Bei der Tour Championship 2023 war Keegan Bradley noch sechstbester Amerikaner, aber selbst diese gute Leistung konnte seinen Kapitän Zach Johnson nicht davon überzeugen, Teil des US Ryder Cup Teams zu werden. 2025 war er sogar fünftbester Amerikaner und schaffte es wieder nicht. Der Unterschied: dieses Mal traf er selber die Wahl. Statt sich selbst zu nominieren, vergab Bradley seine Captain's Picks an Justin Thomas, Collin Morikawa, Ben Griffin, Cameron Young, Patrick Cantlay und Sam Burns. "Die Entscheidung wurde bereits vor einer Weile getroffen", erklärte Bradley in der Pressekonferenz. "Es gab einen Punkt, an dem ich mich selbst nominiert hätte, aber all die Jungs haben noch mal aufs Gas getreten."
Dies trifft vor allen Dingen auf Cameron Young zu. Nach seinem verpassten Cut bei der Open vor fünf Wochen schienen die Chancen des Rookies auf dem Nullpunkt zu sein, doch ein Sieg bei der Wyndham Championship, gefolgt von Platz 5, 11 und 4 in den FedEx-Cup-Playoffs brachten den Rookie aufs Radar von Bradley. Dass er bei der U.S. Open den vierten Platz belegte, dürfte zusätzliche Unterstützung gewesen sein, dass der 28-jährigen dem Druck gewachsen sei. Leidtragendes dieser Entscheidung war Maverick McNealy, der in der Weltrangliste einen und der US-Ryder-Cup-Punkteliste vier Plätze vor Young liegt und als einer der wenigen Spieler bei allen vier Majors den Cut schaffte. Vielleicht hat die in der Pressekonferenz vielfach betonte Tatsache, dass Young aus New York stammt und damit den Heimvorteil der Amerikaner noch verstärken könnte. Für Luke Donald dennoch eine gute Nachricht, da Young diese Saison keine Konstanz hatte und sein aktuell heißer Lauf in vier Wochen schon wieder Vergangenheit sein könnte.
Ebenso freuen dürfte sich Donald über die Nominierung von Collin Morikawa. Der zweifache Majorsieger zehrt aktuell nur noch von vergangenem Ruhm. Seit dem Masters hatte er mehr Caddies (5) als Top-20-Ergebnisse (4). In der Weltrangliste mag Morrikawa auf dem achten Platz liegen, aber jemand, der die gesamte Saison seine Form sucht, sollte ein dankbarer Gegner sein. Die restlichen vier Captain's Picks von Bradley gingen an die erwarteten Namen. Justin Thomas, der die direkte Qualifikation nur knapp verpasste, war ein so sicherer Pick, dass er angesichts seines Zoom-Videos erst Minuten vor der Pressekonferenz aus dem Bett gestiegen war. Sam Burns und vor allen Dingen Ben Griffin gehören laut der Skill-Weltrangliste von Datagolf aktuell zu den zehn besten Spielern der Welt. Und Patrick Cantlay ist die ideale Wahl, um den Europäern so richtig auf den Senkel zu gehen. Einerseits wegen der Ereignisse von Rom, andererseits weil man Cantlay beim Laufen neue Spikes einsetzen kann, so langsam wie er spielt.
Das Nachsehen hatten Andrew Novak, der sich vermutlich selbst nur wenig ernsthafte Hoffnungen gemacht hatte, und Brian Harman. Der Linkshänder, der in Rom noch zu den erfolgreichsten US-Spielern gehörte, war zuletzt stabil aber nicht überragend genug, um Bradley von seinen Qualitäten zu überzeugen. Und Chris Gotterups Lauf bei der Scottish Open und Open Championship fand bei Bradley offenbar wenig Berücksichtigung, weil Linksplätze mit Bethpage Black herzlich wenig zu tun haben. Denn auch das muss man im Hinterkopf behalten: Bradleys Wahl der Spieler verrät schon einiges darüber, wie der Public Course in New York von den Amerikanern attackiert werden soll. Anscheinend legt Bradley anders als seine Vorgänger weniger Fokus auf Power vom Tee. Gotterup und Wyndham Clark gehören zu den Top 25 in Driving Distance und bleiben zu Hause, hingegen sind Ben Griffin als 69., Justin Thomas als 74. und Collin Morikawa als 140. dabei. Stattdessen erwartet Bradley offenbar einen Putting-Contest: Burns (1.) und Young (6.) gehören zur absoluten Spitze und auch Justin Thomas (17.), Ben Griffin (22.) sind ganz vorne dabei. Eine Nachricht, die vor allen Dingen einen Europäer vorsichtig optimistisch stimmen könnte: Harry Hall, der allem Anschein um den letzten Platz im europäischen Team kämpft, belegt Platz zwei in Strokes Gained Putting auf der PGA Tour und könnte eine gute Wahl sein, um Bradleys Strategie zu kontern, wenn Luke Donald in der kommenden Woche seine sechs Captain's Picks verkündet. Bradley selber ist übrigens nur 100. in Strokes Gained Putting weshalb er sich vielleicht auch selbst aus dem Rennen genommen hat. Am Ende traf der Jung-Kapitän so eine vernunftgetriebene Entscheidung. Sollten die USA in Bethpage Black ihrer Favoritenrolle nicht gerecht werden, würde Bradley sofort unter Beschuss geraten wenn er selbst gespielt und nicht performt hätte. So wird seine Entscheidung nicht hinterfragt. Selbst wenn alle anderen versagen und die Fragen aufkommen, ob er selber hätte spielen sollen, kann er immer noch sagen, die Doppelbelastung wäre einfach nicht stemmbar gewesen. Denn wie sagte Bradley so schön in der Pressekonferenz: "Niemand weiß, ob es möglich ist."

Ryder Cup 2025
Keegan Bradley verzichtet auf Keegan Bradley
28.08.2025 | Von Rüdiger MeyerBei der Bekanntgabe der US Captain's Picks waren alle Augen darauf gerichtet, ob sich Keegan Bradley selber als Spielertrainer einsetzt. Er verzichtete, was den Europäern in die Karten spielen könnte und einiges über die Taktik für Bethpage Black verrät.