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Matt Wallace

Macht 'ne Welle

Von Tim Southwell, Fotos: Mike Meyer

Seine sensationelle Saison 2018 und eine Trophäe in Augusta (ja, wirklich!) waren uns Beweis genug für die Tatsache, dass Matt Wallace längst keine Schwimmflügel mehr braucht.

Es kommt nicht alle Tage vor, dass wir einen vierfachen European-Tour-Champion nass machen können und er auch noch Spaß daran findet. Aber warum auch nicht? Matt Wallace ist schließlich ein angenehmer Zeitgenosse. Jung, gut aussehend, erfolgreich und er hat eine der coolsten Golfmarken als Sponsor: J.Lindeberg. Unser Fotoshooting im "Loews Portofino Bay Hotel" in Florida dauert nun schon eine ganze Weile und er hat uns bisher noch keinen Wunsch ausgeschlagen. Doch in seinem teuren J.Lindeberg-Anzug in den Pool springen? Vor den neugierigen Augen einiger Dutzend Gäste? Und das alles für ein einziges Motiv? Die Unterredung verlief in etwa so:

GolfPunk: Hey Matt, verrückte Idee, aber wie wäre es - hmm, du weißt schon... nass zu werden?!
Matt Wallace: In den Pool? Im Anzug?

GP: Ähmm... ja! Wir glauben, das wäre ein klasse Foto!
MW: Vor all diesen Leuten?

GP: Äh, jaaa?!?
MW: Okay, klingt amüsant!

Sekunden später fällt er rücklings in den enormen Pool und schlägt dabei ordentlich Wellen. Ganz so wie es Matt Wallace - entschuldigt bitte die abgedroschene Metapher - auch auf der European Tour gelungen ist.

Profi ist er seit 2012. Zuerst tingelte er nahezu unbemerkt über die eher kleinen Wiesen der unterklassigen europäischen Touren, bis er 2016 auf der Alps Tour sechsmal gewinnen konnte und die Jahreswertung für sich entschied. Nächster Stopp war die Challenge Tour und die damit verbundene Chance, sein Spiel gegen Konkurrenten zu testen, die alle das eine Ziel haben: die European Tour.

Für eventuelle Zweifel, nicht gut genug für die Challenge Tour zu sein, blieb keine Zeit, denn bereits bei seinem ersten Start landete Matt auf dem dritten Rang und im Mai 2017 gewann er die Open de Portugal. Das reichte für die volle Spielberechtigung auf der European Tour.

Auch im Oberhaus fackelte er nicht lange und gewann die Hero Indian Open 2018, erst sein zweiter Auftritt auf der Tour, in einem Play-off gegen "Beef" Johnston. Den Sprung in die Top 100 der Weltrangliste gibt es als Kirsche auf die ohnehin bereits grandiose Woche noch obendrauf. Doch Matt nimmt den Fuß nicht vom Gas und gewinnt zwei weitere Turniere. Darunter die BMW International Open im Juni. Drei Siege im ersten Jahr auf der Tour? Stark!

Sein Agent Chubby Chandler verrät mir im Anschluss an unser Shooting an der Hotelbar, ihm sei noch kein Spieler untergekommen, der so fokussiert für seine Ziele arbeite und so genau wisse, wie er diese auch erreichen kann. Eine solche Aussage aus dem Mund des Agenten, der zuvor mit Darren Clarke, Lee Westwood, Graeme McDowell und Rory McIlroy gearbeitet hat, kommt einem Ritterschlag gleich.

Wenige Tage nach unserem Treffen wird Matt beim Bay Hill Arnold Palmer Invitational hervorragender Sechster und hinterlässt einen weiteren Beleg seiner Klasse. Beim ersten Major des Jahres in Augusta macht er allerdings den Anfängerfehler, den Par-3-Contest am Mittwoch zu gewinnen, wohl wissend, dass es noch niemandem gelungen ist, danach auch das eigentliche Turnier für sich zu entscheiden. Der Fluch des Par-3-Contests erwischt auch Matt Wallace. Er verpasst den Cut um ganze vier Schläge. Er wird es im nächsten Jahr besser wissen. Davon abgesehen katapultiert die kleine Trophäe aus Augusta Matt in der internationalen Wahrnehmung weiter nach oben. So weit, dass ihn auch die amerikanischen Sportberichterstatter nun beim Namen kennen und nicht Mike Wallace in die Mikros brüllen wie noch bei seinem sensationellen Hole-in-One bei der PGA Championship in Bellerive im vergangenen Jahr.

Als die Bilder im Kasten sind, gesellt sich Matt nach einer sehr verdienten Dusche in frischen Klamotten zu uns an die Hotelbar und erzählt uns, wie es ist, Matt Wallace zu sein.

Matt Wallace: Downing-Street-Material: Bewerbungsfoto für den Secret Service
Downing-Street-Material: Bewerbungsfoto für den Secret Service

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DAS SCHÖNE AN MEINER SITUATION IST, DASS DIE WELT DEN BESTEN MATT WALLACE NOCH GAR NICHT GESEHEN HAT.
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GolfPunk: Wie hat dir das Shooting gefallen?
Matt Wallace: Es war ungewöhnlich, aber toll. Ich finde es wichtig, auch mal eine andere Seite des Golfsports zu zeigen. Und dann die Sache mit dem Pool. Ich dachte, ihr wollt mich auf den Arm nehmen! Aber ich bin für jeden Spaß zu haben.

GP: Du hast dich in der Weltrangliste bisher stetig nach oben gespielt. Hast du das Gefühl, alles läuft nach Plan?
MW: Ich glaube, es wäre leicht dämlich, jetzt so zu tun, als liefe es nicht nach Plan. Mein ganzes Leben habe ich auf diesen Moment hingearbeitet. Letztes Jahr wäre ich noch nicht bereit gewesen, bei einem großen Turnier auf der PGA Tour mitzuspielen. Mittlerweile sieht das anders aus. Schritt für Schritt will ich mich immer weiter verbessern. Ob das nun weitere Siege bedeutet oder als Golfer reifer zu werden

GP: Ich habe mit Chubby gesprochen und er sagt, du seist außergewöhnlich motiviert, fokussiert und zielgerichtet in dem, was du erreichen willst. Wie weit kann dich diese Einstellung bringen?
MW: Das Schöne an meiner Situation ist, dass die Welt den besten Matt Wallace noch gar nicht gesehen hat. Was das Alter angeht... gut, da bin ich eher ein Spätstarter. Ich habe einfach etwas länger gebraucht, um aufzublühen. Und der Lernprozess dauert an. Mein Team und ich arbeiten wirklich hart und wir sind mit der Momentaufnahme wahnsinnig glücklich.

Matt Wallace: Idris Elba kann einpacken: Bewerbungsfoto für den nächsten Bond-StreifenMatt Wallace: Idris Elba kann einpacken: Bewerbungsfoto für den nächsten Bond-Streifen
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GP: Welche Bereiche deines Schwungs möchtest du verbessern, um auch noch den nächsten Schritt zu machen?
MW: Dank der ganzen Statistiken habe ich Zugriff auf sehr viele hilfreiche Informationen und die nutze ich, um mein Spiel zu analysieren. Gerade sind wir intensiv mit dem Ball-Striking beschäftigt, denn darauf wird bei den kommenden Turnieren der Fokus liegen. Der Driver zählt zu meinen Stärken, an dieser Front läuft es also ganz gut. Treffe ich das Fairway, dann gebe ich mir viele Chancen zu scoren und dann kommt es aufs Putten an. Ich bin überzeugt, dass der beste Putter im Feld am Sonntag die Trophäe überreicht bekommt. Wenn ich gut putte, bin ich immer oben mit dabei.

GP: Wie muss man sich einen Karrierestart auf der Alps Tour vorstellen?
MW: Drei Jahre lang ging so gut wie gar nichts. Dann habe ich ein paar Kleinigkeiten geändert, denn ich war immer noch der Überzeugung, es nach ganz oben schaffen zu können. Doch die European Tour war zu der Zeit weit weg. Mit dem ersten Sieg ist dann aber endlich der Knoten geplatzt: Es lief einfach und ich gewann fünf Turniere in Serie - das war der Wahnsinn! Davor war ich ehrlich gesagt am Tiefpunkt angekommen. Ich steckte in einer Sackgasse und begann, meinen Lebenslauf an Golf-Agenturen zu schicken und nach einem Job im Golf-Business abseits des Platzes zu suchen. Zum Glück erhielt ich nie eine Antwort. Und nun werde ich von jemandem gemanagt, dem ich ebenfalls meinen Lebenslauf geschickt hatte: Chubby Chandler. Ich arbeitete damals sehr hart an meinem Spiel, wahrscheinlich härter als je zuvor, nur wollte sich einfach keine Verbesserung einstellen. Ich habe zwar keine Cuts verpasst, aber ich habe auch nicht gewonnen. Auf der Alps Tour genügt es nicht, geteilter Zehnter oder Fünfter zu werden. Das verbessert die Position in der Rangliste nicht. Man muss gewinnen. Das ist das Schöne an dieser Tour: Ich habe gelernt, wie man gewinnt. Wenn sich kurz zuvor allerdings auch nur eine Agentur zurückgemeldet hätte, hätte ich den Job genommen. Es wäre das Ende meines Traums gewesen. Und nun sitze ich hier als Tour-Sieger... Es waren wirklich ein paar aufreibende Jahre.

GP: Wie ordnest du den Unterschied von der PGA zur European Tour ein?
MW: Ich habe an der Jacksonville State College Golf gespielt und war ohnehin oft in den USA zum Urlaubmachen. Es ist deshalb nicht wirklich ein Kulturschock, nun auf der PGA Tour anzutreten. An sich ist in Amerika alles größer: die Turniere, die Zuschauermassen, die Preisgelder. Oft repräsentieren Turniere ganze Bundesstaaten, was zur Folge hat, dass all die Einheimischen aus allen Ecken des Staates zu den Turnieren pilgern. Hier fühlt sich jedes Event wie die BMW Open in Wentworth, unser europäisches Flaggschiff-Turnier, an. Ich liebe dieses Turnier. Hier spielen wir aber jede Woche in vergleichbaren Dimensionen. Ich genieße das sehr. Dazu geht es auch in die richtige Richtung: geteilter Sechster in Bay Hill, geteilter 20. bei der Honda Classic, geteilter 30. bei der Players Championship. Selbst die schlechten Ergebnisse werden besser und das ist extrem wichtig. Wenn du gut spielst und trotzdem an der Cut-Linie rumdümpelst, ist das sehr frustrierend. Es gibt nichts Schlimmeres als das Gefühl, gut zu spielen, und die Ergebnisse zeigen es nicht. Im Gegensatz zum Bombast hier drüben mag ich die Vielfalt auf der europäischen Tour aber auch sehr.

GP: Mit wem hängst du auf der Tour ab, gibt es Freundschaften?
MW: In Amerika ist das Danny Willett. Wir unternehmen Dinge gemeinsam und er hat mir die Eingewöhnung erleichtert und mich ein wenig unter seine Fittiche genommen. Zu Hause auf der European Tour sind es einige der anderen ISM-Jungs. Ich verstehe mich sehr gut mit George Coetzee und Brandon Stone, den Südafrikanern generell und ich komme sehr gut mit Paul Dunne zurecht.

GP: Bei den Majors konntest du bisher noch nicht überzeugen. Woran lag das deiner Meinung nach?
MW: Ich glaube, jeder da draußen kann ein Major gewinnen, allein durch mentale Stärke und absoluten Fokus. Und ich glaube auch, dass ich alles Mögliche unternehme, um mich bestmöglich auf diese Situation vorzubereiten. Also wäre ich nicht überrascht, mich am Sonntag, auch mal bei einem Major, in aussichtsreicher Position wiederzufinden. Ich weiß nicht genau, wie sich das anfühlen würde, aber es wäre ganz sicher ein sehr spezieller Moment. Ich fange auch an, besser zu verstehen, was es bedeutet, wenn Major-Champions davon reden, dass die Back Nine am Sonntag entscheidend sind. Es gibt nicht viele, die bei Majors dominieren, außer natürlich der junge Tiger. Während der ersten drei Runden geht es um eine gute Ausgangsposition. Bist du am Sonntag in Schlagdistanz, kann jeder gewinnen, dessen Putter auf den zweiten neun heiß läuft. Da will ich hin! Außerdem habe ich nie mit Tiger Woods gespielt. Warum nicht an einem Sonntag bei ein Major? [lacht]

 
Steckbrief

Steckbrief

Name: Matt Wallace
Alter: 29 Jahre
Geburtsort: Hillingdon, England
Profi seit: 2012
Lieblingsteam: Manchester United
Erfolge:
• 2017 Open de Portugal (European Tour)
• 2018 Hero Indian Open (European Tour)
• 2018 BMW International Open (European Tour)
• 2018 Made in Denmark (European Tour)

GP: Du wurdest nicht für den Ryder Cup 2018 nominiert. Hat dich das nicht getroffen?
MW: Natürlich war ich von der Entscheidung enttäuscht. Ich wusste aber auch nicht genau, wo ich stehe. Einige Menschen aus meinem Umfeld gingen davon aus, dass ich dabei sein würde. Mein Caddie Dave zum Beispiel dachte, dass ich sicher dabei sein würde, weil ich das letzte Qualifikations-Turnier in Dänemark überzeugend gewonnen hatte und in herausragender Form war. Ich kann mir nichts vorwerfen und habe alles getan, um dabei zu sein. Aber wer bin ich zu behaupten, es sei ein Fehler gewesen, wenn die Jungs so dominant triumphieren und die von Thomas Bjørn ausgewählten Spieler rekordverdächtig gepunktet haben? Ich nehme Thomas das überhaupt nicht krumm, er hat getan, was er tun musste. Die Entscheidung hat mich auch keine schlaflosen Nächte gekostet. Sie motiviert mich, beim nächsten Ryder Cup im Team zu stehen. Ich verwende die Art und Weise, wie meine Nichtnominierung in den sozialen Medien kommentiert wurde - ich hätte nichts erreicht, mich unter Druck und in großen Turnieren nicht bewiesen -, auch als Ansporn und Motivation. Klar hatte ich vier Wochen, in denen nichts ging und ich Cuts verpasst habe. Ich habe mich da aber durchgekämpft, wurde Fünfter bei der Nedbank Golf Challenge und Zweiter beim Tour-Finale in Dubai. Ich glaube, ich habe bewiesen, dass ich auch in schwierigen Situationen und unter Druck performen kann.

GP: Hast du den Ryder Cup verfolgt?
MW: Am letzten Tag habe ich reingezappt. Und das war auch kein Problem. Ich habe mich für das Team gefreut - als Fan! Ich meine, ich bin Europäer und liebe den Ryder Cup. Natürlich wurde ich gefragt ob ich die Jungs vor Ort anfeuern möchte. Doch das hätte sich nicht richtig angefühlt. Hätte einer der Jungs seine Leistung nicht gebracht, hätte sich die Presse, die sozialen Medien doch voll auf die Geschichte gestürzt. Das wäre dem Team gegenüber nicht fair gewesen und hätte eine unnötige Ablenkung bedeutet. Ich habe von der Couch aus mitgefiebert und bin nach dem Sieg direkt auf die Driving Range. Wie gesagt, der Triumph ist Motivation, beim nächsten Mal unbedingt dabei zu sein.

GP: Wir hatten für die letzte Ausgabe Eddie Pepperell interviewt und ganz offensichtlich ist er ein Grübler. Bist du ähnlich gestrickt?
MW: Definitiv ja, aber wahrscheinlich nicht mit der gleichen Intensität wie Eddie. Eddie und ich verstehen uns sehr gut. Wir quatschen oft miteinander, gehen gemeinsam zu Abend essen und trinken auch gerne mal ein Fläschchen Wein zusammen. Was das Golfspielen angeht, so haben wir, denke ich, eine sehr ähnliche Herangehensweise. Wir sind in etwa gleich alt und ich denke, wir könnten beide Mitglieder von zukünftigen Ryder-Cup-Teams sein. Eddie war schließlich auch ganz knapp dran mit der Qualifikation für das Team in Paris.

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