Zehn Jahre vor seinem Sieg in Augusta hatte er bei der Open Championship in Carnoustie auf dem letzten Grün eine exzellente Chance, endlich einen großen Titel zu gewinnen. Im schottischen Mistwetter spiele García einen guten Putt, der einmal kurz ins Loch schaute, dann aber beschloss, doch nicht zu fallen. Sein erster Eisenschlag im darauf folgenden Play-off gegen Padraig Harrington landete im Bunker und die Weichen in Richtung nächster herzzerreißender Niederlage waren gestellt.
»SOLLTE ES NICHT MEHR KLAPPEN MIT EINEM MAJOR-SIEG, KANN ICH DAMIT GUT LEBEN.«
Doch diesmal stemmte García sich gegen die drohende Niederlage und erkämpfte sich am Ausgang des Amen Corner noch ein Par, auf das selbst der König der Scrambler Seve Ballesteros, der an diesem Sonntag seinen 60. Geburtstag gefeiert hätte, stolz gewesen wäre. Er war zu zufrieden mit seinem eigenen Spiel, zu selbstsicher, um sich von einem unglücklichen Schlag aus der Ruhe bringen zu lassen: "Ich habe auf der 13 einen guten Drive gespielt. Es war derselbe Schlag wie an den Tagen zuvor: ein hoher Cut. Dieses Mal ist er aber leider drei Meter weiter links geflogen und hat einen Baum erwischt." Das Lamentieren überließ er in dieser Situation seinem Caddie.
Der Rest des Starterfelds war zu dem Zeitpunkt längst zu Statisten degradiert worden. Rickie Fowler und Jordan Spieth hatten kollektiv den falschen Tag erwischt, Adam Scott verabschiedete sich am Wasserhindernis der 15 und Martin Kaymer brannte auf den Back Nine zwar ein Birdie-Feuerwerk für die Geschichtsbücher ab, doch sein Rückstand war seit der ersten Runde bereits viel zu groß. Die Finalrunde des Masters 2017 war ein Matchplay-Event zwischen zwei europäischen Ryder-Cup-Helden, die sich mindestens so sehr respektieren, wie sich ihre Stile unterscheiden. Auf der einen Seite der Golfroboter, die Menschmaschine Justin Rose, die, wenn sie Betriebstemperatur erreicht hat, kaum zu stoppen ist, und auf der anderen der intuitive Gefühlsspieler Sergio García, dessen fragiles Nervenkostüm ihm schon viel zu oft einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte.
Die Wende im Match war geschafft, das Drama allerdings noch lange nicht beendet. Noch ein letztes Mal musste der Sergio, den die Golfwelt aus Carnoustie 2007 nur zu gut kennt, seinen Kopf durch die Tür strecken und einen kurzen Putt zum ersten Major-Sieg am Loch vorbeischieben. 73-mal war Sergio García bis zu diesem Sonntag erfolglos bei Major-Turnieren angetreten, doch wie er spät am Abend in der Pressekonferenz erzählte, fühlte sich das 74. Mal anders an. "Bereits während der Fahrt zur Anlage heute Morgen war ich erstaunlich ruhig und gefasst - wahrscheinlich ruhiger als vor jeder anderen Major-Finalrunde meiner bisherigen Karriere. Auch nach dem vergebenen Putt auf der 18 war ich völlig ruhig. Dreimal brach dieser Putt in der Woche nach links. Heute tat er das nicht. Ich habe keine Ahnung warum, aber ich wusste, dass ich einen guten Putt gespielt habe."
Der wirklich formidable Putt folgte dann wenig später an gleicher Stelle im Play-off. Ganz im Stile von Phil Mickelson 2004 ließ García seinen finalen Putt als "Major-Loser" mit viel Break das Grün hinunterrollen, bevor er den äußersten Rand der Lochkante erwischte, und die Menge flippte aus. Keine Spur mehr von den Sticheleien und fiesen Sprüchen, die sich García so viele Jahre bei Turnieren in den USA hatte anhören müssen.
Leaderbord
Pos | Name | Land | R1 | R2 | R3 | R4 | Total | Par |
1 | GARCIA, Sergio | ESP | 71 | 69 | 70 | 69 | 279 | -9 |
T2 | ROSE, Justin | ENG | 71 | 72 | 67 | 69 | 279 | -9 |
T2 | SCHWARTZEL, Charl | RSA | 74 | 72 | 68 | 68 | 282 | -6 |
T4 | KUCHAR, Matt | USA | 72 | 73 | 71 | 67 | 283 | -5 |
T4 | PIETERS, Thomas | BEL | 72 | 73 | 71 | 68 | 284 | -5 |
T4 | CASEY, Paul | ENG | 72 | 75 | 69 | 68 | 284 | -4 |
T7 | CHAPPELL, Kevin | USA | 71 | 76 | 70 | 68 | 285 | -3 |
T7 | MCILROY, Rory | ENG | 72 | 73 | 71 | 69 | 285 | -3 |
T7 | SCOTT, Adam | AUS | 75 | 69 | 69 | 73 | 286 | -2 |
T10 | MOORE, Ryan | USA | 74 | 69 | 69 | 74 | 286 | -2 |
T10 | MATSUYAMA, Hideki | JPN | 76 | 70 | 74 | 68 | 287 | -1 |
T10 | HENLEY, Russell | USA | 71 | 76 | 71 | 69 | 287 | -1 |
T10 | KOEPKA, Brooks | USA | 74 | 73 | 71 | 69 | 287 | -1 |
T10 | FOWLER, Rickie | USA | 73 | 67 | 71 | 76 | 287 | -1 |
Justin Rose machte währenddessen keinen Hehl aus seiner Gefühlslage. "Natürlich bin ich enttäuscht, denn ich habe großartig gespielt. Ich bin mir aber auch sicher, dass ich dieses Turnier eines Tages noch gewinnen werde. Um hier nicht als Sieger vom Platz zu gehen, gefällt mir das Turnier einfach viel zu gut", gab er zu Protokoll, als die Sonne über dem Augusta National Golf Club längst hinter den majestätischen Pinien abgetaucht war, und machte dabei ein Gesicht, als würde er die Vorspultaste seines Festplattenrekorders suchen.