Historisch ist ein Begriff, der mittlerweile inflationär gebraucht wird, aber hier passt er wirklich einmal. Europa hat alle vier Vierer-Sessions gewonnen - und dies auch noch in den USA. Die 11,5:4,5-Führung ist die größte europäische Führung aller Zeiten und der größte Vorsprung überhaupt seit das englisch-irische Team mit Kontinentaleuropäern aufgefüllt wurde. Und Tommy Fleetwood ist der erste europäische Spieler, der all seine vier Matches in den USA gewinnen konnte. Klarer Fall: Luke Donald hat alles richtig gemacht und Keegan Bradley alles falsch. Dennoch lohnt sich einmal ein Blick auf die inviduellen Leistungen zu werfen, denn am Ende zählen zwar nur Siege und Niederlagen, aber in einer Zeit von Strokes Gained erzählen sie nur das halbe Bild. Dies sind unserer Meinung daher die besten Spieler beider Seiten.
Team Europa
1. Tommy Fleetwood (4-0-0)
Auf den Engländer war im Ryder Cup schon immer Verlass, aber dieses Jahr hat er sein Spiel noch einmal auf ein neues Level gehoben. Ja, am Samstagnachmittag verschob er zwei kurze Muss-Birdie-Putts, aber dafür lochte er gefühlt jeden Putt aus 5 Metern. Im Fourball bekam er dazu allerdings kaum Gelegenheit, weil er nahezu jede Fahne attackierte. Das zeigt sich auch in den Strokes Gained-Statistiken. Dass er beim Putten statistisch gesehen Schläge verlor, ist angesichts der TV-Bilder kaum zu glauben. Aber niemand gewann mit seinen Annäherungsschlägen mehr und auch insgesamt thronte Fleetwood über Konkurrenz und Mitspielern.
2. Jon Rahm (3-1-0)
Sportlich ist der Spanier zum unangefochtenen Leader des europäischen Teams geworden. Nirgends wurde dies deutlicher als im Foursome am Samstag. Als Spielpartner Tyrrell Hatton zwischendrin eine Schwungkrise hatte und alles links verzog, zog Rahm immer wieder den Karren aus dem Dreck. Ganz besonders an der 8 als Hatton sein Eisen in die roughbewachsene Bunkerkante platziert hatte. "Alles innerhalb 15 Meter wäre gut", theorisierte der Kommentator von Sky UK - und sah dann, wie Rahm zum Birdie einchippte.
3. Rory McIlroy (3-0-1)
Seit McIlroy vor zwei Jahren verkündete, Europa wird den Ryder Cup in Bethpage gewinnen, ist er zur Zielscheibe der amerikanischen Fans geworden. Das zeigte sich vor allen Dingen in den Nachmittagssitzungen. Der Grund? Erst ab 9 Uhr wird Alkohol ausgeschenkt und am Nachmittag haben sich die Amis trotz der überzogenen Bier-Preise einen Rausch angezogen. Dass die ihren Hintern verprügelt bekamen als seien sie in einem BDSM-Club, sorgte für Frustrationen, die sich am Samstagnachmittag in inakzeptablen Szenen niederschlugen. McIlroys Familie wurde beleidigt, Spielpartner Lowry für sein Gewicht aufgezogen und dazwischen gab es Dutzende FUs. Auch wenn Rory zwischendurch die Contenance verlor: sein Spiel blieb immer auf allerhöchstem Niveau.
4. Justin Rose (2-0-0)
Um DJ Khaled zu zitieren: All he do is win! Vielleicht ist Rose physisch nicht mehr in der Lage, alle vier Sessions zu spielen, aber in seinen beiden Fourball-Auftritten hat er wieder voll abgeliefert. Kein anderer Spieler war auf den Grüns auch nur annähernd in der Sphäre von Rose, der so gut wie alles lochte. Ein unglaublich souveräner Auftritt eines künftigen Ryder-Cup-Kapitäns.
5. Matt Fitzpatrick (2-1-0)
Golf-Twitter bekommt bei diesem Ryder Cup so richtig den Kopf gewaschen. Obwohl Matt Fitzpatrick in den letzten Monaten einer der besten Europäer war, wollten ihn viele aufgrund seiner schlechten Ryder-Cup-Bilanz nicht im Team haben. Fitzpatrick hat es allen gezeigt. Am Freitag zog er Ludvig Aberg zum Sieg mit, am Samstag konnte allerdings auch er nicht die Niederlage verhindern. Dafür stellte ihn Donald im Fourball auf, wo er an der Seite von Hatton erneut der Verlässliche war. Sein Eisen aus dem Bunker auf der 18 war die Sahne auf der Kirsche, die ihn auch in Strokes Gained zu einem der absolut besten Europäer machte.
6. Tyrrell Hatton (3-0-0)
Weil sich der Engländer zwischendurch immer wieder Auszeiten nahm, in denen nicht viel zusammenging, gehört er statistisch zu den schlechteren Europäern und verlor mehr als zweieinhalb Schläge auf den Rest des Feldes. Dass das Ergebnis am Ende stimmt, verdankt er einerseits seinem Mitspieler Jon Rahm andererseits der Tatsache, dass Hatton abseits der Auszeiten bockstark war wie er beispielsweise im Samstags-Fourball mit seines Putts an der 16 und 17 bewies.
7. Viktor Hovland (1-1-0)
Der UFO-Gläubige war mit seinem Par-Putt an der 17 außerirdisch gut. Nach einem miesen Eisen ins Grün machte Hovland seinen Fehler wieder wett und zog Scheffler und Henley damit endgültig den Zahn. Der Putter war an den ersten beiden Tagen klar die stärkste Waffe der Norwegers, dessen langes Spiel immer mal wieder etwas wacklig geriet. Aber immer wenn es darauf ankam, sei es gegen Ende der Matches oder wenn der Mitspieler schwächelte, war Hovland zur Stelle.
8. Robert MacIntyre (1-1-0)
Der Schotte ging in seinen beiden Foursomes mit Viktor Hovland beide Male über die volle Distanz, einmal mit positivem und einmal mit negativem Ausgang. Am Freitag spielten die beiden Even Par, am Samstag waren sie beeindruckende 6 unter Par. Zur Mitte der Samstags-Runde hatte MacIntyre einige Probleme mit der Distanzkontrolle und verfehlte drei Grüns relativ deutlich, dafür brillierte er auf den ersten beiden Bahnen und hatte am Ende die Nerven im Griff. Dies spiegelt sich auch in seiner Strokes Gained Statistik wieder, die ihm eine neutrale Bilanz attestiert.
9. Sepp Straka (1-1-0)
Statistisch gesehen war Straka einer der schlechtesten Europäer, weil er mit den Eisen einfach nicht genau genug war und mit mehr als 3 verlorenen Schlägen in Strokes Gained Approach zu den schwächsten im ganzen Feld gehörte. Aber gerade in den Fourballs kommt es darauf an, in den entscheidenden Momenten wichtige Putts zu lochen und dort trumpfte Straka wieder und wieder auf und war von allen 24 Teilnehmern der viertbeste.
10. Shane Lowry (1-0-1)
Das Spiel des Iren ist aktuell wild und unberechenbar weshalb Luke Donald ihn lieber nur im Fourball einsetzte, um ein Sicherheitsnetz zu haben. Dass dies in Form von seinem Buddy und Erfolgsgarant Rory McIlroy kam, macht es für Lowry äußerst komfortabel. Immer wieder konnte er mit brillanten Eisenschlägen auf sich aufmerksam machen oder entscheidende Putts lochen und wenn er wieder einen Aussetzer hatte, war Rory zur Stelle. Ob seine Emotionalität eine Hilfe war oder eher dafür gesorgt hat, dass die US-Fans noch mehr ausflippten, ist schwer zu beurteilen. Aber rein statistisch war er für die Europäer keine große Hilfe als zweitschlechtester in Strokes Gained.
11. Rasmus Hojgaard (0-1-0)
Der Däne rutschte in letzter Sekunde auf einen der Qualifikationsplätze. Doch nach dem erfolgreichen Kampf schien die Luft raus zu sein. Bei der BMW PGA Championship traf Rasmus fast keinen Ball und als er am Freitag mit Ludvig Aberg zum Fourball gerufen wurde, war nach 13 Löchern bereits wieder Schluss. Die lag einerseits am starken Spiel von Young und Thomas, die 8 der 13 Löcher in Birdie spielten. Auf der anderen Seite sind zwei Birdies von Hojgaard auf einem Platz, dem alle Zähne gezogen wurden, einfach zu wenig.
12. Ludvig Aberg (1-2-0)
Dem Schweden gelang im Match mit Hojgaard sogar nur ein einziges Birdie und im Samstags-Foursome war er mit Matthew Fitzpatrick für den einzigen verlorenen Punkt verantwortlich. Zwar konnte er am Freitag in der gleichen Foursome-Konstellation punkten, doch Aberg war bisher nur ein Schatten des Spielers, de Rom ins Rampenlicht trat und darin glänzte. Strokes Gained weist ihn mit großem Abstand als zweitschlechtester Spieler der ersten beiden Tage auf - nicht nur auf europäischer Seite, sondern die Amerikaner eingerechnet.
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Team USA
1. Cameron Young (2-1-0)
Gut möglich, dass die Leistung von Young die Amerikaner dazu bringt, ihre Qualifikationskriterien zu überdenken. Young war vor drei Monaten bei niemandem auf dem Zettel als Captain's Pick, spielte einen überragenden August und war der einzige Amerikaner, der eine echte Macht darstellte und spielte als ob er einen Zweitpass eines europäischen Landes besitzt. Da die USA nach dieser Pleite alles hinterfragen werden, ist es gut möglich, dass sie die letzten Qualifikationswochen deutlich höher bewerten. Oder nur noch Spieler nominieren, die quasi im Hinterhof des Austragungsortes aufgewachsen sind.
2. Patrick Cantlay (1-2-1)
Über die ersten drei Sessions war Cantlay neben Cameron Young der absolute Leistungsträger der Amerikaner. Aber im Fourball am Samstag ging ihm entweder das Gas aus oder der Scheck der PGA ist geplatzt. Wie wenig zusammenlief, zeigt sich daran, dass er in Strokes Gained vom zweitbesten Amerikaner zwischenzeitig auf Platz 9 durchgereicht wurde, auch wenn er am Ende noch mal leicht aufdrehte. Aber die ersten drei Matches waren zu gut, um ihn aus den Top 3 der Amerikaner zu werfen.
3. JJ Spaun (1-1-0)
Die Tatsache, dass Spaun einen L.A.B. Putter nutzt spricht dafür, dass er auf den Grüns nicht der sicherste ist. Das heißt aber nicht, dass er Monsterputts lochen kann. Ähnlich wie auf der 18 der U.S. Open versenkte er auch im Samstags-Fourball an der 10 einen 14-Meter-Putt. Das reicht nicht, um ihn in Strokes Gaind-Putting ins positive Territorium zu schieben, aber seine Stärke ist nun mal das Eisenspiel wie er an der 17 und 18 bewies. Mit den Eisen war er drittbester Amerikaner und einer der wenigen, der insgesamt bei Strokes Gained im positiven Bereich blieb.
4. Bryson DeChambeau (1-3-0)
Wenn Keegan Bradley den Platz so hätte umbauen lassen, dass alle 18 Löcher wie die 1 aussehen, wären die USA und vor allem DeChambeau unschlagbar gewesen. Doch es schien fast, als habe Bryson seine ganze Energie darauf konzentriert, die Bombe an der 1 zu trainieren und vergessen, dass dies nicht mal 6% der Runde sind. Keine Frage, DeChambeau war sportlich gesehen einer der besseren Amerikaner, aber am Ende zählen dann doch nur gewonnene Punkte. Und wenn man drei Mal verliert und sich nach einer Tracht Prügel von Rose und Fleetwood an der 15 so daneben benimmt wie die besoffenen US-Fans, muss man sich nicht wundern, wenn man trotz guter Leistung am Ende als einer der größten Loser des Cups in die Annalen eingeht.
5. Scottie Scheffler (0-4-0)
Verglichen mit dem Scheffler der restlichen Saison war er eine Enttäuschung. Aber auch wenn er in den vier Sessions ohne Punkte blieb, war der Weltranglisten-Erste keineswegs der größte Schwachpunkt. Ein Problem für Scheffler ist, dass das leichte Setup natürlich dafür sorgt, dass seine Stärken gegenüber der Konkurrenz ein wenig negiert werden. Hinzu kommt, dass Bradley ihm mit der Aufstellung keinen Gefallen tat. Henley war in den Foursomes überfordert und Scheffler im Samstags-Fourball mit DeChambeau aufzustellen wirkte mehr wie ein Versuch, einen Punkt zu erzwingen statt wie eine clevere Strategie die Siegchancen des eigenen Teams zu maximieren. Am Ende war es vergeblich: Scheffler verlor auch dieses Match, weil DeChambeau plötzlich das Putten verlernte, und könnte als zweiter Spieler in die Ryder-Cup-Geschichte eingehen, der fünf Matches verliert. Und trotzdem: er hat nicht schlecht gespielt. Ja, sein Schlag ins Grün der 18 im Samstags-Foursome war erbärmlich, aber im anschließenden Fourball sprang an der 10 sein Eisenschlag aus dem Loch und auch viele andere Annäherungen waren brillant. 4 Spiele, 4 Niederlagen wirkt wie ein Desaster, aber Scheffler ist nur einer von drei Amerikanern, der Schläge gegen das Feld gewann.
6. Xander Schauffele (2-1-0)
So stark Schauffeles Freitag Foursome war, so gebraucht war er am Samstag: Xander war zweitschlechtester Spieler nach Ludvig Aberg, weil er einen eiskalten Putter hatte. Im Fourball zeigte er sich dagegen mit JJ Spaun sehr stark, sodass er Rahm und Straka bis auf die 18 zwingen konnte. Insgesamt war sein Leistung an den ersten beiden Tagen solider Durchschnitt, was allerdings nicht das erfüllt, was man von einem Spieler erwartet, der im letzten Jahr noch zwei Majors gewann.
7. Justin Thomas (1-2-0)
Am ersten Tag fiel Thomas die Aufgabe zu mit Bryson DeChambeau einen Akzent für die Amerikaner zu setzen. Er scheiterte auf ganzer Linie. Aber am Nachmittag drehte er mit Cameron Young den Spieß um und brillierte. Auch am Samstag zeigte Thomas im Match gegen McIlroy und Lowry seine Resilienz und lochte immer wieder wichtige Putts. Für US-Verhältnisse war er in den Vierern ganz klar noch einer der Besseren.
8. Collin Morikawa (0-2-0)
Morikawa und sein Spielpartner Harris English werden die nächsten Tage als Sündenböcke für die US-Performance herhalten. DataGolf hatte die beiden als schlechtmöglichste Foursome-Paarung der Amerikaner aufgelistet und nachdem sie am Freitag erwartungsgemäß von Rory McIlroy und Tommy Fleetwood auf die Nase bekamen, hatte Keegan Bradley keine bessere Idee als das Gleiche am Samstag zu wiederholen - und versäumte es dabei, seine Spieler zu schützen. Morikawa war nach seinen ständigen Caddiewechseln und schwachen Vorleistungen ohnehin ein umstrittener Captain's Pick gewesen, aber wenn man einmal hinter das reine Ergebnis blickt, war der zweifache Majorsieger bei weitem nicht die Achillesferse der Amerikaner. Ja, am Freitag war das Duo nur Even Par aber am Samstag spielten sie 3 unter Par und Morikawa hinterließ an beiden Tagen den deutlich stärkeren Eindruck. War es gut? Nein. Aber ein Strokes Gained von -1,05 ist für Team USA schon eine gute Vierer-Leistung.
9. Russell Henley (0-2-0)
Man vergisst gerne, dass Henley aktuell der Weltranglisten-Dritte ist. Im Duett mit Scottie Scheffler bildete er auf dem Papier also das bestmögliche Team, das Keegan Bradley aufstellen konnte. Am Ende sprang aber nichts Zählbares dabei heraus. Vielleicht auch, weil man sich am Freitag unverständlicherweise dazu entschied, Henley an den ungeraden und damit den für Longhitter geeigneteren Löchern abschlagen zu lassen. Entsprechend spielten die beiden nur 1 unter Par. Als sie es am Samstag umdrehten, waren sie 4 unter Par, fanden aber in Hovland und MacIntyre dennoch ihre Meister. Auch, weil Henley auf den und um die Grüns nicht gerade seine Topform hatte.
10. Ben Griffin (0-1-0)
Der einzige Amerikaner, der nur einen Einsatz bekam, wurde ein wenig Opfer von Cameron Young's starkem Spiel. Immerhin musste er sich im Vierball mit Bryson DeChambeau erst am letzten Loch Tommy Fleetwood und Justin Rose geschlagen geben und hatte als Team ein gutes Ergebnis von 6 unter Par zu Buche stehen. Das Problem: Griffin selber war bei großzügiger Auslegung gerade einmal Even Par. Sein Eisenspiel war gruselig (-2,93 Strokes Gained) und das Putten mau (-0,86 Strokes Gained).
11. Harris English (0-2-0)
Anders als Spielpartner Morikawa war English ein komplettes Desaster. Zwar war er auf den Grüns der Stabilere von beiden und verlor dort nur 0,8 Schläge im Vergleich zu Morikawas 2, dafür war English in allen Aspekten des Spiels unterdurchschnittlich. Vermutlich wäre es besser gewesen, ihm am Samstag eine Auszeit zu geben und Morikawa mit einem stabileren Partner zu paaren, aber Keegan Bradley hatte einen vermeintlichen Masterplan von dem er nicht abrücken wollte.
12. Sam Burns (0-1-1)
Burns ist auf der negativen Seite das, was Tommy Fleetwood auf der positiven Seite ist: Einsame Spitze. Mit fast 6 verlorenen Schlägen in Strokes Gained ist er deutlich der schwächste Ryder Cupper an den ersten beiden Tagen. Und diesen Platz belegt er in beiden Foursomes. Eine der vielen Fragen, die sich Keegan Bradley stellen lassen muss, ist, warum er Burns noch einmal rausschickte.