Während Reed ein Fairway hinter uns seine Horrorshow abzieht, verfolgen wir am Samstagnachmittag Martin Kaymer und Sergio García, die mit ihren Gegnern Phil Mickelson und Matt Kuchar alle Hände voll zu tun haben. Nach einem miesen Abschlag an der 16 hat Mickelson keine andere Wahl, als seinen Ball vor dem Wasser abzulegen und das Par 5 erst mit dem dritten Schlag zu attackieren. An seiner Frau Amy ist dieser für ihren Mann ungewöhnliche Spielzug auch aufgrund ihrer geringen Körpergrösse, bei der jede Bunkerkante das Sichtfeld extrem einschränkt, vorbeigegangen. Irritiert, keinen Ball auf dem Grün zu sehen, wendet sie sich an uns: "Wo liegt Phils Ball?" - "Er hat vorgelegt und liegt mitten im Fairway", geben wir Auskunft und unserem Gegenüber steht die Überraschung ins Gesicht geschrieben. "Er hat vorgelegt? Tatsächlich?", wiederholt sie halb zu sich selbst und murmelt: "Gut für ihn!" Nicht nur gut für Mickelson, sondern gut für Team USA, denn "Lefty" und Kuchar verteidigen durch selbstloses Spiel ihre knappe Führung und gewinnen ihr Match auf dem 17. Grün mit 2&1. 9,5 zu 6,5 steht es wenige Minuten später, und obwohl der Rückstand ein wenig knapper ist als vor vier Jahren, haben wir keine Hoffnung auf ein Medinah 2.0. Wenn selbst Phil Mickelson vorlegt, dann hat in diesem amerikanischen Team jeder seine Rolle gefunden und spielt sie zur Perfektion.


»WIE MEIN RYDER CUP WAR? SCHEISSE! SOLL ICH MEINE ANTWORT AUSFÜHRLICHER GESTALTEN? RICHTIG SCHEISSE! Danny Willett«
DAVID JOHNSON HAT DAS LETZTE WORT
Als Patrick Reed auf dem ersten Grün am Sonntag einen Putt zu einem nach dem missratenen Abschlag äußerst unwahrscheinlichen Par locht, um das Auftaktloch doch noch zu teilen, wird klar, dass die Beschreibung "Feuerwerk" eine sagenhafte Untertreibung war. Von Loch 5 bis Loch 8 legen die beiden Superstars einen Zwischenspurt von insgesamt 9 (!) unter Par auf fünf Löchern hin, und nachdem auf Loch 8 zwei unglaubliche Birdie-Putts ins Loch fallen, haben nicht nur die beiden Kontrahenten, sondern auch alle Zuschauer rund ums Grün eine gemeinschaftliche außerkörperliche Erfahrung. Noch nie haben wir Profigolfer und Zuschauer derartig ekstatisch aus der Haut fahren sehen, und als das Loch geteilt ist, zeigen McIlroy und Reed mit einer freundschaftlichen Ghettofaust, in welchem Spirit diese Matches gespielt werden. Nach zu vielen unflätigen Zwischenrufen randvoll abgefüllter Zuschauer in den vergangenen Tagen hat die PGA nicht nur erneut auf halbwegs zivilisiertes Benehmen hingewiesen, sondern verfolgt seit Samstagnachmittag auch jeden Störer mit eiserner Härte. Die Anzahl der Platzverbote ist beachtlich und zeigt Wirkung, denn auf jeden Zwischenrufer kommen heute mindestens 100 Fans, die den Marshalls helfen, den Suffkopp und Störenfried ausfindig und unschädlich zu machen. Leidtragende dieses neu entwickelten Respekts für die europäischen Spieler im Speziellen und der menschlichen Umgangsformen im Allgemeinen ist Paulina Gretzky. Dustin Johnsons bessere Hälfte verfügt über einen Körperbau, der selbst Kate Moss in ihren magersten Zeiten als übergewichtig verspottet hätte. Da nun die Schmährufe in Richtung Rory McIlroy, Sergio García & Co. ausbleiben, entsteht zwischen den einzelnen Schlägen eine Stille, in der neidvoll abwertende Kommentare der Partnerinnen der einst pöbelnden Fans mehr als deutlich zu hören sind. "Sie ist viel zu dünn! Das sieht extrem ungesund aus" und "Oh Gott! Ich wusste ja nicht, dass Paulina so einen knöchrigen Arsch hat" sind noch die netteren Kommentare, die Paulina zu hören bekommt, während sie ihrem Mann bei der Arbeit zusieht.


Als die Amerikaner um Captain Davis Love III noch Champagner über die Menschenmenge spritzen, möchte in der Pressekonferenz des unterlegenen Teams ein amerikanischer Kollege von Willett wissen, wie er nach den Kommentaren seines Bruders und drei deutlichen Niederlagen seinen ersten Ryder Cup beschreiben würde. "Scheiße!", ist seine knappe Antwort, und als die Folgefrage etwas auf sich warten lässt, fügt er hinzu: "Soll ich meine Antwort ausführlicher gestalten? Richtig Scheiße!"
