

»UM 17:37 UHR ORTSZEIT FEUERT JORDAN SPIETH EIN EISEN 9 IN RICHTUNG ZWÖLFTES GRÜN, UND WAS FOLGTE, WAREN ELF MINUTEN BLANKER HORROR.«
EINE ENGLISCHE 67
Ein Einbruch für die Ewigkeit, wie wir ihn beim Masters 2016 beobachten durften, hat den fahlen Beigeschmack, dass nicht der Gewinner, sondern der ohnehin schon gestrafte Verlierer in die Geschichtsbücher eingeht. Oder erinnert sich noch irgendwer an die Sieger von Carnoustie, Winged Foot oder dem '96er-Masters? Es waren Paul Lawrie, Geoff Ogilvy und Nick Faldo, der heute noch um Anerkennung für die Leistung buhlt, die ihm sein drittes Grünes Jackett bescherte. "Alle sprechen immer von Gregs Einbruch. Es brauchte aber auch jemanden, der eine 67 ins Clubhaus bringt, und ich habe das an diesem Sonntag 1996 getan", lautete seine heutige Einschätzung in einem Einspieler seines Arbeitgebers CBS. Auch Danny Willett spielte in der Finalrunde eine 67 und wurde damit zum zweiten Engländer in der Geschichte des Masters, der den Siegerscheck mit nach Hause nehmen darf.
Ohne ein einziges Bogey notieren zu müssen, navigierte Willett seinen Ball während der Finalrunde über Grüns, die nicht nur Dustin Johnson und Hideki Matsuyama zur Verzweiflung brachten, sondern auch Altmeister Bernhard Langer in seine Grenzen wiesen. Für sein viertes Birdie des Tages hätte Willett keinen besseren Zeitpunkt wählen können. Um 17:34 Uhr fischte er zufrieden grinsend seinen Ball aus dem Loch der 14, gerade rechtzeitig, um Jordan Spieth wissen zu lassen, dass es nun einen ernsthaften Verfolger gab, als dieser sich nach einem Bogey auf der Elf in Richtung zwölften Abschlag begab.

RANDNOTIZEN
"Spannung" war während der 80. Auflage des Masters Tournament ein Fremdwort. Jordan Spieth begann das Turnier mit einer blitzsauberen 66, der besten Runde des Turniers, und schien bis zum späten Sonntagnachmittag auf einer Mission. Er schickte sich an, der erste Golfer in der Geschichte des Sports zu werden, der einen Major-Titel verteidigen konnte und dabei vom ersten Schlag bis zur Siegerehrung das Feld anführte. Wäre ihm das gelungen, hätte das Wort "Dominanz" neu definiert werden müssen.
Dass wir diese Aussage heute im Konjunktiv formulieren müssen, konnte während der ersten drei Runden niemand wissen und so musste man ähnlich wie in der Bundesliga die Spitze ignorieren, um Spannung auszumachen, die es auch vor Sonntag 17:37 Uhr gab.
Da war zum Beispiel Bernhard Langer, der nach drei Runden mit einem Ergebnis von -1 nur vier Schläge hinter dem Führenden lag. Jack Nicklaus gewann sein letztes Masters im Alter von 46 Jahren und noch heute werden deshalb Strassen nach ihm benannt. Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätte ein 58-jähriger Bernhard Langer tatsächlich den Sonntag seines Lebens gespielt. "Ich glaube, ich kann gewinnen. Natürlich liegt es daran, wie die anderen sich schlagen, und ich muss mein bestes Golf spielen", orakelte der zweifache Masters Champion nach Runde drei, wohl wissend, dass Jordan Spieth noch nicht einmal geboren war, als er selbst sein zweites Grünes Jackett gewann. Der zu dieser Zeit Führende erblickte erst drei Monate nach Langers Triumph von 1993 das Licht der Welt. Aus der erhofften besten Runde der Karriere wurde mit einer 79 allerdings ein Tag zum Vergessen.

LEADERBOARD
Pos | Name | Land | R1 | R2 | R3 | R4 | Total | Par |
1 | WILLETT, Danny | END | 70 | 74 | 72 | 67 | 283 | -5 |
T2 | WESTWOOD, Lee | ENG | 71 | 75 | 71 | 69 | 286 | -2 |
T2 | SPIETH, Jordan | USA | 66 | 74 | 73 | 73 | 286 | -2 |
T4 | CASEY, Paul | ENG | 69 | 77 | 74 | 67 | 287 | -1 |
T4 | HOLMES, J. B. | USA | 72 | 73 | 74 | 68 | 287 | -1 |
T4 | JOHNSON, Dustin | USA | 73 | 71 | 72 | 71 | 287 | -1 |
T7 | FITZPATRICK, M. | USA | 71 | 76 | 74 | 67 | 288 | E |
T7 | KJELDSEN, Søren | DEN | 69 | 74 | 74 | 71 | 288 | E |
T7 | MATSUYAMA, H. | JPN | 71 | 72 | 72 | 73 | 288 | E |
T10 | ROSE, Justin | ENG | 69 | 77 | 73 | 70 | 289 | 1 |
T10 | BERGER, Daniel | USA | 73 | 71 | 74 | 71 | 289 | 1 |
T10 | MCILROY, Rory | NIR | 70 | 71 | 77 | 71 | 289 | 1 |
T10 | SNEDEKER, Brandt | USA | 71 | 72 | 74 | 72 | 289 | 1 |
T10 | DAY, Jason | AUS | 72 | 73 | 71 | 73 | 289 | 1 |
Und so war die Bühne bereit für den finalen Showdown. Die Patrons auf der 16 hatten sich warm gejubelt, und als kurze Zeit später Danny Willett an gleicher Stelle sein fünftes Birdie des Tages spielte und mit drei Schlägen in Führung ging, gab es kein Halten mehr.
DOPPELTES GLÜCK
Aus Dannys Junggesellenparadies von 2011 ist mittlerweile ein Familienheim geworden. Zwölf Tage vor Willetts Triumph in Augusta kam sein Sohn Zachariah James Willett zur Welt. Der erwartete Geburtstermin wäre laut Ärzten eigentlich der 10. April 2016 gewesen: Masters-Sonntag. "Ich habe immer gesagt, dass ich nicht hierher kommen würde, wenn er noch nicht geboren worden wäre", erzählte Danny nach der Runde. "Glücklicherweise hat er meine Gebete erhört und sich entschlossen, etwas früher zu kommen. Das waren die überwältigendsten zwölf Tage meines Lebens. Worte können nicht beschreiben, was ich im Moment fühle, und sie können noch viel weniger das Gefühl vergangenen Dienstag beschreiben, als ich etwas in den Arm nehmen konnte, das meine Frau und ich geschaffen hatten. Es ist einfach unglaublich surreal."
Danny Willett war der letzte Spieler, der sich für das Masters 2016 anmeldete, und er war der letzte, der am Sonntag die Anlage verließ. Jordan Spieth bestieg bereits um 20:01 Uhr ein Mercedes SUV und wollte nur noch weg. "Das mit ansehen zu müssen war einfach scheiße", sagte sein Mitspieler Smylie Kaufman währenddessen und kein Amerikaner auf der Anlage wollte widersprechen.