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Der Blick des Architekten

Teeboxen - der künstlichste Teil jedes Golfplatzes

Von Tony Ristola, Fotos: Tony Ristola

Hier fängt alles an: Unser Kolumnist weiss, warum ein sehr oft übersehener Aspekt der Golfplatzarchitektur, nämlich die Abschläge, so entscheidend zur Qualität eines Platzes beiträgt.

Bild oben: GOLFCLUB GUT HAHUES ZU TELGTE, Loch 2, Par 3, 144 Meter
Der Bau dieses Tees erforderte eine massive Menge Material, um das Gelände plan zu machen. Die Teebox ist nicht nur groß (30 m x 25 m), sondern auch zweistufig mit einem Höhenunterschied von anderthalb Metern. Durch den Wasserspiegel, der mehr als einen Meter unter dem ursprünglichen Gelände liegt, wirkt das Tee besonders hoch. Das Grün ist 43 Meter tief, was es ermöglicht, dass das Loch von 105 bis 165 Metern und aus verschiedenen Winkeln gespielt werden kann. Das linke Front-Tee ist so positioniert, dass kein Carry-Schlag nötig ist.


Grüns, Bunker, Fairways und andere natürliche Features können einen Golfplatz erheblich aufwerten. Abschläge hingegen sind augenscheinlich künstliche Eingriffe in jede natürliche Landschaft. Sie sind im Grunde genommen wie kleine Parkplätze, und wenn sie unbedacht platziert, entworfen und gebaut werden, wirken sie wie ein Schandfleck und mindern das Golferlebnis.

Meine Philosophie bezüglich der Teeboxen ist einfach: Wenn der gesamte Golfplatz in einer Semi-Rough-Höhe geschnitten wäre, hätte man Schwierigkeiten, die Abschläge zu finden. Sie würden einfach in der Landschaft verschwinden. Natürlich ist dies auf den meisten Grundstücken nicht zu 100 Prozent umsetzbar. Manchmal macht die Topografie dies völlig unmöglich, aber selbst in diesen Fällen können gut sichtbare Abschläge ein elegantes und zeitloses Erscheinungsbild haben.

Wie bei allem in der Golfarchitektur ist das Platzieren und Bauen wirklich guter Teeboxen eine Kunst. Je mehr Gedanken und Sorgfalt der Architekt investiert, desto besser ist das Ergebnis. Vier grundlegende Elemente spielen dabei eine Rolle: Form, Größe, Erhebung und Position.

Der Blick des Architekten:

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MEINE PHILOSOPHIE BEZÜGLICH DER TEEBOXEN IST EINFACH: WENN DER GESAMTE GOLFPLATZ IN EINER SEMI-ROUGH-HÖHE GESCHNITTEN WÄRE, HÄTTE MAN SCHWIERIGKEITEN, DIE ABSCHLÄGE ZU FINDEN.
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Bild oben: FORMSACHE
Quadratisch, rund und in freier Form. Letzteres kann gedreht werden und funktioniert immer noch gut. An Par-3-Bahnen können Abschläge auch breiter oder schräg gestaltet werden, damit die Golfer nicht über eine Masse von Divots schlagen müssen.


1. FORM


Teeboxen können rechteckig, oval, rund oder frei geformt sein. Der neueste Trend besteht darin, Abschläge rechteckig mit scharfen 90-Grad-Ecken zu gestalten. Das kann an der richtigen Stelle gut funktionieren, aber rechteckige Teeboxen sind nicht nur aufwendiger in der Pflege, sie müssen zudem genau ausgerichtet sein.

Runde Abschläge sagen mir kein bisschen zu, weil sie unnatürlich wirken. Flacht man eine Seite des Kreises jedoch ab, wirkt alles plötzlich ganz natürlich und auch die Pflege wird spürbar einfacher.

Freiform-Abschläge haben Vorteile, insbesondere auf Par-3-Löchern. Bei anderen Abschlagsformen auf Par-3-Löchern (es sei denn, sie sind sehr groß) spielt man fast immer über die Divot-Spuren der letzten Wochen, während Freiform-Teeboxen es ermöglichen, die Teemarker seitlich zu verschieben. Das hilft nicht nur gegen unschöne Divots, sondern ändert auch den Winkel des Spiels und bringt Abwechslung in jedes Par 3.

2. GRÖSSE


Die Größe eines Abschlags hängt hauptsächlich von der Anzahl der Runden ab, die im Jahr auf einem Platz gespielt werden. Es macht also keinen Sinn, ein separates Backtee, das selten genutzt wird, so groß zu bauen wie einen Abschlag, der 80 Prozent des Spielverkehrs sieht. Vordere Abschläge benötigen in der Regel ebenfalls weniger Platz, da sie geringer beansprucht werden und die Spieler, die diese Abschläge nutzen, den Rasen meist weniger stark strapazieren.

Auf Par-3-Löchern sollten die Abschläge mindestens doppelt so groß sein, damit sich das Gebiet vollständig von den Divots erholen kann, bevor es erneut genutzt wird. Generell ist es ratsam, Abschläge eher größer als kleiner zu bauen. Wenn Kosten gespart werden müssen, kann man die Größe des Abschlags durch das Mähen reduzieren. Wird dann durch hohes Spielaufkommen mehr Platz auf dem Abschlag benötigt, ist es einfach eine Frage des Mähens, die Fläche zu vergrößern.

Der Blick des Architekten:
Bild oben: GOLFCLUB EMSTAL, Loch 6, Par 5, 446 Meter
Durch einen Aushub vor dem Abschlag wird die Illusion erzeugt, er wäre erhöht. Diesen Trick habe ich in unterschiedlichen Ausprägungen auch bei den Löchern 4, 5, 10 und 11 angewandt. Es wurden 40 Zentimeter bis zu mehreren Metern vor den Tees entfernt, während das Tee selbst auf ursprünglicher Höhe blieb. Das vor den Tees aus gehobene Material habe ich in der Nähe für andere Baumaßnahmen verwendet - eine Win-win-Situation.


3. ERHEBUNG


Manche Abschläge erfordern eine leichte Erhöhung, um die Sichtlinie zu verbessern oder zu verhindern, dass sich dort Wasser sammelt. Aber wenn der Abschlag auf einem Gelände ohne Sicht- oder Oberflächenwasserprobleme liegt, baue ich ihn gerne auf dem bestehenden Niveau. Dies ist nicht nur kostengünstiger, ich finde solche Abschläge auch weniger aufdringlich und eleganter.

Wenn man verhindern möchte, dass Wasser über die Teebox fließt: Wasser ist träge und fließt nicht bergauf, daher benötigt man nur eine Erhöhung von 15 Zentimetern, um Wasser abzuleiten. Das macht es einfach, den Abschlag nahtlos in die Umgebung zu integrieren. Natürlich können Abschläge auch um mehrere Meter erhöht werden, wenn gewünscht. Es ist nur eine Frage, wie viel Erde man bewegen und wie viel Geld man ausgeben möchte.

Als ich vor über 30 Jahren als Teil eines Teams an einem teuren Resort-Projekt in Mexiko mitarbeitete, stattete uns der Stararchitekt einen seiner seltenen Besuche während der Bauphase ab. Unter den vielen Änderungen an bereits nach Plan durchgeführten Arbeiten wollte er einen Abschlag, der bereits um etwa 1,70 Meter erhöht war, um weitere 30 Zentimeter anheben lassen. Mein Mitbewohner war für dieses Projekt verantwortlich und sagte zu mir: "Ich werde die Teebox nicht erhöhen." Ich war überrascht und er fuhr fort: "Um das zu tun, müsste ich jede Menge Erdreich heranschaffen, um die Oberseite des Abschlags zu erhöhen, die Böschungen anzugleichen und alles neu zu verdichten und zu formen. Das ist eine Menge Arbeit für 30 Zentimeter. Stattdessen werde ich den Bereich vor dem Abschlag um mehr als 30 Zentimeter absenken und dieses Material dünn auf das Fairway schieben. Sie werden den Unterschied nicht bemerken." Er sollte recht behalten, niemand bemerkte diese List. Das Absenken vor dem Abschlag schuf eine optische Täuschung, die den Abschlag höher erscheinen ließ. Diesen Trick habe ich seither oft auf flachem Boden verwendet, um Abschläge auf ursprünglichem Niveau erhöht erscheinen zu lassen, obwohl sie es nicht sind, und sie so nahtlos in die Umgebung einzufügen.

4. AUSRICHTUNG


Mit der Ausrichtung jedes Abschlags steuert der Architekt nicht nur die Perspektive der Golfspieler, er offenbart auch seine Strategie für jede Spielbahn.

Von den hinteren bis zu den vordersten Teeboxen betrachtet verkürzen sich nicht nur die Löcher, kürzere Teeboxen neigen auch dazu, die Winkel von Doglegs abzumildern, erforderliche Carry-Längen zu reduzieren oder zu eliminieren und Gefahren weniger konfrontativ erscheinen zu lassen. Es gibt dafür keine feste Formel, sondern erfordert lediglich viel Überlegung vom Architekten: Wie wird das Loch für jede Spielklasse gestaltet, sodass es am angenehmsten, herausfordernd, interessant, schön und gleichzeitig spielbar wird?

Wenn du das nächste Mal auf der Teebox deiner Lieblingsspielbahn stehst, nimm dir doch die Zeit und überprüfe anhand dieser kurzen Checkliste, was sich der Architekt an dieser Stelle wohl gedacht hat und wie er die Blicke der Golfer und deren Spielstrategien lenken wollte. Teeboxen sind ein oft unterschätzter Teil guter Golfplatzarchitektur und selbst Spielbahnen, die du schon Dutzende Male in Angriff genommen hast, können ganz neue Facetten bieten, sobald du dich auf einen anderen Abschlag stellst.

 
Der Autor

Der Autor

Tony Ristola, ein Amerikaner mit finnischen Wurzeln, kann nicht nur Golf spielen - er war als Teaching- sowie Playing-Pro aktiv -, sondern fand in der Golfplatzarchitektur seine wahre Bestimmung. Zusammen mit Arbeitern, von denen die meisten noch nie einen Golfplatz gesehen hatten, schuf er mit Sand Valley in Polen sein erstes, international gefeiertes 18-Loch-Layout. Als einziger Golfplatzarchitekt garantiert er, jeden einzelnen Tag der Planungs- und Bauphase einer neuen Anlage vor Ort zu sein. www.tonyristola.com

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