Featured StoriesFeatured Stories

Die angenehmsten Orte der Welt

King Island

Von Rüdiger Meyer, Fotos: Rüdiger Meyer

Auf das zwischen Tasmanien und dem australischen Festland gelegene King Island haben sich lange Zeit nur selten ausländische Touristen verirrt. Doch seit hier zwei Weltklasse-Golfplätze eröffnet haben, wagen sich immer mehr Golfer mit Bag auf dem Rücken ans Ende der Welt.

Die Tür zum Flugzeugcockpit dient vor allem dem Schutz der Piloten. Aber sie ist auch sinnvoll, damit Passagiere nicht mitbekommen, wie so ein Flug wirklich abläuft. Diese Erfahrung muss ich bei meinem Besuch auf King Island machen. Das Eiland in der Bass-Straße, das so groß wie Hongkong ist, aber nur 0,02 Prozent der Einwohner hat, ist für Passagiere nicht auf dem Seeweg zu erreichen - vielleicht auch, weil King Island Schauplatz der größten australischen Schiffsunglücke war. Folglich bleibt als einziger Weg der Flug mit drei regionalen Airlines aus Melbourne oder Tasmanien. Als ich dort in Launceston in eine Maschine von Sharp Airlines steige, wird mir etwas mulmig zumute. Eigentlich habe ich keine Flugangst, aber vor einem Kleinjet für 20 Passagiere fühle ich mich wie Bernard und Bianca, die per Albatros ins Känguruland fliegen. Dass ein Milchbubi die Maschine pilotiert, der verkündet, dass wir noch eine Zwischenlandung einlegen, um weitere Passagiere aufzunehmen, macht das Ganze nicht besser. Und so verbringe ich die nächsten 90 Minuten damit wahrzunehmen, wie aus dem Cockpit Warngeräusche dringen und die Maschine beim Anflug auf die Landebahn hin- und herdriftet wie ein Papierflieger im Herbststurm. Aber was tut man nicht alles, um an einen Ort zu gelangen, der in den letzten Jahren eine der gehyptesten Golf-Destinationen der Welt wurde!

Dabei konnte hier bis vor zehn Jahren lediglich auf den neun Löchern des King Island Golf and Bowling Club gespielt werden. Doch im Jahr 2011 kaufte Duncan Andrews, Gründer einer australischen Ratingagentur, ein Flecken Erde am nördlichsten Ende der Insel mit dem Ziel, einen Golfplatz zu bauen. Das Resultat war Cape Wickham Links, das schon kurz nach der Eröffnung im Jahr 2015 auf den Listen der 100 besten Plätze der Welt auftauchte - und einen der größten Beefs in der Golfarchitektur-Szene auslöste. Als der Amerikaner Mike DeVries das hochgelobte Design als sein eigenes veranschlagte, ging der meinungsstarke australische Golfjournalist Darius Oliver auf die Barrikaden und formulierte eine Gegendarstellung. Tatsächlich wurde DeVries aufgrund kreativer Differenzen nach dem Bau von drei oder vier Löchern entlassen. "Ich habe eine Vereinbarung mit Mike DeVries getroffen", stellte Duncan Andrews gegenüber "Australian Golf Digest" klar. "Ich zahlte ihn voll aus unter der Bedingung, dass der Platz öffentlich als Co-Design von ihm und Darius geführt wird."

Die angenehmsten Orte der Welt:

»
VOR EINEM KLEINJET FÜR 20 PASSAGIERE FÜHLE ICH MICH WIE BERNARD UND BIANCA, DIE PER ALBATROS INS KÄNGURULAND FLIEGEN.
«

Zum Glück gilt im Golf jedoch der Leitspruch: "Auf einer Scorekarte sind keine Bilder!" Am Ende zählt immer nur das Ergebnis und das ist in Cape Wickham schlicht überwältigend. Allein der Blick vom provisorischen Clubhaus auf die Bahnen, die in Richtung des höchsten Leuchtturms Australiens gebaut sind, lässt das Herz höher springen. Es ist das große Finale eines Platzes, der sich erst einmal auf der anderen Seite der Bucht durch weniger prominente Dünen zieht und dabei von einem spannenden Routing voller Richtungswechsel profitiert, das an sechs der 13 Löcher das Meer als optischen und spielerischen Reizpunkt einbezieht.

Die angenehmsten Orte der Welt:
Doch egal wie gut Cape Wickham ist, für einen einzigen Golfplatz würde man nie die Reisestrapazen nach King Island in Kauf nehmen. Da trifft es sich gut, dass fast zeitgleich ein zweiter Golfplatz in Angriff genommen wurde. Architekt Graeme Grant zog mit seiner Familie für drei Jahre nach King Island, um den Bau des Platzes minutiös zu betreuen. Resultat ist ein Layout wie aus einem Guss. Dass es in den Bestenlisten nicht die Sphären von Cape Wickham erreicht, ist wohl eher Marketinggründen als der Qualität der 18 Löcher geschuldet. Ocean Dunes mag vielleicht der Leuchtturm fehlen, aber die Landschaft ist nicht minder spektakulär. Die Bass-Straße ist von nahezu allen Bahnen sichtbar und in sieben von ihnen im Spiel. Insbesondere die Par 3 prägen sich dabei in die Erinnerung ein. Die 10 und die 18 bieten Abschläge über eine Bucht und die 14 ist ein One-Shotter, der von einer Düne aus in Richtung Meer auf ein deutlich tiefer gelegtes Ziel gespielt wird.

Die angenehmsten Orte der Welt: Zweitjob: Bender aus Futurama arbeitet jetzt als Leuchtturm (l.). Genervter Caddie: wieder Ball suchen (r.)Die angenehmsten Orte der Welt: Zweitjob: Bender aus Futurama arbeitet jetzt als Leuchtturm (l.). Genervter Caddie: wieder Ball suchen (r.)
Zweitjob: Bender aus Futurama arbeitet jetzt als Leuchtturm (l.). Genervter Caddie: wieder Ball suchen (r.)
Die Grüns bilden dabei den größten Unterschied zu Cape Wickham. Graeme Grant hat den Puttflächen wesentlich mehr Quadratmeter spendiert und sie zudem mutiger onduliert. Den Höhepunkt bildet das enorme Doppelgrün der Bahnen 12 und 15, an dem man meistens von kritischen Zuschauern unter Druck gesetzt wird. Nicht etwa weil die Bevölkerung der nahe gelegenen Metropole Currie (659 Einwohner) vorbeikäme, sondern weil es ein beliebter Spot für Beuteltiere ist, von denen es auf King Island mehr als eine halbe Million gibt.

Unterkünfte für Menschen sind in Ocean Dunes dagegen rar gesät - noch. 2022 wurde der Platz an ein neues Konsortium verkauft, das im vergangenen August die Genehmigung zum Ausbau des Platzes in ein Resort mit 64 Hotelzimmern und angeschlossenem Restaurant erhielt. Gut möglich, dass dies nicht der letzte Schritt ist, um King Island zu einer noch größeren Golf-Destination auszubauen. Immerhin gibt es noch viele weitere Kilometer an Dünen, nach denen sich Golfarchitekten alle zehn Finger lecken würden.

 
WOHNEN

WOHNEN

Neben der ersten Bahn von Cape Wickham befinden sich 16 Zimmer, die als Unterkünfte im Villastil beschrieben werden, aber mehr Cottage-Charakter haben und für eine bis drei Personen nutzbar sind. Luxus gibt es hier kaum, dafür jedoch einen unvergesslichen Ausblick über den Golfplatz, den Victoria Cove Beach und auf das Cape Wickham Lighthouse. Hinzu kommt eine Tonkulisse für Naturliebhaber, denn die unberührte Landschaft ist ein Paradies für Wallabies, Ameisenigel, Fasane und - wir sind immerhin in Australien - für Schlangen und Echsen, die lautstark miteinander, nennen wir es mal, kommunizieren.

Golfplätze in der Region

CAPE WICKHAM

CAPE WICKHAM

18 Löcher, Par 72, 6.150 Meter

Adresse
Cape Wickham Road
King Island, TAS 7256
Tel. +61 3.6463.1200
capewickham.com.au

Greenfee
160 Euro (Sept. bis Mai), 115 Euro (Juni bis August)

Autor Darius Oliver und Architekt Mike DeVries haben einen Platz gebaut, für den sich eine Reise ans Ende der Welt lohnt. Die ersten 13 Löcher, die mal inlandig und mal die Küste entlang verlaufen, verstecken bereits einige Highlights, doch die Schlussbahnen auf der anderen Seite des Clubhauses sind schlichtweg unvergesslich. Nicht nur weil das Cape Wickham Lighthouse einen magischen Anblick bietet, sondern vor allem weil jede einzelne der fünf Bahnen sämtliche Sinne stimuliert und einen einzigartigen Nervenkitzel auslöst - getoppt von einem Finale, das beim Spielen genauso viel Spaß macht wie beim Zuschauen vom Clubhaus.

Killerloch
Die 18 tauchte nicht ohne Grund im letzten Jahr in unseren Top Ten der spektakulärsten Schlusslöcher auf. Auf dem bis zu 395 Meter langen Dogleg nach rechts muss der Drive so platziert werden, dass man nicht auf dem Victoria Cove Beach landet (der übrigens nicht Out of Bounds ist, was auf Buddy-Trips für viel Heiterkeit sorgt), aber auch keinen zu langen Schlag ins Grün hat, da ein kleiner Grünbunker und der Strand auf der rechten Seite die sichere Landezone sehr schrumpfen lassen.
www.capewickham.com.au

OCEAN DUNES

OCEAN DUNES

18 Löcher, Par 72, 6.351 Meter

Adresse
396 North Road, Loorana
King Island, TAS 7256
Tel. +61 447.830.202
oceandunes.com.au

Greenfee
150 Euro (September bis Mai), 110 Euro (Juni bis August)

Ein Jahr nach Cape Wickham eröffnete nahe dem King Island Airport ein zweiter spektakulärer 18-Loch-Platz. Architekt Graeme Grant manövrierte sein Routing durch imposante Dünen und nutzte dabei all sein Wissen, das er als Chef-Greenkeeper in Kingston Heath erworben hat, für ein Par 72 mit mutig ondulierten Grüns, strategisch klug angelegten Bunkern und Landezonen, die nur an den seltenen windstillen Tagen großzügig sind.

Killerloch
Die 10 hat im wahrsten Sinne des Wortes das Potenzial zum Killerloch. Immerhin muss man zum Tee einen steilen Weg hinunterkraxeln. Doch auch das Loch selber ist nicht ohne. Das bis zu 204 Meter lange Par 3 erfordert einen langen Carry-Schlag über die Bass-Straße und zwei vorgelagerte Grünbunker. Hilfreich ist dabei die Redan-Struktur des Grüns, durch die der Ball rechts von den Bunkern gelandet werden kann und automatisch nach hinten links rollt.
www.oceandunes.com.au

Featured Stories