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Interview

Yannik Paul

Von Rudi Schaarschmidt, Fotos: Getty Images

Der jüngere der 'German Twins' glänzt seit seinem Aufstieg in die DP World Tour 2022 und dem prompten Turniersieg mit Konstanz: 80 Prozent Cuts, 16 Top-Ten-Platzierungen. Wir plauderten mit dem Wahlamerikaner über seine Ziele, Gott und die Welt.

Mit 30 blickt man ja gerne zurück. Was sind deine ersten Golf-Erinnerungen und hast du sonst Sport getrieben?
Wir sind durch unsere Eltern und Großeltern zum Golf gekommen. Mit sechs oder sieben Jahren hat mein Opa im Golfclub Mannheim-Viernheim gespielt und uns oft mitgenommen. Da haben wir dann auf der Range versucht, ein paar Bälle zu treffen. Und ich war mit meinem Bruder als Kind Zuschauer beim Profiturnier in St. Leon-Rot. Da haben wir einen Ball von Justin Rose bekommen. Den haben wir jahrelang in Ehren gehalten. Es ist schön, es jetzt aus der anderen Perspektive zu erleben und in leuchtende Kinderaugen zu sehen, wenn man ihnen nach der Runde einen Ball schenkt. Als Jugendlicher habe ich aber auch viel Fußball und Skaterhockey gespielt.

Hattest du damals Vorbilder?
Ja, wie jeder, der mit ihm aufgewachsen ist: Tiger Woods. Wenn er gespielt hat, habe ich immer bis spätabends zugeschaut. Ich fand es aber auch cool zu sehen, was Martin Kaymer so geleistet hat. Ich habe bereits ein-, zweimal mit Martin gespielt, ein supernetter Kerl! Aber mein Lieblingssportler ist Tom Brady.

Du lebst seit Jahren in den USA. Was ist an dir schon amerikanisch und was noch deutsch?
Meine Pünktlichkeit ist wohl deutsch. Auch meine Liebe für deutsche Frühstücksbrötchen. Die vermisse ich schon. Und Weihnachten bin ich immer bei der Familie in Deutschland. Grundsätzlich gibt es Sachen, die in Amerika gut sind, und auch Dinge, die in Deutschland gut sind.

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ICH MAG ES, WENN ES RICHTIG SCHWIERIG WIRD. ALLEIN MIT DER RICHTIGEN EINSTELLUNG KANN MAN VIEL ERREICHEN UND SCHON MAL DIE HÄLFTE DES FELDS HINTER SICH LASSEN.
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Zum Beispiel?
Das möchte ich gar nicht genauer definieren. Für mich als Golfprofi ist es wichtig, im Winter einen Ort zu haben, an dem ich gut trainieren und mich perfekt vorbereiten kann. Das ist in Deutschland kaum, in Südeuropa nur bedingt, aber in Arizona immer möglich. Seit ich im Winter andauernd unter tollen Bedingungen und auf guten Grüns spielen kann, habe ich einen Riesensprung gemacht. In Arizona gibt es zudem viele kleinere Turniere, die es in Deutschland nicht so gibt. Und es gefällt mir in den Vereinigten Staaten auch sehr gut. Aber Heimat? Sowohl Arizona als auch Deutschland fühlen sich für mich heimisch an.

Hast du versteckte Talente?
Ich würde gerne singen und Klavier spielen können, kann es aber leider nicht. Dafür bin ich gut im Fußball und Tischtennis - frag mal die anderen deutschen Tourspieler..!

Vielleicht ist auch deine Anpassungsfähigkeit ein Talent: Im Fußball spricht man bei regnerischen Bedingungen von "Fritz-Walter-Wetter" - deine Ergebnisse bei Regen sind ebenfalls beeindruckend. Bist du so was wie der Fritz Walter des Golfsports?
Ich mag es, wenn es richtig schwierig wird. Allein mit der richtigen Einstellung kann man viel erreichen und schon mal die Hälfte des Felds hinter sich lassen, weil die sich über das Wetter ärgert und den Fokus verliert. Dann muss man eben stärker beißen, und wer mental stark ist, kann mehr erreichen.

Du hast eingangs oft in der Wir-Form gesprochen - bei der BMW International Open in Pulheim waren du und dein Bruder Jeremy 2016 eines der ersten Zwillingspaare auf der European Tour. Wie wichtig ist dein eineiiger Zwillingsbruder für dich und worin unterscheidet ihr beide euch?
Jeremy ist zwei Minuten älter und etwas emotionaler, als ich es bin. Aber wir sind uns schon ähnlich und er ist extrem wichtig für mein Leben. Wir telefonieren täglich, teilweise mehrfach.

Täglich? Was gibt es denn da noch zu erzählen?
Was so passiert ist, über das Leben allgemein und wir helfen uns gegenseitig beim Golf und bei anderen Sachen. Wir lachen auch viel, haben denselben Humor. Es gibt immer viel zu besprechen. Seine Meinung ist mir sehr wichtig.

Die Whitcombes und die Molinaris haben als Brüder beim Ryder Cup gespielt, waren aber keine Zwillinge. Du und Jeremy könnten also die ersten eineiigen Ryder-Cup-Zwillinge werden. Das wäre doch was…
Das ist auf jeden Fall das Ziel. Jeremy ist auf einem sehr guten Weg, hat dieses Jahr sein erstes Turnier auf der Korn Ferry Tour gewonnen und gute Chancen, sich eine Karte für die PGA Tour zu erspielen. Das wäre natürlich geil, wenn wir nächstes Jahr gemeinsam die PGA Tour spielen könnten.

Die PGA Tour scheint das Sehnsuchtsziel aller. Soll aus der DP World Tour die dritte Liga werden?
Es gibt ja jedes Jahr nur zehn Karten für die USA. Dritte Liga? Nein, ich würde lieber in Europa als auf der Korn Ferry Tour spielen. Selbst wenn ich eine Karte für die PGA Tour bekäme, würde ich dennoch die deutschen Turniere und andere große Events in Europa spielen. Die meisten Europäer möchten auch in Europa spielen. Dass man mich auf der DP World Tour gar nicht mehr sehen wird, wird es nicht geben. Die Organisation ist genauso wie auf der PGA Tour. Da will man hauptsächlich hin, weil die Preisgelder deutlich höher sind. Man muss schauen, wie sich das in Europa weiterentwickelt.

Und wie sehen die sonstigen sportlichen Ziele aus?
Ich habe hohe Ziele. Mein Spiel ist auf schwierige Plätze ausgerichtet und die Plätze bei den Majors sind entsprechend schwierig. Ich visualisiere auch, dass ich da Chancen habe. Selbst wenn ich in dieser Saison die US-Open-Qualifikation verpasst habe und bei der Open nicht den Cut geschafft habe - ich möchte unbedingt bei den Majors vorne mitspielen, am besten eines gewinnen. Und natürlich den Ryder Cup spielen. Wenn man Ersteres schafft, kommt Zweiteres automatisch.

Macht dir das Golfspielen als Profi noch genauso viel Spaß wie als Jugendlicher?
Es macht noch mehr Spaß. Ich liebe Golf, spiele ständig, will immer besser werden. Es ist meine Obsession. Mit 13 oder 14 Jahren träumt man davon, auf die Tour zu kommen. Jetzt lebe ich den Traum. In jungen Jahren musste ich noch tausend andere Sachen machen. Heute kann ich mich nur auf Golf fokussieren, um maximalen Erfolg zu haben.

 
Steckbrief

Steckbrief

NAME
Yannik Paul

JAHRGANG
1994

PROFI SEIT
2018

WOHNORT
Scottsdale, Arizona

LIEBLINGSREISEZIEL
Bora Bora

BESTE RESULTATE 2024
Ras Al Khaimah T4 (Januar)
Dubai Invitational T8 (Januar)
Hero Indian Open 10. (April)
Volvo China Open T11 (Mai)
Genesis Scottish Open T26 (Juli)

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