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Vice Golf - Neues Terrain

Ball trifft Schläger

Von Rüdiger Meyer, Fotos: Rolf Ebeling (2), PR (3)

Wie die Münchner Firma Vice Golf den weltweiten Golfschlägermarkt angreifen will.

Seit 2011 hat Vice das Golfballgeschäft aufgemischt. Jetzt haben sich die einstigen Underdogs aus München ein neues Ziel vorgenommen: Sie wollen auch den Schlägermarkt revolutionieren. Dank der Expertise des neuen Vice Golf Chief Product Officer Marco Burger kommen aktuell die ersten Putter, Wedges und Eisen auf den Markt. Als Gründer von HIO Fitting bringt Marco reichlich Know-how rund um das Thema Golfschläger mit, um den Golfschlägermarkt zu erobern.

Wie ist Vice auf die Idee gekommen, jetzt Schläger zu produzieren?
Marco Burger: Die Überlegung gab es in den letzten fünf Jahren schon öfter. Das ist bisher immer daran gescheitert, dass die Expertise im Schlägerbereich gefehlt hat und es zu viel Manpower gekostet hätte. In den vergangenen zehn Jahren konnte ich glücklicherweise bei HIO Fitting viel Erfahrung sammeln.

HIO hat neben dem Schlägerbau auch gefittet. Was habt ihr dadurch gelernt?
Ich glaube, keiner hat so viele Amateur-Golfer im Studio gehabt wie HIO, und das ist Gold wert für die Produktentwicklung. Jeder Schlag, den der Kunde macht, wird in die Datenbank hochgeladen. Sprich: Wir wissen Körperstatur, Alter und Geschlecht, welcher Schläger und Ball geschlagen wurde und was am Ende dabei herausgekommen ist. So können wir Korrelationen herstellen und sagen, was die typischen Probleme sind, beispielsweise von einem älter gewordenen Slicer, dem es an Länge fehlt, und dafür dann die beste Schlägerkombination finden. Damit gehen wir wieder zurück ins Fitting, generieren neue Daten und sehen: Okay, das hat so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben, oder das muss noch mal justiert werden.

Bei Golfbällen ist es im Direktvertrieb relativ einfach, das passende Produkt an den Mann oder die Frau zu bringen. Wie stellt ihr sicher, dass Golfer die idealen Schläger maßgeschneidert bekommen?
Es gibt im Endeffekt zwei Konzepte. Zum einen kann man sich im Direktvertrieb online durch einen relativ aufwendigen und interaktiven Fitting-Fragebogen hangeln und alle Informationen für eine Schlägerempfehlung herausfinden. Im letzten Schritt hat der Kunde dann die Möglichkeit, individuelle Design-Features auszuwählen und natürlich auch die Empfehlung zu überstimmen und zu sagen, ich spiele statt ein Inch lieber nur ein halbes Inch länger. Und die zweite Option ist, in Fitting-Studios zu gehen, die Vice-Schläger im Portfolio haben. Am Ende wird es sicher Hunderte Locations geben, wo man sich für ein ganz normales, professionelles Fitting anmelden kann.

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ICH GLAUBE, KEINER HAT SO VIELE AMATEURGOLFER IM STUDIO GEHABT WIE HIO, UND DAS IST GOLD WERT FÜR DIE PRODUKTENTWICKLUNG.
MARCO BURGER
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Ihr nennt eure Reihe Wunderkind. Was steckt dahinter?
Wir haben versucht, einen Namen zu finden, der diese deutsch-amerikanische Verbindung von Vice widerspiegelt. Selbst in den USA weiß jeder, was Wunder oder Wonder ist. Und eine Definition von Wunderkind ist ja, dass es eine junge Person ist, die großen Erfolg in etwas hat. Das ist auch so ein bisschen die Firmenkultur von Vice, dass wir einigermaßen jung und dynamisch sind und in relativ kurzer Zeit erfolgreich waren.

Ihr launcht zu Beginn erst mal Putter, Eisen und Wedges. Wie kam es dazu?
Wir konnten nicht an allen Baustellen gleichzeitig arbeiten und dann war es logisch zu sagen: Wir bauen das Bag einfach von kleinen zu großen Schlägern auf, wollen aber dem Kunden auch die Möglichkeit geben, wenn er sich beispielsweise unsere Wedges holt, sich dann auch passende Eisen dazuzukaufen.

Ihr habt mit Golfbällen einen Markt erobert, an dem viele andere gescheitert sind. Wie könnt ihr das auf das Schläger-Business übertragen?
Der Schlüssel beim Golfball war, etwas anders zu machen. Am Anfang hieß es überall: "Farbige Bälle gehen nicht!" Man muss sich einfach trauen, auch mal Sachen neu zu denken, und ich glaube, das gilt auch bei Schlägern, wo der Markt immer noch sehr traditionell ist.

Ihr habt bei Bällen und Apparel ein cooles Image. Wie übertragt ihr das auf Schläger? In erster Linie wirklich dadurch, dass man mit Farben fast Unikate schafft?
Genau. Dadurch, dass du dir im Endeffekt selber einen Golfschläger designen kannst, wie es dir Spaß macht. Warum muss ein Putterschaft immer chrom oder schwarz sein, warum kann der nicht wild aussehen? Da gibt es unendliche Optionen, die man teilweise gar nicht auf dem Schirm hat. Unten diese kleine Plastikhülse ist im Standard immer schwarz. Als Erstes werden wir hier viele Farben anbieten. Und dann könnte man die ja auch aus Alu oder in einer schönen Struktur haben.

Ist das jüngere Publikum auch die primäre Zielgruppe für die Schläger?
Klar, die sprechen wir schon immer noch an und das ist auch wichtig für den Hintergrund der Marke, dass man Golf jünger und moderner machen will. Aber wir können sowohl den 70-Jährigen bedienen, der einen performanten Schläger ohne Firlefanz haben möchte, als auch den Jüngeren, der auffallen will und etwas wirklich Verrücktes möchte. Da finden wir einen guten Spagat durch diese Individualisierbarkeit der Schläger.

Wo lasst ihr die Schläger bauen?
Jeder Schläger wird von Hand in Deutschland gebaut. Wenn Vice irgendwann größer wird, wird das vielleicht nicht mehr gehen. Aber zum Start ist es ein riesiges Alleinstellungsmerkmal, dass man sagen kann, wir bauen Schläger bei HIO wahrscheinlich auf dem allerhöchsten Level. Jeder Schläger von Vice wird auf diesem Standard produziert und von Deutschland aus verschickt.

Zielt ihr komplett auf den Amateurmarkt oder plant ihr auch, Profis zu sponsern?
Das kann ich mir nicht vorstellen, das passt meiner Meinung nach nicht zur Brand. Selbst wenn wir einen Top-Profi unter Vertrag hätten, glaube ich nicht, dass du damit Erfolg haben kannst. Man bräuchte ja auch mehrere, weil gerade im Profi-Golf kann man es auch schnell blöd erwischen. Das Paradebeispiel ist für mich immer Bubba Watson, der einen neuen Vertrag unterschreibt und zwei Jahre lang keinen Ball trifft. Dann hat es mehr geschadet als geholfen.

Vice Golf - Neues Terrain: Vice Golf - Neues Terrain:
Golfbälle sind Verschleißgegenstände, die wenigsten werfen aber ihre Schläger in den nächsten Teich, wenn's nicht gut läuft. Was ändert das?
Das ist ein ganz anderes Geschäft. Ein typischer Schläger hat im Schnitt einen Lebenszyklus von um die fünf Jahre. Natürlich ist es nicht sinnvoll, sich jedes Jahr neue Schläger zu kaufen. Aber wenn jemand eine riesige Golfleidenschaft hat, kann man ihm keinen Vorwurf machen, wenn er immer die neueste Generation kauft. Und ich hoffe, dass wir über das Design die Leute auch dazu bringen können, dass sie einen Schläger haben wollen, weil er genial aussieht, egal ob es jetzt eine Sonderfarbe ist oder eine Limited Edition zu einem speziellen Anlass wie dem Masters. Ich fände es spannend, vor allem eben bei solchen Produkten wie Wedges, Puttern oder auch Drivern, die Leute übertrieben gesagt vielleicht auch zu Sammlern zu machen.

Werden eure Schläger auch speziell auf die Nutzung von Vice-Bällen zugeschnitten sein? Nach dem Motto: "Wenn ihr jetzt schon meine Daten habt, sagt mir dann auch, welche Ball-Schläger-Kombi für mich ideal ist"?
Das ist schon absurd, dass so etwas auf dem Markt fehlt. Bei uns gibt es online einen Schläger-Fitting-Algorithmus und einen Ball-Fitting-Algorithmus und es wäre dumm, diese Daten nicht miteinander zu verbinden. Im Fragebogen werden ja Sachen abgefragt wie "Wie happy bin ich mit meiner Flughöhe?", "Wie ist meine Schlagweite?", "Wie schnell schwinge ich?" und so weiter. Das ist natürlich eine Steilvorlage, um zu sagen, ich empfehle dir jetzt einen Schläger, aber natürlich weiß ich auch, welcher Ball dafür noch die beste Unterstützung ist.

Seid ihr für den Markt bei Männern wie auch bei Frauen gleich aufgestellt mit den Schlägern?
Mit den Schlägern ist es Gott sei Dank nicht so, dass man wie bei der Kleidung eine komplett andere Kollektion bräuchte. Ein Frauenschläger unterscheidet sich vom Herrenschläger im Wesentlichen durch den Schaft. Die Köpfe an sich haben eigentlich nie einen Unterschied, außer dass vielleicht eine andere Farblinie gewählt wird oder für Frauen teilweise höhere Winkel zur Auswahl stehen. Aber an sich kann man all unsere Schläger als Frau wie als Mann online ordern.

Als Betroffener einer Randgruppe muss ich das fragen: Habt ihr für Linkshänder genauso viele Schlägeroptionen wie für Rechtshänder? Gerade bei Wedges ist das oft ein Problem.
Da kann ich dich beruhigen, in Step 1 gibt es gar keine Option für Linkshänder. [lacht] Die Überlegung war zwar schon da. Es ist ja von der Entwicklung kein Mehraufwand, weil es einfach eine Kopie vom Rechtshand ist - nur die Kosten der Werkzeuge verdoppeln sich. Das Problem ist, dass es vom prozentual potenziellen Verkaufsvolumen einfach zu gering ist. Deswegen ist es im ersten Schritt für mich kein Must-have gewesen, mit einer Linkshand- Edition zu kommen. Aber es ist auch nicht ausgeschlossen, dass wir sie später anbieten oder es bei einer neuen Schläger-Generation einbinden.

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