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Gibt's Probleme? Auf der Driving Range funktioniert der Schwung bestens

146. Open Championship – Teil 2

Driving Range Champion

Von Fritz Lüders, Fotos: Getty Images, Diane Thompson

Von arktischer Kälte bis tropischer Hitze widerfahren mir sämtliche Szenarien. Manchmal kann ich mich gar nicht so schnell aus- oder anziehen, wie das Wetter umschaltet. Der negative Höhepunkt ist zweifelsohne der Freitag. Bei Windböen, die Zuschauern die Kappen von den Köpfen fegen, und einem rekordträchtigen Monsunregen verstehe ich, wieso 2008 der Sieger in Birkdale mit einer +3 die Trophäe Claret Jug eintütete. Jedoch machen 2017 nicht nur die Spieler schmerzhafte Erfahrungen, bei diesen Bedingungen Golf spielen zu müssen. Nein, auch die Zuschauer werden immer mehr zu Opfern. Schließlich sind sie es, die eh schon durchgenässt immer öfter von den Fehlschlägen Dustin Johnsons & Co. getroffen werden. Neben einem Entschädigungsball oder -handschuh nehmen einige von ihnen auch blaugrüne Flecken mit nach Hause.

146. Open Championship: Dieser Amokläufer konnte nur von mutigen Passanten gestoppt werden146. Open Championship: Dieser Amokläufer konnte nur von mutigen Passanten gestoppt werden
Dieser Amokläufer konnte nur von mutigen Passanten gestoppt werden
Pünktlich zum Finaltag legt Petrus den Hebel auf Sommer und sorgt für eine hitzige, aufgeladene Stimmung bei der am besten besuchten Open Championship in England aller Zeiten. 250.000 Zuschauer sollen es am Ende gewesen sein, die den Weg nach Royal Birkdale gefunden haben. Die optimalen Bedingungen gepaart mit der gigantischen Zuschauerkulisse sorgen auch für Rekord-Scores auf dem Rasen. Allen voran ist es Branden Grace aus Südafrika, der die Partymeute jubeln lässt. Am Samstag spielt er eine 62er-Runde - das gab es noch nie bei einem Major!

146. Open Championship: Rasenmäher kaputt: Wimbledon ist dieses Jahr etwas rougher
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Begeistert von der unglaublichen Atmosphäre, den lockeren, jungen und doch immer respektvollen Zuschauern sowie dem gesamten Drumherum der 146. Open Championship möchte ich am Sonntag keinen Schlag verpassen, ziehe deshalb den Fernseher dem Live-Erlebnis auf dem Platz vor und kann nicht glauben, was ich da sehe. "Der puttet ja wie du! So wird das nichts...", spottet zeitgleich eine SMS aus der Redaktion. Gemeint ist natürlich Jordan Spieth, der seine optimale Ausgangslage am Finaltag nach nur vier Löchern verspielt hat. Es ist nur schwer nachvollziehbar, wie ein Athlet, der drei Tage lang völlig unerschütterlich und selbstsicher wirkte, keine 24 Stunden nach seiner letzten Großtat plötzlich nicht mehr in der Lage zu sein scheint, die Grundlagen seines Sports abzurufen. Spieth verfehlt Fairways, pullt seine Eisen und puttet wie ein Wochenend-Hacker. Für einen Moment hat es sogar den Anschein, als könnte Publikumsliebling Rory noch einmal eingreifen oder ein den Zuschauern offenbar völlig unbekannter Chinese namens Haotong Li sich mit einer 64er-Schlussrunde für das mögliche Playoff bewerben. Und dann schlägt Spieth auf der 13 den "miesesten Drive, den ich jemals bei einem MajorTurnier gesehen habe", wie Kommentator Johnny Miller auf NBC schockiert feststellt.

146. Open Championship: Schaulaufen: Heidi Klum hat nichts zu meckern
Schaulaufen: Heidi Klum hat nichts zu meckern
Als der sichtlich schockierte Jordan Spieth seinen Ball auf der Driving Range von Royal Birkdale droppt, nimmt die Golfgeschichte ihren Lauf und alle, die das Glück hatten, auf der Anlage dabei zu sein, werden eines Tages ihre Enkelkinder auf den Schoß nehmen und von diesen finalen sechs Löchern erzählen. Auf diesem Platz gewann Arnold Palmer 1961 seine zweite Open in Folge und spielte damals am 15. Loch (heute die 16) aus grauenhafter Lage ein derart heroisches Eisen 6, das nicht nur seinen Ruf als Draufgänger und größten Shotmaker der Golfhistorie zementierte, sondern auch die Traditionalisten des R&A dazu veranlasste, eine Bronzetafel an der Stelle von Palmers Divot zu platzieren. Auch Jordans Divot sollte eine Gedenkplakette bekommen, selbst wenn außer dem Greenkeeper, der im Royal Birkdale Golf Club tagtäglich die Bälle von der Range sammelt, diese kaum jemals jemand zu Gesicht bekommen wird. Denn wer ist schon so wahnsinnig und stellt sich freiwillig mitten auf eine Driving Range? Jordan Spieth!

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