40 Jahre später mache ich mich zum zweiten Mal in meinem Leben ins Allgäu auf und in gewisser Weise stehen auch wieder Stöckchen im Mittelpunkt. Nur haben sie dieses Mal einen Metallkopf an einem Ende befestigt und das Ziel ist es explizit, allen Wasserhindernissen aus dem Weg zu gehen. Doch bevor ich mich zu meiner ersten Runde aufmache, muss ich noch einen kurzen Abstecher ins "Hubertus Mountain Refugio Allgäu" machen. 1951 als Gasthof von Karl Traubel senior gegründet ist es heute zu einem modernen Wellness-Hotel geworden. Doch im Moment interessieren mich weder der Infinitypool noch die hervorragende Küche.
Ich möchte nur schnell einchecken und den in der Buchung inkludierten AllgäuGolfPass nutzen, mit dem es auf 15 benachbarten Plätzen 15 Prozent Greenfee-Rabatt gibt.

In genau dieser Tradition ist auch der Golfplatz Oberstaufen-Steibis angelegt. 1989 baute der wohl profilierteste deutsche Golfplatzarchitekt Kurt Rossknecht hier neun Löcher, bei denen man sich fragt, wie er den Platz dafür fand. Umso erstaunlicher war es, dass Thomas Himmel sieben Jahre später dem Berg neun weitere Löcher abringen konnte. Zwar gehört das Layout mit einem Par 70 und weniger als 5.300 Metern Länge nicht gerade zu den klassischen Championship-Plätzen, wer ihn deshalb aber auf die leichte Schulter nimmt, wird ein böses Erwachen erleben.
Wie für einen Bergplatz typisch sind zwei bis drei starke Anstiege zu bewältigen, die Kondition erfordern. Hinzu kommt, dass die Längenangaben auf der Scorekarte trügerisch sind. Vermeintlich kurze Löcher können sich länger spielen, wenn sie bergauf führen, und vice versa. Eine ungewohnte Herausforderung ist dabei für Nordlichter wie mich, ständig aus Schräglagen zu spielen. Eine weitere Besonderheit in Steibis ist die große Längendifferenz zwischen den beiden Neunlochschleifen: Während die Front Nine ein Par 36 mit fast 3.000 Metern sind, kommt auf den Back Nine nur ein Par 34 mit 2.283 Metern zusammen - gekrönt von der 17, einem zwischen 66 und 89 Meter kurzen Par 3. Was beide Schleifen eint, ist der unglaubliche Blick über das Allgäu, der der Golfrunde die gleiche kindliche Freude verleiht wie einst das Stöckchenjagen im Bach.

Das atemberaubende Panorama hat sich in den letzten 40 Jahren nicht verändert, aber auch im Allgäu ist vieles moderner geworden. Manchmal hat der Fortschritt eben auch Positives, besonders was die Autos angeht. Wenn der Schlüssel heute im Pkw liegen bleibt, kann man ihn nicht versehentlich abschließen. Meinem fünfjährigen Ich wäre so viel Ärger erspart geblieben.

Wohnen
Golfplätze in der Region

Golfclub Oberstdorf
9 Löcher, Par 35, 2.692 MeterAdresse
Gebrgoibe 2
87561 Oberstdorf
Tel. +49 (0)8322.2895
www.golfclub-oberstdorf.de
Greenfee
48 Euro (18 Loch: 70 Euro)
In einer Zeit, in der sich noch niemand um Nachhaltigkeit scherte, verstand es Donald Harradine wie kein anderer, minimalistisch Golfplätze zu bauen. Ein Paradebeispiel ist der Golfclub Oberstdorf, den der in der Schweiz lebende Engländer 1961 mit geringem Budget auf beengtem Gelände baute. Harradine legte seine neun Golfbahnen in Etagen an, wodurch er erhöhte Abschläge bietet und der landschaftliche Reiz der Umgebung gleichzeitig erhalten blieb.
Killerloch
Das von den gelben Tees 421 Meter kurze Par 5 ist eine gute Birdie-Chance, auch wenn sich die Bahn bergauf spielt. Der Drive muss aus einer Schneise heraus über eine kleine Schlucht aufs Fairway platziert werden. Ist das gelungen, kann man angreifen - allerdings nicht ohne Risiko. Die zwei Grünbunker sind das geringste Problem, aber wer das Grün rechts verfehlt, kann schon mal nachladen, da der Ball viele Meter tiefer im Aus liegt.
www.golfclub-oberstdorf.de

Golfclub Oberstaufen-Steibis
18 Löcher, Par 70, 5.282 MeterAdresse
In der Au 5
87534 Oberstaufen
Tel. +49 (0)8386.8529
www.golf-oberstaufen.de
Greenfee
95 Euro (ohne Ausweis mit R-Zeichen 105 Euro)
Auch wenn die Lage in einem Hochtal auf 900 Metern noch für keine Schwindelanfälle sorgt, hilft eine gute Kondition. Da der Platz recht kurz ist, sollte man auf jeden Fall von einem Trolley absehen, da die Anstiege mit geschultertem Bag einfacher zu bewältigen sind, als ein Push-Cart den Berg hochzuschieben. Für die Anstrengung wird man nicht nur mit tollen Ausblicken belohnt, gerade die Front Nine bieten zahlreiche Golfloch-Unikate, die man so auf kaum einem anderen Platz findet. Wer einen schlechten Tag hat, mag das Layout als zu gimmickhaft abtun, aber in gewisser Weise ist jedes Loch wie ein cleveres Puzzle, das man vom Tee zum Grün lösen muss. Wer das schafft, sollte eigentlich eine Mensa-Mitgliedschaft beantragen dürfen.
Killerloch
Loch 6 ist aus gutem Grund die schwierigste Bahn des Platzes. Das 441 Meter lange Par 5 beginnt mit einem Abschlag auf ein erhöhtes Fairway, der noch den einfachsten Teil des Lochs darstellt. Der zweite Schlag muss auf einen sehr schmalen Fairway-Streifen platziert werden, der rechts von Bäumen und Rough, links von einer Senke und in der Mitte (!) von einem fetten Felsen verteidigt wird. Dass das Grün dazu noch klein ist und links von einem großen Baum verteidigt wird, ist dagegen fast ein Kinderspiel.
www.golf-oberstaufen.de