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Ecco-Designer Andrzej Bikowski

Was macht einen guten Golfschuh aus?

Von Jan Langenbein, Fotos: Patrick Runte

Nur wenige Kilometer jenseits der deutsch-dänischen Grenze wurde 2010 die spike-lose Revolution der Golfschuhe ausgerufen. Wir sind aufs Land gefahren, um von Ecco-Golfschuhdesigner Andrzej Bikowski zu erfahren, was gute Golfschuhe ausmacht und warum Spikes nicht zwingend Teil dieses Rezepts sind.

GolfPunk: Wie wird man Schuhdesigner? Was war dein Weg hierher ins Ecco Headquarter?
Andrzej Bikowski: Als Teenager hatte ich das eigenartige Hobby, Schuhe zu zeichnen. Ich komme aus Polen und damals vor dem Fall des Eisernen Vorhangs war es nicht einfach, Sneakers und Sportschuhe zu bekommen. Vielleicht waren diese Zeichnungen mein Ersatz für Schuhe, die ich gerne besitzen wollte, aber nicht kaufen konnte. Da ich immer schon ziemlich gut zeichnen konnte, begann ich, mich für Industriedesign zu interessieren, und habe das dann auch fünf Jahre lang studiert. Daher auch mein Interesse für Sportschuhe und Performance-Schuhwerk. Ich möchte Schuhe entwerfen, die ihren Trägern beim Sport Leistung bringen und einen Vorteil verschaffen können. Nach dem Studium habe ich eine Schuhmacherschule in Italien besucht und danach sechs Jahre bei Adidas im Designteam für Laufschuhe gearbeitet.

GP: Ist es wichtig für Schuhdesigner, das Schuhmacherhandwerk zu lernen, wie du es in Italien gemacht hast?
AB: Nein. Ich habe allerdings schon bei Praktika während des Studiums gelernt, dass man sich als Designer um den kreativen Teil des Entwicklungsprozesses kümmert und die technischen Zeichnungen anfertigt. Diese gibt man dann an das Produktentwicklungsteam weiter. Man hat als Designer also nichts mit dem physischen Prozess der Entwicklung zu tun. Das hatte mir gefehlt und deshalb wollte ich lernen, wie man Schnittmuster herstellt, Leisten kopiert, Einzelteile des Oberteils herstellt und zusammennäht, all diese Sachen. Das ist ein viel komplexeres Wissen, als lediglich Zeichnungen anzufertigen. Nach meiner Zeit bei Adidas bin ich hierher zu Ecco gekommen, wo Schuhe unser Kerngeschäft sind. Wir arbeiten viel mehr mit Leder und deshalb nützt es mir nun sehr, ausgebildeter Schuhmacher zu sein.

GP: Hast du Golf gespielt, als du hier begonnen hast?
AB: Nein. Ich arbeite jetzt seit zwei Jahren in der Golfschuhentwicklung bei Ecco und habe seither eine Menge damit zu tun, mein Golf und das Wissen über den Sport aufzumöbeln. Denn um zu verstehen, was einen guten Golfschuh ausmacht und was Golfer von ihren Schuhen erwarten, muss ich natürlich mit ihnen sprechen und den Sport begreifen. Unser Ziel bei Ecco ist es, zuverlässige Schuhe zu entwickeln, die performen und gut aussehen.

GP: Die erste Inspiration für einen neuen Schuh geht also von einem Performance-Gedanken oder Vorteil aus, weniger von seiner Optik?
AB: Genau. Wenn wir ein neues Produkt entwickeln, das es auf dem Markt noch nicht gibt, dann beginnen wir mit einer ausführlichen Studie von Golfspielern einschließlich Videoanalyse des Schwungs und der Bewegung der Füße. Diese Daten sind die Grundlage für jede Neuentwicklung. Bei unserem Biom Hybrid 3 beispielsweise gab es bereits zwei erfolgreiche Vorgängergenerationen. In diesem Fall muss ich herausfinden, welche Teile des Schuhs bei den Spielern beliebt sind und gut funktionieren, um so zu wissen, was sich noch verbessern lässt, um die Performance des Schuhs weiter zu steigern. Das ist dann eine Evolution, wie wir sie aus der Autoindustrie kennen.

Ecco-Designer Andrzej Bikowski: Umstyling extrem: Heidi Klum greift dieses Mal zum EddingEcco-Designer Andrzej Bikowski: Umstyling extrem: Heidi Klum greift dieses Mal zum Edding
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ICH BIN DAVON ÜBERZEUGT, DASS EIN GUT DESIGNTER HYBRIDSCHUH GENAUSO GUT PERFORMEN KANN WIE EIN AUSSCHLIESSLICH FÜR DEN GOLFEINSATZ ENTWICKELTER SCHUH MIT SPIKES.
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GP: Und wann kommt die Gestaltung der Optik ins Spiel? Die ist bei Golfschuhen schließlich nicht ganz unwichtig.
AB: Die Optik ist meist ein Resultat der Funktionsweise eines Schuhs. Die Sohle des Hybrid 3 zeigt das deutlich: Die verschiedenen Zonen der Sohle unterscheiden sich nicht nur optisch, sondern auch in der Farbgebung, denn sie müssen unterschiedliche Aufgaben erfüllen.

GP: Woher bekommst du die nötigen Daten für diese Entwicklung? Benutzt ihr Bodendruckplatten, um die Schwünge verschiedener Golfer zu messen?
AB: Unter anderem. Golf ist sehr komplex, was die Anforderungen an das Schuhwerk angeht, denn es gibt zwei vollkommen unterschiedliche Bewegungen, die der Schuh unterstützen muss. Golfer laufen weite Strecken. Das ist eine lineare Bewegung, die Flexibilität und Grip der Sohle erfordert. Im Moment des Schwungs muss der Schuh jedoch andere Anforderungen wie Stabilität erfüllen. Diese beiden Faktoren miteinander zu vereinen ist eine große Herausforderung. Unsere Tests führen wir mit Produkttestern und Golfprofis durch, aber wir haben auch ein Labor, in dem wir sämtliche Parameter der Belastung, die ein Schuh aushalten muss, messen können.

GP: Ecco ist bekannt für die eigene Lederproduktion, immerhin beliefert ihr Marken wie Louis Vuitton und Apple, aber vor allem auch für die eingespritzte TPU-Sohle. Da die Sohle wichtig ist für die Performance, beginnt ein Designprozess mit ihr, oder?
AB: Ja, bei einem komplett neuen Schuh beginnen wir mit der Sohle, da sie der wichtigste Teil für die Funktion eines Golfschuhs ist. Sie ist die Verbindung zum Boden. Die Funktion des Oberschuhs besteht darin, dem Fuß Stabilität zu geben, Komfort zu bieten und vor Wasser zu schützen. Auch die Sohle muss diese Aufgaben erfüllen, darüber hinaus allerdings noch Flexibilität und Traktion liefern. Sie ist daher deutlich komplexer aufgebaut. Neue Sohlen werden zuerst entwickelt und oft schon getestet, wenn der Oberschuh noch gar nicht fertig ist.

GP: Ist die Hybridsohle die bislang größte Innovation, die Ecco auf den Golfmarkt gebracht hat?
AB: Mit Sicherheit. Es ist ein revolutionäres Konzept, einen Golfschuh zu entwickeln, den man auch abseits des Golfplatzes tragen kann. Ich bin davon überzeugt, dass ein gut designter Hybridschuh genauso gut performen kann wie ein ausschließlich für den Golfeinsatz entwickelter Schuh mit Spikes. Denn wir haben viel mehr Freiheiten beim Design der Sohle und können wie beim Hybrid 3 verschiedene Zonen für unterschiedliche golfspezifische Bewegungen entwickeln und umsetzen. Sowohl der Golfschwung als auch das Laufen auf dem Golfplatz können von einem Hybridschuh besser verrichtet werden als von Spikes.

GP: Die neue Hybrid-3-Sohle unterscheidet sich optisch stark von ihrem Vorgänger. Worin liegen die einzelnen Unterschiede?
AB: Die letzte Generation unserer Hybridsohle hatte dasselbe Profil auf der ganze Sohle. Es war ein gutes Design, die Kanten des Profils waren scharf und der Grip auf dem Gras dadurch sehr gut. Unser Ziel mit der neuen Sohle war es, sämtliche Bewegungen eines Spielers auf dem Golfplatz zu unterstützen, und deshalb war ein vollkommen neues Design notwendig. Das Ergebnis ist die Tri-Fi-Grip-Sohle, die über eine farblich abgesetzte Zone an der Ferse verfügt, um die Haltbarkeit beim Laufen zu erhöhen. Hier kommen ein strapazierfähigeres Material sowie ein breiteres Profildesign zum Einsatz. An der vorderen Außenkante gibt es eine weitere farblich abgesetzte Zone, denn an dieser Stelle dreht sich der Schuh während des Schwungs über die Sohlenkante und gräbt sich förmlich in den Boden ein. Das ist eine natürliche Bewegung, der wir mit diesem Design mehr Stabilität verleihen. Das zackenähnliche Profil in der Mitte der Sohle bietet optimalen Grip beim Laufen, indem es sich im Gras festkrallt, gleichzeitig liefert es Stabilität im Schwung und verhindert seitliches Abrutschen, nachdem man die Ansprechposition eingenommen hat. Das lineare Design dieses Profils erleichtert nicht nur das Reinigen der Sohle, sondern verhindert auch, dass sich Gras und Erde zwischen den einzelnen Zacken festsetzen. Teile der Sohle sind nach unten hin offen und eine Gore-Tex-Membran schützt die Innensohle vor Feuchtigkeit. Gore Tex sorgt für 100 Prozent Wasserdichtigkeit und kommt in jedem unserer Performance- Schuhe zum Einsatz.

GP: Also drei Zonen in einer Sohle mit unterschiedlichen Aufgaben?
AB: Richtig: Stabilität in der Mitte des Vorderfußes, Haltbarkeit im besonders beanspruchten hinteren Bereich und Rotation im vorderen Bereich. Und das ist nur die Außensohle. Auch die Innensohle hat spezifische Aufgaben. All die kleinen Ausbuchtungen aus TPU-Material unterstützen einen stabilen Halt des Fußes während des Schwungs.

GP: Welche Innovationen kommen im Oberteil des Schuhs zum Einsatz?
AB: In allen Biom-Schuhen kommt bei der Fertigung ein Leisten zum Einsatz, der eine exakte Nachbildung des menschlichen Fußes ist. Nur Ecco nutzt solche Leisten, kein anderer Schuhhersteller. Biom-Schuhe wurden also entwickelt, um der Form des Fußes zu folgen, und bieten deshalb großen Komfort und Beweglichkeit.

GP: Sollte nicht jeder Schuhhersteller mit exakt den Füßen nachempfundenen Leisten arbeiten?
AB: Unsere Sohlen werden aus Polyurethan-Material mithilfe eines Einspritzverfahrens hergestellt. Dieses Material kann jede Form annehmen, deshalb ist ein exakter Leisten so wichtig. Eine vorgefertigte Sohle, die mit dem Oberschuh verklebt wird, kann sich einem Leisten nicht so genau anpassen. Aus diesem Grund müssen diese Leisten anatomisch nicht so korrekt sein. Der erste Biom- Laufschuh von Ecco kam 2009 auf den Markt und man hat dann schnell gemerkt, dass dieses Konzept auch für Golfschuhe optimal ist, denn der Komfort wird um ein Vielfaches gesteigert.

GP: Nach welchen Gesichtspunkten wird das Material des Oberschuhs ausgewählt?
AB: Unsere Design-Philosophie liegt darin, eine technisch funktionale Sohle mit einem klaren und schlichten Oberteil zu verbinden. Wir verwenden viel Leder, denn darin liegt unsere Kompetenz. Leder ist nicht nur ein Premiummaterial, sondern auch atmungsaktiv und in der Lage, sich der Form des Fußes anzupassen. Im Hybrid 3 verwenden wir Yakleder, weil es dünn und gleichzeitig äußerst haltbar ist.

GP: Trotz der enormen Entwicklungsarbeit, die ihr in Hybridsohlen gesteckt habt, bietet Ecco auch Spike-Sohlen an. Sind manche Golfer noch nicht bereit dazu, auf Spikes zu verzichten?
AB: Ich denke, Hybridschuhe sind die Zukunft im Golf und es wird bald keinen Grund mehr für Spikes geben. Aber es ist richtig, dass es Golfer gibt, die glauben, Spike- Schuhe wären alternativlos. Wir wollen Schuhe für alle Golfer bieten und darum entwickeln wir auch Spikes.

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