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Fanny Sunesson

Tragende Rolle

Von Jan Langenbein, Fotos: Thomas Hoeffgen & Getty Images

Mehr Major-Siege als Dustin Johnson, eine bessere Ryder-Cup-Bilanz als Tiger Woods und eine Claret Jug hat sie auch noch - Fanny Sunessons Karriere ist der Stoff, aus dem Golferträume gemacht sind. Wenn da nicht die weißen Strampelanzüge in Augusta wären…

Eigentlich sollte es unmöglich sein, eine Legende des Golfsports zu werden, ohne auf dem Weg dorthin auch nur einen einzigen Schlag selbst gespielt zu haben. Aber Fanny Sunesson ist dieses Kunststück ohne Zweifel gelungen - oder wie es ihr letzter Langzeitarbeitgeber und Landsmann Henrik Stenson verriet: "Fanny ist in Augusta definitiv berühmter, als ich es bin. Wann immer wir gemeinsam beim Masters antraten, musste sie mehr Autogramme schreiben und für mehr Selfies posieren als ich. Nicht dass mich das stören würde..."

In unzähligen legendären Fernsehübertragungen der Golfgeschichte ist die Schwedin mindestens so präsent wie Forrest Gump in wegweisenden Momenten der US-amerikanischen Zeitgeschichte. Nick Faldos Triumphmarsch in St. Andrews 1990: Fanny ist dabei. Greg Normans epischer Kollaps beim Masters 1996: Fanny trug die Tasche des Siegers. Henrik Stensons 66 am Sonntag auf dem Weg zum Sieg in Sawgrass 2009: Fanny hatte gehörigen Anteil daran. Und dann wären da natürlich noch der "War on the Shore" 1991 auf Kiawah Island und mehrere Kontinentalkämpfe in "The Belfry": Sunesson war als Caddie bei insgesamt sechs Ryder Cups am Bag eines Spielers.

Als wir die mittlerweile 54-Jährige in ihrer Heimat zum Interview treffen, ist sie absolut tiefenentspannt. Schließlich zog sie sich bereits 2012 aus gesundheitlichen Gründen aus dem Caddie-Business zurück und ließ sich seither nur noch von Adam Scott für die Open 2018 und von Henrik Stenson für das Masters und Bay Hill 2019 dazu überreden, noch einmal "inside the ropes" ihre Arbeit zu verrichten. Um ihren Hals baumelt eine filigran gearbeitete Miniatur der Claret Jug. "Kurz nach meinem 50. Geburtstag feierte Nick seinen 60. und lud mich zur Party in England ein, wo er mir dieses wundervolle Geschenk überreichte. Seither trage ich es jeden Tag."

Es sind die insgesamt neun Spielzeiten zwischen Ende 1989 und 1999 an der Tasche des damals besten Golfers der Welt, die Fanny Sunesson zu einem Star nicht nur in der Caddie-, sondern auch in der Sportwelt machten. Zwei Masters-Siege und zwei Open-Triumphe Faldos fallen in dieses gemeinsame Jahrzehnt - nicht zu vergessen 16 weitere Profisiege in aller Welt. Eine beeindruckende Bilanz für eine Karriere, die eigentlich ganz anders geplant war. "Als Jugendliche schaffte ich es in den erweiterten Kreis der schwedischen Nationalmannschaft und ich wollte eigentlich ans College in Amerika gehen, um dort Golf zu spielen." Eine Verletzung vereitelte diese Pläne, doch das soll Fanny besser selbst erzählen.

Fanny Sunesson:

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Ich hatte viele großartige Momente in meiner Karriere, aber dieser bei der Open in St. Andrews ist mein liebster. Wir hatte gerade das Road Hole gemeistert, und als Nick auf der 18 einen guten Drive geschlagen hatte und wir das Fairway hinunterliefen, drehte er sich um und sagte: ,Genieße diesen Moment!' Wir wussten, dass wir gewinnen würden, vor uns lag St. Andrews und die voll besetzten Tribünen. Ich bin ihm für immer dankbar, dass er mir das damals sagt, denn ich hätte die Situation im Eifer des Gefechts wohl nicht so genossen, wie es mir dann möglich war.
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Während wir zum Abschluss unseres gemeinsamen Tages im Bokskogens Golfklubb noch einige gemeinsame Löcher Golf spielen, wird schnell klar, warum die damalige Nummer eins der Welt 1989 eine bis dahin beinahe unbekannte Schwedin als seine Vertraute an der Tasche haben wollte und unzählige Weltklassespieler später ebenfalls um ihre Dienste buhlten. Worte wie "etwa" oder Sätze wie "Das sollte passen" existieren in Fanny Sunessons Welt nicht. Selbst hier und heute bei einer kurzen Feierabendrunde überlässt sie nichts dem Zufall und nimmt erst die Ansprechposition über dem Ball ein, wenn die Entfernung zur Fahne exakt bestimmt und der Wind richtig einkalkuliert sind.

Auf der malerischen Teebox von Loch 15 direkt an einem friedlich ruhenden See quakt plötzlich eine Ente. Doch das Geschnatter kommt erstaunlicherweise nicht aus Richtung des Wassers, sondern aus Fannys Hosentasche. "Oh, entschuldigt bitte! Das ist mein Handy", lacht sie. "Ich habe Entengeschnatter als Klingelton, um niemanden zu stören, sollte ich auf dem Golfplatz einmal vergessen, auf lautlos zu stellen." Auf solch ein Detail muss man erst mal kommen.

In welchem Alter bist du zum Golf gekommen und wer war dafür verantwortlich?
Meine Eltern spielten Golf, und als ich sechs Jahre alt war, schenkten sie mir meine ersten Golfschläger. Es hat einfach Sinn gemacht, dass ich sie begleitet habe, wenn sie spielten. Ernsthaft angefangen, Golf zu spielen, habe ich aber erst als Teenager und von diesem Moment an habe ich nichts anderes mehr getan.

Du hattest vor, ans College zu gehen. Woran ist das gescheitert?
Ja, alles war bereits in trockenen Tüchern, doch dann habe ich mich am Knie verletzt. Ich konnte eine Zeit lang nicht Golf spielen und damit war auch das College in den Vereinigten Staaten hinfällig. Ich wollte das Jahr Zwangspause aber trotzdem sinnvoll nutzen und mehr über mein eigenes Golfspiel lernen. Da ich nicht trainieren konnte, entschied ich mich, für dieses eine Jahr Caddie in Europa zu werden. Aus diesem einen Jahr wurden dann 25... [lacht]

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Falschparker: ein bisschen Anarchie im Ruhestand
Für wen hattest du denn deinen ersten Caddie-Job?
Meinen ersten Caddie-Job hatte ich in Schweden. Ich war bereits bei den Scandinavian Enterprise Open als Zuschauer gewesen und damals gab es noch nicht viele professionelle Caddies. Ein Freund verdiente sich als Local Caddie ein bisschen Geld nebenher und ich dachte mir, das ist ziemlich cool! Man kann "inside the ropes" miterleben, wie Spieler die unterschiedlichsten Schläge meistern. Das könnten wertvolle Erfahrungen sein - also schrieb ich mich für das folgende Jahr als Local Caddie ein.

Du hattest die unterschiedlichsten Charaktere als Arbeitgeber. Was sind die wichtigsten Golflektionen, die du von deinen verschiedenen Arbeitgebern gelernt hast?
Die erste Lektion, die ich lernte, war 1987, als ich für José Rivero, einen spanischen Pro, arbeitete. Er hat in seiner Jugend ebenfalls als Caddie gearbeitet und war deshalb brillant darin, Situationen einzuschätzen und den richtigen Schläger zu wählen. In der Mitte unserer gemeinsamen Saison spielten wir ein Turnier in York. Als wir die Länge ermittelt hatten, dachte ich: "Eisen 7", doch José sagte: "Ein Eisen 5 sollte hier richtig sein." Ich sagte nichts und dachte: "Oh Gott, ich bin ein wirklich schlechter Caddie, ich habe mich um zwei Schläger vertan." Er zückte das Eisen 5, spielte einen exzellenten Schlag, der über die Fahne, über das Grün, über das Rough und tief in die Bäume segelte. Das Eisen 7 wäre richtig gewesen und ich hatte mich nicht getraut zu sagen, was ich dachte.

Meine Gedanken, ich wäre ein schlechter Caddie, trafen in diesem Moment tatsächlich zu, weil ich nicht laut gesagt hatte, wovon ich überzeugt war. Als ich an diesem Tag nach Hause fuhr, habe ich beschlossen, zukünftig immer zu sagen, was ich in der jeweiligen Situation denke, egal wie weit meine Meinung von der meines Spielers abweicht. Das war die wichtigste Lektion für meine Caddie-Karriere. Ein weiteres wichtiges Rüstzeug lernte ich von einem anderen Caddie: Als ich begann, auf der Tour zu arbeiten, gab es zwar Yardage-Books, aber die waren nicht wirklich gut. Deshalb musste ich meine eigenen Entfernungen ermitteln, ich hatte allerdings keine Ahnung, wie das funktioniert. Malcolm Mason, Sam Torrance' langjähriger Caddie, der leider nicht mehr unter uns ist, half mir ausgiebig dabei, mein eigenes Yardage-Book zu erstellen. Das war eine riesige Hilfe und sehr wichtig für mich, denn ich habe für die meiste Zeit meiner Karriere meine eigenen Yardage-Bücher zusammengestellt.

Fanny Sunesson:
Wenn der Druck am Sonntag hochkocht, bekommst du dann auch als Caddie Nervenflattern oder warst du immer cool auf dem Platz?
Ich war immer bestens vorbereitet und war mir sicher, den Platz in- und auswendig zu kennen. Ich wusste stets, wie mein Spieler drauf ist, und war mir immer sicher, bereit zu sein, mein Bestes zu geben. Deshalb habe ich nur äußerst selten meine Nerven auf dem Golfplatz gespürt. Wenn es dann doch mal vorkam, habe ich immer versucht, mich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Als ich 2009 für Henrik Stenson gearbeitet habe, ertappte ich mich bei der Players Championship am Sonntag dabei, wie ich, während wir noch auf Bahn 16 waren, bereits über die berühmte 17 und das Inselgrün nachdachte. Im Golf ist es sehr schädlich, dem Spiel voraus zu sein, und ich habe mich in dieser Situation sofort ermahnt, um wieder in die Gegenwart zurückzukommen.

Was sind deine Lieblingsaspekte des Lebens auf der Tour?
Ich liebe es, draußen zu sein, und ich liebe Golfplätze. Die Chance auf den Sieg am Sonntag ist ebenfalls eine Sache, die mich immer angetrieben hat.

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