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Zehn unbekannte Olympia-Starter im Golf

Von Rüdiger Meyer

Bei den Olympischen Spielen in Paris messen sich erneut nicht nur die besten Golfspieler, auch diese bisher kaum bekannten Außenseiter kämpfen zumindest theoretisch um Medaillen im Herren-Einzel. Kann einer von ihnen den Rory Sabbatini machen, der 2020 in Tokio völlig überraschend aufs Siegertreppchen sprang?

10: GAVIN GREEN – MALAYSIA
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GAVIN GREEN

MALAYSIA

Wer den Namen des 30-Jährigen nur flüchtig liest, glaubt, eine schwedische Golfmodemarke vor sich zu haben. Tatsächlich ist er der einzige Malaysier, der sich auf der Asian Tour die Order of Merit und den Titel Spieler des Jahres sichern konnte. Was Olympische Spiele angeht, ist der in Kuala Lumpur geborene Green aber schon ein alter Hase. Bereits in Rio und Tokio war er dabei, landete aber als 47. und 57. abgeschlagen auf den hinteren Plätzen. Wie wichtig ihm das Event und die erneute Qualifikation 2024 sind, zeigt sich auch auf seinem rechten Arm, auf den er sich die Olympischen Ringe tätowieren ließ - als ständige Erinnerung daran, wie hart der Weg bis zu diesem Punkt war. Seinen ersten Schläger kaufte er vom traditionellen Hongbao-Geldgeschenk zum chinesischen Neujahr und große Teile seiner Schulzeit opferte er für den Traum, Golfprofi zu werden.



09: SAMI VÄLIMÄKI – FINNLAND
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SAMI VÄLIMÄKI

FINNLAND

Der 25-Jährige hatte einen Schnellstart in seiner Karriere. Gleich in seinem ersten Profijahr schaffte er die Qualifikation für die European Tour und sicherte sich bereits bei seinem fünften Start den ersten Titel. Die finnische Antwort auf John Daly wurde 2020 zum Sir Henry Cotton Rookie of the Year auf der European Tour. Ein Jahr später schnupperte er bereits als 27. in Tokio olympische Luft und könnte dieses Jahr vielleicht sogar ein Geheimtipp sein. Schließlich verdiente er sich als einer der Ersten über das Race to Dubai eine Mitgliedschaft auf der PGA Tour und schrammte im Februar bei der Mexico Open nur haarscharf an seinem ersten Sieg auf der amerikanischen Tour vorbei. In Europa ist Välimäki da schon weiter. Im Oktober 2023 feierte er beim Qatar Masters seinen bisher prestigeträchtigsten Triumph.



08: SHUBHANKAR SHARMA – INDIEN
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ALEJANDRO TOSTI

ARGENTINIEN

Der 28-Jährige siegte im letzten Jahr auf der Korn Ferry Tour, in den Schlagzeilen war er jedoch mehr wegen Kontroversen. Bei der letztjährigen Suncoast Classic ließen Tosti und fünf andere Spieler sich vom 18. Loch zum ersten Tee kutschieren und kassierten für die illegale Nutzung von Transportmitteln eine Strafe von zwei Schlägen. Zwei Wochen später sperrte die PGA Tour den Argentinier während eines Turniers, nachdem er immer wieder durch wüste Beschimpfungen negativ aufgefallen war. Selbst die Karte für die PGA Tour hat den Argentinier nicht milder gestimmt. Auf dem Weg zum zweiten Platz bei der Houston Open im März gerieten Tony Finau und Tosti aneinander, als die beiden sich nicht einigen konnten, wer zuerst putten sollte. Ob der olympische Geist ihn beruhigen kann?



07

SHUBHANKAR SHARMA

INDIEN

Der 27-Jährige ist der vierte Inder überhaupt, der in allen vier Majors gespielt hat - dank der besten acht Wochen seiner Karriere. Im Dezember 2017 gewann Sharma die Joburg Open, zwei Monate später die Maybank Championship. Seither ist er eine feste Nummer auf der DP World Tour, spielt stabil im Mittelfeld und rangiert im Race to Dubai meist um Platz 70. Einen Moment im Rampenlicht hatte Sharma bei der Open Championship 2023: In Royal Liverpool lag er von Runde eins an beständig in den Top Ten und sicherte sich mit Platz acht nicht nur das beste Open-Ergebnis eines Inders, sondern auch die Qualifikation für die diesjährige Open. Ansonsten war seine Karriere bisher weder Fisch noch Fleisch. Das passt zwar zum strikt vegetarisch lebenden Golfstar, bei Olympia würde er in diesem Punkt aber gerne eine Ausnahme machen.



06: CARL YUAN – CHINA
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CARL YUAN

CHINA

Der Absolvent der University of Washington hat den wohl wildesten Schwung der PGA Tour. Abschläge beendet er gerne einhändig und in extremer Rückenlage und Chips macht er regelmäßig mit dem Rücken zum Loch. Trotz dieser Eigenheiten hat er es geschafft, letztes Jahr seine PGA-Tourkarte zu halten - wenn auch mit etwas Schützenhilfe aus Saudi-Arabien. Nach einer schwachen Saison 2023 mit 16 verpassten Cuts hatte der 27-Jährige seine PGA-Tourkarte vermeintlich verloren, doch als Jon Rahm zu LIV ging, rückte Yuan Yechun, wie er auf Chinesisch heißt, einen Platz im Ranking hoch und behielt seine Karte. Eine zweite Chance, die er sich nicht entgehen ließ: Mit Platz vier im ersten Turnier des Jahres waren die Weichen für eine bessere Saison gestellt. Auch die Olympischen Spiele sind für Yuan kein Neuland. Bereits 2021 war er in Tokio dabei und belegte den 38. Platz.



05: ADRIEN DUMONT DE CHASSART – BELGIEN
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ADRIEN DUMONT DE CHASSART

BELGIEN

Auch wenn er in der Wallonie geboren wurde, hat der 24-Jährige seinen Lebensmittelpunkt längst in die USA verlegt. Von 2018 bis 2023 studierte Dumont de Chassart an der University of Illinois und katapultierte sich in die Top Ten des World Amateur Golf Ranking - und noch wichtiger in die Top Five des PGA-Tour-University-Programms, was ihm eine Karte für die Korn Ferry Tour sicherte. Dass er erst zur Hälfte der Saison 2023 dort einsteigen konnte, ließ den jungen Belgier kalt. Er gewann gleich sein erstes Turnier, wurde Rookie of the Year und holte sich die Spielberechtigung für die PGA Tour. Dort muss der Wahl-Floridianer bisher jedoch noch Lehrgeld zahlen. Zum Glück hat er bereits gezeigt, dass ihm sechs gute Monate reichen.



04

DANIEL HILLIER

NEUSEELAND

Im Wasser der neuseeländischen Stadt Porirua muss etwas sein, das gute Golfer produziert. US-Open-Gewinner Michael Campbell stammt ebenso aus dem 60.000-Einwohner- Städtchen wie Daniel Hillier. Der ehemals 13. des World Amateur Golf Ranking suchte sich eine schlechte Zeit aus, um Profi zu werden. Kaum wollte er durchstarten, brachte die Corona-Pandemie den Profisport in Neuseeland zum Halten. Dennoch schaffte er es auf die European Tour, auf der er 2023 beim British Masters nicht nur seinen bisher größten Titel einfuhr, sondern auch einen der eindrucksvollsten Endspurts der letzten Jahre hinlegte: Mit einem Eagle-Birdie-Eagle-Par-Finish katapultierte sich Hillier von Platz acht noch an die Spitze des Turniers.



03

JOEL GIRRBACH

SCHWEIZ

Zum ersten Mal überhaupt darf die Schweiz einen männlichen Golfer zu den Olympischen Spielen entsenden - dank der Niederländer, die ihre zwei qualifizierten Spieler Joost Luiten und Darius van Driel nicht meldeten. Girrbach ist seit mittlerweile zehn Jahren Profi, konnte sich aber noch nicht auf der European Tour etablieren. Nach einer Stippvisite im Jahr 2019 verbrachte er vier Jahre auf der Challenge Tour bevor er im letzten Jahr wieder die Rückkehr in die höchste europäische Liga schaffte. Dort scheint er jetzt aber endlich Fuß gefasst zu haben. Dank eines dritten Platzes bei der Volvo China Open liegt er aktuell im Race to Dubai auf Platz 75 und hat gute Aussichten, auch nächstes Jahr bei den Großen aufteen zu dürfen.



02: CRISTÓBAL DEL SOLAR – CHILE
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CRISTÓBAL DEL SOLAR

CHILE

In seinen bisher sieben Profijahren hat es der Chilene noch nicht allzu weit geschafft. Fünf Jahre darbte er auf der PGA Tour Latinoamérica, bevor er es 2023 zumindest in die zweite US-Liga schaffte. Doch auch wenn es auf der Korn Ferry Tour bislang noch zu keinem Sieg reichte, hat sich der 30-Jährige in deren Geschichtsbüchern verewigt. Im Februar gelang dem Wahl-Floridianer bei der Astara Golf Championship der niedrigste Score in einem von der PGA Tour sanktionierten Event. Seine Runde von 13 unter Par brachte del Solar den Spitznamen "Mr. 57" ein. Am Ende errang er zwar nur Platz fünf im Turnier, aber das genügte, um in der Weltrangliste am zur LIV Tour abgewanderten Landsmann Mito Pereira vorbeizuziehen und sich als zweitbester Chilene passend zu seinem Namen bei den Olympischen Spielen einen Platz an der Sonne zu sichern.



01: PHACHARA KHONGWATMAI – THAILAND
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PHACHARA KHONGWATMAI

THAILAND

Den Namen des 25-Jährigen sollte man sich merken - und sei es nur, um beim Scrabble 42 Punkte abzuräumen. Sein Nachname steht im Thailändischen für "Diamant" und auch er selbst präsentierte sich der Golfwelt als Rohdiamant. 2013 wurde Khongwatmai auf der All Thailand Golf Tour mit 14 Jahren zum jüngsten Sieger eines professionellen Golfturniers. Seinen Status als Teen-Sensation untermauerte er, indem er sich mit 16 bereits eine Karte für die Asian Tour sicherte und die Qualifikation für die Open Championship schaffte. Seither stagnierte die Karriere allerdings ein wenig. Obwohl er die letzten drei Jahre in der Order of Merit der Asian Tour immer unter den neun Besten landete, ging es in der Weltrangliste von Platz 121 auf Platz 271 runter. Die Olympischen Spiele wären eine gute Gelegenheit, das Ruder noch einmal herumzureißen.

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