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PXG-Fitting

Hype oder Hyper?

Von Christian Schelzig, Fotos: Rainer Dittrich

Mit ihrem schlichten Look, den charakteristischen Stellschrauben und Preisschildern, die einem die Tränen in die Augen treiben, sind die Schläger aus Arizona der heiße Scheiß der letzten Jahre. Was ist dran am PXG-Hype? Zeit für einen Selbstversuch.

Wie du in dieser Ausgabe bereits erfahren hast, ist Bob Parsons nicht nur begnadeter Selbstdarsteller und Verkäufer, sondern auch absolut von seinen Eisen überzeugt: "Wenn wir ein Produkt herausbringen, dann nur, wenn es das Beste auf dem Markt ist." Das sind große Worte, die ich gerne auf den Prüfstand stellen würde, und da bei PXG nichts ohne Fitting geht, muss ein Termin gebucht werden. Da trifft es sich gut, dass Marco Burger und seine Kollegen von HIO Fitting einer der offiziellen PXG-Fitting-Partner in Deutschland sind. Marco hat uns bereits häufiger mit Rat und Tat bei der Zusammenstellung unseres "Buyer's Guide" zur Seite gestanden und ich vertraue seiner Fachkenntnis voll und ganz, schließlich arbeitet er nicht nur über zehn Jahre als Fitter, sondern spielt auch Handicup null und schlägt seine Drives 300 Meter weit.

Hole in One (HIO) Fitting haben die Jungs ihr Fitting Center im Münchner Westen genannt und schon auf den ersten Blick fällt auf, dass hier nicht die allseits bekannten Schlägerköpfe der Giganten des Markts in den Regalen liegen, sondern Marken, die meist nur Freaks und Eingeweihten etwas sagen. "Wir haben uns vor sechs Jahren, als wir mit HIO Fitting begonnen haben, dazu entschlossen, weniger die großen Marken, sondern vor allem auch die Nischenprodukte anzubieten, die bei vielen Golfern da draußen nicht so bekannt sind. Wir legen keinen Wert auf Marketing, sondern rein auf Performance. Unsere Schläger sind Maßanfertigungen, und da sie von Grund auf individuell aufgebaut werden, haben wir mit den kleineren, ,exotischeren' Marken viel mehr Möglichkeiten", klärt mich Marco auf.

PXG-Fitting: Brutale Methoden: Zahnarztpraxis für Kassenpatienten
Brutale Methoden: Zahnarztpraxis für Kassenpatienten

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AUS DEN 40 EISENKÖPFEN, DIE DAS PRODUKTPORTFOLIO VON HIO ZU BIETEN HAT, KOMMEN NUN FÜNF ODER SECHS IN DIE ENGERE WAHL, MEINE GEDANKEN KREISEN ALLERDINGS AUSSCHLIESSLICH UM DIE DREI PXG-MODELLE.
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Große Marken wie zum Beispiel Callaway oder TaylorMade müssen ihre Schläger auf 98 Prozent der Golfer abstimmen. Kleine Hersteller stehen nicht unter diesem Zwang und können sich deshalb auf bestimmte Sachen besser spezialisieren, auch wenn sie nicht die riesigen Budgets für Forschung und Entwicklung zur Verfügung haben. Bei PXG spielt, wie wir in unserem Gespräch mit Bob Parsons erfahren haben, Geld keine Rolle und bei Forschung und Material werden angeblich weder Kosten noch Mühen gescheut. Marco ist allerdings der Meinung, dass diese Tatsache nicht unbedingt das Besondere an PXG ist: "Ich glaube, PXG hebt sich von der Masse ab, weil ihre Schläger den normalen Golfer ansprechen. Normalerweise findet man in diesem Preissegment hauptsächlich High-End-Golfschläger für bessere Spieler. In Deutschland sind aber maximal zwei Prozent der Golfer auch solche High-End-Spieler; der Rest sind ganz normale Wochenendgolfer, die mehr schlechte als gute Bälle schlagen. PXG hat sich die Gruppe der Spieler herausgesucht, für die Fehlertoleranz das Nonplusultra ist. Wenn der Ball nicht perfekt getroffen wird, performt ein PXG-Eisen besser als alles andere auf dem Markt. Wer seine Bälle immer perfekt trifft, braucht diese Schläger nicht wirklich." Den letzten Satz fasse ich einfach mal als einen kleinen Witz unter Fittern auf. Klingt, als wären PXG-Eisen genau das Richtige für mich, denn ich treffe den Ball definitiv seltener im Sweet-Spot als anderswo. Möge das Fitting beginnen...

Am Anfang steht eine intensive Fragerunde zu meinem Golfspiel: Handicap, Rundenergebnisse, ob ich nur spielen will oder auch trainieren, sind die Eckdaten, die Marco wissen möchte. Vermessen werde ich beziehungsweise mein aktuelles Eisen 7 ebenfalls. Marco klärt mich über die Ziele auf: "Die zentralen Fragen bei einem Eisen-Fitting sind: Stimmt die Flughöhe des Balls? Wie hoch ist die Ballgeschwindigkeit? Ist die Spin-Rate korrekt? Und das Wichtigste: Addiert sich das alles zu einer guten Länge in den Schlägen?"

Endlich kann ich zum Eisen 7 greifen und Bälle schlagen. Die aussagekräftigen Daten werden von den Miss-Hits getrennt und dann von Marco umgehend fachmännisch auf einer Riesenleinwand analysiert. Wichtig sind dabei nicht nur Abweichung von der Ziellinie, sondern auch Länge, Höhe, Sidespin, Backspin, Abflugwinkel und die Ballgeschwindigkeit. Schon hier kommt so mancher Golfer an seine Aufnahmefähigkeit und erst recht an die Grenze des nachhaltigen Verarbeitens der Daten, aber dafür hat Marco mittlerweile ein Gefühl und merkt schnell, wem er wie viel zutrauen kann. Aus den 40 Eisenköpfen, die das Produktportfolio von HIO zu bieten hat, kommen nun fünf oder sechs in die engere Wahl, meine Gedanken kreisen allerdings ausschließlich um die drei PXG-Modelle. Da wären der 0311XF mit seiner extremen Fehlertoleranz, das Standard-0311-Eisen und das Tourmodell 0311T für die richtig guten Spieler. Nun rückt Marco auch mit den Preisen heraus und eröffnet mir, dass ich bei PXG mit 200 bis 300 Euro mehr pro Kopf als bei den anderen Herstellern rechnen muss. Ein komplettes PXG-Eisen kostet somit ab 4040 Euro inklusive Schaft und Griff.

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Den ersten Schaft, den ich heute teste, leitet Marco aus meinem alten Eisensatz ab und ich beginne, die ersten Bälle mit einem PXG-Eisen zu schlagen. Das Ganze fühlt sich schon recht gut an. Die Datensätze werden wieder bereinigt und mit dem eigenen Eisen verglichen. Durch diese Methode läuft alles schnell auf das 0311-Modell für mich hinaus. Beim Schaft-Fitting geht es in erster Linie um das passende Gewicht. Jeweils zwei bis drei Stahl-, Grafit- und Carbonschäfte werden von Marco ausgewählt, ohne dass ich darauf einen Einfluss hätte. Wir testen sowohl extrem schwere als auch äußerst leichte Schäfte und nähern uns so meinem Ideal an. Zwischendurch gibt es auch immer wieder einen Datenvergleich, aber bei den Schäften kommt es mir so vor, als stünde das subjektive Gefühl des Kunden mehr im Vordergrund.

Ich kann beobachten, wie vor meinen Augen ein für mich optimales Eisen entsteht, und fühle mich von Veränderung zu Veränderung wohler mit dem Material in meiner Hand. Zeit für die Gretchenfrage: "Karten auf den Tisch, Marco: Was hältst du von PXG-Schlägern?", möchte ich während einer kleinen Pause wissen.

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"PXG hat hohe Verarbeitungsqualität mit einer coolen Optik kombiniert, die auch sportliche Spieler anspricht, was bei den teils verspielten Eisen einiger japanischer Edelmarken nicht immer zutrifft", lautet seine Antwort, die ich gerne glaube, denn PXG und HIO war keine Liebe auf den ersten Blick, wie ich später erfahre. "Vor uns gab es zwei Fitter in Deutschland, die PXG angeboten haben. Wir haben uns anfangs etwas gesträubt, da wir dachten, Einkaufs- und Endverbraucherpreis seien zu hoch." Nach ausgiebigen Produkttests stellten die HIO-Jungs allerdings fest, dass die PXG-Ware richtig gut ist und eine Lücke im Produktportfolio klaffen würde, wären Bob Parsons Schläger nicht dabei.

Es gibt zwei Kategorien von PXG-Kunden: Die Ersten sind die Klischee-Alphamännchen, die immer nur das Beste und Teuerste im Bag haben wollen. Hier wird beim Fitting nicht diskutiert. Gruppe zwei setzt sich aus absoluten Golf-Freaks zusammen, die beim Preis dieser Schläger schlucken müssen, allerdings von der Leistung so überzeugt sind, dass sie zuschlagen, weil sie alles aus ihrem Golfschwung herausholen wollen. Marco Burgers Urteil zu PXG steht fest: "Wer bereit ist, das Geld zu investieren, der bekommt bei PXG tatsächlich ein Gesamtpaket, welches ein paar Prozent mehr Performance bietet."

Für mich heißt das, ich müsste 2.600 Euro für einen Eisensatz bestehend aus Eisen 5 bis PW des 0311-Modells auf den Tisch legen, um in den PXG-Genuss zu kommen. Ein No-Brainer ist das für mich nicht, doch Marco zaubert ein Rechenbeispiel aus dem Hut, das mir zu denken gibt: Lasse ich mir einen Eisensatz von PXG mit allem Schnickschnack auf den Leib fitten und spiele diese Eisen mindestens sechs Jahre lang, dann ergibt sich bei meiner Anzahl von Golfrunden im Jahr am Ende ein Preis von etwa 6 Euro pro Runde für meinen High-End-Eisensatz. Verdammt, nun bin ich wirklich ins Grübeln gekommen.

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