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Das Projekt

Kampf mit dem Monster

Von Rüdiger Meyer, Fotos: Marvin Sedelies

Im Pro-Am der European Open stellt sich unser Golfquereinsteiger Marc Zimmermann seinem bislang härtesten Test: dem Nordkurs von Green Eagle.

Bei einem Pro-Am-Turnier haben Amateurspieler ein komfortables Sicherheitsnetz, schließlich wird im sogenannten Modified-Tour-Scramble-Format gespielt. Alle drei Amateure und der sie begleitende Professional schlagen ab und erst von der Stelle des besten Drives - im Regelfall also dem des Pros - spielen alle Amateure mit ihrem eigenen Ball das Loch zu Ende. Entsprechend entspannt geht Marc Zimmermann am Vortag der European Open in Winsen an der Luhe auf das erste Tee. Zwar wird sich bereits in zwei Monaten im dänischen Esbjerg zeigen, ob er wirklich das Zeug hat, um einen Cut auf der Ecco Tour zu schaffen, doch bei der Generalprobe auf dem ehrfürchtig "Monster" genannten Nordplatz von Green Eagle wähnt er sich im Besitz von zwei Mulligans. Der eine sind die für Amateure vorgesehenen gelben Abschläge, der andere heißt Freddy Schott.

Der Düsseldorfer ist beim Pro-Am dem Team von Marc zugeteilt worden und gehört mit einer durchschnittlichen Abschlagslänge von 320 Yards zu den zehn Längsten auf der DP World Tour. Doch als er erfährt, auf welch ambitionierter Mission sich sein Mitspieler befindet, beschließt Schott, den 29-Jährigen einmal richtig auf das Abenteuer Profi-Golf vorzubereiten. Als Marc seinen Ball zwischen den gelben Abschlagsmarkierungen aufteet, klopft Freddy ihm auf die Schulter und zeigt amüsiert nach hinten auf die Abschläge für die Professionals. Wenn er schon bei den Großen mitspielen will, soll Marc das Monster gefälligst ohne Netz und doppelten Boden besiegen - und zudem noch jeden Schlag auf den 18 Löchern mit seinem eigenen Ball spielen. Auf einem Platz, wohlgemerkt, auf dem einen Tag später der dänische Weltklassespieler Rasmus Højgaard mit einer 80 zurechtgestutzt wird.

"Ich habe Marc schon auf dem zweiten Tee gesagt, dass es hier einfach echt schwierig ist", verrät uns Freddy Schott auf der Runde. "Der Nordkurs von Green Eagle ist gebaut, um auf die Fresse zu kriegen. Der Inhaber Michael Blesch möchte, dass wir eine Woche haben, in der wir richtig kämpfen, und genau das bekommt Marc zu spüren. Er kämpft hier heute ums sportliche Überleben. Und das ist natürlich etwas anderes als das, was er in Esbjerg haben wird."

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MARCS ZIEL IST SEHR AMBITIONIERT. WENN ER NORMAL PUTTET, WIRD ER WAHRSCHEINLICH SCHEITERN.
FREDDY SCHOTT
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Erschwerend kommt hinzu, dass Marc in Vorbereitung auf seinen Profistart vorsichtshalber auf einen seiner zuverlässigsten Helfer verzichtet. Weil die Regelkonformität von Entfernungsmessern im Profisport von der Ausschreibung des Turniers abhängig ist, lässt Marc seinen Garmin Approach Z82 schweren Herzens im Bag und verlässt sich bei den Entfernungen auf seine zwei anderen Freunde: zum einen Coach und Mentor Bernd Ritthammer, der auch diesmal wieder als sein Caddie fungiert, zum anderen die Garmin Approach S70. Während der Runde geht Marcs Blick immer wieder auf die Uhr, die ihm nicht nur die Zeit, sondern auch zuverlässige Längenangaben bis Mitte, Anfang und Ende des Grüns liefert.

Wie gut dies funktioniert, zeigt sich spätestens an Loch 17, als Freddy Schott kurzerhand eine Challenge ausruft. Hier, wo die Profis während des Turniers einen Porsche für ein Hole-in-one absahnen können, soll sich Marc im Nearest-to-the-Pin-Wettbewerb mit Schott bewähren. Der Profi legt vor und trifft souverän das Grün, ist aber dennoch nicht ganz zufrieden mit seinem Schlag. "Die Tür ist einen Spalt offen", scherzt Schott noch gut gelaunt. Doch als Marc tatsächlich durchgeht und seinen Ball näher an der Fahne platziert, ist der 106. im Race to Dubai verblüfft. "Marc ist gut unter Druck, wie ich jetzt gesehen habe. Das zeichnet ihn aus", lobt Schott nach der Runde.

Der gelungene Abschluss kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass der ambitionierte Amateur auf den Löchern davor kräftig Lehrgeld zahlt. Wie jeder Hobby-Golfer ist Marc auf der Driving Range noch optimistisch, schließlich fliegen die Drives und Eisenschläge mit perfekter Flugkurve und ohne große Längenfluktuation an ihr Ziel, wie auch der Blick auf seinen schnell zur Kontrolle aufgebauten R10-Launch-Monitor belegt. Doch auf der Runde ist es ein anderes Bild. Gleich der erste Drive kurvt zu weit nach links, sodass der Schlag ins Grün des kurzen Par 4 vom Waldrand geblockt wird. Und im weiteren Verlauf der Runde findet sich Marc öfter im Sand als David Hasselhoff in "Baywatch".

Das Projekt:
An Bahn 6 wird ihm der riesige Cross-Bunker zum Verhängnis, ein Loch später betreibt er Bunker-Hopping vom rechtsseitigen Fairway- zum Grünbunker und an der 8 pusht Marc sein Eisen nach rechts und erwischt das hintere Sandhindernis, aus dem er zu wenig Spin generiert und den Ball nicht nah genug an der Fahne zum Halten bringen kann: Doppel-Bogey! Freddy Schott diagnostiziert bei Marcs Bunkerspiel daher konsequenterweise auch noch etwas Sand im Getriebe: "Auf den Plätzen, die er bisher gespielt hat, gibt es keine Bunkerschläge auf kurz gesteckte Fahnen. Daran würde ich an seiner Stelle noch mal arbeiten, auch um einfach mehr Selbstbewusstsein zu entwickeln."

Ein anderes Problem identifiziert der gestandene Profi beim Course Management. Als Marc nach einem guten Abschlag an Bahn 9 sein Fairwayholz zückt und eine aggressive Linie über das Dogleg wählt, findet er seinen Ball erst nach intensiver Suche im Schilf wieder. Ein vermeidbarer Fehler. "Spielstrategie ist superwichtig, darüber habe ich auch mit ihm gesprochen", weiß Schott. "Über gutes Course Management kannst du dir auf einer normalen Runde mindestens drei Schläge einsparen und ich bin mir ganz sicher, dass Bernd ihn später in Esbjerg als Mentor gut über den Platz führen wird."

Nicht nur deshalb ist Freddy Schott zuversichtlich, dass Marc sein großes Ziel, den Cut auf der Ecco Tour zu schaffen, erreichen kann. "Marcs Spiel hat mir insgesamt sehr gut gefallen. Vor allem seine Abschläge sind solide und eine absolute Stärke in seinem Spiel", lobt er. Zwar hätte Marc mit seinen 15 über Par aus dem Pro-Am keine Chance gehabt, in Green Eagle das Wochenende zu erreichen, aber das Niveau auf der DP World Tour ist schließlich noch einmal deutlich höher als das auf der Ecco Tour - und vieles wird einfach auch darauf ankommen, ob sein Putter in Dänemark so stark glüht wie der Praktikant auf dem Weihnachtsmarkt.

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Marcs Ziel ist sehr ambitioniert. Wenn er normal puttet, wird er wahrscheinlich scheitern. Sollte er jedoch sein langes Spiel zusammenhalten und dazu noch gut putten, hat er meiner Meinung nach eine Chance", prognostiziert Freddy Schott. Deshalb gibt er seinem ehemaligen Profi-Kollegen Bernd Ritthammer und dessen ehrgeizigen Schützling auch noch einen guten Trainings-Tipp für die folgenden Wochen mit auf den Weg: "Es kommt auf die Kleinigkeiten an und dazu gehört nun mal auch, ein konstantes Putt-Training durchzuziehen. Das ist eine Sache, die nicht immer so viel Spaß macht. Aber wenn er die Arbeit reinsteckt und es wirklich will, kann Marc meiner Meinung nach sein Ziel schaffen. Gutes Putten kann aus einer Runde von 4, 5 oder 6 über Par schnell eine 1 oder 2 über Par machen, was in der Gesamtwertung einen riesigen Unterschied machen wird."

Beim Pro-Am waren das Putten und dementsprechend auch das Ergebnis für Marc ernüchternd: Er hat sich dem Monster gestellt und wurde in die Flucht geschlagen. Doch ein essenzieller Teil der Heldenreise ist es, nach Niederlagen wieder aufzustehen. Eine Lehre, die jeder Film- und Theaterliebhaber ebenso verinnerlicht hat wie die Maxime, nur eine misslungene Generalprobe garantiere eine erfolgreiche Premiere. Die folgt am 30. Juli in Esbjerg und wird auch von Freddy Schott mit Neugier verfolgt: "Ich drücke Marc auf jeden Fall beide Daumen!"

 
Steckbrief

Steckbrief

NAME
Marc Zimmermann

JAHRGANG
1995

WOHNORT
Bielefeld

HCP
2,1

LIEBLINGSVEREIN
Hamburger SV

MARC SOCIAL MEDIA
@outdoorburscheofficial

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