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Top Ten

Schlechte Lagen

Von Rüdiger Meyer, Fotos: Getty Images

Auch Major-Sieger finden sich ab und an auf Abwegen und glücklicherweise gilt auch für die Herren Tour-Pros Regel Nr. 9: 'Der Ball wird gespielt, wie er liegt.' Deshalb präsentieren wir in diesem Monat: die Top Ten der miesesten Lagen der Golfgeschichte.

10: HENRIK STENSON – WGC CA-CHAMPIONSHIP 2009
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HENRIK STENSON

WGC CA-CHAMPIONSHIP 2009

Sich in Miami beinahe komplett zu entblößen ist nichts Ungewöhnliches - in South Beach zumindest. Auf dem Blue Monster Course von Doral ist ein Beinahe-Striptease dagegen deutlich außergewöhnlicher. Henrik Stenson hielt das Entblößen dennoch für notwendig, schließlich war sein Ball nach einem verzogenen Drive an Loch 3 hinter einem Wasserhindernis derart zum Liegen gekommen, dass der Schwede durch tiefen Matsch waten musste, um seinen Ball ohne Strafschlag spielen zu können. Dass die Bilder um die Welt gingen und Stenson seinen Tourkollegen Material für Monate voller Hohn und Spott geliefert hatte, dürfte selbstverständlich sein. Weitaus weniger witzig fand die Aktion allerdings sein Sponsor Hugo Boss, denn just an jenem Tag hatte Stenson am Morgen ein Paar Björn-Borg-Boxershorts aus dem Koffer gefischt nicht ahnend, dass sie wenig später in aller Welt über die Bildschirme flimmern würden.

09: CARY MIDDLECOFF – PALM BEACH ROUND ROBIN 1952
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CARY MIDDLECOFF

PALM BEACH ROUND ROBIN 1952

Angesichts der Zuschauermassen bei Golfturnieren passiert es nicht selten, dass ein Ball mal ins Publikum fliegt. Selbst dass er den Weg in Gegenstände oder in Kleidungsstücke findet, geschieht öfter, als man denkt. Aber wohl noch nie hatte es so bizarre Folgen wie beim ersten Palm Beach Round Robin im Jahr 1952. In Führung liegend verzog Cary Middlecoff an der drittletzten Bahn sein Eisen 2 nach rechts und musste mit ansehen, wie der Ball vom Vorgrün in die Jackentasche eines Zuschauers sprang. Offensichtlich hatte der Mann zuvor noch nie ein Golfturnier besucht, denn ihn überkam das schlechte Gewissen und er rannte davon. Erst als andere Zuschauer empört schrien, warf er den Ball auf der Flucht weg - zwischen einige Steine. Die Offiziellen entschieden, dass Middlecoff den Ball von dort spielen musste, wo er lag. Middlecoff spielte Doppel-Bogey, wurde nur Zweiter und war um 1.000 Dollar Preisgeld ärmer.

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RORY MCILROY

ACCENTURE MATCHPLAY 2014

Das Einzige, was bei Rory McIlroys erster Runde im Accenture Matchplay 2014 noch fehlte, war die Musik aus "Curb Your Enthusiasm". Denn der Nordire katapultierte sich an Loch 15 aus einer ausweglosen Situation in die nächste. Im Match gegen Boo Weekley versprang sein Drive in die Wüste und landete hinter einem tennisballgroßen Stein, den er nicht wegnehmen konnte, ohne den Ball zu bewegen. McIlroy entschloss sich für die Methode "Augen zu und durch" und traf eine Fotokamera, dessen Besitzer vor Schreck in einen Kaktus fiel. Nach kurzer Suche fand McIlroy seinen Ball schließlich in einer tiefen Erosionsrinne wieder. Er gab das Loch auf, machte aber eine Bahn später den Sack zu.

07: TIGER WOODS – BRIDGESTONE INVITATIONAL 2006
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TIGER WOODS

BRIDGESTONE INVITATIONAL 2006

Bis heute streiten sich die Geister, ob es kühl kalkuliert oder ein glücklicher Zufall war, wie sich Tiger Woods in der dritten Runde des Bridgestone Invitational aus einer misslichen Lage manövrierte. An Loch 9 hatte der Weltranglistenerste seinen Drive nach rechts verzogen und musste auf dem Weg zum Grün eine hohe Baumreihe überwinden. Sein mit dem Eisen 9 geschlagener Ball stieg auf und flog und flog, als hätte ihn Alan Shepherd auf dem Mond geschossen. Er überflog die Bäume, eine Straße, die Tribünen, eine weitere Straße und landete schließlich auf dem Dach des Clubhauses. Ein Offizieller stieg hinauf, fand den Ball und Woods durfte mit einem Free Drop aus 84 Yards Entfernung weiterspielen. "Ich habe keine Ahnung, wieso der Ball nicht im Aus war", sagte Woods nach der Runde verschmitzt. Die gleiche Frage stellte sich vermutlich auch Stewart Cink, der sich Woods einen Tag später im Play-off geschlagen geben musste.

06: SHANE LOWRY – ABU DHABI CHAMPIONSHIP 2019
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SHANE LOWRY

ABU DHABI CHAMPIONSHIP 2019

Gemeinhin hat Rickie Fowler wegen seiner orangen Outfits ja den Spitznamen "Müllmann" weg. Aber nach dieser Episode bei der Abu Dhabi Championship hätte ihn eigentlich der Ire Shane Lowry verdient gehabt. In der ersten Runde der Abu Dhabi Championship verzog Lowry seinen Drive an Loch 5 und traute seinen Augen kaum, als er zu seinem Ball kam: Um ihn herum lagen Autoreifen, ausrangierte Möbel und anderer Sperrmüll. Für die Veranstalter eine große Peinlichkeit, dass das Fernsehen statt grüner Fairways Bilder einer Müllhalde in die Welt sendete. Für Lowry hingegen kein Problem: Er spielte das Par, brachte eine bogey-freie 62 nach Hause und gewann das Turnier mit großem Vorsprung. Den Umhang, den er für seinen Sieg präsentiert bekam, hat er dann vermutlich im Anschluss gleich an Loch 5 gelassen.

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RORY MCILROY

MASTERS 2011

Nur ein Turnier fehlt Rory McIlroy zum Karriere-Grand-Slam: das Masters. Und so hat der Nordire sicherlich schon das ein oder andere Mal von der Butler Cabin geträumt, in der dem Sieger das Grüne Jackett übergestreift wird. So nah wie 2011 kam er ihr bisher noch nie - sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne. In Führung liegend trat er auf den Abschlag von Bahn 10 und hookte seinen Ball dorthin, wo noch nie ein Golfer zuvor gewesen war: zwischen zwei der Holzhütten, in denen Mitglieder und Gäste von Augusta National übernachten können. Ein Triple-Bogey später war die Führung weg und das Masters verloren. Zwar gewann McIlroy kurz darauf mit der US Open sein erstes Major, den Augusta-Schock hat er dennoch bis heute nicht verdaut. So brach er auch 2018 in der Schlussrunde wieder ein.

04: BERNHARD LANGER – BENSON & HEDGES INTERNATIONAL 1981
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BERNHARD LANGER

BENSON & HEDGES INTERNATIONAL 1981

2013 spielte Sergio García beim Arnold Palmer Invitational seinen Ball aus einer Baumgabel. So cool der Schlag auch war, letztlich war es nur die Imitation einer anderen europäischen Golflegende. 32 Jahre zuvor fand Bernhard Langer seinen Ball beim Benson & Hedges International im Fulford Golf Club in einer ganz ähnlichen Lage wieder. In der dritten Runde hatte der Annäherungsschlag an Loch 17 zu viel Dampf und schlug in einer Esche ein. Doch statt herunterzufallen, blieb der Ball in einer dicken Astgabel liegen. Der Anhausener überlegte nicht zweimal, ließ sich von Zuschauern auf den Baum helfen, manövrierte den Ball aufs Grün und ging mit einem Bogey vom Loch. Noch heute erinnert ein Schild an diesen legendären Moment.

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PHIL MICKELSON

THE BARCLAYS 2014

"Grandstanding", das englische Wort für "Selbstdarstellung", ist ein Attribut, mit dem Phil Mickelson gern mal versehen wird. Jedoch nahm es "Lefty" bei der Barclays 2014 zu wörtlich damit. In der zweiten Runde slicte Mickelson seinen Drive an Bahn 5 auf einen Cartweg, von wo er in die Grandstands flog. Nach kurzer Diskussion beschloss Mickelson, den Ball von der Tribüne zu spielen, und rettete so das Bogey. Offenbar war Phil "the Thrill" mit dem Ergebnis dennoch unzufrieden und beschloss, es besser zu machen. Einen Tag später schlug er also den identischen Drive, spielte wieder von der Tribüne und ging dieses Mal mit Par vom Loch. Schlagfertige Zuschauer markierten die Stellen mit Kreide: "Phil was here..." "... and here too".

02: SEVE BALLESTEROS – OPEN CHAMPIONSHIP 1979
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SEVE BALLESTEROS

OPEN CHAMPIONSHIP 1979

In der Geschichte des Golfsports gibt es vermutlich keinen legendäreren Fehlschlag als Seve Ballesteros' Drive an der 16 von Royal Lytham & St. Annes. In der Schlussrunde der Open verzog der Spanier seinen Abschlag mithilfe des stürmischen Winds so weit nach rechts, dass der Ball auf dem improvisierten Parkplatz landete. Ballesteros erhielt einen Free Drop, pitchte aufs Grün und versenkte den langen Putt zum Birdie und zu seinem ersten Major-Titel. Der Amerikaner Hale Irwin, der mit Ballesteros spielte, erwies sich als schlechter Verlierer und nannte Ballesteros im Anschluss despektierlich "Car Park Champion". Doch der Schuss ging nach hinten los. Was als Beleidigung gedacht war, wurde schon kurz darauf zur Huldigung umgedeutet und ein ehrfürchtiger Spitzname für Seve.

01: HARRY BRADSHAW – CHAMPIONSHIP 1949
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HARRY BRADSHAW

CHAMPIONSHIP 1949

Eigentlich hatte Harry Bradshaw alle sprichwörtlichen Voraussetzungen, um die Open Championship in Royal St. George's zu gewinnen. Schließlich heißt es "Luck of the Irish", und als Bradshaw in der zweiten Runde an Bahn 5 eine zerbrochene Bierflasche fand, kam auch noch "Scherben bringen Glück" dazu. Es gab nur einen Haken an der Sache: Sein Ball hatte sich ausgerechnet den Boden der Bierflasche als Ruhestätte ausgesucht. Da Bradshaw keinen Regelverstoß begehen wollte, ging er auf Nummer sicher und spielte den Ball, wie er lag. Die Reste der Flasche gingen zu Bruch und sein Ball bewegte sich nur wenige Zentimeter. Wie kostspielig diese Entscheidung war, stellte sich zwei Runden später heraus. Genau dieser Schlag fehlte ihm am Ende zum Sieg.

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