Katharina teet auf der ersten Bahn netterweise bei den gelben Tees auf, erspart mir somit größere Blamagen. Ihren Drive setzt sie nach 250 Metern präzise in der Mitte des Fairways ab und ich sammele brav die gelben Range-Bälle, die das Fairway zieren.
"Ich spiele noch gar nicht so lange", sagt die sympathische Tirolerin, "erst seit zehn Jahren. Aber ich hab schon immer viel Sport gemacht und das Golfen hat mir getaugt." Gemeinsam mit Ehemann Benedikt hat sie den Golfsport im Zillertal für sich entdeckt. "Wir haben immer die Long-Drive-Bewerbe im Netz geschaut und ich hatte eine Hassliebe zu meinem Driver, also habe ich mit dem Long-Drive-Training angefangen." Im letzten Frühjahr nahm sie an einem ersten Amateurturnier teil und gewann. "Daraufhin hat mein Schwiegervater als Sponsor die Reisekosten und das Startgeld übernommen, wir sind zur Europameisterschaft gefahren und ich hab als kompletter Newbie den Titel gewonnen", strahlt sie und legt nach dem perfekten Drive einen lockeren Eisenschlag auf das Grün der 386 Meter langen ersten Bahn.
Stephan Eberharter
SKIWELTMEISTERMit einem Doppelsieg bei den Ski-Weltmeisterschaften in Saalbach Hinterglemm gelang Stephan Eberharter 1991 der große Durchbruch. Im gleichen Jahr wurde er auch zum Sportler des Jahres in Österreich gewählt. In seiner letzten Saison 2004 gelang ihm das perfekte Abfahrtsrennen auf der Streif und er siegte mit einem überragenden Vorsprung von 1,21 Sekunden.
Du hast 1996 angefangen, Golf zu spielen. War das zu der Zeit ein Ausnahmesport im Zillertal?
Total, wir waren 1996 komplette Exoten! Das wäre ähnlich, als hätten wir angefangen, Cricket zu spielen. Zum Glück gab es auf der Driving Range einen Golf-Pro, der uns geholfen hat und uns dann auch die Platzreife abgenommen hat!
Ist dir der Golfschwung als Skiprofi damals leichtgefallen?
Als Profi-Sportler hast du deinen Körper gut unter Kontrolle und neue Bewegungen zu erlernen ist deutlich leichter. Ich hatte aber auch in der Schulzeit schon immer Spaß an Sport, war viel turnen und Trampolin springen - und natürlich hat mich auch der Ehrgeiz gepackt: Ich wollte natürlich sehr gut Golf spielen.
Gab es Zeiten, in denen du vielleicht lieber Golf-Profi als Skirennfahrer geworden wärst?
Rückblickend auf jeden Fall, aus zwei Gründen: Golf ist lange nicht so gefährlich wie der Skirennsport. Und man kann, wenn man zu den Top 50 der Welt gehört, deutlich mehr Geld verdienen.
Hast du mit den österreichischen Pro-Golfern Bernd Wiesberger oder Sepp Straka bereits Golf gespielt?
Ich habe mit Bernd Wiesberger ein Pro-Am bestritten und wir haben uns gut unterhalten. Ich habe ein Riesenrespekt vor der Leistung der Profis. Golf ist ein mental brutaler Sport. Und ähnlich wie im Skirennsport ist man als Amateur so meilenweit von der Leistung der Profis entfernt - das ist eine ganz andere Welt!
»NACH SECHS STUNDEN TRAINING AUF DEM GLETSCHER GAB ES FÜR MICH NICHTS BESSERES, ALS EINE RUNDE GOLF ZU SPIELEN. EINMAL BIN ICH DIREKT NACH EINEM WELTCUPRENNEN INS AUTO, UM EIN GOLFTURNIER ZU SPIELEN.«
Die Terrasse ist der Außenplatz der kulinarischen Erlebniswelt von Willi Tillian, der hier die "Genusswerkstatt" im Hotel betreibt. Willi ist dem Golfvirus vor zehn Jahren verfallen. "Ich bin golfverrückt", sagt der Gastronom in tiefer Selbstreflexion. "Geniales Essen zubereiten und eine perfekte Golfrunde, das ist das beste Leben!", philosophiert der prämierte Koch. In der "Sportresidenz" kommt alles zusammen, was zusammenpasst: ein modernes Hotel mit wunderschönem Spa, eine kreative Küche, die auch Restaurantkritiker schwärmen lässt, und ein Golfplatz, der zu den Leading Golf Courses gehört. Einmal im Jahr ist Willi bereit, sich golferisch testen zu lassen. In einem Scramble-Turnier mit dem treffenden Namen "Wer schlägt den Wirt?" gibt es freie Getränke für alle, die Willis Tagesergebnis schlagen. "In diesem Jahr haben sich 150 Golfer getraut und ich musste nur sechs Freunden den Abend freihalten." Die hintere Terrasse ist Stammplatz des Golfclubs und die 700 Mitglieder wissen, wie man feiert.
Zu den ersten Mitgliedern des Clubs gehört auch Olympiasieger und Weltmeister Stephan Eberharter, der nach seiner erfolgreichen Skikarriere nun ebenso erfolgreich den weißen Ball trifft. "Als ich 1991 Skiweltmeister geworden bin, hat mir TaylorMade über meinen Skisponsor ein komplettes Golfbag geschenkt. Ich konnte damals mit Golf nichts anfangen und das Bag ist unbenutzt in den Skikeller gewandert." Fünf Jahre später ruft ihn sein Bruder an und erzählt von einer gerade eröffneten Driving Range im Tal, "also habe ich das Bag aus dem Keller geholt. Wir sind sofort hingefahren und haben wie die Verrückten Bälle geschlagen." Neben dem Skitraining wird der Weltmeister ein begnadeter Golfer, der nach nur zwei Saisons mit einem Single Handicap aufwartet. "Skifahren und Golfen war für mich die perfekte Ergänzung. Nach sechs Stunden Training auf dem Gletscher gab es für mich nichts Besseres, als eine Runde Golf zu spielen oder auf der Range Bälle zu schlagen. Die Kombination ist perfekt. Einmal bin ich direkt nach einem Weltcuprennen in Sölden ins Auto, um dann noch ein Golfturnier zu spielen."
Tom "Beckna" Eberharter
SNOWBOARDERVor einem Vierteljahrhundert stellte sich Tom "Beckna" Eberharter einer seiner größten Herausforderungen: Er stand im Bergisel-Stadion auf der Rampe des Air&Style-Wettbewerbs, um über einen überdimensionalen Kicker in die johlende Menschenmenge von über 30.000 Snowboard-Fans zu springen. Cypress Hill rockte die Bühne und der Zillertaler rockte den Kicker. Mit seinem Cab 900° wurde er der erste Österreicher mit einem Platz auf dem Siegerpodium.
Du bist im Zillertal aufgewachsen und gehörst zu den besten Snowboardern der Welt - wann hat dich das Golf-Virus gepackt?
Das war recht früh, ich denke, so Anfang der 2000er. Mein Vater hat mich mitgenommen und ich hab echt Spaß dran gehabt und auch recht schnell Erfolg. Seitdem waren in meinem Boardbag neben den Snowboards auch immer ein paar Golfschläger dabei.
Wenn man im Zillertal einer der besten Snowboarder der Welt werden kann - gelingt dem Tal auch ein Weltklasse-Golfer?
Zum Snowboarden gibt es im Zillertal die besten Bedingungen. Wir haben im Penken Park in Mayrhofen einen der besten Freestyle-Parks von Tirol und unglaubliche Pisten mit besten Bedingungen in den verschiedenen Gebieten von Fügen bis zum Gletscher. Beim Golf haben wir zwar einen der schönsten Plätze in Tirol, aber noch nicht die Tradition wie im Wintersport.
Was ist besser: ein Tag auf dem Board oder einer auf dem Platz?
Das ist hier bei uns einfach: im Winter auf dem Snowboard und im Sommer beim Golf. In den Zwischensaisons im März oder im Herbst gelingt es sogar, einen Tag einzulegen, an dem wir in der Früh im Powder shredden, um dann am Nachmittag Golf zu spielen.
Am zehnten Abschlag wartet eine andere Zillertaler Sportprominenz auf uns. Tom "Beckna" Eberharter gehört seit 1994 zu den besten Snowboardern der Welt. In seine Snowboard-Tasche packt er auch immer ein paar Golfschläger. "Wir sind zum Filmen und zum Boarden in der ganzen Welt unterwegs gewesen und ich hab immer geschaut, dass ich dabei Zeit finde, auch etwas Golf zu spielen." Der Snowboarder ist Golf-Autodidakt: "Ich war um das Jahr 2000 ein paar mal mit meinem Vater zum Golf, war komplett angefixt und habe sehr schnell verstanden, wie es geht. Doch damals war Snowboarden mein Leben." Als 2014 der Golfclub Uderns eröffnet, ist Toms eines der ersten Mitglieder und Stammgast auf dem Platz. Nur sechs Jahre später wird der Snowboard-Pro Club Champ in Uderns. "Ich habe damals mit dem Skiweltmeister um die Ehre gekämpft. An der 9 habe ich den Drive in den Bunker gehauen, beinahe aussichtslos. Ich habe dann mit dem Eisen 5 den Ball punktgenau auf das Inselgrün gebracht, ein Birdie gespielt und gewonnen. Stephan klopfte mir später anerkennend auf die Schulter und sagte: ,Du bist ein Verrückter.'"
Heute schaut uns Tom an der 11 mitleidig an. "Wenn du den Drive gut auf der Tiger Line triffst, kannst du den Ball direkt aufs Grün legen." Das Dogleg mit nur 280 Metern hat es durch einen riesigen Baum in der Mitte des Fairways in sich. Strategisch spielen heißt, 160 Meter zu schlagen. Zu weit, dann landest du im Aus; zu kurz, und der Ball ist im Wasser. Der Zillertaler nimmt das Fairwayholz und visiert das Grün an. "Ein wenig zu kurz", resümiert er nach dem Schlag in den Bunker. "Der Platz hat es in sich - die 15 ist ein langes Par 5, und wenn Wind aufkommt, wird es auf der 16 und 17 wirklich schwierig. Aber das macht den Platz aus."
Dass man im Zillertal heute auch dem Golfvirus verfallen kann, verdankt das Tal in erster Linie Heinz Schultz. Der Unternehmer hat zehn Jahre gebraucht, bis er die nötigen Genehmigungen und Grundstücke zusammen hatte, um dann mit dem österreichischen Golfplatzarchitekten Diethard Fahrenleitner loszulegen. Zur Realisierung des Projekts brauchte es nur zwei Jahre; seit 2014 hat das Zillertal nun eine eigene Golfheimat. Die Schultz Gruppe ist in Bauprojekten erfahren und der größte private Bergbahnbetreiber in den Alpen. Neben dem Golfplatz und Hotels gehört auch der Umbau der Spieljochbahn zu den Projekten der Gruppe, die mit einem Erlebnispark auf dem Gipfel und hochwertiger Gastronomie auf 2.000 Metern Höhe ein architektonisches Meisterwerk erschaffen haben.
Katharina Heiss
LONG-DRIVE-EUROPAMEISTERINAls ihr Ehemann Katharina vor zehn Jahren überredet, mit auf den Golfplatz zu kommen, ahnt niemand, dass die Tirolerin das Zeug zum Long Drive Champ hat. 2023 wird sie die Überraschung bei der Long-Drive-Europameisterschaft und gewinnt den Titel mit einem 280-Yards-Drive.
Ist der Platz in Uderns für einen Long Drive Champ ideal?
Ich spiele ihn am liebsten von Gelb, dann ist er perfekt. Er ist offen gestaltet und es gibt genug Möglichkeiten und Herausforderungen anzugreifen. Gerade wenn das Rough als Futter für die Hirsche im Wald gemäht wird, kann ich auch mit einer gewissen Ballstreuung sehr gute Scores spielen.
Schätzen deine Mannschaftskollegen im Turnier deine Drives?
Das Course Management überlasse ich lieber den anderen Spielerinnen und manchmal empfehlen sie mir, doch lieber ein Eisen 5 statt den Driver auszupacken - den Tipp nehme ich gerne an.
Was ist das Ziel für dieses Jahr?
Ich werde wieder bei der Europameisterschaft antreten und möchte noch weiter schlagen. Zurzeit liegt mein Rekord bei 305 Yards - wenn ich mit mehr Training die Geschwindigkeit erhöhe, sollten noch 10 bis 15 Yards mehr möglich sein.
Wird dann die Zillertalerin auch bei der Weltmeisterschaft antreten?
In diesem Jahr auf jeden Fall nicht. Sandra Carlborg schlägt aktuell 330 Yards - wenn ich so weit bin, muss ich erst einmal sehen, ob ich einen Sponsor finde.
Auf der letzten Bahn, einem Par 4, das wieder zum Hotel zurückführt, stößt Alexander Kopp zu uns. Alexander ist das golferische Aushängeschild des Tals. Der 31-jährige PGA-Pro hat eine steile Karriere hingelegt und gilt als einer der besten Golfer in Österreich. Er hat fünf Jahre Golfturniere in den USA gespielt und in Europa auf der Alps Tour und der Challenge Tour gespielt.
"Eigentlich sollte ich gar nicht Golf spielen", verrät er. "Meine Tante hat mich mit sieben Jahren auf die Driving Range mitgenommen, und als wir wieder nach Hause kamen, hing der Haussegen schief. Meine Mutter meinte, das wäre kein Sport für mich und dass wir dazu nicht das nötige Geld hätten. Ich habe dann mit dem Tennis angefangen. Zum Glück hat meine Tante fünf Jahre später noch einmal den Versuch unternommen und mich auf die Driving Range entführt. Meine Mutter war diesmal einsichtiger und hat mir sogar den Platzreife-Kurs spendiert." Ein Jahr später spielte Alexander im Tiroler Kader und kurz darauf landete er mit 15 Jahren im Austria National Team. Der Tiroler ging nach der Schule in die USA und spielte die Qualifier zur Korn Ferry Tour mit. "Nach den Jahren in den USA und weiteren Jahren in Europa war ich aber dann doch gefrustet", resümiert Alexander. "Golf ist ein Einzelsport und ich war mit meinen Leistungen hinter meinen Erwartungen." Er hängte die Golfschläger für einige Zeit an den Nagel. "Dann habe ich mir gesagt, dass ich es eigentlich kann und es hat wieder Spaß gemacht." Heute unterstützt er das Trainerteam im Golfclub Uderns und hält sich offen, ob er noch einmal die Qualifier zur DP World Tour mitspielt. "Eine Austrian Open als DP-World-Turnier hier in Uderns wäre sicher ein Grund, noch einmal anzugreifen, aber jetzt werde ich erst einmal die Ausbildung zum Teaching Pro beenden und die Ski- und Snowboard-Prominenz beim Kampf um die Clubmeisterschaft unterstützen."
Alexander Kopp
TOURSPIELERMit zwölf Jahren macht der Zillertaler aus Ried die Platzreife und wird schnell einer der besten Jugendspieler Österreichs. 2019 wird er Profi und geht in die USA, um die Tourkarte zu erspielen. Später spielt er in Europa auf der Alps Tour sowie auf der Challenge Tour.
Was war dein Tiefpunkt im Golf?
Ich hab nach acht Jahren Profi-Golf gedacht, ich fasse nie wieder einen Schläger an. Ich war so enttäuscht, dass es nicht gereicht hat, auf der Tour zu spielen, dass ich für ein Jahr aufgehört habe, Golf zu spielen.
Was hat dich dann wieder die Schläger in die Hand nehmen lassen?
Nach dem Jahr habe ich gedacht: "Eigentlich kann ich es ja", und hab wieder angefangen zu trainieren. Im Jahr 2020 hab ich dann auch wirklich gut gespielt und europaweit an Turnieren teilgenommen. Aber es war so schwer, Sponsoren für ein Tourleben zu finden, dass ich es jetzt deutlich entspannter angehe, nicht mehr verbissen um die Karte spiele und nur noch die drei Turniere mitspiele, die als Qualifier für die DP World Tour gelten.
Was ist dein Lieblingsloch auf dem Heimatplatz in Uderns?
Bahn 8 ist sehr schön: Man hat das Panorama mit den Bergen und kann den Blick ins Tal genießen - das sind dann wahre Heimatgefühle. Loch 15 ist natürlich spielerisch die größte Herausforderung: ein Par 5 mit einigen Hindernissen, das man strategisch gut und mit Länge spielen muss.
Was muss man im Zillertal noch erleben außer Golf?
Ich empfehle einen Ausflug nach Mayrhofen, dort gibt es beim "Kostner" den besten Kuchen - das ist der Laden meiner Schwiegermutter. Und dann natürlich mit dem E-Bike die Zillertaler Höhenstraße erobern und auf den Wiesen Pilze suchen gehen.
Die Geschichten aus dem Zillertal enden an dieser Stelle. Eines ist sicher: Wer sich das Zillertal auf die golferische Bucketlist schreibt, sollte ein paar Tage mehr einplanen, um neben dem Golf auch die Landschaft, die vielfältigen gastronomischen Highlights und die Sportangebote auszuprobieren - und vielleicht einen Blick in den Turnierkalender des Clubs werfen "Im nächsten Monat werden wir ein Speed-Golf-Event veranstalten. Das wird eine Gaudi", verrät Willi Tillian.
Alle Infos zu den Angeboten im Zillertal unter www.zillertal.at.