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Justin Rose & Honma

Japanisch für Fortgeschrittene

Von Jan Langenbein

Die Nummer zwei der Weltrangliste geht 2019 mit neuem Arbeitsgerät an den Start. Wir haben in Japan hinter die Kulissen dieser Herkulesaufgabe geblickt.

Wechselt ein Spieler aus den Top Five der Weltrangliste seinen Ausrüster und damit sein komplettes Arbeitswerkzeug, ist das immer eine immense Unternehmung, vom enormen Risiko ganz abgesehen. Rory McIlroy blieb nach seinem Wechsel von Titleist zu Nike schließlich beinahe 18 Monate ohne Sieg und verlor infolgedessen seinen Nummer-eins- Rang in der Welt.

Kein Wunder also, dass Hiroshi Suwa, Leiter des Entwicklungsteams bei Honma und legendärer Master-Clubfitter, ein wenig übernächtigt aussieht, als wir im Dezember 2018 zum ersten Mal Fuß in die heiligen Hallen von Honma im japanischen Sakata setzen. Gerüchte, ein englischer Olympiasieger, US-Open-Champion und Ryder-Cup-Leistungsträger würde schon bald einen Equipment-Wechsel bekanntgeben, waren uns bereits zu Ohren gekommen. Hiroshi grinst verschmitzt und zeigt uns ein Bild von Justin Rose auf seinem iPhone - neben einem Honma-Bag. Also doch!

"Ihr habt nichts gesehen", raunt sein Dolmetscher verschwörerisch. Insgesamt siebenmal ist Hiroshi Suwa in den vergangenen Wochen zwischen Sakata und Justin Roses Winterdomizil auf den Bahamas hin- und hergeflogen. Jedes Mal mit neuen Prototypen und Schlägern mit verbesserten Spezifikationen im Gepäck, um diese in stundenlangen Test-Sessions auf der Driving Range unter glühender Tropensonne auf Herz und Nieren zu prüfen. Ebenso wie Suwas Ruf als Schlägerbauer legendär ist, hat sich Justin Rose in den vergangenen 20 Jahren eine Reputation als detailversessener Materialfetischist, der nichts dem Zufall überlässt, erarbeitet. Seit 1999 war Rose bei TaylorMade in einem der am längsten laufenden Sponsoring-Deals im Profigolf unter Vertrag und schaffte es in dieser Zeit, mehr als eine Handvoll Schlägerfitter um ihren Schlaf zu bringen, denn in sein Bag kam niemals ein Schläger, mit dem er nicht zu 100 Prozent zufrieden war.

Justin Rose & Honma: Bei den Tests der Prototypen auf den Bahamas wurde nichts dem Zufall überlassenJustin Rose & Honma: Bei den Tests der Prototypen auf den Bahamas wurde nichts dem Zufall überlassen
Bei den Tests der Prototypen auf den Bahamas wurde nichts dem Zufall überlassen

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Ich habe im Schnitt eine Meile an Ballgeschwindigkeit zugelegt und das liegt einzig und allein am verwendeten Stahl.
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Während unserer Werksführung durch die Fertigungshallen wird deutlich, dass Honma auf einer Mission ist. Das Image des reinen Luxusherstellers, das der Marke besonders in Europa und Amerika anhaftet, soll erweitert werden und nicht nur goldene Driver für Donald Trump oder 40.000-Euro-Komplettsets für russische Oligarchen sollen gefertigt, sondern auch High-Performance-Schläger für die besten Spieler der Welt angeboten werden.

Mehr als 300 Schlägerbaumeister arbeiten hier in Sakata an den beiden Schlägerlinien Beres und TWorld. Neue Driver-Prototypen werden in tagelanger Handarbeit mit Sandpapier aus Persimmonblöcken gefeilt und erst vom Computer mithilfe von Lasern gescannt und in ein 3-D-CAD-Modell umgewandelt, wenn die Form den gnadenlosen Augen des Meisters schmeichelt. Nachdem am 3-D-CAD-Modell virtuelle Tests durchgeführt wurden, wird der Schlägerkopf zum ersten Mal mittels 3-D-Druck in seiner späteren Form produziert - nicht nur, um ihn in der Hand halten zu können, sondern gleichzeitig auch, um die spätere Produktion in größeren Stückzahlen vorzubereiten.

Justin Rose & Honma:
In einer anderen Halle werden - ebenfalls von Hand - Grafitschäfte gerollt, die seit Jahrzehnten zu den besten der Welt zählen. Auch kommt Handarbeit zum Einsatz, weil keine Maschine das Fingerspitzengefühl aufbringen könnte, das nötig ist, um sicherzustellen, dass keinerlei störende Lufteinschlüsse in den Schäften zurückbleiben. Nachdem der Schaft bei 120 Grad Celsius fünf Stunden lang gebacken wurde, ist er fest genug für den Einsatz auf dem Golfplatz.

Sowohl die ARMRQ-Schäfte in den Beres-Schlägern als auch die Vizard-Schäfte der TWorld-Modelle werden Hand in Hand mit den Schlägerköpfen entwickelt, in denen sie später zum Einsatz kommen, um ein perfektes Zusammenspiel zu garantieren. Dass die Schäfte wirklich zu den weltweit besten gehören, beweist die Tatsache, dass Justin Rose, der Zugriff hat auf sämtliche Custom-Schäfte des Planeten, wie rar sie auch sein mögen, nicht lange überlegen musste, um in seinem TWorld-747- 460-Driver den Vizard-FD-7X-Schaft zu belassen, den Hobbygolfer ebenfalls im Paket mit diesem Driver kaufen können.

Justin Rose & Honma: Justin Rose & Honma:
Längst wieder im winterlichen Deutschland zu Hause und mit einem Neujahrskater kämpfend, sind wir verständlicherweise kein bisschen überrascht, als Justin Rose am 01. Januar 2019 via Twitter die Katze aus dem Sack lässt: "Hallo 2019... ich habe dich erwartet. Ich kann es kaum erwarten, das neue Jahr mit meinem Honma-Equipment zu beginnen." Endlich hat das Versteckspiel ein Ende und Justin kann verraten, dass er zwischen Anfang September und Weihnachten 2018 mehr Bälle mit Honma-Schlägern als mit seinem damals noch im Turniereinsatz befindlichen TaylorMade-Equipment geschlagen hat. "Ich wollte mich nicht an den Höchstbietenden verkaufen. Es war mir wichtig, mit einem Hersteller zusammenzuarbeiten, der mir die Möglichkeit gibt, am Designprozess meiner Schläger teilzuhaben und so Golfschläger zu entwickeln, die ich wirklich spielen möchte."

Das Ergebnis dieses Prozesses und Hiroshi Suwas zahlreicher Flüge über den Pazifik sind die bildhübschen TWorld-Rose-Proto-Eisen. Muscle-Back-Blades aus dem Bilderbuch, auf die Justin Rose sichtlich stolz ist: "Ich habe viel mit dem Entwicklungsteam gesprochen und Feedback geliefert, um die Form, das Offset und den Bounce genau so zu kombinieren, wie ich es für mein Spiel benötige. Mir gefällt der japanische Stil, besonders der hohe Toe der Eisen. Dadurch wirkt der Schlägerkopf in der Ansprechposition aufrechter, als er in Wirklichkeit ist, was mir unterbewusst dabei hilft, mit den Händen etwas passiver zu agieren, um zu viel Draw vorzubeugen."

Doch die TWorld Rose Proto sind nicht nur Schönheiten, sondern haben ganz offensichtlich auch mächtig Dampf unter der Haube, wie die Tests auf den Bahamas ergeben haben. "Der japanische Stahl, aus dem meine Eisen gefertigt werden, fühlt sich nicht nur unglaublich gut an, sondern liefert auch exzellente Zahlen. Ich habe im Schnitt eine Meile an Ballgeschwindigkeit zugelegt und das liegt einzig und allein am verwendeten Stahl."

Drei Wochen später reiste Justin Rose nach San Diego zur Farmers Insurance Open und deklassierte mit seinem runderneuerten Arbeitsgerät das versammelte Starterfeld der Spitzenklasse. Hat jemals irgendwer behauptet, Equipment-Wechsel bei Weltklassespieler könnten auch in die Hose gehen?

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