Featured StoriesFeatured Stories

Die angenehmsten Orte der Welt

Verdura

Von Rüdiger Meyer, Fotos: Brian Oar, Universoac, PR

Der römische Feuergott Vulcan, Namenspatron von Spocks Heimatplaneten, soll in Sizilien unter dem Ätna seine Schmiede gehabt haben. Doch was die Handwerkskunst angeht, steht ihm Kyle Phillips in nichts nach, wie er mit seinen beiden Plätzen im Verdura Resort bewiesen hat.

Nomen est omen. Dass das Verdura Resort als ein Juwel des italienischen Golfsports gilt, ist kein Zufall. Schließlich ist es benannt nach dem Herzog von Verdura, der einst die Ländereien besaß, auf denen zwei spektakuläre 18-Loch-Plätze sowie ein Neunloch-Kurzplatz entstanden sind. Der letzte Mann, der diesen Titel trug, war Fulco di Verdura, der 1929 als Juwelendesigner für Coco Chanel anheuerte, 1934 in die USA auswanderte und sich selbstständig machte. Er ist auch der Grund, dass sich in jedem Schlafzimmer des Verdura Resort eine Ausgabe von "Der Leopard" findet, das jüngst von Netflix als Serie neu verfilmt wurde. Der Autor, Giuseppe Tomasi di Lampedusa, war ein Cousin des letzten Herzogs.

Der Roman über den Fall des sizilianischen Fürstenhauses Salina ist nicht nur ein italienischer Literaturklassiker, er ist auch ein guter Grundkurs, um Sizilien zu verstehen. Denn in der Peripherie einer großen Liebesgeschichte erzählt er auch die bewegte Geschichte der größten Mittelmeerinsel, die aufgrund ihrer strategischen Lage zum Spielball zahlreicher Großmächte wurde. Griechen, Karthager, Römer, Araber, Wikinger, Normannen, Franzosen, Spanier: Sie alle haben in Sizilien ihre Spuren hinterlassen, bevor Freiheitskämpfer Giuseppe Garibaldi 1860 den Anschluss an das Königreich Italien erzwang.

Die angenehmsten Orte der Welt: Grün, weiß und rot: Schamlose Werbung für Italien
Grün, weiß und rot: Schamlose Werbung für Italien

»
WAS KYLE PHILLIPS BEI SEINER SIZILIANISCHEN ERÖFFFNUNG 2010 ABLIEFERTE, SETZTE ALLE SKEPTIKER SCHACHMATT.
«

Einen ähnlichen Schmelztiegel der Kulturen stellt das Verdura Resort dar, das seit seiner Eröffnung im Jahr 2010 Golfer aus ganz Europa anlockt. Der britische Hotelier Sir Rocco Forte, dem unter anderem das "Hotel de Rome" in Berlin gehört, ließ sich von der griechischen Architektur im nahe gelegenen Tal der Tempel inspirieren und baute sein Resort auf drei Säulen: Wellness, Kulinarik und Golf. Für letzteren Part sicherte er sich die Dienste des Amerikaners Kyle Phillips, der Anfang des Jahrtausends mit seinem Design von Kingsbarns für Furore gesorgt hatte. "Damals gab es dort nichts als Orangenbäume", erinnert sich der heute 67-Jährige an die von Herausforderungen geplagte Anfangszeit des Resorts. "Sizilien war keine Golf-Destination und sowohl die Rocco-Forte-Gruppe auf Hotelseite wie auch wir auf der Golfplatzseite hatten mit erheblichem Widerstand von Seiten der lokalen Behörden zu kämpfen." Doch was Kyle Phillips bei seiner sizilianischen Eröffnung 2010 ablieferte, setzte alle Skeptiker schachmatt. Seine 36 Bahnen nutzten die Traumlageam Mittelmeer perfekt aus und stellten sowohl den Architekten als auch die Golfer vor ein Luxusproblem: Welches Routing ist eigentlich das beste? Als die European Tour 2012 mit der Sicilian Open vorbeischaute und Thorbjørn Olesen seinen ersten großen Titel einfuhr, drückte man sich mit einem Mischkurs aus beiden Plätzen um die Entscheidung. Sechs Jahre später stand erneut das Routing auf dem Arbeitsplan, als eine Katastrophe Kyle Phillips zurück nach Verdura führte. Ohne über die Konsequenzen nachzudenken, hatten lokale Behörden einen Staudamm geöffnet, dessen Wassermassen einen Deich brechen ließen und den Golfplatz überfluteten. Der Großteil der Bahnen war völlig zerstört, sodass Phillips wieder vor einer weißen Leinwand stand.

Die angenehmsten Orte der Welt: Römischer Ken: Sein Job ist nur Sand (l.)Die angenehmsten Orte der Welt: Römischer Ken: Sein Job ist nur Sand (l.)
Römischer Ken: Sein Job ist nur Sand (l.)
"Aus Sicht eines Golfplatzdesigners hatte die Überflutung auch positive Aspekte, hatte sie doch die Küstenlinie verändert und somit einige neue Möglichkeiten für den Wiederaufbau des Platzes eröffnet", gibt er sich diplomatisch. "Vor der Flut war der Strand entlang der Bahnen am Meer schnurgerade, nun ist der Verlauf der Küstenlinie deutlich dynamischer." Zudem nutzte Phillips die Chance, auf dem East Links die Grüns der 8 und der 10 zu einem mutigen Doppelgrün zu vereinen. Vor allem aber machte er das Composite Routing der European Tour zum Standard, das die spektakulären Schlussbahnen am Wasser daraufhin komplett dem West Shore zuführte. Ob dies der Weisheit letzter Schluss ist, steht allerdings noch nicht ganz fest. Bei unserem Besuch gab es bereits Gerüchte, das Routing solle wieder in seinen Ursprungszustand zurückgeführt werden. Verständlich, denn die neue Kursführung führt auf der Scorekarte zu einem Ungleichgewicht: Während der Ostplatz ein Par 73 ist, das das Mittelmeer nur zweimal kurz mittendrin küsst, ist der Westplatz ein Par 70 mit Monotonie zu Beginn, aber einem unglaublichen Spektakel am Ende. Es wäre nur logisch, die Bahnen so zu tauschen, dass in Zukunft die Schlusslöcher beider Plätze auf das Clubhaus zuspielen.

Dieses befindet sich in einem Anbau an einen historischen Sarazenen-Turm aus dem 16. Jahrhundert, der ein weiteres Beispiel für die multikulturelle Geschichte Siziliens ist. Dieser fügt sich mit seinen naturbelassenen Steinen ebenso organisch in die Natur ein wie die 203 Zimmer und Suiten sowie die 20 Privatvillen. Statt hier den Sündenfall vieler Urlaubsorte zu begehen und mit einem Dutzend Etagen hohen Bettenburgen die Umwelt zu verschandeln, wird auf Apartmenthäuser mit gerade mal zwei Stockwerken gesetzt.

Die angenehmsten Orte der Welt:
Wenn sich ein Resort in die Breite statt in die Höhe zieht, bedeutet dies natürlich längere Laufwege. Um den Gästen den Weg zu erleichtern, gibt es Hunderte Leihfahrräder, mit denen man von den stilvoll eingerichteten Zimmern zum Frühstück, Clubhaus und den Tennisplätzen fahren oder einfach auf Radwegen das riesige Resort erkunden kann. Ein Unterfangen, das hier umso mehr Spaß macht, weil auf das Wetter Verlass ist. Von Mai bis Oktober liegen die Temperaturen beständig über 20 Grad Celsius und die Niederschlagsmenge ist so gering, dass Regen eher erfrischend als ein Ärgernis ist - zumal man bei all den sportlichen Optionen ziemlich schnell ins Schwitzen kommt.

Nach der körperlichen Ertüchtigung durch eine Runde Golf, eine Radtour, Tennis und Padel oder ein volles Fitnessprogramm im 170 Quadratmeter großen Gym hat man sich später am Tag ein herzhaftes italienisches Abendessen verdient. Die Wahl fällt bei sieben Restaurants auf den ersten Blick schwer, jedoch gibt es hier am Ende eigentlich nur eine Wahl: eine echte sizilianische Gemüsepizza im "Liolá". Denn wo sonst sollte man eine Pizza Verdura essen, wenn nicht hier im Verdura Resort? Nomen est omen gilt nun mal auch hier.

 
WOHNEN

WOHNEN

VERDURA RESORT

Egal ob Zimmer, Suiten, Villen oder Apartments, im Verdura Resort wird jeder Geschmack bedient. Das gilt auch kulinarisch, immerhin haben Gäste die Wahl zwischen sieben Restaurants. Weil das auf 230 Hektar angelegte Resort entsprechend weitläufig ist, ermöglichen Hunderte kostenlose Leihräder den bequemen Transfer zwischen den diversen Anlaufstationen. Wer danach immer noch nicht ausgepowert ist, kann auf Tennis, Padel, Pickleball, Kajak, Stand-up-Paddling, Basketball und vieles anderes zurückgreifen oder einfach im 4.000 Quadratmeter großen Spa die Seele baumeln lassen.

Golfplätze in der Region

VERDURA EAST LINKS

VERDURA EAST LINKS

18 Löcher, Par 73, 6.763 Meter

Adresse
S.S. 115, km 131
92019 Sciacca AG, Italien
Tel. +39 (0)9.25.998001
www.roccofortehotels.com

Greenfee
140 Euro (Mai bis Juni und Oktober bis Saisonende), 170 Euro (Juli bis September)

Eine Katastrophe erwies sich für den East Course als Segen. 2018 wurden insgesamt 14 Löcher der Anlage überflutet, sodass Kyle Phillips in der Folge zurückkehrte, vier East-Bahnen neu konzipierte und ein neues Routing setzte, das gleich zweimal - an Loch 5/6 und 12/13 - das Mittelmeer besucht. Resultat ist ein Platz, der vom Tee relativ viel Streuung ermöglicht, dafür aber beim Spiel auf die ondulierten, pfeilschnellen Grüns äußerst herausfordernd ist.

Killerloch
Von der 4 bis zur 7 ist Wasser im Spiel, weshalb diese Bahnen trotz ihrer geringen Länge zu den anspruchsvollsten gehören. Ausgerechnet ein Par 3 erweist sich dabei als echter Wadenbeißer: Die 7 ist selbst von Schwarz nur 178 Meter lang; aber wer kurz bleibt, landet entweder im Wasser oder in einem tückischen vorgelagerten Bunker. Überhaupt gibt es in keiner Himmelsrichtung eine sichere Lay-up-Zone, wenn man das Grün verfehlt.
www.roccofortehotels.com/hotels-and-resorts/verdura-resort/

VERDURA WEST SHORE

VERDURA WEST SHORE

18 Löcher, Par 70, 6.766 Meter

Greenfee
140 Euro (Mai bis Juni und Oktober bis Saisonende), 170 Euro (Juli bis September)

Der 2010 von Kyle Phillips gebaute Westplatz führt eigentlich durch den landschaftlich uninteressanteren Teil der Anlage. Das höhere Rough und ein welligeres Gelände sorgen allerdings dafür, dass der sportliche Anspruch ungleich höher ist. Wer dennoch von dem immer gleichen Hintergrund ein wenig eingelullt werden sollte, wird an der 13 wachgeküsst. Die letzten sechs Bahnen verlaufen parallel zum Mittelmeer und setzen einen starken visuellen Reiz nach dem nächsten.

Killerloch
Viel spektakulärer als die 14 kann ein Loch kaum sein, viel schwerer allerdings auch nicht. Das bis zu 436 Meter lange Par 4 führt auf der rechten Seite am Mittelmeer entlang und spielt direkt auf den Sarazenen-Turm aus dem 16. Jahrhundert zu. Die Form des Geländes ist die einer Badewanne, das heißt, man drivt in eine Senke und spielt dann auf ein erhöhtes Grün, was die effektive Länge der Bahn erhöht. Dass in der Mitte noch eine Schlucht zu überwinden ist, macht es nicht gerade leichter.

Featured Stories