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Fanny Sunesson – Teil 2

Tragende Rolle

Von Jan Langenbein, Fotos: Thomas Hoeffgen & Getty Images

Als du angefangen hast, wurden Caddies oft noch als Bürger zweiter Klasse auf der Tour behandelt. Als Frau warst du in Caddie-Kreisen darüber hinaus eine singuläre Erscheinung. Wie hast du das damals wahrgenommen?
Es ist ein hartes Leben auf der Tour, man ist ständig auf Reisen und man wurde nicht immer nur gut behandelt, das stimmt. Vielleicht wurde ich stellenweise aber auch bevorzugt behandelt, weil ich eine Frau bin - ich weiß es nicht. Die Tatsache, dass ich eine Frau unter vielen männlichen Caddies bin, hat mich nie sonderlich interessiert. In meinen Augen war ich einfach ein Caddie und machte dieselbe Arbeit wie die Männer.

Betrachtest du Golf als Teamsport?
Ja. Heutzutage ist das Team eines Golfers abseits des Platzes riesig mit dem Athleten als Zentrum. Auf dem Platz bilden Spieler und Caddie ebenfalls ein Team und ich habe dieses Team immer als Wir oder Uns betrachtet, obwohl ich keine Schläge gemacht habe.

Als du angefangen hast, für Nick Faldo zu arbeiten, war er bereits die Nummer eins der Welt. Wie geht man eine solche Arbeitsbeziehung, die an der Spitze des Sports beginnt, mental an?
Ja, als Nick mich fragte, war er die Nummer eins der Welt und ich dachte als Erstes über all die verschiedenen Plätze in aller Welt nach, die ich sehen würde, wenn ich seine Tasche übernehme, Augusta zum Beispiel. [lacht] Ich wollte unbedingt nach Augusta, denn zu jenem Zeitpunkt hatte ich den Platz noch nicht einmal im Fernsehen gesehen. Er war damals der Beste und ich hatte erst drei Jahre zuvor als Caddie angefangen. Aber ich hatte eine recht simple Logik: Wenn ich mein Bestes gebe und das nicht gut genug ist, dann kann ich auch nichts dagegen tun. Also habe ich einfach hart gearbeitet. Wir haben uns von Beginn an sehr gut verstanden. Er war ein Perfektionist und ist es immer noch, genau wie auch ich. Als Team haben wir sehr gut funktioniert und ich habe es geliebt, für ihn zu arbeiten.

n der Zusammenarbeit mit Nick Faldo warst du schnell mehr als ein Caddie und hast auch Coaching-Aufgaben übernommen. Wie schafft man es, sich zu trauen, dem besten Spieler der Welt Schwungtipps zu geben?
Gleich in meiner ersten Woche mit Nick sind wir fünf Tage lang zu David Leadbetter gefahren, bei dem ich alles über Nicks Schwung lernte, was man in fünf Tagen lernen kann. Ich wusste, was Nicks Status war, wo seine Schwächen lagen und wohin er schwungtechnisch gerne wollte. Also wurde ich so etwas wie Leadbetters rechte Hand und sein zweites Paar Augen, schließlich war ich diejenige, die immer mit Nick unterwegs war und seinen Schwung aus nächster Nähe einschätzen konnte. Ich war immer schon am Golfschwung interessiert und wollte meinen Spielern auch in dieser Hinsicht helfen. Mir hat das großen Spaß gemacht und ich denke, es war auch ein Vorteil für unser Team.

Fanny Sunesson:

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Es ist eine Menge Vertrauen von Seiten des Spielers nötig, um mit dem Caddie über schwungtechnische Aspekte zu sprechen. Von meiner Seite brauchte es viel Fingerspitzengefühl, denn in der Hitze eines Turniers gibt es Momente, in denen man technische Sachen ansprechen kann, und es gibt Situationen, in denen man das besser bleiben lässt.
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Caddie zu sein ist harte körperliche Arbeit. Welche körperlichen Spuren hat dein Job in 25 Jahren hinterlassen?
Das stimmt, Tourbags sind wirklich ziemlich schwer. Ich habe mich am Rücken verletzt, als ich 2011 für Henrik Stenson in der Schweiz gearbeitet habe und über einen Marshall gestolpert bin. Das hatte zur Folge, dass ich sozusagen in Caddie-Rente gehen musste und mehr als acht Jahre lang keine Tasche mehr getragen habe, bevor ich für Adam Scott bei der Open 2018 in Carnoustie noch einmal aus dem Ruhestand gekommen bin, was sich großartig angefühlt hat.

War es der Wettkampfgedanke, der dich Tag für Tag motiviert hat, zur Arbeit zu gehen?
Ja, sportlicher Wettkampf ist eine großartige Sache. Ich kann mich noch an meine erste Woche an der Tasche von Mark Hensby beim Scandinavian Masters 2005 erinnern. Es war eine herausfordernde Woche, da es die ganze Zeit geregnet hatte und keine einzige Proberunde möglich war. Am Sonntagnachmittag liefen wir dann die zehnte Spielbahn hinunter mit einer Chance auf den Sieg. Ich sagte zu ihm: "Das ist doch, worauf es wirklich ankommt im Golf. Wir haben noch neun Löcher vor uns und eine Chance auf den Sieg. Besser geht es nicht!" Er antwortete nicht und lächelte nur. Am Ende gewannen wir das Turnier im Play-off gegen Henrik Stenson und später im Clubhaus meinte Mark, dass ihn mein Kommentar auf der zehnten Bahn angespornt habe, auf den Back Nine alles zu geben. Man weiß im Golf nie, was die anderen Spieler machen, deshalb kann man nie von einem Sieg ausgehen. Aber die Chance auf einen Triumph zu spüren ist ein großartiges Gefühl.

Hast du Buch geführt darüber, an wie vielen Turnieren du teilgenommen hast und wie viele du gewonnen hast?
Ich war an vier Major-Siegen beteiligt, habe insgesamt 25 Profiturniere gewonnen, an sechs Ryder Cups, einem Presidents Cup und als Beraterin auch an einem Solheim Cup teilgenommen. Insgesamt denke ich, dass ich während meiner Karriere bei etwa 750 Turnieren als Caddie unterwegs war, 91 davon waren Majors.

Tragende Rolle: Schwedensommer: Wer braucht das Mittelmeer? (l.) Macht mehr Spaß: Wedge statt Yardage-Book (r.)Tragende Rolle: Schwedensommer: Wer braucht das Mittelmeer? (l.) Macht mehr Spaß: Wedge statt Yardage-Book (r.)
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Du warst hautnah dabei während der legendären Masters-Finalrunde 1996, in der sich Nick und Greg Norman ein Duell für die Ewigkeit lieferten. Was sind deine Erinnerungen an diesen Tag?
Das Masters 1996 war das einzige Event, in dem ich für den Sieger gearbeitet habe und gleichzeitig jede Menge Trauer für den Golfer verspürte, den wir gerade geschlagen hatten. Ich war absolut aus dem Häuschen, dass wir gerade gewonnen hatten, gleichzeitig aber auch unendlich traurig für Greg, denn diese Runde war ein harter Schlag für ihn. Mir war klar, dass die Presse ihn durch den Fleischwolf drehen würde, was die Sache nicht einfacher gemacht hat.

Während der Runde warst du sicherlich total fokussiert auf deinen Job. Bekommt man in solch einer Situation mit, welches Drama sich gerade beim direkten Gegner abspielt?
Ich wusste von Beginn an, dass wir trotz unserer sechs Schläge Rückstand auf Greg eine Chance hatten, das Grüne Jackett zu gewinnen. Auf dem achten Grün lochte Nick einen wirklich tollen Putt. Ein Loch später ließ Greg seinen Schlag ins Grün zu kurz, was auf Loch 9 in Augusta äußerst kostspielig ist. Das war der Wendepunkt der Runde.

Wir müssen über die Strampelanzüge in Augusta sprechen: Wie bist du damit zurechtgekommen?
In den Dingern wird es ziemlich heiß. [lacht] Als ich das erste Mal nach Augusta kam, gab es nur einen großen Raum, in dem sich alle Caddies umzogen. Zum Glück bin ich schwedisch und nicht prüde. Ich dachte mir, dass ich am Strand auch einen Bikini trage, also kann ich mich hier auch bis auf den Sport- BH und den Schlüpfer ausziehen. Es hat mir also nichts ausgemacht und kurze Zeit später wurde ein Umkleideraum für weibliche Caddies eingerichtet. Die Overalls sind leider für Männer geschnitten und ich habe Kurven. Ich habe also die größte Größe genommen, einen Gürtel getragen und die Ärmel hochgekrempelt. Das hat schon funktioniert.

Fanny Sunesson:
Wann kamst du zum ersten Mal selbst mit dem Ryder Cup in Berührung?
1987 war meine erste komplette Saison als Caddie auf der Tour mit José Rivero und wir qualifizierten uns tatsächlich fürs Ryder Cup Team. Wenn ich "wir" sage, meine ich leider ihn, denn als es nach Muirfield Village ging, entschied er sich, nicht mich, seinen regulären Caddie, mit zum Ryder Cup zu nehmen, sondern seinen Bruder. Das war ein echter Schlag für mich, denn ich hatte mich nicht nur darauf gefreut, in die Staaten zu fliegen und am Ryder Cup teilzunehmen, ich wollte vor allem Ben Crenshaw putten sehen. Es hat mich sehr gefreut, dass Team Europa diesen Ryder Cup gewinnen konnte, aber innerlich war mein Herz gebrochen. Ich habe José die Woche nach dem Ryder Cup wieder getroffen und für ihn beim Dunhill Cup gearbeitet, doch ich habe schnell gespürt, dass ich zu verletzt war, dass er mich nicht mitgenommen hatte, und habe unsere Arbeitsbeziehung beendet.

Zwei Jahre später an der Tasche von Howard Clark war es dann endlich so weit…
Ja, Tony Jacklin gab Howard einen seiner drei Captain's Picks und wir fuhren gemeinsam nach "The Belfry". Es war eine unvergessliche Woche und wir sind heute noch gute Freunde. Howard ist ein echter Gentleman. Ich arbeitete noch für Howard, als Nick Faldo mir seine Tasche anbot. Howard zögerte keine Sekunde, mir grünes Licht zu geben, und meinte: "Fanny, du hast gar keine andere Wahl. Du musst diesen Job annehmen."

Welche Erinnerung an einen deiner Ryder Cups ist dir die liebste?
Meine Lieblingserinnerung an den Ryder Cup ist unser erster Sieg auf amerikanischem Boden in Oak Hill 1995. Als ich das Highlight-Video unseres Matches gegen Curtis Strange zum ersten Mal im Fernsehen sah, hörte ich auf dem 18. Grün die Jubelschreie einer Frau und bemerkte erst Tage später, dass ich das war, die dort so feierte. Der Ryder Cup ist absolut einzigartig. Wir haben ja bereits darüber gesprochen, dass Golf ein Teamsport ist, und das meint normalerweise kleine Teams. Doch alle zwei Jahre findet sich ein großes Team zusammen und daran beteiligt zu sein ist unglaublich cool!

Hat es für deinen Job als Caddie einen Unterschied gemacht, ob in Amerika oder in Europa gespielt wurde?
Nicht wirklich. Die Golfplätze in Amerika und Europa unterscheiden sich allerdings grundsätzlich. Der wirkliche Unterschied besteht eher zwischen "normalen" Turnierwochen und einer Ryder-Cup-Woche. Die Singles am Sonntag ähneln noch am ehesten einer regulären Turnierwoche. Doch in den Fourballs spielen treten zwei Spieler und zwei Caddies gemeinsam als Einheit an und als Caddie liest man wahrscheinlich nie so viele Grüns wie während eines Ryder Cup.

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