Featured StoriesFeatured Stories

Die angenehmsten Orte der Welt

Oregon, Bandon Dunes

Von Rüdiger Meyer, Fotos: Rüdiger Meyer

It's complicated. So lässt sich die Anreise in Oregons Golfmekka Bandon Dunes am besten beschreiben. Doch einmal dort angekommen, wird schnell der Facebook-Beziehungsstatus zu "In einer offenen Beziehung" geändert.

Offiziell leben in Bandon, Oregon, rund 3.000 Menschen. Inoffiziell ist die Zahl jedoch um ein Vielfaches höher. Jeden Sommer pilgern mehr als 350 Caddies hierher, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Und unzählige Golfer belegen die 372 Betten des Bandon Dunes Golf Resort sowie alle Zimmer in der Umgebung. Wie viele es genau sind, lässt sich nur schätzen. Zusammengenommen schaffen sie es allerdings, unvorstellbare 150.000 Greenfee-Runden pro Kalenderjahr zu spielen.

Als Mike Keiser vor 20 Jahren die Idee zu Bandon Dunes hatte, war ein derartiger Erfolg nicht abzusehen. Freundliche Zeitgenossen nannten den Grußkartenmagnaten einen Träumer, die anderen taten ihn als Spinner ab. Die Zweifel waren begründet, denn Bandon ist nicht gerade zentral gelegen. Die nächste Großstadt, Portland, ist mehr als vier Autostunden entfernt. Und sogar vom nächstgelegenen Regionalfughafen Eugene braucht es noch 150 Minuten Autofahrt. Selbst Keiser war sich der Kühnheit seines Unterfangens bewusst. "Niemand wird hierherkommen, um durchschnittliches Golf zu spielen", prognostizierte der heute 73jährige, als ihn die Suche nach dem idealen Stück Land für einen Links-Platz im Januar 1991 nach Oregon führte.

Was er dort zu sehen bekam, hätte jedem Golf-Fan das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen: kilometerlange Dünen, die geradezu danach schrien, in einen Golfplatz verwandelt zu werden. Als Keiser von den Landverwaltern Shorty und Charlotte Dow auf den Aussichtspunkt geführt wurde, der heute den 14. Abschlag von Bandon Trails bildet, fällte er auf der Stelle den Entschluss, die 485 Hektar Land zu kaufen. Und anders als die beiden Besitzer zuvor, die ebenfalls von einem Golfplatz träumten, setzte er diese Pläne auch in die Realität um.

Die angenehmsten Orte der Welt: Old Macdonald, 18 Löcher, Par 71, 6.350 Meter
Old Macdonald, 18 Löcher, Par 71, 6.350 Meter

»
MIT DEM PAZIFIK AUF DER RECHTEN SEITE UND EINER SCHLUCHT ZWISCHEN TEEBOX UND FAIRWAYS IST MAN SICH SICHER, SEINE GROSSE LIEBE GEFUNDEN ZU HABEN. UND JE LÄNGER DIE RUNDE DAUERT, DESTO STÄRKER WIRD DIESES GEFÜHL.
«

Als am 19. Mai 1999 der vom damals noch unbekannten Schotten David MacLay Kidds gestaltete Bandon Dunes eröffnete, war der Platz beinahe ein Unikat. Denn obwohl die USA 20.000 Kilometer Küstenlinie haben, gab es nur einen echten Links-Platz: den Highland Links in Cape Cod. In den Köpfen amerikanischer Golfer sah das Idealbild eines Golfplatzes möglichst grün und makellos gepfegt aus. Bandon Dunes ist das krasse Gegenteil. Die Bunker haben einen rauen Look, die Fairways werden bei Trockenheit auch mal braun und das Rough ist wild und natürlich. Diese rustikale, bodenständige Art zeigte sich auch darin, dass die Ehre des ersten Schlags nicht etwa Besitzer Mike Keiser, seinem Architekten, einer Golflegende oder Politikern zugestanden wurde. Der Bandoner Friseur Mick Peters hob Bandon Dunes und jeden anderen seither erbauten Platz aus der Taufe.

Alles andere als bodenständig sind jedoch die Greenfees. Wer im Sommer spielen will, muss für eine Runde 200 bis 300 US-Dollar zahlen - bei vier Plätzen ein ordentliches Sümmchen. Doch die Sommermonate bieten auch eine einzigartige Möglichkeit, Geld zu sparen. Denn Bandon Dunes ist ein Paradies für Vielspieler. Wenn im Juni die Sonne mehr als 15 Stunden scheint, ist die beste Zeit, um mehrere Runden am Tag zu spielen. Denn für die zweite Runde am Tag kostet das Greenfee nur die Hälfte, die dritte ist gar umsonst. Und wer es irgendwie schafft, die Startzeiten so zu organisieren, dass er vier Runden unterbringt, bekommt vom Resort 100 Dollar zurück und kann das gesparte Geld in die Übernachtung investieren.

Wer eine der vielen Unterkünfte im Bandon Dunes Resort bucht, stellt sein Auto ab und braucht die Golf-Enklave bis zur Abreise nicht mehr zu verlassen. Shuttles fahren die Besucher zu den Übungsanlagen, den fünf Plätzen oder den sechs Restaurants, die vom Pub-Food bis zur Gourmetküche jeden Geschmack abdecken. Und egal wohin man geht, überall trifft man auf gleichgesinnte Golfpilger, deren Götter nicht Jesus, Allah oder Brahma heißen, sondern Doak, Coore und Crenshaw. Denn David McLay Kidd hat mit Bandon Dunes zwar das Fundament gegossen, das Haus darauf haben jedoch diese drei Vertreter der minimalistischen Golfarchitektur gebaut.

Während Tom Doak mit Pacific Dunes das Kronjuwel des Resorts gebaut hat und mit Old Macdonald Mike Keiser einen Herzenswunsch erfüllte, zeichnet das Duo aus Bill Coore und Masters-Sieger Ben Crenshaw für Bandon Trails und den noch im Bau befindlichen Sheep Ranch (Eröffnung: 2020) verantwortlich. Obwohl sie alle aus der gleichen Design-Philosophie stammen und zu den 100 besten Golfplätzen der USA gehören, könnte das neue Kurs-Trio nicht unterschiedlicher sein. Alle drei wird man lieben, aber auf gewisse Weise verkörpert jeder von ihnen ein anderes Stadium einer Beziehung.

Pacific Dunes ist wie das erste Date. Am ersten Abschlag ist man noch unsicher, was auf einen zukommt. Mit jedem Loch steigt die Aufregung, bis es am vierten Abschlag endlich so weit ist: Auge in Auge steht man sich gegenüber und die Schmetterlinge fliegen. Mit dem Pazifik auf der rechten Seite und einer Schlucht zwischen Teebox und Fairways ist man sich sicher, seine große Liebe gefunden zu haben. Und je länger die Runde dauert, desto stärker wird dieses Gefühl. Die Bahn 9 mit ihren zwei Grüns und den korrespondierenden Abschlägen an der 10 machen deutlich, dass es sich hier um etwas Einzigartiges handelt. Und wenn man an der 14 den Ozean hinter sich lässt und beschwingt nach Hause geht, kann das nächste Date nicht schnell genug kommen.

Die angenehmsten Orte der Welt: Prächtige Entwicklung: Bottrop hat sich echt gemacht...
Prächtige Entwicklung: Bottrop hat sich echt gemacht...
Mit Bandon Trails hat die Partnerschaft bereits begonnen. Zu Anfang wartet hinter jeder Ecke etwas Neues: Meer, Dünen, Berge, Wege, Bäume, Rehe, Zäune. Es bereitet eine große Freude, einfach alle Facetten kennenzulernen. Doch dann sorgt das mit immensen Höhenunterschieden versehene Layout für das typische Auf und Ab einer Beziehung. Auf den Höhepunkten möchte man die Zeit anhalten und einfach nur genießen: das in eine Senke spielende Par 3 an Bahn 2, den Abschlag der 3, der einen Blick auf ein ausladendes Par 5 eröffnet, oder das nach allen Seiten abfallende Grün der 13. An den Tiefpunkten hingegen möchte man alles hinwerfen: weil man aus den wunderschönen, aber bestrafenden Bunkern nicht herauskommt oder weil auf dem Weg zum nächsten Hügel die Beine schlappmachen. Doch glücklicherweise gibt es Freunde, die einem durch solche schweren Zeiten helfen. Wie Ranger Mike, der Gäste vom Grün der 13 auf den ehrfurchtsvoll Cardiac Hill genannten Abschlag der 14 chauffiert. Hier oben, wo einst auch Mike Keiser stand, wird selbst dem letzten Zweifler bewusst, dass sich alle Anstrengungen gelohnt haben. Und ein Blick nach unten zeigt: Wer dem eingeschlagenen Weg vertraut, wird sicher aus jedem Wald geführt.

Old Macdonald schließlich ist der gemeinsame Lebensabend, an dem man gemeinsam am Kaminfeuer sitzt und sehnsuchtsvoll in die Vergangenheit blickt. So wie es Mike Keiser und Tom Doak getan haben, als sie diese 18 Kunstwerke umfassende Retrospektive auf den Golfarchitektur-Pionier Charles B. Macdonald zusammengestellt haben. Mit originären Löchern, die Macdonalds gesammelten Golfloch-Designprinzipien (u. a. Cape, Redan, Eden, Short, Double Plateau, Biarritz und Alps) folgen, ist der Platz wie eine Zeitreise in das frühe Großbritannien und dessen Golfplatzklassiker wie Leven Links, Westward Ho und natürlich der Old Course von St. Andrews. Old Macdonald mag vielleicht nicht den Sex-Appeal der anderen haben, ist aber einer der Plätze, bei denen man weiß, was man an ihnen hat. Und die einen auch noch nach vielen gemeinsamen Jahren immer wieder überraschen können.

 
WOHNEN

WOHNEN

THE LODGE


Es gibt viele Arten, im Bandon Dunes Resort zu übernachten. Gruppen beziehen die "Grove Cottages" mit vier Schlafzimmern, Singles und Paare "The Inn", "Lily Pond" oder die "Chrome Lake Lofts". Aber wer dort sein will, wo das Leben pulsiert, nächtigt in "The Lodge". Vom Hauptgebäude sind es nur wenige Schritte zum Pub, Restaurant und ersten Tee von Bandon Dunes. Es ist nicht günstig (Einzelzimmer kosten je nach Saison 100 bis 240 Dollar, Suiten für vier Personen 1.000 bis 1.700 Dollar), aber die Atmosphäre ist kaum zu übertreffen und beim Dinner oder Bier trifft man Gleichgesinnte aus der ganzen Welt, mit denen man über Golf und Bandon fachsimpeln kann.
www.bandondunesgolf.com

Golfplätze in der Region

BANDON PRESERVE

BANDON PRESERVE

13 Löcher, Par 39, 1.471 Meter

Adresse:
57744 Round Lake Road
Bandon, OR 97411
Tel. +1 877.652.2122
www.bandondunesgolf.com

Greenfee:
50 bis 100 Dollar, je nach Saison

Pitch- und Putt-Kurse haben bei vielen keinen guten Ruf. Wer Bandon Dunes zum ersten Mal besucht, könnte daher auf die Idee kommen, die 13 Par-3-Löcher des Preserve aus Zeitgründen zu vermeiden. Es wäre ein gigantischer Fehler. Nicht nur macht es unfassbar viel Spaß, in Gruppen von bis zu acht Spielern auf 50 bis 140 Meter langen Bahnen das kurze Spiel zu trainieren, auch gibt es in den Abendstunden keinen besseren Ort im Resort, um die Sonne untergehen zu sehen. Nahezu von jeder Bahn kann man den Blick auf den Pazifik und den darin versinkenden Feuerball genießen. Bandon Preserve ist einer dieser seltenen Orte, die einem die kindliche Freude am Golfsport wieder zurückbringen.

Killerloch:
Mit 137 Metern gehört Bahn 2 zu den Monstern von Bandon Preserve. Das größte Monster lauert allerdings vor dem Grün: ein lang gezogener, mannstiefer Bunker, den man besser meiden sollte. Leichter gesagt als getan, denn hier, am höchsten Punkt des Platzes, hat der Wind freies Spiel.
www.bandondunesgolf.com

PACIFIC DUNES

PACIFIC DUNES

18 Löcher, Par 71, 6.065 Meter

Pacific Dunes ist das golferische Äquivalent zum Distracted-Boyfriend-Meme. Kaum hatte der Platz von Tom Doak im Jahr 2001 eröffnet, begannen alle Golfjournalisten und Course Rater, nur noch davon zu schwärmen, und vergaßen Bandon Dunes ein wenig. Die Unterschiede sind marginal. Hier wie dort führen drei Löcher parallel zum Pazifik und werden nicht aufeinanderfolgend verpulvert. Was Pacific Dunes etwas abhebt, ist Tom Doaks Mut zur Eigenwilligkeit. Am besten zu sehen an den Bahnen 9 und 10. Denn die 9 hat zwei Grüns, die 180 Meter oder 120 Meter lang sind. Kombiniert mit den mutiger ondulierten Grüns ist Pacific Dunes eine Herausforderung, die auch bei mehreren Versuchen nichts von ihrem Reiz verliert.

Killerloch:
Wer nicht abergläubisch ist, wird es vielleicht, wenn er die 13 gespielt hat: Das Par 4 hat fast jede Schwierigkeit: Es ist lang (405 m), spielt sich üblicherweise in den Wind, hat links den Ozean als Hindernis und rechts eine gigantische Sanddüne und dazu ein riesiges Grün mit False Front.

OLD MACDONALD

OLD MACDONALD

18 Löcher, Par 71, 6.350 Meter

Mit Old Macdonald zollt Tom Doak einem seiner großen Vorgänger Tribut: dem Architekten Charles Blair Macdonald. Jedes der 18 Löcher ist eine Hommage an eines von Macdonalds Werken, das die gleichen strategischen Elemente benutzt. So erhält man auf der Runde nicht nur eine sportliche Herausforderung, sondern eine kostenlose Golf-Geschichtsstunde. Wer nicht weiß, was ein Short, Eden, Redan, Biarritz oder Alps ist, sollte sich idealerweise schon vor der Runde darüber schlaumachen, denn sie alle verlangen eine ganz besondere Spielweise. Old Macdonald hat sicher den geringsten Sex-Appeal der vier Plätze. Aber für jeden Golf-Enthusiasten ist er das Nonplusultra.

Killerloch:
Bahn 16 nennt sich Alps und ist dem 17. Loch von Prestwick nachempfunden, das Macdonalds Mentor Old Tom Morris erbaute. Das Par 4 zeichnet sich durch einen blinden zweiten Schlag über einen Hügel aus. Doaks Variation ist brillant - und brutal, denn hinter dem Hügel versteckt sich auch noch ein Bunker.

OLD MACDONALD

BANDON TRAILS

18 Löcher, Par 71, 6.207 Meter

An Küstenlinie mangelt es in Bandon nicht. Umso größer war die Überraschung, als 2005 mit Bandon Trails ein Platz eröffnete, der den Ozean komplett ausspart. Doch im Nachhinein war es eine kluge Entscheidung, einen Platz zu bauen, der ein Mix aus Heide- und Parkland-Course ist. Denn die 18 Löcher bilden nicht nur eine optische Abwechslung, sie bieten auch eine Möglichkeit, Sturm und brennender Sonne zu entkommen, ohne auf Golf zu verzichten. Jedoch muss man für Bandon Trails schon etwas fitter sein. Das Terrain ist deutlich hügeliger - so sehr, dass an einer Stelle sogar ein Shuttle eingesetzt wird, um Herzinfarkte zu vermeiden. Dennoch beginnt das Herz, schneller zu schlagen, wenn man am Tee der 14 die Anlage überblickt.

Killerloch:
Selten hat ein so kurzes Loch so viele Golfer zur Verzweiflung getrieben. Die 14 ist selbst von den Backtees ein 297 Meter kurzes Par 4, führt zudem bergab und hat eine riesige Landezone. Doch das Fairway hat zwei Plateaus, und wer das falsche erwischt, hat einen blinden Schlag und nur wenig Grün zum Arbeiten.

BANDON DUNES

BANDON DUNES

18 Löcher, Par 72, 6.156 Meter

Greenfee:
1. Runde des Tages 135 bis 335 Dollar, 2. Runde halbes Greenfee, 3. Runde des Tages umsonst, 4. Runde des Tages 100 Dollar zurück

Der O.G. des Bandon Resort ist für viele Besucher bis heute der Favorit geblieben. 1999 legte David McLay Kidd mit seinem Platz den Grundstein für eine unglaubliche Erfolgsgeschichte. Die Brillanz in dem Routing liegt darin, dass maximal bei sechs Löchern der Pazifik im Spiel ist (nur drei führen komplett am Meer entlang), die aber so geschickt eingebaut sind, dass man am Ende nur noch an die 5, 6 und die 16 denkt und das Gefühl hat, ständig am Meer gespielt zu haben. Aber auch die Inland-Löcher machen Laune dank clever eingesetzter Bunker und strategisch gebauter Bahnen, deren großzügige Fairways darüber hinwegtäuschen, wie wichtig die richtige Platzierung der Drives ist.

Killerloch:
Die 391 Meter lange 5 sieht vom Tee recht simpel aus: Zwar sind im Fairway einige Rough-Inseln, aber die kann man ja rechts umgehen. Ein großer Fehler! Denn dann droht bei Gegenwind ein langer, blinder Schlag in ein Grün, das rundherum von Dünen umgeben ist. Wer nicht auf dicke Hose macht und auf Bogey spielt, ist meist besser dran.

Featured Stories