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Der Blick des Architekten

Geld spielt keine Rolle

Von Tony Ristola, Fotos: Tony Ristola

Unser Kolumnist hat bereits mehrere Golfplätze mit Budgets realisiert, für die grosse Country Clubs ihre Parkplätze bauen. Doch oft sind es gerade die fehlenden Geldmittel, die zu kreativen und spielerisch spannenden Lösungen führen.

Bild oben: GOLFCLUB "ZUM FISCHLAND"
Im Hinterland der Ostseeküste in Mecklenburg-Vorpommern kann dieses mit minimalem Budget realisierte Neunlochdesign für unter 50 Euro gespielt werden. Auch wenn die Bunker ihren einstigen Reiz verloren haben, sind die Designs der Grünkomplexe immer noch eine Wucht.


In den USA gilt der Winter Park Golf Course, ein relativ kurzer öffentlicher Neunloch-Golfplatz in kommunalem Besitz, dessen Geschichte bis ins Jahr 1914 zurückreicht, als geradezu vorbildliches Renovierungsprojekt. Der Platz wurde von der Presse und Liebhabern guter Golfarchitektur über den grünen Klee gelobt und sogar bereits auf dem Golf Channel vorgestellt. Für etwas mehr als eine Million Euro wurde der 2.270 Meter lange Par-35-Platz von zwei praxisnah arbeitenden Designern neu gestaltet und umgebaut. Dabei wurden neun neue Grüns geschaffen, 23 Bunker angelegt, der gesamte Platz neu mit Gras eingesät und ein neues Bewässerungssystem installiert.

Bemerkenswert ist vor allem, was der Platz nicht hat - und was die Kosten niedrig hält: Es gibt keine Teiche, Seen, Wasserfälle oder Brunnen. Es gibt keine befestigten Wege für Golfcarts, kein großflächiges Modellieren des Geländes und keine künstlichen Hügel. Der Platz liegt sanft in der flachen Landschaft Floridas und das einzige zugeführte Material war Sand - für die 30 Zentimeter starke Sandschicht unter den Grüns und für die Bunker.

In Robert Price' Buch "Scotland's Golf Courses" aus dem Jahr 1991 geht es unter anderem um die Geologie der schottischen Golfplätze - dabei lässt der Autor eine interessante Bemerkung fallen. Er behauptet, ein Golfplatz könne immer noch für einen lächerlich geringen Betrag von 50.000 Britischen Pfund gebaut werden - was heute etwa 225.000 Euro entspricht. Bei vergleichbaren Voraussetzungen wäre das auch in Deutschland möglich.

Auf dem richtigen Gelände könnte man in Deutschland mit der Million Euro, die Winter Park investierte - wie von Robert Price angemerkt - gleich mehrere Neunlochplätze realisieren. Ich weiß das aus eigener Erfahrung, denn ich habe das zu Beginn meiner Karriere mehrfach geschafft. Und die Rede ist hier nicht von minderwertigem Golf.

Der Golfclub "Zum Fischland", ein Neunloch-Golfplatz im mittlerweile 28. Jahr seines Bestehens, war eines dieser Projekte. Ursprünglich war der Platz als Provisorium gedacht: für die temporäre Nutzung gebaut mit dem Ziel, nach dem Bau des 18-Loch-Platzes teilweise einem Clubhaus, Hotel und Parkplatz zu weichen. Der verbleibende Teil sollte in einen Par-3-Platz oder eine Kurzspiel-Übungsanlage umgewandelt werden.

Ich sagte den Entwicklern damals: "Selbst wenn der Platz nur vorläufig ist, lasst uns das kleine Budget nutzen, um etwas Qualitatives und Interessantes zu schaffen, etwas, das den Golfern einen Vorgeschmack auf das vermittelt, was sie künftig erwartet" - auch wenn das Konzept für die zukünftigen 18 Löcher völlig anders sein sollte, nämlich großflächig, breit, mit sanften Wellen und ausgedehnten sandigen Waste Areas. Leider verstarb einer der Partner, bevor die Vision des 18-Loch-Platzes verwirklicht werden konnte. Nicht jedoch, bevor der "provisorische" Platz gebaut war.

Das Grundstück umfasst etwa 17 Hektar und entspricht damit fast genau der Größevon Winter Park, ist in mancher Hinsicht jedoch besser: Es ist rechteckig geschnitten und es säumen keine Häuser den Platz, wie es in Florida oftmals der Fall ist. Außerdem liegt der Platz größtenteils auf sandigem Untergrund. Während in Florida Sand für die Grüns importiert wurde, bestehen alle Putting-Flächen in "Fischland" aus natürlichem, vor Ort vorhandenem Material.

Die sandbasierten Grüns sind klassisch gestaltet und auf gute Oberflächenentwässerung ausgelegt. Eine alte Technik zur Erzeugung einer Illusion von Höhe wurde an mehreren Grüns eingesetzt: Dabei wird Sand vor dem oder seitlich vom Grün entnommen, um die Putting-Fläche zu formen. Durch das Absenken der direkten Umgebung wirkt das Grün höher gelegen.

Es wurden 40 Bunker von winzig bis groß gebaut. Ziel war es wie beim gesamten Platz, Vielfalt und spielerische Spannung zu schaffen. Damals galten diese Bunker als die schönsten im Land und machten den Platz zum ersten "Moderne Ära"-Kurs mit dem rustikalen Look der 1920er-Jahre. Leider vermietete man den Platz nach dem Tod des Partners an einen Betreiber, der sämtliche Details der Bunker beseitigte - Details, an denen ich mit zwei Helfern einen ganzen Monat lang gearbeitet hatte. Hätte der Betreiber etwas vom Golfsport verstanden, hätte er erkannt, dass solche Bunker sogar einfacher zu pflegen sind. Doch Ende der 1990er war dieser klassische Bunker-Stil in Deutschland weitgehend unbekannt und so wurde dieses besondere Merkmal bedauerlicherweise zerstört. Die strategische Wirkung der Bunker bleibt jedoch bis heute bestehen.

Der Blick des Architekten:

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ALLES IN ALLEM WÜRDE ES MICH WUNDERN, WENN DER BAU VON ,FISCHLAND' MEHR ALS 200.000 EURO GEKOSTET HÄTTE.
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Bild oben: NUTZEN, WAS VORLIEGT
Um kein unnötiges Geld für zusätzliches Bodenmaterial auszugeben, wurden im GC "Zum Fischland" die Bereiche rund um die Grüns abgetragen, um so nicht nur die Putting-Flächen aufzuschütten, sondern den Effekt eines erhöhten Grüns zu verdoppeln.


Da der Platz keine Fairway-Bewässerung hatte, wurde das gesamte Gelände ein Jahr vor Baubeginn eingesät, noch bevor die Baugenehmigung vorlag. Als die Entwickler schließlich grünes Licht erhielten, waren die Fairways bereits eingewachsen und spielbereit. Danach bauten wir die Grüns, Abschläge und Bunker und installierten die Bewässerung. Sobald die Grüns eingewachsen waren - was je nach Witterung 12 bis 20 Wochen dauert -, war der Platz bereit für die Eröffnung.

Was dem "Fischland" fehlt, ist eine automatische Beregnungsanlage für die Grüns. Zwar gibt es eine Bewässerung, aber diese ist nur rudimentär. Ein erfahrener Head-Greenkeeper sagte mir einmal: "Das ist ideal - es verhindert Überwässerung." Es half zudem, die Baukosten niedrig zu halten, denn die Beregnung ist immer einer der teuersten Posten - wahrscheinlich verschlang sie bei Winter Park bis zur Hälfte des Budgets. In Florida musste man diesen Kompromiss eingehen, da eine Bewässerung unverzichtbar ist. Viele Regionen Deutschlands können dagegen ohne Fairway-Bewässerung auskommen. Und der Golfclub "Zum Fischland" zeigt, dass selbst eine einfache Grundversorgung der Grüns ausreichen kann.

Die Fairways werden in Hitze- und Dürreperioden braun, genau wie auf berühmten Links-Plätzen. Das wurde bei der Gestaltung berücksichtigt, denn alle Grüns sind so angelegt, dass man die Annäherungsschläge auch über den Boden "hineinrollen" lassen kann - auch wenn das beim 125 Meter langen Loch 5, das wie eine Kanzel angelegt ist, durchaus eine Herausforderung darstellt.

Das Design von "Fischland" bietet trotz der Kürze alle möglichen Schläge. Die zwei Par-5-Löcher, jeweils etwa 445 Meter lang, verlaufen in entgegengesetzte Richtungen. Mit dem stetigen Küstenwind ist zumindest eines der beiden mit zwei Schlägen erreichbar - das andere eher nicht. Doch selbst wenn man das Grün angreifen kann, birgt ein Fehlschlag zur Seite ernste Probleme beim Zurückspielen. Ein Fehlschlag nach rechts an Loch 4 etwa führt direkt zu einem Strafschlag. In solchen Situationen ist es besser, vor dem Grün zu bleiben und auf ein gutes kurzes Spiel für ein Birdie zu setzen.

Da "Fischland" auf einem flachen Grundstück liegt, sah ich keinen Grund, formale Teeboxen zu bauen. Inzwischen wurden diese nachträglich hinzugefügt. Ich wünschte, man hätte mich dafür nach einer möglichen Lösung gefragt: Eine intensive Belüftung des Bodens kombiniert mit kontinuierlichem leichten Sanden hätte den natürlichen Boden innerhalb von nur wenigen Jahren auf Abschlagniveau gebracht. Ich kenne Beispiele, wie sich Annäherungsflächen zu Grüns mit dieser Methode fast in Grünqualität verwandelt haben.

"Zum Fischland" misst insgesamt "nur" 2.571 Meter und spielt sich als Par 35. Doch diese Anlage ist genau die Art Golfplatz, die ein lokal engagierter Förderer oder eine kleine Schar von Mitgliedern auf die Beine stellen kann, ohne ein Vermögen auszugeben. Auch wenn ich keine exakten Zahlen kenne: Der Bau des Platzes dauerte sieben Wochen mit einem kleinen Bulldozer, Bagger und einem Bunkerrechen - eine Woche weniger als das einzelne neue Loch, das ich gerade in Island entwerfe und baue! Ein Landwirt half uns, Material zu transportieren, um ein paar Grüns mit dem besten Sand zu verbessern, und das Feintuning der 40 Bunker nahm weitere vier Wochen in Anspruch. Alles in allem würde es mich wundern, wenn der Bau von "Fischland" mehr als 200.000 Euro gekostet hätte.

Wie ich seit Jahrzehnten sage: Deutschland ist vielleicht das beste Land der Welt, um hochwertige Golfplätze - oder Golfanlagen jeglicher Qualität - kosteneffizient zu bauen. In vielen Regionen sind die Bedingungen geradezu ideal: Böden, Topografie, Klima und Vegetation bilden das Fundament. Wenn man sich dann auf das Wesentliche konzentriert - gute Routing-Führung, interessante Grüns und Bunker oder kostengünstige natürliche Elemente, die strategisches Spiel ermöglichen und Löcher voneinander unterscheiden -, ist das Ziel erreicht. Bewässerungssysteme können einfach gehalten werden, und wenn man auf den Bau großer Seen, künstlicher Wasserfälle, Inselgrüns, übertriebener Hügelmodellierungen und anderer teurer Gimmicks verzichtet, kann Golf für einen Bruchteil der üblichen Kosten entstehen. "Fischland" wird vielleicht keine Preise gewinnen, aber es ist Golf, wie die Schotten es kennen, respektieren und genießen würden.

 
Der Autor

Der Autor

Tony Ristola, ein Amerikaner mit finnischen Wurzeln, kann nicht nur Golf spielen - er war als Teaching- sowie Playing-Pro aktiv -, sondern fand in der Golfplatzarchitektur seine wahre Bestimmung. Zusammen mit Arbeitern, von denen die meisten noch nie einen Golfplatz gesehen hatten, schuf er mit Sand Valley in Polen sein erstes, international gefeiertes 18-Loch-Layout. Als einziger Golfplatzarchitekt garantiert er, jeden einzelnen Tag der Planungs- und Bauphase einer neuen Anlage vor Ort zu sein. www.tonyristola.com

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