beginne mit einer groben Idee, halte mir aber stets Optionen offen - auf der Suche nach dem Besonderen, das man auf Papier nicht planen kann. Wenn ich zufrieden bin, ziehe ich mit dem Fuß die äußere Form des Grüns in den Boden, verfeinere sie, bis sie passt. Erst dann setze ich Pfähle, um die Form zu markieren, und leite den nächsten Entwicklungsschritt ein. Beim Betrachten einiger meiner Grüns über Google Earth dachte ich: Diese hätte ich nie auf dem Papier planen können - sie hätten zu seltsam gewirkt. Aber auf Bodenniveau, wo Golf gespielt wird, funktionieren sie wunderbar.
Manche halten dieses Vorgehen für ineffizient und teuer. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Es geht mindestens genauso schnell wie das Arbeiten mit Vorgaben und ergibt ein besseres Ergebnis, da ich das Grün in die Landschaft einfügen kann. Ich habe keine Angst, Fehler zu machen - im Gegenteil: Ich betrachte es als Spiel. Ich nenne es seit meinen Anfängen "im Dreck spielen".
Planung ist nötig, um Material- und Arbeitsaufwand zu kalkulieren und ein Grundkonzept zu entwickeln, aber sie liefert nur den Startpunkt. Planung steht für das Zwei-Prozent-Niveau kreativer Arbeit. Zeit, ein offener Geist, harte Arbeit, spielerisches Denken und Tüftelei sind die oft übersehenen Geheimnisse der besten Designs der Welt. Das ist das 98-Prozent-Niveau der Kreativität.
