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Distance Report

Drive to Survive

Von Rüdiger Meyer

Die Game-Trackings-Spezialisten von Arccos haben ihren jährlichen Distanzbericht veröffentlicht, der den Beweis für ein altes Klischee liefert: Auf die Länge kommt es an!

Seit die Firma Arccos ihre Sensoren lancierte, die Amateure und Profis wie Matt Fitzpatrick oder Firmeninvestor Edoardo Molinari auf ihre Griffe schrauben, sind mehr als 1,2 Milliarden Datensätze zusammengekommen. Mit ihrer Hilfe lassen sich nicht nur Informationen über individuelle Stärken und Schwachstellen generieren, sondern auch faszinierende generelle Aussagen über das Golfspiel treffen. Aus diesem Grund veröffentlichen die Amerikaner seit 2018 jedes Jahr den "Arccos Annual Driving Distance Report".

Die siebte Edition setzt sich aus mehr als 6,5 Millionen Driver-Abschlägen an Par-4- und Par-5-Löchern zusammen, die im Kalenderjahr 2024 von Arccos-Mitgliedern auf der ganzen Welt gespielt wurden. Das Auffällige dabei: Obwohl die Driving-Distanzen auf den Profitouren beständig länger werden, sodass die Bestrebungen nach einer Reglementierung des Balls immer mehr Fahrt aufnehmen, können Amateure davon nicht profitieren. Von 2018 bis 2024 hat sich die durchschnittliche Drive-Länge von Männern (inklusive Roll-out) gerade einmal um 60 Zentimeter erhöht, während sie bei Frauen sogar um mehr als zweieinhalb Meter zurückgegangen ist. Tatsächlich sind die Veränderungen seit 2018 in allen Handicap- und Altersbereichen so gering, dass man sie statistisch als insignifikant bezeichnen kann. Ein Argument dafür, dass der angedachte Rollback Amateure deutlich härter als Profis treffen würde.

Distance Report:
Herren-Report: wilde Jugend und Altersweisheit
Im jüngeren Alter geht Mann unbeschwert an die Dinge heran, ohne über die Folgen nachzudenken. Was im normalen Leben gilt, trifft auch auf dem Golfplatz zu. Spieler in ihren Zwanzigern hauen die Murmel zwar im Schnitt über 240 Meter, treffen pro Runde aber auch nur acht Fairways. Mit zunehmendem Alter entwickeln sich beide Kurven linear in gegensätzliche Richtungen. Pro Altersjahrzehnt steigen die Fairwaytreffer um etwa 3 Prozent, während die Drives aber ab dem 40. Geburtstag auch mit jeder Dekade jeweils zehn Meter früher liegen bleiben.


Was die Arccos-Daten aber vor allen Dingen belegen, ist, dass die alte Golfer-Weisheit "Drive for show, putt for dough" ein Ammenmärchen ist, denn der Zusammenhang zwischen dem Handicap und der Qualität der Drives ist unbestreitbar. Sowohl bei Männern als auch bei Frauen steigt mit der Handicap-Klasse die Distanz mit dem Driver. Auch bei der Drive-Genauigkeit gibt es eine Korrelation; sie fällt jedoch bei Männern deutlich geringer aus und ist bei Frauen in Teilen so gar nicht existent (siehe Bilder).

Doch nicht alle verfehlten Fairways sind gleich. "Das Wichtigste für Amateure ist es, Strafschläge zu vermeiden", ist eines der Mantras von Ryder-Cup-Vizekapitän Edoardo Molinari - und die Daten bestätigen dies. Selbst bei Männern mit Handicaps zwischen 0 und 5 resultiert jeder 20. Drive in wenigstens einem Strafschlag, ab Handicap 25 ist es schon jeder zehnte. Zählt man dann noch die Drives hinzu, die in einen indirekten Strafverlust wie einem Chip-out oder Punch-out münden, wird noch deutlicher, welch negativen Effekt schlechte Abschläge haben. Arccos-Mitglieder mit einem Handicap über 30 müssen bei sage und schreibe 45 Prozent ihrer Drives einen direkten oder indirekten Schlagverlust in Kauf nehmen - und selbst bei einem Handicap von 5 oder besser sind es noch 12 Prozent.

Distance Report:
Damen-Report: stabile Fairway-Treffer in allen Handicap-Klassen
Am Vorurteil, dass Frauen immer geradeaus spielen, ist durchaus etwas dran. Während selbst männliche Single-Handicapper nicht mal jedes zweite Fairway treffen, liegen bei Damen fast alle Handicap-Klassen über 55 Prozent. Die Korrelation zwischen Handicap und Drive-Länge ist daher bei Damen umso größer. Die Top-Spielerinnen schlagen 52 Prozent oder 67 Meter weiter als Spielerinnen mit Handicap 30+. Zum Vergleich: Bei Männern klafft nur eine Lücke von 35 Prozent.


Frauen haben diese Probleme weniger, da sie mit ihren Drives deutlich genauer sind. Während man bei Männern erst bei den besten Golfern in der Altersstufe ab 50 Jahren Spieler findet, die wenigstens jedes zweite Fairway treffen, gibt es diese bei Golferinnen nahezu in allen Alters- und Handicap-Klassen. Den größten Separator macht hier tatsächlich die Abschlaglänge aus.

Nach dem Drive liegen Golferinnen mit dem niedrigsten Handicap bereits 80 Meter vor altersgleichen Damen aus der höchsten Handicap-Klasse. Der Distanzverlust ist da bei so groß, dass man hier fast davon sprechen kann, dass mit jedem Drive ein Schlag verloren geht. Wer sich also das Arccos-Motto "Play Smart" zu Herzen nimmt, sollte in Zukunft lieber mehr Zeit auf der Driving Range als auf dem Putting-Grün investieren. Oder wie es Chef-Datenstratege Edoardo Molinari im Interview formuliert: "99 Prozent aller Golfer sollten am Tee den Driver zücken und versuchen, so weit zu schlagen, wie es geht."

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