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Bradenton Gulf Islands – Teil 2

Sechs Bälle für ein Halleluja

Von Jan Langenbein, Fotos: Matt Marriott (2), Rick Schwartz (1), Getty Images, Jan Langenbein & PR

Am Freitagmorgen gibt es auf dem Platz der IMG Academy beeindruckenden Anschauungsunterricht, wie sehr sich die Schwünge und Spieltaktiken von Champions-Tour-Spielern und den besten Nachwuchs-Golfern aus aller Herren Länder unterscheiden. Als wahrscheinlich bestes Sportinternat der Welt produziert die riesige IMG Academy Jahr für Jahr unzählige zukünftige NFL-, NBA-, Fußball- und natürlich auch Golfprofis. Zu den Absolventen der Academy zählen unter anderem Nelly Korda und Emiliano Grillo. Kein Wunder also, dass sowohl vor uns als auch hinter uns schätzungsweise 15-jährige Heißsporne gekleidet im auffälligen Blau der IMG Academy ihre tägliche Trainingsrunde drehen und sich dabei kein bisschen zurückhalten. Verglichen mit der brachialen Gewalt, mit der hier Abschläge regelmäßig 300 Yards und weiter geprügelt werden, muten die seidigglatten Schwünge der Veteranen beim World Champions Cup beinahe wie Zeitlupenaufnahmen an. In Sachen Driving-Distance würde jedes dieser Kids die gesamte Champions Tour locker in die Tasche stecken und nach Fehlschlägen wird auch hier bereits geflucht wie bei den Erwachsenen. Im Gegensatz zum typischen Rentner-Golf, das auf öffentlichen Anlagen in Florida geboten wird, ist das Golfniveau im IMG Academy Golf Club nicht nur um Welten höher, sondern auch deutlich unterhaltsamer. Allein deshalb lohnt es sich, auf dieser Anlage eine Startzeit zu buchen.

Bradenton Gulf Islands: Äußerst selten: drei Birdies nacheinander
Äußerst selten: drei Birdies nacheinander
Zurück im Concession Club erwische ich Bernhard Langer beim Six Ball Match mit Alex Cejka am dritten Loch, wo der zweimalige Masters-Sieger seinen fünf Flight-Partnern eine Lehrstunde in Sachen Vorsprung durch Technik erteilt. Während alle anderen auf diesem großzügig verkürzten und somit drivebaren Par 4 zum Fairwayholz greifen und mit kräftigen Hieben links und rechts verziehen, greift der Anhausener zum Driver und fadet seinen Ball mit aufreizend lockerem Schwung auf das 260 Meter entfernte Grün. Nicht nur das Loch geht nach dieser Machtdemonstration an die zwei Deutschen, auch das Match endet mit 12 : 7,5 : 7,5 zugunsten von Team Europa. Dieser Score sollte der bislang deutlichste Sieg in der Geschichte des World Champions Cups sein.

Genauso ungewohnt wie die Spielmodi ist beim Kontinentalwettstreit der Golf-Rentner auch der Ablaufplan, denn nach den Teamformaten am Donnerstag und Freitag ist am Samstag für die Fans und Zuschauer spielfrei, denn das heute stattfindende Pro-Am findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Wir nutzen den freien Tag zunächst für einen Besuch im uns ans Herz gelegten Longboat Key Club, dessen 27 Spielbahnen sich entlang ausgedehntem Marschland und Villen an Wassergrundstücken schlängeln, die keinen Zweifel daran lassen, dass ihre Bewohner als liebstes Fortbewegungsmittel sicher den eigenen Privatjet nennen. Alle drei Neunlochschleifen des Harbourside Course bieten eine völlig eigenständige Charakteristik und gleichzeitig Florida-Feeling unter Palmen in Reinkultur. Das unumstrittene Alleinstellungsmerkmal dieses Clubs sind jedoch die Umkleideräume, in denen nicht nur ein komplementäres Sortiment an Körperpflegeartikeln zur Verfügung steht, das hierzulande jeden Drogeriemarkt alt aussehen lassen würde, in diesem Locker- Room der Superlative steht sogar den ganzen Tag ein Buffett bereit, wie ich es sonst nur aus den Frühstücksräumen von Fünfsternehotels kenne.

Bradenton Gulf Islands: Kulinarisch wertvoll: Späti geht auch anders (r.)Bradenton Gulf Islands: Kulinarisch wertvoll: Späti geht auch anders (r.)
Kulinarisch wertvoll: Späti geht auch anders (r.)
Nördlich der Insel Longboat Key erwartet uns nach der Golfrunde mit Anna Maria Island das eigentliche Highlight von Bradenton, schließlich hat diese kleine Strand-Community mit dem Coquina Beach laut "Condé Nast Traveller" einen der zehn schönsten Strände der Welt zu bieten. Das Hauptfortbewegungsmittel hier sind Beach-Cruiser und anstelle der normalerweise überall in Amerika vorherrschenden Fast-Food-Ketten finden sich hier ausschließlich kleine von Locals betriebene Bars, Restaurants und Imbissbuden. "Stress" scheint hier ebenso ein Fremdwort zu sein wie "Wetterbericht", denn der ist bei 249 Sonnentagen absolut unnötig. Als es am Sonntag mit den Singles beim World Champions Cup um die Wurst geht, haben wir endlich einen groben Durchblick, wie die Punkte verteilt werden, und können miterleben, wie die Amerikaner ihrem Ruf als die besseren Einzelspieler gerecht werden und am Vormittag mit drei deutlichen Siegen in vier Matches an die Spitze des Leaderboards stürmen. Bernhard Langer bleibt an diesem Finaltag auf der Auswechselbank und so gelingt Team Europa kein einziger Match-Gewinn. Als David Toms im letzten Match des Tages auf dem neunten Fairway seinen Ball anspricht, hängt von diesem Eisen 4 in den Wind auf ein schwer durch Bunker und Wasser verteidigtes Grün ab, wer den ersten World Champions Cup gewinnen wird. Kaum landet Toms' perfekter Annäherungsschlag in der Nähe der Fahne, schallen "USA! USA!"-Rufe über die Anlage, wie man sie sonst nur von Ryder Cups auf amerikanischem Boden zu hören bekommt. "Diese Jungs haben wirklich hart gekämpft", kommentiert sodann ein gerührter Jim Furyk den Sieg, während auf dem neunten Grün die Champagnerkorken knallen. "Ich freue mich riesig für sie und es war eine Freude, ihr Kapitän zu sein." Erst da fällt mir auf, dass Furyk tatsächlich dieselben Schuhe trägt wie vor wenigen Wochen beim Ryder Cup in Rom. Irgendwo tief im Unterbewusstsein wird der Captain von 2018 also höchstwahrscheinlich gedacht haben: "Warum zum Teufel konnte das in Paris nicht genauso laufen?"

Bradenton Gulf Islands: Feierabend: Die neuen Togas wurden geliefert
Feierabend: Die neuen Togas wurden geliefert
Da die Bemühungen um eine Startzeit im ultraexklusiven Concession Golf Club, laut "Golf Digest"-Ranking der sechstbeste Platz in ganz Florida, selbstverständlich fruchtlos blieben, gönnten wir uns am Tag der Abreise aus Florida eine letzte Runde auf dem fünftbesten Golfplatz des Staates: Streamsong Red. Genau eine Autostunde von Downtown Bradenton entfernt, liegt in Niemandsland von Zentralflorida die absolut erste Adresse in Sachen Public Golf des Staates. Mit Tom Doak (Blue Course), Gil Hanse (Black Course) und dem Duo Coore/Crenshaw hat sich dort mittlerweile die absolute Elite der modernen Golfplatzarchitektur im Sand des Sunshine State verewigt und ein Golf-Resort der absoluten Spitzenklasse entstehen lassen. Mitglieder oder Zugangsbeschränkungen gibt es hier keine, solange die Kreditkarte für die zugegebenermaßen happigen Greenfees noch genügend Verfügungsrahmen bereithält. Einmal im Leben sollte sich jeder architekturbegeisterte Golfer diesen Spaß gönnen, hierher pilgern und mit eigenen Augen sehen, was aus einem überdimensionalen Sandkasten entstehen kann, wenn absolute Meister ihres Fachs am Werk sind. Da im Umland von Streamsong allerdings der Hund begraben ist, empfiehlt sich für die Hotelbuchung vielmehr Bradenton und Anna Maria Island, ein mit seinen Stränden, Restaurants und angehenden Profi-Golfern hervorragendes Basislager für Ausflüge in dieses Golfmekka.

 

Golfplätze in der Region

LAKEWOOD NATIONAL GOLF CLUB

LAKEWOOD NATIONAL GOLF CLUB

PIPER COURSE

18 Löcher, Par 72, 6.699 Meter

Adresse
17605 Lakewood Nat'l Pkwy.
Lakewood Ranch, FL 34211
Tel. +1 941.900.2424
www.lakewoodnationalgc.com

Greenfee
ab 80 Euro (Sommer), ab 125 Euro (Winter)

2019 eröffnete auf dieser riesigen, auf dem Reißbrett entstandenen Gated Community ein zweiter 18-Loch-Championship-Platz. Werden solche Anlagen von Architekturliebhabern schnell als Retortenbabys abgestempelt, lohnt es sich, diese Vorurteile auf dem Piper Course von Lakewood National über Bord zu werfen, denn die Grünkomplexe waren die mit Abstand besten, die wir auf dieser Reise zu Gesicht bekamen. Dazu kommt noch das geniale Design-Feature, die Cart-Wege in den ausufernden Sandflächen links und rechts der Spielbahnen zu verstecken, und fertig ist ein rundum gelungener Top-Golfplatz.

Killerloch
Von den King-Tees misst Loch 2 des Piper Course mehr als 560 Meter und bietet trotzdem kaum eine realistische Möglichkeit, auf diesem Par 5 eine Drei-Stopp-Strategie zu wählen. Denn das Fairway wird in Wedge-Entfernung zum Grün schmaler als die
Taille eines Supermodels.
www.lakewoodnationalgc.com

IMG ACADEMY GOLF CLUB

IMG ACADEMY GOLF CLUB

18 Löcher, Par 72, 6.256 Meter

Adresse
4350 El Conquistador Pkwy.
Bradenton, FL 34210
Tel. +1 941.758.1461
www.imgacademygolfclub.com

Greenfee
ab 70 Euro (Sommer), ab 90 Euro (Winter)

Direkt an der weltberühmten IMG Academy gelegen, einer Kaderschmiede für Profi-Golfer, ist das Championship-Layout von 1972 ein einzigartiger Melting-Pot: Youngster mit Plus-Handi-caps, Locals, die ihre Pick-ups vorm Clubhaus parken, und sonnenhungrige Golftouristen aus aller Welt schlagen im IMG Golf Club ab. Ein wirkliches Signature Hole sucht man auf dem etwas in die Jahre gekommenen Layout vergeblich; um die angehenden Golfstars zufriedenzustellen, ist der Pflegezustand aber erste Sahne und die Grüns haben beinahe Tourniveau.

Killerloch
Mit seinen 413 Metern und einem erhöhten Grün ist Loch 4 ein echtes Monster. Außer einem Fairway-Bunker links und einem einsamen Grünbunker gibt es hier zwar keine nennenswerten Hindernisse, der stets präsente Wind macht ein Par dennoch zu einer Glanzleistung.
www.imgacademygolfclub.com

LONGBOAT KEY CLUB

LONGBOAT KEY CLUB

HARBOURSIDE GOLF COURSE

3 x 9 Löcher, je Par 36, 3.079, 3.030 & 3.056 Meter

Adresse
3000 Harbourside Dr.
Longboat Key, FL 34228
Tel. +1 941.387.1631
www.opalcollection.com

Greenfee
ab 90 Euro (Sommer), ab 185 Euro (Winter)

Auf Longboat Key, einer dicht besiedelten Sandbank mit malerischen Stränden vor Sarasota, wartet der exklusive Longboat Key Club auf Gäste. Neben dem 18-Loch-Platz Links at Longboat Key stehen wenige Kilometer nördlich auch die drei Neunlochschleifen des Harbourside Course zur Verfügung. Das Championship-Routing dieses typischen Florida-Platzes lautet: Blue Heron gefolgt von Red Hawk. Insbesondere die Front Nine sind ein echtes Highlight, denn dort wechseln sich liebliche Scoring-Möglichkeiten mit echten Ballgräbern ab. Wer danach noch Bälle im Bag hat, kann weitere neun Löcher auf dem White-Egret-Platz dranhängen.

Killerloch
Bahn 5 des Blue Heron Course ist ein 530 Meter langes Par 5, dessen Fairway sich wie ein Halbmond um ein riesiges Wasserhindernis biegt. Rechts zu verfehlen bedeutet daher über die gesamte Länge der Bahn den sicheren Ballverlust. Damit nicht genug liegt das Grün noch auf einer Halbinsel.
www.opalcollection.com

LONGBOAT KEY CLUB

STREAMSONG

RED COURSE

18 Löcher, Par 72, 6.501 Meter

Adresse
1000 Streamsong Dr.
Bowling Green, FL 33834
Tel. +1 888.294.6322
www.streamsongresort.com

Greenfee
ab 180 Euro (Sommer), 280 bis 400 Euro (Hochsaison)

Mit dem von Bill Coore und Ben Crenshaw designten Red Course ging im Niemandsland von Zentralflorida im Jahre 2012 alles los. Mittlerweile zählt Streamsong zu den besten Golf-Resorts der Welt und die 18 Löcher von Coore/Crenshaw sind unserer Meinung nach immer das Highlight der Anlage. Inmitten einer stillgelegten Phosphatmine wurden die 18 Spielbahnen wie grüne Teppiche in die von den Fairways aus endlos erscheinende Dünenlandschaft gelegt. Egal ob Profi oder Handicap-25-Golfer, wer hier die richtigen Tees wählt, wird garantiert mit einem glücklichen Lächeln im Gesicht zurück ins Clubhaus kommen.

Killerloch
Die Löcher 15 und 16 sind der perfekte Double Punch des Red Course, bietet diese Duo doch das mit 433 Metern zweifellos härteste Par 4 des Platzes gefolgt von einem Par 3 aus dem Bilderbuch, auf dessen Teebox garantiert jeder Golfer zum Handy greift und Dutzende Fotos schießt.
www.streamsongresort.com

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